Protokoll der Sitzung vom 06.05.2009

(Beifall bei SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Der zweite Fragenkomplex des Berichtsantrags betrifft mögliche Rechtsänderungen des Sparkassengesetzes. Lassen Sie mich an dieser Stelle nur ganz kurz hierauf eingehen, weil ich das schon mehrfach in unterschiedlichsten Runden dargestellt habe, im Landtag, aber natürlich auch im Innenund Rechtsausschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtags.

Generell ist in den letzten Jahren das Sparkassengesetz kontinuierlich fortentwickelt und stets den aktuellen Erfordernissen angepasst worden. Dabei wurde darauf geachtet, die Stellung der Verwaltungsräte im Interesse einer effektiven Kontrolle fortlaufend zu stärken. Was die Eröffnung der Möglichkeit einer Kapitalzuführung durch Dritte durch das Sparkassengesetz betrifft, so habe ich im Innen- und Rechtsausschuss darauf hingewiesen, dass zügig an einer solchen Möglichkeit gearbeitet wird. Wir prüfen, ob so etwas europarechtskonform zu gestalten ist. Die Ergebnisse liegen noch nicht vor, weil die Gespräche auf der höchsten Ebene noch nicht stattgefunden haben. Die Landesregierung ist aber nach wie vor offen dafür, eine solche Lösungsmöglichkeit zu finden, unter der Voraussetzung, dass diese europatauglich sein muss. Wir wollen auf diese Art und Weise von SchleswigHolstein aus nicht erreichen, dass eine generelle Privatisierung des Sparkassenwesens in Deutschland das Ende dieses Ergebnisprozesses wäre.

(Beifall bei der SPD)

Soweit nach Möglichkeiten für mehr Transparenz der Geschäftstätigkeit für die Kommunalpolitik als Träger der Sparkassen gefragt wird, so ist auf den Status der Sparkassen als selbstständige wirtschaftliche Wettbewerbsunternehmen zu verweisen, eigenverantwortlich handelnd und dem Bankgeheimnis verpflichtet und mit einer klaren gesetzlichen Zuständigkeitsverteilung.

Soweit ferner die Transparenz von Vergütungsfragen für Vorstände angesprochen ist, steht die Landesregierung konkreteren Maßnahmen durchaus aufgeschlossen gegenüber. Allerdings sollen aus unserer Sicht zunächst die bundesrechtlich zu erwartenden Rechtsänderungen abgewartet werden.

Zusammenfassend darf ich feststellen: Die Kreditwirtschaft in Schleswig-Holstein befindet sich insgesamt in einer schwierigen Situation. Davon sind unsere Sparkassen nicht ausgenommen. Sie bilden aber nach wie vor einen wesentlichen und unverzichtbaren Stützpfeiler im Kreditwesen. Vor allem ist ihr Geschäftsmodell zukunftsfähig. Das beweisen zumindest die Sparkassen des Landes Schleswig-Holstein - trotz einzelner schwieriger Situationen. Wir stehen weiterhin zu unseren Sparkassen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält Frau Abgeordnete Monika Heinold.

(Minister Lothar Hay)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Januar 2009 wollte die Landesregierung gemeinsam mit dem Sparkassen- und Giroverband das ganz große Rad drehen. Der Ministerpräsident höchstpersönlich hatte einen Rettungsschirm für die Sparkassen präsentiert, der den Sparkassen ihren Anteil an der HSH Nordbank in Höhe von 700 Millionen € garantieren sollte.

Aber schon beim ersten Reinpieksen ist dieser angebliche Rettungsschirm wie eine Seifenblase geplatzt, hatte man doch schlicht und ergreifend vergessen zu prüfen, ob das Vorhaben rechtlich überhaupt zulässig ist - typisch Ministerpräsident, der glaubt, mit ein paar markigen Worten regieren zu können, letztlich aber nichts auf die Reihe kriegt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Fatale an der Sache ist - und deshalb steht es am Anfang meiner Rede -, dass sich Landesregierung und Sparkassenverband über diesen Vorgang anscheinend so zerstritten haben, dass es nun überhaupt keine Kommunikation zwischen ihnen mehr gibt, geschweige denn einen Plan dafür, wie man die Sparkassen aufstellen muss, damit sie die Zukunft im Interesse der Wirtschaft gut überstehen.

Die Sparkassen sind das Rückgrat der Wirtschaft in Schleswig-Holstein; mit einem Anteil von über 35 % sind sie Marktführer bei der Kreditfinanzierung von Unternehmen und Selbstständigen. Ihre starke Marktposition beruht auf einer konsequenten Ausrichtung der Geschäftsstrategie auf kleine und mittlere Unternehmen. Sie sind unverzichtbare Garanten für eine solide und ortsnahe Mittelstandsfinanzierung.

