Protokoll der Sitzung vom 03.04.2009

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe heute viele interessante Beiträge zu dem Thema gehört, wer woran schuld ist. In der Regel ist das mit ausgestrecktem Zeigefinger formuliert worden - jedenfalls im Geiste -, teilweise ist nicht so richtig daran gedacht worden, dass man das im Einzelnen nachgucken muss. Deshalb möchte ich mich diesem Punkt nicht widmen, das wird dann vielleicht auch der Untersuchungsausschuss tun, möglicherweise auch der famose Bericht.

Worüber ich eigentlich in diesem Kontext reden möchte, ist etwas ganz anderes, nämlich darüber, dass zu dem, was wir den Menschen erklären müssen, nicht nur gehört, was wir heute tun und so eine Entscheidung über Milliarden Euro an Garantien und direkten Hilfe treffen, sondern dass die Menschen empfinden, dass das Gleichgewicht in dieser

Republik gestört ist. Auf der einen Seite gibt es nämlich sittenwidrig niedrige Löhne, auf der anderen Seite sittenwidrig hohe Gehälter. Wir haben Systeme, die Manager in die Lage versetzt haben, Boni dafür zu bekommen, dass sie sich in einer Weise verhalten, die dem Unternehmen schadet, dass über Mali aber eigentlich niemand gesprochen hat.

Deswegen ist das, was im Augenblick in der Republik diskutiert wird, und zwar ganz konkret in Berlin, wichtig. Ich werbe ganz besonders bei den Kollegen der Union dafür, dass sie sich diesen Vorschlägen, die Peer Steinbrück und andere machen, anschließen, nämlich zu sagen: Wir wollen nicht nur Gehälter beschränken. Ich wiederhole hier übrigens noch einmal: Wir sollten das bei der HSH Nordbank nicht nur auf das Maß beziehen, das der SoFFin vorschreibt, sondern das niedriger ansetzen, denn Schleswig-Holstein hat weniger Geld als andere.

Zweitens sollten wir über die Frage der steuerlichen Absetzbarkeit von Abfindungen reden. Auch das ist ein Problem. Ich finde es geradezu grotesk, dass Leute für ein Versagen eine Abfindung bekommen, und dann können die Unternehmen das auch noch von der Steuer absetzen. Das ist im Grunde genommen doch eine Aufforderung dazu. Wir reden ja darüber, wie man so etwas in Zukunft vermeiden kann. Das ist ein Pannenvermeidungssystem, wenn man das in Zukunft nicht mehr erlaubt. Das muss man ja nicht in der Form tun, dass man auch persönliche Versicherungen untersagt. Ich finde, das geht ein bisschen weit. Aber es sollte jedenfalls nicht für Unternehmen möglich sein, das auch noch von der Steuer absetzen zu dürfen, sodass das Gemeinwesen doppelt und dreifach für das, was angerichtet worden ist, zahlt.

Weiter möchte ich gern sagen - wir nähern uns ja der Karwoche -: Auch die Frage, ein Stück zur Besinnung zu kommen und sich zu fragen, wer trägt eigentlich welche Folgen von den Dingen, über die wir hier heute sprechen, finde ich, ist ein wesentlicher Punkt. Denn da fallen die Menschen unterschiedlich weich. Und auch deshalb ist es so kompliziert, den Bürgerinnen und Bürgern zu erklären, warum wir solche Entscheidungen treffen. Denn diese setzen wirklich Millionen von Arbeitsstunden ein, um das zu erwirtschaften, was wir im Zweifelsfall beschließen auszugeben, um das auszugleichen, was andere angerichtet haben, die der Meinung waren, es sollte möglichst alles auf dem freien Markt und ohne staatliche Kontrolle passieren.

(Frank Sauter)

Ich glaube, es ist sehr in Ordnung - insofern ist es auch ein Stückchen Werbung für demokratische Politik -, dass sich demokratische Politik jedenfalls handlungsfähig zeigt, das in Ordnung zu bringen, was andere angerichtet haben. Die zweite Konsequenz muss sein, dass wir dafür sorgen, dass sich das nicht wiederholen kann. Ich finde es viel interessanter, sich solche Gedanken zu machen, als darüber nachzusinnen, wer da wo und wie zu welcher Stunde vielleicht alles besser wusste oder diesen oder jenen Fehler möglicherweise begangen hat. Das ist ein bisschen meine Befürchtung. Wir werden da ganz unterschiedliche Bilanzen haben. Die einen werden da sagen: Die sind schuld. Die anderen werden sagen: Nein, die sind schuld, und der ist schuld. Es wird sich fein säuberlich sortieren. Die einen werden sagen, bis 2005 gibt es Schuldige, die anderen werden sagen, es gibt nur Schuldige nach 2005 - so, wie wir das alles kennen. Ich glaube, die Wahrheit ist komplizierter.

(Beifall des Abgeordneten Rolf Fischer [SPD])

Ich bedanke mich für die teilweise vorhandene Aufmerksamkeit und finde, dass diese Parlamentsstunde heute durchaus zur Ehre dieses Parlamentes gereicht hat - jedenfalls zu weiten Teilen, wenn ich mir diese Bemerkung erlauben darf.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort für die FDP-Fraktion hat Herr Abgeordneter Dr. Heiner Garg.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Es ist schon interessant, wie manche hier mögliche Ergebnisse eines Untersuchungsausschusses schon im Vorweg bewerten und im Vorweg bestimmte Ergebnisse befürchten. Ich möchte mich dazu an dieser Stelle nicht weiter äußern.

