Protokoll der Sitzung vom 07.05.2009

Wir sind noch nicht am Ende der Debatte und werden sie sicherlich noch häufiger führen. Das Thema wird auch auf der Tagesordnung der nächsten Wirtschaftsausschusssitzung stehen. Ich habe Bürgermeister Saxe dazu eingeladen. Er kann leider nicht kommen. Das verstehe ich; er hat an dem Tag Senatssitzung. Ich habe ihn aber um eine schriftliche Stellungnahme zum aktuellen Stand der Verhandlungen gebeten. Ich denke, dann werden wir in diesem Rahmen die Diskussion um den Erhalt dieses für uns so wichtigen Flugplatzes weiterführen.

(Beifall bei der CDU)

Ich danke Herrn Abgeordneten Arp und erteile für die SPD-Fraktion Herrn Abgeordneten Bernd Schröder das Wort.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Super!)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollegin der grünen Fraktion: Fliegen wollen Sie alle, tun wollen Sie nichts dafür!

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wir wollen auch, dass sie fliegen! - Beifall der Abgeordneten Holger Astrup [SPD] und Dr. Heiner Garg [FDP])

Was das wird, haben wir in unmittelbarer Nähe erlebt. Da ist ein Flugplatz dichtgemacht worden, und für die Region ist das sicherlich keine sehr positive Entwicklung gewesen.

(Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Meinen Sie Kiel?)

Wenn wir jetzt über Blankensee diskutieren, ist eindeutig die Klage vor dem Oberverwaltungsgericht gegen den Ausbau der Gemeinde Groß Grönau der Anlass für die Grünen, dieses Thema wieder in den Landtag einzubringen.

Die Gemeinde hat einen Wirtschaftsprüfer beauftragt, der interessanterweise auch gleichzeitig Schatzmeister der Hamburger CDU ist.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Dann muss das ein Guter sein!)

Kollege Arp, dieser muss über hellseherische Fähigkeiten verfügen, weil er festgestellt hat, dass der Flughafen mit den für 2020 angestrebten 3,25 Millionen Passagieren 6,2 Millionen € Defizit einfliegen wird. Das ist natürlich, wie wir es gehört haben, Herr Kollege Hentschel, Wasser auf Ihre Mühlen, da Sie uns immer wieder gebetsmühlenartig erklären wollen: Je mehr Passagiere, umso größer das Defizit. Dass das nicht unbedingt glaubhaft klingt, haben, glaube ich, viele zum Ausdruck gebracht. In anderen Wirtschaftszweigen ist man eher darüber erfreut, wenn es größere Nachfrage und größere Beteiligung gibt.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn es kostendeckend ist! - Zuruf der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Bei den Grünen ist es natürlich so, dass da jedes Argument gilt, wenn es um Innovation oder technische Entwicklung geht. Da wird auch das herangezogen, um auch Lübeck plattzumachen.

Herr Abgeordneter, erlauben Sie eine Zwischenfrage?

Nein, erlaube ich nicht. - Im Jahr 2008 hat sich das operative Geschäft des Flughafens Niederrhein in Weeze - Sie haben ihn hier erwähnt, aber nur negativ dargestellt, Sie sollten sich einmal erkundigen, was dort für eine positive Entwicklung vorangegangen ist - hervorragend entwickelt. Aus der dortigen Region heißt es: Der Flughafen wird zum profitablen Geschäft für seinen niederländischen Eigentümer. Der Erfolg gegen den Trend hat in Weeze einen Namen. Dort heißt er Ryanair. Hinter fast allen Flügen zu den 40 Zielen des Flughafens steht nun mal der Name des irischen Billigfliegers.

(Hans-Jörn Arp)

Der ehemalige niederrheinische Militärflughafen ist durch die Entwicklung in der Liga der internationalen Verkehrsflughäfen rasant nach oben gekommen, vorbei an den Flughäfen Münster und Dortmund, mit jetzt über 1,6 Millionen Passagieren. „Schnellst wachsender Flughafen Europas“ lautet der jüngst verliehene Titel.

Der Flughafen hat in der Region die Rolle des JobMotors übernommen. 1.000 Mitarbeiter arbeiten für den Flughafen. In der Region hängen rund 3.000 Jobs am Airport. Das zeigt doch auch, dass es sich lohnt, in der Region Lübeck alles dafür zu tun, dass die dortigen Arbeitsplätze erhalten werden und dass die Chancen auf einen Ausbau in der Region auch mittelbar für weitere Arbeits- und Ausbildungsplätze genutzt werden. Es ist unsere Verantwortung, dass wir alles unternehmen, damit das erreicht wird,

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

insbesondere in einer Phase, in der wir in der größten Finanz- und Wirtschaftskrise stecken. Da noch das Risiko einzugehen, dieser Verantwortung nicht gerecht zu werden, nichts zu unternehmen, nicht alle Prüfungen durchzuführen, sondern sich hier hinzustellen und zu sagen: „Kein Geld mehr dort rein, keine Ausbauplanung, keine Unternehmung!“, damit stellt man sich nicht dieser problematischen Zeit.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Unglaublich!)

