Liebe Kolleginnen und Kollegen, am vergangenen Freitag stellte der Landesrechnungshof seine Bemerkungen 2009 der Öffentlichkeit vor. Der Bericht stellt der Landesregierung kein gutes Zeugnis aus. Zur Haushaltslage 2005 bis 2008 erklärt der Rechnungshof, dass Schleswig-Holstein nicht an zu niedrigen Einnahmen gelitten hat, sondern an zu hohen Ausgaben. In seltener Deutlichkeit erklärte der Präsident des Landesrechnungshofs, Dr. Altmann, dass unser Land schlecht auf die schwerste Wirtschaftskrise seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland vorbereitet ist. Schleswig-Holstein gehe ohne Vorsorge in den Abschwung. Viel zu lange - nämlich seit 1970 - haben Landesregierungen in Schleswig-Holstein mehr Geld ausgegeben, als sie einnahmen. Schleswig-Holstein trägt derzeit eine Schuldenlast von circa 23 Milliarden €. Fast 12 % der Ausgaben des Haushalts dienen nur der Bedienung der Zinsen für die bestehenden Schulden, 40 % des Haushalts machen die Personalkosten aus.
Bei der derzeitigen Finanzplanung dieser Regierung und den abzusehenden Einnahmeverlusten durch die Wirtschaftskrise wird zum Jahr 2013 die Schuldenlast um 7 Milliarden € auf 30 Milliarden € anwachsen. Allein die Zinslast würde nach Aussagen des Rechnungshofs auf 20 % des Haushaltes steigen. Ohne Maßnahmen beim Personal werden die Personalausgaben mittelfristig 50 bis 60 % des Landeshaushalts ausmachen.
Wir können diese Entwicklung nur stoppen, wenn wir erstens eine wirksame Schuldenbremse in der Verfassung verankern, zweitens durch einen konsequenten Abbau von staatlichen Aufgaben mittelfristig den Bedarf an Personal im öffentlichen Dienst senken und drittens, wenn wir durch eine konsequente Wachstumspolitik die Einnahmeseite verbessern.
Von alledem ist bei der jetzigen Koalition nichts zu sehen. Im Gegenteil: Auch am Mittwochabend wurden Probleme nicht gelöst und keine Entscheidung getroffen, sondern vertragt. Tatkraft und Gestaltungswillen sehen anders aus!
Aber es passt in die Politik der letzten Jahre und Jahrzehnte, die uns den Schuldenberg von 23 Milliarden € erst aufgetürmt hat.
Frau Kollegin Heinold, ich bedanke mich für den Beifall, aber ich kann mich nicht daran erinnern, dass wir bei den Haushaltsberatungen vorgeschlagen haben, uns beispielsweise von der HSH Nordbank zu trennen, die uns jetzt schon 1 Milliarde € Schulden mehr aufgehalst hat, und wir beschimpft worden sind, als würden wir die Kreditversorgung der mittelständischen Wirtschaft infrage stellen. Ich kann mich daran erinnern, dass wir dann, wenn wir Personalvorschläge zum Abbau gemacht haben beispielsweise beim Katasteramt -, von Ihnen und anderen beschimpft worden sind, das sei unverantwortlich.
Insofern freue ich mich über die Lernfähigkeit, die jetzt eingesetzt hat. Aber auch das sind - das wissen wir, seit Herr Seitz uns das gesagt hat - drei oder vier Jahre verlorene Zeit in Schleswig-Holstein, die wir jetzt teuer bezahlen müssen.
Es wurden immer wieder Konflikte und Unstimmigkeiten in den Regierungen der letzten Jahre durch neue Ausgaben entschärft, um daraus aktuell politischen Nutzen zu ziehen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang nur an die Aussagen des heutigen Innenministers und damaligen SPD-Fraktionsvorsitzenden Lothar Hay in den „Kieler Nachrichten“ vom 9. Mai 2000. Schon damals ließ Kollege Hay in entwaffnender Ehrlichkeit die Öffentlichkeit wissen:
„Bereits 1994 habe die SPD-Fraktion beschlossen, Einschnitte vorzunehmen, dann aber aufgrund höherer Erwartungen bei den Steuereinnahmen einen Rückzieher gemacht.“
Und das stimmt. Genau diese Art von Politik hat uns in die heutige Sackgasse geführt. Weil die Regierungen der letzten Jahre nicht in der Lage waren, hier politisch gegenzusteuern, muss diesem Treiben ein rechtlicher Riegel vorgeschoben werden. Deswegen brauchen wir eine Schuldenbremse.
