Protokoll der Sitzung vom 06.05.2009

Viele haben das getan, sind gut aufgestellt, haben ein gutes Risikomanagement und haben nun die Möglichkeit, Kredite zu geben. Schließlich operieren auch Sparkassen nicht im luftleeren Raum, auch wenn ihnen die Finanz- und vor allem die Wirtschaftskrise zusetzt.

Aber manche haben eben selbst Fehler gemacht der Innenminister hat es gesagt -, indem sich Einzelne ein wenig zu sehr an den Privaten orientiert haben, wobei der öffentliche Druck auf die Sparkassen nach dem Motto „Wenn die Deutsche Bank 25 % Rendite erwirtschaftet, warum dann ihr nicht auch?“ groß gewesen sein dürfte. Sie geraten in die prozyklische Wirkung von Basel II, die bei den nun risikoreicher gewordenen Krediten eine stärkere Eigenkapitalquote erfordert, sie merken den Rückgang der Konjunktur, und sie müssen mit den Anforderungen umgehen, die die Anteilseignerschaft an der HSH Nordbank mit sich bringt. Ich füge hinzu: im Guten wie im Bösen.

Ich bin manchmal ein bisschen irritiert darüber, wie wenig darauf Rücksicht genommen wird. Da tut man so, als ob man die HSH Nordbank gar nicht kennt. Der Vorsitzende des Sparkassen- und Giroverbandes war Vorsitzender des Risikoausschusses. Darauf will ich nur wenigstens einmal hingewiesen haben. Das hört man nicht immer heraus, wenn er sich zu den Themen äußert.

(Beifall bei der SPD)

Das Sparkassensystem zeigt aber, dass es auch Einbußen verkraften kann und der Zusammenschluss mit kollektiver Absicherung funktioniert. Die Aussagen gerade des Bundesvorsitzenden des DSGV, Herrn Haasis, dass die Sparkassenorganisation in der Lage ist, ihre Probleme selbst zu lösen, finde ich da sehr beruhigend. Wer sonst kann das schon sagen?

Die SPD-Landtagsfraktion hat in der Sparkassenpolitik noch nie den Daumen in den Wind gehalten. Sie stand und steht zu den Sparkassen, und sie begreift sie als wichtigen Teil unseres dreigliedrigen Finanzsystems, unserer Wirtschaft und unserer Gesellschaft: als regionaler Kreditgeber, als regionaler Förderer von Kultur, Sport, Wissenschaft und sozialen Projekten, als sicherer Anlageort und mit der von ihnen sichergestellten Möglichkeit, für jede und jeden ein Konto zu führen.

Die Sparkassen sind ein enorm stabilisierender und vertrauensbildender Faktor. Sie sind für 45 % der Unternehmensfinanzierung in Deutschland zuständig. Zum Vergleich: Die Commerzbank hat hier gerade mal einen Anteil von 7 %. Wir stehen alle in der Verantwortung, dafür zu sorgen, dass das so bleibt. Wir müssen aber auch bedenken, was für langfristige Auswirkungen unser Handeln haben würde. Deshalb verfolgen wir die Lage der Sparkassen mit großem Interesse, teilweise mit Sorge,

(Tobias Koch)

und führen viele Gespräche mit Betriebsräten und Vorständen.

Es gibt von einigen aus der Sparkassenfamilie den Wunsch, den Sparkassenbereich für die Hamburger Sparkasse zu öffnen, um die Eigenkapitalsituation zu entspannen. Da wir das Problem von der HSH Nordbank kennen, sind wir durchaus aufgeschlossen für einen solchen Vorschlag, auch wenn wir wissen, dass die Mehrheit der öffentlich-rechtlichen Sparkassen in Schleswig-Holstein und auch der DSGV strikt dagegen sind.

In Sachen Sparkassen bleibt die Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein eine feste Bank. Da gibt es Dinge, die mit uns nicht zu machen sind.