Damit lässt man das Engagement, den Einsatz und vor allen Dingen auch die Verantwortung für unseren gemeinsamen Auftrag, den wir als gewählte Abgeordnete haben, vermissen. So versteht jedenfalls die Mehrheit im Hause den Einsatz für Arbeitsplätze. Deshalb werden wir diese Prüfung durchführen. Kollege Arp, deshalb werden wir auch meines Erachtens erst am Ende der gesamten Prüfung darüber entscheiden können - so ist jedenfalls mein Verständnis davon -: Gibt es einen Einsatz des Landes, in welcher Form auch immer? Gibt es unter Umständen Hilfe - Garantien, Bürgschaften oder Mittel? Das wäre sachgerecht. Heute ist weder die Zeit noch der Anlass, dies auszuschließen. So sollen wir vorgehen.

Normalerweise, Herr Kollege Hentschel, könnte man den Antrag heute schon ablehnen. Aber wenn er denn in den Fachausschuss soll, können wir das meiner Meinung nach auch dort machen und weiter diskutieren. Ich hoffe für Lübeck, dass es gelingt, dies und die Arbeitsplätze zu erhalten und auszubauen, denn Lübeck hat von den Arbeitslosenzahlen her genug Probleme.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke Herrn Abgeordneten Schröder und erteile das Wort für die FDP-Fraktion Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Kollege Hentschel, Sie sind gutachterlich stets bestens informiert und auf dem Laufenden, was Zahlen angeht. Ich bin der Auffassung, man muss schon Gleiches mit Gleichem vergleichen. Sie führen bei der StadtRegionalBahn in Kiel immer volkswirtschaftliche Effekte und volkswirtschaftliche Vorteile ins Feld, und zwar für die StadtRegionalBahn.

Sie führen bei Ihrer Argumentation gegen eine feste Fehmarnbelt-Querung immer volkswirtschaftliche Effekte - volkswirtschaftlichen Nutzen, den Sie bestreiten - ins Feld. Beim Flughafen Lübeck machen Sie genau das Gegenteil: Sie führen lediglich die reinen betriebswirtschaftlichen Effekte, die Sie aus Gutachten, die Ihnen gerade gefallen, herausholen, ins Feld und sagen, deswegen rechnete es sich nicht. Ich sage Ihnen: Wenn Sie rein betriebswirtschaftliche Effekte zugrunde legen, dürfen Sie die StadtRegionalBahn in Kiel überhaupt nie anfangen zu planen, weil sich das betriebswirtschaftlich nie rechnen würde.

(Beifall bei FDP und vereinzelt bei CDU und SPD)

Sie sind in Ihrer ganzen Rede nicht ein einziges Mal auf volkswirtschaftlich mögliche positive Effekte des Flughafens Lübeck-Blankensee eingegangen.

Da wir uns insofern den Austausch darüber ersparen können - Sie lehnen Flughäfen, zumindest Regionalflughäfen, grundsätzlich ab -, ist das auch nichts besonders Originelles oder besonders Neues mehr. Der Beschluss, nämlich der Planfeststellungsbeschluss für Lübeck, ermöglicht es aus unserer Sicht, unmittelbar Wirtschaftskraft zu generieren, bestehende Arbeitsplätze zu sichern und im besten Fall sogar neue Arbeitsplätze zu schaffen. Ich sage ganz deutlich, genauso wie der Kollege Schröder und der Kollege Arp vorher, dass das gerade in der heutigen Zeit für Schleswig-Holstein dringend notwendig und unsere Aufgabe ist.

Ich habe für meine Fraktion in den vergangenen Wochen in Presseerklärungen, im Landtag und

(Bernd Schröder)

auch im Wirtschaftsausschuss auch immer eines eindeutig klargestellt: Der schleswig-holsteinische Steuerzahler darf natürlich nicht für die Verlustabdeckung des Betriebes des Flughafens Blankensee aufkommen.

(Beifall bei der FDP)

Das Land soll und kann aber begleitende Maßnahmen übernehmen, wie beispielsweise den Ausbau der Straßen- und Schieneninfrastruktur. Es muss aus Sicht der FDP-Fraktion darum gehen, einen Investor an der Seite zu haben, der das langfristige Ziel verfolgt, einen Flughafen mit Gewinn betreiben zu können. Ein Flughafen aus Steuergeldern zu betreiben, lehnen wir ab.

