Liebe Kolleginnen und Kollegen, das war auch ein Thema der vorhin vom Finanzausschussvorsitzenden genannten Informationsreise des Finanzausschusses, wo wir uns die Finanzkrise in Frankfurt und Wiesbaden ansehen wollten.
Wir erwarten von Minister Wiegard ein genauso energisches Vorgehen in diesem Komplex wie bei dem sogenannten Bürgerentlastungsgesetz. Auch ohne die von der Großen Koalition in Berlin gewollte Null-Schuldenbremse, zeigen alle Zahlen, dass vor unserem Land in den nächsten Jahren große wirtschafts- und finanzpolitische Herausforderungen liegen. Das ist heute immer wieder thematisiert worden. Denn wir können weder den Schuldenberg weiter ins Unermessliche steigen lassen, noch können wir die Ausgaben des Landes auf null fahren.
Die katastrophalen Finanzen des Landes sind dabei aber nicht nur das Ergebnis des Konjunktureinbruchs; die Große Koalition hat die letzten vier Jahre auf Pepita-Niveau gehandelt, wenn es darum ging, die Verwaltung zu modernisieren, die Aufgaben neu zu verteilen, die Personalkosten zu reduzieren und so die Ausgaben des Landes zurückzufahren.
Ich denke, wir alle wissen noch, was nach der Landtagswahl dann an Erklärungen vonseiten der neuen Großen Koalition abgegeben wurde. Liebe Kolleginnen und Kollegen, man trifft sich - das wissen wir alle - im Leben immer zweimal. Die desolate Lage des Landeshaushalts wird auch durch den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Auflösung der Polizei-Big Band nicht besser. Wir teilen die Auffassung der Grünen, dass die derzeitige Konstruktion der Polizei-Big Band nicht mehr zeitgemäß ist. Die Diskussion über den möglichen Einspareffekt, der durch die Auflösung des Polizeiorchesters erzielt werden könnte, greift meines Erachtens aber zu kurz.
- Lieber Herr Kollege, ich bin ja noch nicht fertig. Denn es geht nicht nur um 26 Personen, die den Landeshaushalt mit rund 1 Million € belasten und stattdessen in den Vollzugs- oder Schuldienst integriert werden könnten und sollten. Wir haben es mit professionellen Musikern zu tun, wovon laut Antwort der Landesregierung 7 Musiker verbeamtet sind und 19 im Angestelltenverhältnis tätig sind.
Auch der Landesrechnungshof empfiehlt die Auflösung der Polizei-Big Band, während sich das Innenministerium weiterhin für den Erhalt des Orchesters stark macht.
Für den SSW steht fest, dass wir als ersten Schritt ein Konzept brauchen, das unterschiedliche Szenarien durchspielt und uns realistische Vorschläge zur Abwicklung oder zur Neustrukturierung der Polizei-Big Band unterbreitet. Es könnte ja auch sein, dass sich die Betroffenen mit eigenen Vorstellungen einbringen würden, wenn sie gefragt und ernst genommen würden.
Was wir nicht brauchen, sind betriebsbedingte Kündigungen. Das ist so auch nicht machbar. Wir brauchen auch keine Milchmädchenrechnung, die nur auf dem Papier aufgeht. Soll in der Sache über den Antrag der Grünen abgestimmt werden, werden wir uns hier und heute der Stimme enthalten.
- Nein, das habe ich eingangs gesagt. Vom Grundsatz sehen wir das Problem, aber, liebe Kollegin Heinold, der Vorschlag ist eine Milchmädchenrech
Der zu beschließende Nachtragshaushalt unterscheidet sich ganz wesentlich von anderen Haushaltsplänen, die wir in den letzten vielen Jahren hier im Plenum behandelt haben. Ich kann mich zumindest an keinen Haushalt erinnern, der so voller Ankündigungen wie der vorliegende Entwurf war.