Lassen Sie mich etwas tun, was ich selten tue, nämlich eine gestandene Konservative, Margaret Thatcher, zitieren; das maritime Bild passte so schön. Sie hat einmal gesagt:

„Wenn ich etwas in der Politik verabscheue, dann den Typ des Aals, der sich vor lauter Geschmeidigkeit am liebsten selbst in sein Hinterteil beißen würde.“

Was immer man auch von einzelnen Akteuren in Führungsverantwortung bei den Sparkassen hält: Wir werden nicht die Schaufel besorgen, um das Grab für die öffentlich-rechtlichen Sparkassen auszuheben. Die rechtlichen Ausführungen überzeugen eher nicht. Es gibt einen Termin der zuständigen Minister in Brüssel. Wir vertrauen deren Sachverstand und auch der Transparenz dessen, was dort geschieht. Nur wenn sich da herausstellt, dass es eine verlässliche Grundlage für eine Veränderung gibt, macht die Sozialdemokratie mit. Was wir nicht tun werden, ist, einen Vorschlag zu machen, der auch nur Restrisiken übrig lässt, dass hier die Privatisierung beginnt. Das ist mit der SPD nicht zu machen. Das sage ich nicht nur für diese Landtagsfraktion; das wird auch so bleiben. Daran werden wir uns nicht beteiligen.

(Beifall bei der SPD)

Im Übrigen füge ich hinzu: Wir werden in diesem Land eine Europadebatte haben. Natürlich wäre ich sehr interessiert - das würde unsere Gesetzgebung hier sehr erleichtern -, wenn wir im Europäischen Parlament Mehrheiten bekommen könnten, die dann andere Rechtsprechungen zur Folge hätten als die, die wir momentan haben.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion der Freien Demokraten hat das Wort der Fraktionsvorsitzende, der Herr Abgeordnete Wolfgang Kubicki.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die heutigen Debattenbeiträge des Kollegen Stegner erfreuen mit besonders. Sie werden ja heute in der „Frankfurter Rundschau“ als jemand mit brillantem Verstand zitiert. Diejenigen, die von der Materie nichts verstehen, halten Strass für Brillanten.

(Heiterkeit bei der CDU)

Insofern müssen wir uns mit der Frage „Was machen wir mit den Sparkassen in Schleswig-Holstein?“ vielleicht etwas intensiver beschäftigen, Herr Kollege Stegner, als Sie das gerade mit einer En-bloc-Ablehnung jeder Form einer Veränderung des Sparkassengesetzes hin zu Beteiligung privater Dritter getan haben.

Seit sich der Landtag im Oktober 2008 mit der Situation der Sparkassen beschäftigt hat, hat sich die Lage der Institute dramatisch verschlechtert. Das „Pinneberger Tageblatt“ schrieb am 16. Januar, dass der Sparkasse Südholstein etwa 150 Millionen € zur notwendigen Eigenkapitaldecke fehlen, um nicht von der BaFin geschlossen zu werden. Am 3. Februar berichteten die „Lübecker Nachrichten“, bei der Sparkasse Holstein ergebe sich unter Berücksichtigung der Bewertung der Anlagerisiken ein Rückgang des Unternehmensergebnisses um 60 %. Am 25. April berichtete der Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag, dass der Wertberichtigungsbedarf aller 15 Sparkassen durch die Krise der HSH Nordbank allein im Jahr 2008 350 Millionen € betrage.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Finanzmarktkrise, aber insbesondere die Krise der HSH hat die Eigenkapitaldecke der schleswig-holsteinischen Sparkassen massiv reduziert. Da jede Kreditvergabe mit einem bestimmten Anteil Eigenkapital unterlegt werden muss, ist damit gleichzeitig die Fähigkeit zur Kreditvergabe erheblich bedroht.