(Beifall bei der FDP und des Abgeordneten Niclas Herbst [CDU])

Das haben auch die beiden vorangegangenen Redner abgelehnt.

Ich begrüße ausdrücklich das Vorhaben der Stadt Lübeck, mithilfe eines Markterkundungsverfahrens zu erfahren, wer sich an einer Flughafengesellschaft beteiligen kann und will. Ich hoffe, dass uns hier bald Ergebnisse - und zwar positive Ergebnisse - vorliegen.

Die in dem Antrag der Grünen erwähnte gutachterliche Stellungnahme über die finanziellen Voraussetzungen zur Erweiterung von Lübeck-Blankensee, der Uhlenhorster Treuhand GmbH, ist übrigens vor diesem Hintergrund durchaus lesenswert. Sie besagt, dass unter den dort getroffenen Annahmen in den kommenden zehn Jahren kein Überschussergebnis für den Betrieb des Flughafens zu erzielen ist. Allerdings enthalten sie dann eben Annahmen, die keinen einzigen volkswirtschaftlichen Effekt enthalten, der sich beim Ausbau einstellen würde, noch die Möglichkeit einer Zunahme von Airlines, noch die Möglichkeit einer Erweiterung des Flughafens zu einer Basis, beispielsweise für Ryanair. Zudem beinhaltet die Studie nicht die potenziellen Zahlen, die sich ergeben können, wenn im Rahmen eines norddeutschen Flugverkehrskonzepts eine enge Kooperation, beispielsweise mit dem Flughafen Hamburg-Fuhlsbüttel, erreicht werden kann.

Ein rechtskräftiger Planfeststellungsbeschluss würde aber genau diese entscheidenden Faktoren ermöglichen. Der Flughafen Blankensee würde durch diesen Beschluss eine Überlebens- und Entwicklungschance bekommen. Außerdem ist mit dem rechtskräftigen Planfeststellungsbeschluss die Chance verbunden, aus den Verlusten herauszukommen, da neue Linien beziehungsweise auch

neue Fluggesellschaften den Flughafen Blankensee bedienen könnten. Die Aufgabe des Landes müsste es nun gerade sein, die entsprechenden Rahmenbedingungen zu setzen, um diese positive Entwicklung zu ermöglichen. Ich bedaure es wirklich, dass Sie sich der Diskussion nicht offener stellen. Sie sind doch an anderer Stelle nicht so kleinkariert, wie wenn es darum geht, dem Flughafen Lübeck wirklich eine Chance zu geben und auch volkswirtschaftliche Vorteile zu diskutieren. Sie versuchen es doch normalerweise bei anderen Projekten.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Guter Vorschlag, wir werden darauf zurückkommen!)

- Nur hätte ich mir natürlich gewünscht, wenn Sie das für einen guten Vorschlag halten, dass Sie darüber nachgedacht hätten, bevor Sie Ihren Antrag geschrieben haben.

(Beifall bei der FDP, vereinzelt bei der SPD und Beifall des Abgeordneten Hans-Jörn Arp [CDU])

Den ersten Punkt Ihres Antrags können wir heute im Übrigen problemlos beschließen. Ich habe kein Problem damit, das Gutachten zur Kenntnis zu nehmen. Ich habe es zur Kenntnis genommen.

Ich finde, beim zweiten Punkt sollten wir das Angebot des Kollegen Vorsitzenden des Wirtschaftsausschusses durchaus annehmen, darüber im Ausschuss noch einmal intensiv zu diskutieren. Vielleicht können wir dann wirklich über volkswirtschaftliche Effekte diskutieren.

Wenn sich kein privater Investor findet, wenn auch eine Kooperation mit anderen Flughäfen nicht dazu führen sollte, dass der Flughafen mit Gewinn betrieben werden kann - selbstverständlich muss das Land dann seine Schlüsse daraus ziehen und entsprechende Konsequenzen ziehen. Die Entscheidung aber jetzt schon ideologisch bedingt vorwegzunehmen und möglicherweise einer privat betriebenen Flughafen GmbH bereits jetzt Aufsichtsmaßnahmen anzudrohen, wird einer möglichen positiven Entwicklung des Flughafens mit Sicherheit erheblich schaden. Genau das sollten und können wir alle nicht wollen.

Ich würde mich sehr freuen, wenn es dem Land, wenn es uns gemeinsam gelingt, diesem Flughafen eine Chance zu geben, denn ich bin davon überzeugt: Wir brauchen ihn.

(Beifall bei FDP, CDU, SPD und SSW)

(Dr. Heiner Garg)