Umso besorgniserregender ist die im Bericht beschriebene Situation der Sparkassen. Die Sparkassen stehen unter einem enormen Anpassungs- und Wettbewerbsdruck, sie müssen auch in den kommenden Jahren mit Wertberichtigungen rechnen, sie haben Zins- und Dividendenausfälle aus der HSH-Nordbank-Beteiligung und sollen nun noch die hohen Verluste durch die Wertminderung der HSH-Nordbank-Aktien verkraften. Damit ist absehbar, dass die Risikoneigung der Sparkassen bei der zukünftigen Kreditvergabe an die Wirtschaft abnehmen wird. Das heißt im Klartext: Für die Betriebe im Land wird es schwieriger werden, einen Kredit zu erhalten.

Aber was schert das die Landesregierung, sie schaut dieser Entwicklung tatenlos zu, ist doch das

gemeinsame Tischtuch mit dem Sparkassen- und Giroverband seit Januar zerschnitten, als sich der Ministerpräsident mit seinem Vorschlag bundesweit blamierte.

Wir appellieren an die Landesregierung, ihre Position der beleidigten Leberwurst schnellstmöglich aufzugeben und mit den Sparkassen an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wir appellieren aber auch an den Verbandspräsidenten des Sparkassen- und Giroverbandes, Herrn Kamischke, ehrlich - Herr Hay hat es genannt - die Karten auf den Tisch zu legen, statt den Eindruck zu erwecken, dass die Sparkassen gut aufgestellt sind, während zeitgleich die erste Sparkasse in Schleswig-Holstein zum Stützungsfall erklärt werden muss.

Land und Sparkassenverband stehen in der Pflicht, im Interesse der Wirtschaft die Zukunft der Sparkassen sicherzustellen. Eine Verstärkung der Kreditklemme - wie oben beschrieben - würde jedes Konjunkturprogramm konterkarieren.

Mit ihrem dilettantischen Vorgehen hat die Landesregierung es geschafft, dass jetzt der private Anteilseigner Flowers und die gemeinnützigen Sparkassen bei der Neubewertung der HSH Nordbank im Zuge der Kapitalaufstockung in einem Boot sitzen. Bei einer positiven Bewertung der Anteile der HSH Nordbank lacht sich Flowers ins Fäustchen, und bei einer schlechten Bewertung der Anteile führt dieses automatisch zur Vermögensvernichtung bei unseren Sparkassen.

Der richtige Zeitpunkt, um den Sparkassen ihre Anteile zu einem fairen Preis abzukaufen, wurde verpasst. Der Landtag hat das vor wenigen Wochen abgelehnt. Die Landesregierung ist derart mit ihren koalitionsinternen Streitereien beschäftigt, dass sie die Zukunft der Sparkassen längst aus den Augen verloren hat. Das ist bitter.

Im letzten Teil unseres Berichts wollten wir wissen, welche Möglichkeiten es gibt, mehr Transparenz für die kommunalen Vertretungen, für die Verwaltungsräte zu erhalten, um ihre Sparkassen besser zu steuern und zu kontrollieren, denn auch die Sparkassen - der Innenminister hat es gesagt - haben in den letzten Jahren den einen oder anderen Fehler gemacht.

Auch hier ist die Antwort der Landesregierung unbefriedigend. Die Einschätzung der Landesregierung, dass man nicht vor fürchterlich viel ändern

könnte oder müsste, widerspricht zumindest den Erfahrungen unserer Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern vor Ort, die sich dort bessere Möglichkeiten wünschen. Auch deshalb beantrage ich Ausschussüberweisung. Ich denke, dass wir uns im Ausschuss auch damit beschäftigen sollten, ob es anderen Ländern bisher gelungen ist, in ihren Sparkassengesetzen mehr Transparenz, mehr Kontrolle für die Kommunalparlamente, für die Verwaltungsräte zu schaffen, tragen die doch letztendlich die Verantwortung für ihre einzelne Sparkasse vor Ort.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für die Fraktion der CDU hat Herr Abgeordneter Tobias Koch das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Bericht der Landesregierung beschreibt sehr zutreffend die Situation der Sparkassen. Sie sind ein Eckpfeiler der Versorgung von Bevölkerung und mittelständischer Wirtschaft mit geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen. Mit einem Anteil von über 35 % sind sie Marktführer bei der Kreditfinanzierung von Unternehmen und Selbstständigen in Schleswig-Holstein. Gerade in der gegenwärtigen Finanzmarktkrise hat sich das Drei-Säulen-Modell aus Privatbanken, Genossenschaftsbanken und öffentlichen Banken bewährt.

Zutreffenderweise wird in dem Bericht aber auch darauf hingewiesen, dass die Sparkassen einem zunehmenden Wettbewerbsdruck ausgesetzt sind, dass das Zinsergebnis aller Sparkassen in Schleswig-Holstein zusammen rückläufig ist und dass Ausfallrisiken aufgrund der Wirtschaftskrise zunehmen. Deshalb ist mit steigenden Einzelwertberichtigungen zu rechnen.

Erschwerend kommt nun hinzu, dass durch Vermögensverluste im Beteiligungsportfolio - hierbei insbesondere an der HSH Nordbank - Vermögensverluste eingetreten sind, wodurch die Eigenkapitalbasis der Sparkassen reduziert und damit die Kreditvergabefähigkeit eingeschränkt wird.