In dieser Situation habe ich mir von dem Bericht der Landesregierung deutlich mehr erhofft. Ich habe mir erhofft, lieber Herr Kollege Koch, lieber Herr Kollege Dr. Stegner, eine Antwort zu hören, wie die Landesregierung es schaffen will, dass die dritte Säule der Kreditwirtschaft in Schleswig-Hol

(Dr. Ralf Stegner)

stein überlebensfähig und damit erhalten bleibt. Doch die Antwort blieb aus.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe mir erhofft, eine Antwort zu hören, wie die Landesregierung es schaffen will, dass die Sparkassenverankerung vor Ort und die erheblichen Kompetenzen bei der regionalen Finanzierung erhalten und gestärkt werden können. Doch auch diese Antwort blieb aus.

Dabei gibt es - Kollege Koch, Sie haben darauf hingewiesen - doch nur drei Möglichkeiten.

Die erste Möglichkeit ist, das Sparkassengesetz zu ändern mit dem Ziel, den Sparkassen einen frischen Kapitalzufluss zu ermöglichen. Das können private Dritte sein, das können andere Sparkassen sein, das können aber auch die Träger selbst sein. Doch eine Änderung des Sparkassengesetzes ist politisch weder vom verantwortlichen SPD-Innenministerium noch von der SPD-Landtagsfraktion gewollt. So sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Stegner am 19. Februar in Uetersen, und das hat er heute wiederholt - ich zitiere aus den „Uetersener Nachrichten“ -:

„Eine gesetzliche Änderung, die es privaten Investoren ermöglicht, bei den Sparkassen einzusteigen, wird es mit der SPD nicht geben.“

Große Teile der von den Finanzproblemen ihrer Sparkassen gebeutelten SPD-Basis sehen dies jedoch etwas anders. Die Kreise Pinneberg und Segeberg sowie die Stadt Neumünster haben auf Antrag von CDU und SPD eine Resolution beschlossen, das Sparkassengesetz des Landes zu öffnen. Ziel: Den Trägern der Sparkassen soll die Option auf eine kapitalunterlegte Kooperation mit der HASPA Finanzholding ermöglicht werden - schlicht um die Überlebensfähigkeit der Sparkassen zu sichern. Doch die Verweigerungshaltungen des Innenministeriums und der SPD-Fraktion verhindern dies bislang beharrlich.

Lieber Herr Kollege Innenminister, Sie waren ja gemeinsam mit dem Minister für Europaangelegenheiten im Ausschuss und haben dort erklärt, dass die HASPA Finanzholding wie ein privater Dritter angesehen werden muss. Herr Döring hat natürlich erklärt, dass auch eine diskriminierungsfreie Beteiligung privater Dritter an Sparkassen europarechtlich zulässig wäre, allerdings eine diskriminierende Beteiligung eines privaten Dritten wie der Haspa isoliert europarechtlich unzulässig wäre. Daher

werden Sie verstehen, warum die FDP natürlich für den Haspa-Einstieg ist.

Also bliebe die zweite Möglichkeit: Die Träger der Sparkassen stehen zu ihrer Verpflichtung, und die Sparkassen werden aus den Haushalten der Kreise, kreisfreien Städte und Gemeinden finanziell unterstützt. Dass die Kreise das tatsächlich wollen, geschweige denn überhaupt können, nachdem sie von der Landesregierung finanziell ausgeblutet wurden, steht ja wohl nicht ernsthaft zur Debatte.

Als dritte Möglichkeit bleibt: Weiter gehender Kapitalverfall, weitere Fusionierungswelle innerhalb des Sparkassenlagers und der schleichende Rückzug aus der Fläche mit den gravierenden Folgen für die Finanzversorgung des ländlichen Raumes.

Ist das wirklich der Weg, den Sie als schleswig-holsteinische Landesregierung gehen wollen, Herr Innenminister? Warum wollen Sie den Trägern der Sparkassen verbieten, für sich selbst zu entscheiden, ob es ihnen ermöglicht wird, ihre Eigenkapitalbasis zu erhöhen? Warum maßen Sie sich an, besser zu wissen, was der richtige Weg für die Träger der einzelnen Sparkassen ist? Lassen Sie doch die Träger einfach selbst entscheiden!