Wir dürfen nicht vergessen: Die Rechnung einer weiteren Verschuldungspolitik wird den Bürgerinnen und Bürgern später in Form von höheren Steuern präsentiert werden. Die demografische Entwicklung und die daraus erwachsenden Transferlasten werden dieses Problem für künftige Arbeitnehmer noch verschärfen.
zugestimmt. Der Bundesrat hat diesen Gesetzentwurf bei Enthaltung des Landes Schleswig-Holstein ebenso mitgetragen.
Der Gesetzentwurf sieht folgende Regelungen vor. Der Bund muss seine Neuverschuldung bis 2016 auf höchstens 0,35 % des Bruttoinlandsprodukts begrenzen. Die Bundesländer dürfen ab 2020 keine Kredite mehr aufnehmen. Die Länder Berlin, Bremen, Saarland, Sachsen-Anhalt und SchleswigHolstein erhalten 2011 bis 2019 Konsolidierungshilfen in Höhe von circa 800 Millionen € jährlich. Davon erhält Schleswig-Holstein 80 Millionen € pro Jahr. Der Bund wird uns noch erklären müssen, warum das pro Kopf der Bevölkerung unterschiedlich gehandhabt wird.
In Notsituationen wie Naturkatastrophen oder wie der aktuellen Rezession können Bund und Länder künftig und entgegen der Schuldenregel mehr Kredite aufnehmen, wenn sie gleichzeitig Tilgungspläne aufstellen.
Begleitend zur neuen Schuldenregel soll ein Stabilitätsrat eingerichtet werden, der fortlaufend die Haushaltswirtschaft von Bund und Ländern kontrolliert und überprüft, ob die Vorgaben für die Konsolidierungshilfen eingehalten werden.
In Ausnahmesituationen sollen Bundeshilfen für die Länder auch dort vergeben werden können, wo der Bund keine Gesetzgebungskompetenz hat. Damit soll einer der Fehler der Föderalismusreform I korrigiert werden, der nun bei der Umsetzung des Konjunkturprogramms II dazu führt, dass beispielsweise bei Schulerweiterungsbauten nur die energetische Sanierung der Gebäude förderungsfähig ist.
Wir sagen, im Prinzip ist das ein inhaltlich guter Ansatz. Allerdings hat er den Mangel, dass nach Auffassung aller Fraktionen im Landtag der Bundesgesetzgeber hinsichtlich des Budgetrechts der Landtage keine Regelungskompetenz besitzt. Hier ist die Frage unseres Selbstverständnisses als Landesparlamentarier berührt. Bei aller Zustimmung zu einer Schuldenbremse kann es nicht sein, dass der Bund das Haushaltsrecht, also das Königsrecht der Landesparlamente, einschränkt. Was soll denn da eigentlich als Nächstes folgen?
Eine Beschränkung der Investitionsquote? - Nein, der Landtag des Landes Schleswig-Holstein und nicht der Deutsche Bundestag ist der Haushaltsgesetzgeber für das Land Schleswig-Holstein.
Genau aus diesem Grund haben wir am 26. März 2009 entschieden, dass wir eine Klage gegen eine bundesrechtliche Regelung führen wollen. Wir haben in diesem Beschluss bereits einen Bevollmächtigten benannt, der eine entsprechende Klage vorbereiten soll.
Allerdings kann eine solche Klage nicht dazu dienen, dass wir im Land keine Regelung für eine Schuldenbremse bekommen. Darauf scheint zumindest eine Fraktion in diesem Hause zu spekulieren. Ich sage das für meine Fraktion noch einmal ganz klar: Wenn eine Klage gegen die Bundesregierung zur Schuldenbremse dazu missbraucht werden soll, hier einen finanzpolitischen „langen Schuh“ hinzulegen und sich aus der Verantwortung zu stehlen, dann werden wir nicht als Kläger auftreten.
Wir verlangen von den Sozialdemokraten heute das klare Bekenntnis, dass sie eine Landesregelung für eine Schuldenbremse nicht blockieren werden, und wir erwarten vor Klageerhebung die Einleitung eines entsprechenden Gesetzgebungsverfahrens.