Der Berichterstattung der Schleswig-Holsteinischen Landeszeitung am 25. April 2009 lässt sich auch entnehmen, dass die Vermögensverluste nicht nur auf die Anteile an der HSH Nordbank beschränkt

sind, sondern sich weitere Vermögensverluste aus den im Jahr 2007 erworbenen Anteile an der Berliner Landesbank ergeben haben.

Im Extremfall führen all diese Faktoren dazu, dass Sparkassen ihre Existenz nicht mehr aus eigener Kraft aufrechterhalten können, sondern zum Stützungsfall ihres Verbandes werden. Der Bericht der Landesregierung weist darauf hin, dass auch diese Extremsituation zwischenzeitlich bei einer Sparkasse im Land eingetreten ist. Im bereits erwähnten Artikel der Landeszeitung heißt es hierzu, dass die betreffende Sparkasse 130 Millionen € benötigen würde, um einer Schließung zu entgehen. Im Sicherungsfonds des Verbandes seien allerdings lediglich 80 Millionen € vorhanden, sodass zusätzlich auf die Hilfe des Bundesverbandes zurückgegriffen werden müsse.

Es liegt mir absolut fern, hier Schwarzmalerei zu betreiben. Die Stabilität und Vertrauenswürdigkeit der Sparkassen wird durch die genannten Faktoren keineswegs infrage gestellt. Wenn man aber bei der Betrachtung der Situation zu dem Ergebnis kommt, dass die Sparkassen perspektivisch zusätzliches Eigenkapital benötigen, dann geht es doch allein um die Frage, wie dieses praktisch am besten organisiert werden kann.

Die dafür zur Verfügung stehenden Alternativen sind allerdings nicht durchweg empfehlenswert: Angefangen bei einer Privatisierung à la FDP über die Inanspruchnahme des Sparkassen- und Giroverbandes auf Bundesebene bei allen zukünftigen Notlagen bis hin zu einer Eigenkapitalzufuhr durch die Träger der Sparkassen, also durch die Städte und Kreise sind das zwar alles denkbare Alternativen, die aber zum Teil mit schwerwiegenden Nebenwirkungen verbunden sind.

Der Finanzausschuss des Landtags hat deshalb in seiner Sitzung Anfang April erneut über die Möglichkeit einer Änderung des Sparkassengesetzes diskutiert. Europaminister Döring wurde beauftragt, auf Arbeitsebene Gespräche mit der EU-Kommission zu führen, um die europarechtlichen Aspekte einer Änderung des Sparkassengesetzes unter Einbeziehung der Hamburger Sparkasse auszuloten.

Daneben ist in der Sitzung aber auch durch den Vortrag der Minister Döring und Hay deutlich geworden, dass eine Einführung von Beteiligungsmöglichkeiten der öffentlichen-rechtlichen Sparkassen untereinander europarechtlich unproblematisch wäre und der bereits praktizierten Regelung in Rheinland-Pfalz entsprechen würde. Vor diesem Hintergrund bedauert die CDU-Fraktion, dass es

(Monika Heinold)

bislang nicht gelungen ist, eine politische Einigung über eine Änderung des Sparkassengesetztes herbeizuführen beziehungsweise der EU-Kommission einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Notifizierung vorzulegen.

Ich will ganz deutlich sagen: Für mögliche künftige Kapitalprobleme der Sparkassen tragen deshalb diejenigen die Verantwortung, die nicht einmal den ernsthaften Versuch unternommen haben, hier eine europarechtlich saubere Lösung auf den Weg zu bringen, sondern immer nur europarechtliche Bedenken vorgetragen haben.

(Beifall bei der CDU)

Denn solche einseitigen politischen Vorfestlegungen und entsprechende Resolutionen sind kein geeignetes Mittel für eine pragmatische, vorausschauende und vertrauensvolle Politik, so wie wir sie als CDU-Fraktion betreiben. Sie können sich deshalb darauf verlassen, meine Damen und Herren: Wir werden die Frage nach der Verantwortung zu gegebener Zeit wieder stellen.

(Beifall bei der CDU)

Für die Fraktion der SPD hat das Wort der Fraktionsvorsitzende, Herr Abgeordneter Dr. Ralf Stegner.

Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dies war ein sehr guter Regierungsbericht und deshalb herzlichen Dank namens der SPD-Fraktion an den Herrn Innenminister.

(Beifall bei der SPD - Lachen des Abgeord- neten Wolfgang Kubicki [FDP])

Öffentlich-rechtliche Sparkassen - zusammen mit den Genossenschaftsbanken - stabilisieren die Kreditversorgung im Land und könnten es im Verbund mit den Landesbanken noch mehr, wenn - ich wiederhole das aus der vorherigen Rede - sie sich stärker an ihre öffentliche Aufgabe und ihren regionalen Handlungsrahmen gebunden gefühlt hätten.

(Holger Astrup [SPD]: So ist es!)

Viele haben das getan, sind gut aufgestellt, haben ein gutes Risikomanagement und haben nun die Möglichkeit, Kredite zu geben. Schließlich operieren auch Sparkassen nicht im luftleeren Raum, auch wenn ihnen die Finanz- und vor allem die Wirtschaftskrise zusetzt.