Wir hätten die Diskussion um die Sparkasse Südholstein heute gar nicht, wir hätten keine Resolutionen, wir hätten keine verzweifelten Briefe von Landräten, wenn Sie den von der FDP-Fraktion im Herbst 2007 eingebrachten Gesetzesentwurf zur Änderung des Sparkassengesetzes beschlossen hätten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, im letzten Satz des Berichtes heißt es:

„Die Landesregierung tritt dafür ein, dass die Struktur und Leistungsfähigkeit der Sparkassen so erhalten bleibt, dass sie weiterhin ihre Aufgaben für Bevölkerung und Wirtschaft in Schleswig-Holstein nachhaltig erfüllen können.“

Handeln Sie endlich danach! Handeln Sie endlich zum Wohl der Sparkassen, zum Wohl der Mitarbeiter, zum Wohl des Mittelstandes und der vielen Kunden der Sparkassen in Schleswig-Holstein!

(Beifall bei der FDP)

Für die Gruppe des SSW im Schleswig-Holsteinischer Landtag hat Herr Abgeordneter Lars Harms das Wort.

(Wolfgang Kubicki)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Bericht der Landesregierung zur Situation der Sparkassen macht zwei Herausforderungen deutlich, vor denen die Sparkassen momentan stehen. Erstens der Wunsch einer Sparkasse, das Sparkassengesetz zu öffnen und so eine kapitalunterlegte Kooperation zuzulassen, und zweitens die Forderung einiger Sparkassen, dass das Land Schleswig-Holstein ihnen die Anteile an der HSH Nordbank abkauft.

Für den SSW möchte ich gleich zu Beginn klarstellen, dass aus unserer Sicht die Sparkassen in diesem Land eine herausragende Position zur Unterstützung der regionalen Wirtschaft innehaben und diese unter allen Umständen schützenswert ist.

(Beifall des Abgeordneten Holger Astrup [SPD])

Neben der Bedeutung für die Wirtschaft ist außerdem zu beachten, dass sich das Regionalprinzip der Sparkassen mit ihrer wirtschaftlichen, regionalpolitischen, sozialen und kulturellen Bedeutung gerade in der aktuellen Finanzkrise als stabil erwiesen hat. Es gibt andere Banken, die sich von dieser Geschäftspolitik eine Scheibe abschneiden können.

Die erste angesprochene Problematik im Bericht ist der Wunsch einer einzelnen Sparkasse nach einer Öffnung des Sparkassengesetzes. Obwohl die Argumentation dieser Bank aus deren Sicht durchaus nachvollziehbar ist, birgt eine Öffnung des Gesetzes die Gefahr, den Beginn der Privatisierung der Sparkassen im Land einzuläuten. Dabei ist es ein offenes Geheimnis, dass die Sparkasse Südholstein für eine kapitalunterlegte Minderheitenbeteiligung durch die Haspa wirbt, um so die zum Großteil hausgemachten Probleme durch eine Kapitalaufstockung von außen aufzufangen. Bisher ist völlig unklar, welche rechtlichen Risiken bei der Öffnung für eine Haspa-Beteiligung eingegangen werden. Ungeklärt ist auch, ob die Haspa dem öffentlichen Sektor zuzurechnen ist und wie schwerwiegend daher der Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit ist, wenn der Einstieg zur Privatisierung der öffentlich-rechtlichen Sparkassen gemacht wird.

Für den SSW sage ich daher, dass es andere Lösungswege für die Probleme der Sparkasse Südholstein geben muss. Diese Sparkasse hat bereits eine Finanzspritze aus dem Sparkassen- und Giroverband erhalten. Wenn dies nicht ausreicht, muss möglicherweise die Unterstützung der Sparkassenorganisation auf Bundesebene gesucht werden. Mit uns wird es allerdings keine Öffnung des Sparkas

sengesetzes geben, schon gar nicht, wenn noch nicht einmal der eigene Verband einen solchen Vorstoß unterstützt.