Die Grünen haben einen Gesetzentwurf für eine Schuldenbremse in der Verfassung eingebracht. Die Intention begrüßen wir, das sagen wir ausdrücklich, denn damit beginnen wir die Diskussion. Sie entspricht aber nicht unserem Modell einer Schuldenbremse, und ich will versuchen zu erklären, warum.
Wir verfolgen ein Modell, in dem es einem Landtag regelmäßig versagt sein muss, dem nächsten Landtag Schulden zu hinterlassen. Das ist übrigens mit dem vorgelegten Modell des Bundes nicht gewährleistet. Da kann beispielsweise bei einer Krise der Landtag jetzt Schulden machen und Geld ausgeben, und der nächste Landtag muss dafür sorgen, dass das begradigt wird.
Wir wollen verhindern, dass der Haushaltsgesetzgeber einer Periode Schulden überhaupt dem Haushaltsgesetzgeber der nächsten Periode hinterlässt. Das bedeutet, dass Kreditaufnahmen grundsätzlich auch außerhalb von Notfallsituationen möglich sein sollen, zugleich aber ein Tilgungsplan vorgelegt werden muss, der innerhalb der Legislaturperiode zu einem vollständigen Abbau der aufgenommenen Kredite führen muss.
Am Ende einer Legislaturperiode muss eine schwarze Null stehen. Das kann übrigens dazu führen, Herr Kollege Hentschel - auch das wissen Sie aus eigener Erfahrung -, dass ein neuer Landtag in Zeiten einer Boom-Bewegung Rücklagen bildet,
weil er sicher sein kann, dass die Konjunkturzyklen im Zeitraum von vier Jahren dazu führen werden -
- Ich habe Ihr Konzept ziemlich gut gelesen, das ist so ziemlich eine Eins-zu-eins-Übernahme dessen, was auf Bundesebene passiert.
Die Grünen sehen in ihrem Gesetzentwurf eine zeitnahe Tilgung bei Aufnahme neuer Schulden vor. Das kann vieles bedeuten. Aus unserer Sicht ist diese Regelung zu ungenau, zumal nach dem Wortlaut des Gesetzentwurfs der Grünen bereits dann Kredite aufgenommen werden können, wenn es geringe konjunkturelle Dellen gibt und dadurch Mindereinnahmen zu erwarten sind.
Zum weiteren Antrag der Grünen über die Vorlage des Konzepts der Landesregierung zur Senkung der Nettoneuverschuldung möchte ich nur Folgendes sagen: Es ist natürlich wohlfeil, von anderen diese Konzepte einzufordern. Aber ein solches Konzept gibt es in diesem Landtag alle zwei Jahre - das nennt sich Landeshaushalt.
Im Haushalt und in der mittelfristigen Finanzplanung stellt die Landesregierung im Einzelnen vor, wie sie sich die künftige Entwicklung der Landesfinanzen und dabei unter anderem auch den Stellenplan vorstellt. Wir haben grundsätzlich zwar kein Problem damit, dass uns die Landesregierung die im Antrag der Grünen angeforderten Informationen liefert - zusätzliches Wissen schadet nicht -, was wir aber wirklich benötigen, ist eine Debatte über die Maßnahmen, die zum Ziel führen, bis 2020 den Landeshaushalt auszugleichen.
Herr Kollege Hentschel, es ist schon toll, und ich finde es auch richtig, dass Sie erklären, der Bildungsbereich sei tabu, da müssten wir eigentlich mehr und nicht weniger investieren. Aber als Konklusion daraus zu der Erkenntnis zu kommen, nun solle der Ministerpräsident wie bei einem Gang nach Canossa zu den Kolleginnen und Kollegen der anderen Bundesländer oder zum Bund gehen und sagen, wir brauchen trotzdem mehr Geld, weil wir diesen Bereich aussparen, mit dem Rest kommen wir nicht weiter, ist keine verantwortliche Politik. Sie werden erleben, dass die Kolleginnen und Kollegen der anderen Länder sagen werden: Wie kommen wir dazu, bei uns verstärkte Sparanstrengun
Ich finde es sehr bemerkenswert, dass wir bei bestimmten Präsidien eine punktgenaue Landung bei den Oppositionsfraktionen haben und bei den regierungstragenden Fraktionen nicht. Das ist etwas, was ich nicht mehr bereit bin so hinzunehmen, Frau Präsidentin.