Ich denke, es ist richtig, dass die Verantwortlichen, wenn sie denn identifiziert werden - wann immer sie diese Verantwortung übernommen haben, ob vor oder nach 2005 -, auch genannt und zur Verantwortung gezogen werden.

(Beifall der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Lars Harms [SSW])

Zweitens: Die Begrenzung der Vorstandsgehälter so, wie Sie sie in Ihrem Berichtsantrag vorgesehen

haben, ist die logische Konsequenz daraus, dass sich die Mehrheit dieses Hauses vorhin für das Modell eines „Mini-SoFFin“ entschieden hat. Im Übrigen bin ich der Auffassung, dass alles andere, was uns bislang berichtet wurde, dann selbstverständlich auch Gegenstand des zu beschließenden parlamentarischen Untersuchungsausschusses sein wird.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für den SSW im Landtag erhält Herr Abgeordneter Lars Harms.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich mache es relativ kurz. Selbstverständlich wird der Untersuchungsausschuss alles aufklären müssen, was noch aufzuklären ist. Wir haben bei dem Bericht gesehen, dass in ihm noch nicht viel steht. Der Kollege Hentschel hat darauf hingewiesen, dass allein der Rücktritt von Herrn Berger als Fakt in ihm enthalten ist, ansonsten ist es noch nicht fürchterlich viel.

Ich glaube, es geht nicht nur bei den Untersuchungen durch den Untersuchungsausschuss darum, wer innerhalb der Banken und in den Gremien verkehrt gehandelt hat, sondern auch darum, wer als Vertreter des Landes Schleswig-Holstein möglicherweise Fehler gemacht und auch Dinge getan hat, die nicht im Interesse des Landes Schleswig-Holsteins waren. Das gilt sowohl für die Landesregierung als auch für Vertreter der Landesregierung in den Aufsichtsgremien der Bank. Ich glaube, wenn wir das in den nächsten Monaten geklärt haben, können wir inhaltlich darüber besser diskutieren.

Ansonsten kann man die jetzt von mir nicht gehaltene Rede des SSW nachher auf unserer Homepage lesen.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der Abgeordneten Sylvia Eisen- berg [CDU])

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe damit die Beratung. Da kein Antrag gestellt worden ist, stelle ich fest, dass der Tagesordnungspunkt erledigt ist.

(Dr. Ralf Stegner)

(Konrad Nabel [SPD]: Die Tagesordnung auch!)

- So ist es.

Im Nachgang zu Tagesordnungspunkt 1 ist festzustellen, dass der FDP-Antrag Drucksache 16/2599 mit Zustimmung des Antragstellers seine Erledigung gefunden hat.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich wünsche Ihnen allen in der sitzungsfreien Zeit eine gute Erholung. Wir sehen uns wieder in der nächsten Tagung am 6. Mai 2009. Machen Sie es gut!

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss: 16:08 Uhr

(Vizepräsidentin Frauke Tengler)

Herausgegeben vom Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtags - Stenographischer Dienst und Ausschussdienst

Name Abstimmung Name Abstimmung

CDU Hans-Jörn Arp Ja Dr. Axel Bernstein Ja Johannes Callsen Ja Peter Harry Carstensen Ja Claus Ehlers Ja Sylvia Eisenberg Ja Jürgen Feddersen Ja Heike Franzen Ja Torsten Geerdts Ja Hartmut Hamerich Ja Niclas Herbst Ja Susanne Herold Ja Karsten Jasper Ja Werner Kalinka Ja Martin Kayenburg Ja Klaus Klinckhamer Ja Tobias Koch Ja Peter Lehnert Ja Jens-Christian Magnussen Ja Manfred Ritzek Ursula Sassen Ja Frank Sauter Ja Monika Schwalm Ja Peter Sönnichsen Ja Thomas Stritzl Ja Frauke Tengler Ja Herlich Marie Todsen-Reese Ja Dr. Johann Wadephul Ja Wilfried Wengler Rainer Wiegard Ja

SPD Holger Astrup Ja Wolfgang Baasch Ja Detlef Buder Ja Peter Eichstädt Ja Ute Erdsiek-Rave Ja Rolf Fischer Ja Ingrid Franzen Ja Lothar Hay Ja Birgit Herdejürgen Ja Astrid Höfs Thomas Hölck

Dr. Henning Höppner Ja Anette Langner Ja Hans Müller Ja Konrad Nabel Ja Günter Neugebauer Ja Regina Poersch Ja Klaus-Peter Puls Ja Sandra Redmann Ja Ulrike Rodust Ja Thomas Rother Ja Anna Schlosser-Keichel Ja Bernd Schröder Ja Olaf Schulze Ja Jutta Schümann Ja Dr. Ralf Stegner Ja Siegrid Tenor-Alschausky Ja Dr. Gitta Trauernicht Ja Jürgen Weber Ja

FDP Dr. Heiner Garg Nein Günther Hildebrand Nein Dr. Ekkehard Klug Nein Wolfgang Kubicki Nein

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Angelika Birk Nein Monika Heinold Nein Karl-Martin Hentschel Nein Detlef Matthiessen Nein

SSW Lars Harms Nein Anke Spoorendonk

Zusammenstellung: Abgegebene Stimmen 64 davon Jastimmen 55 Neinstimmen 9 Enthaltungen