Tatsache ist doch, dass die dort aufgelisteten strukturellen Maßnahmen - wie wir alle wissen - nichts anderes sind als die Beschlüsse des Koalitionsausschusses der Großen Koalition. Das hat nun wirklich nichts mit transparenter Haushaltspolitik zu tun. Nun mag es sein, dass es so kommt, wie vom Finanzminister im Finanzausschuss angekündigt, dass alle Maßnahmen - auch wenn sie erst nach 2010 in den Haushalt eingearbeitet werden - schon in den nächsten Monaten in Angriff genommen werden sollen. Dann wäre es aber um so wichtiger, dass dieses Maßnahmenpaket nicht erst angekündigt, sondern gleich eingearbeitet und in die mittelfristige Finanzplanung aufgenommen worden wäre. Nur so wäre es überhaupt für das Parlament möglich zu sehen, was die Konsequenzen der gemachten Vorschläge sind.
Das Argument, dass dafür die Zeit nicht reichte, lasse ich in diesem Fall nicht gelten. Denn auch das ist heute schon mehrfach gesagt worden. Auch das steht fest, die vorgeschlagenen Maßnahmen sind nicht neu. Seit 2007 gibt es zum Beispiel Gespräche mit den Kommunen, es gibt Entlastungsszenarien, es gibt großen Frust auf Seiten der Kommunen, weil im Durchschnitt nur Entlastungen in Höhe von 10 Millionen € zum Tragen gekommen sind. Es gibt also Listen noch und nöcher. Es gibt - wie auch schon erwähnt - den Abschlussbericht des Modernisierungsstaatssekretärs Schlie. Der Bericht scheint in irgendeinem Bermuda-Dreieck versenkt worden zu sein. Es hat ihn aber einmal gegeben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser Nachtragshaushalt ist voller Ankündigungen, die überhaupt nicht zum Tragen kommen werden. Zur Haushaltsklarheit trägt auch nicht bei, dass die Ministerien bis in den Herbst hinein weitere Einsparvorschläge erarbeiten, die dann noch dazu dienen sollen - so stelle ich mir das vor -, die globalen Minderausgaben aufzulösen. Richtig ist natürlich, dass das Parlament mit dem Beschluss von globalen Minderausgaben auch immer Macht an die Exekutive abgibt. Aber für den SSW sage ich: Es kann nicht sein,
dass das, was Institutionen an Förderungen politisch vom Landtag zugesagt bekommen haben, von der Landesregierung durch die Hintertür wieder eingesammelt wird.
Die Auflösung der globalen Minderausgaben muss daher aus sächlichen und personellen Einsparungen bei den Ministerien kommen. Weitere Einsparungen mit inhaltlichen Konsequenzen müssen in einem dritten Nachtragshaushalt aufgezeigt und beschlossen werden, um dem Parlament nicht seine Einflussmöglichkeiten zu nehmen. Darum bin ich natürlich auch gegen eine erweiterte Haushaltssperre. Das ist ganz klar.
Ich fasse zusammen: Im 2. Nachtragshaushalt hat die Landesregierung bewusst die Entscheidung gefällt, die angekündigte Einsparliste der Großen Koalition und die Absage an die Schuldenbremse in die Begründung aufzunehmen. Der SSW steht zu den Einzelplänen des Nachtragshaushalts. Gleichwohl haben auch wir Probleme damit, dass gerade dieser wichtiger Pakt für mehr Beschäftigung in dem Entwurf nur als Leertitel auftaucht. Was wir aber nicht mittragen und deshalb den vorliegenden Entwurf ablehnen werden, ist, dass wir einen Maßnahmenkatalog mit absegnen sollen, der sich gegen die vom Landtag einstimmig beschlossene Verfassungsklage ausspricht. Genau das ist ein wesentlicher Punkt in dem vorliegenden Entwurf.
Zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten Tobias Koch das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, niemand hätte heute ernsthaft erwartet, dass die Opposition diesem 2. Nachtragshaushalt zustimmen würde oder dass er sogar Lob und Anerkennung bei ihr findet.
Ich hätte aber zumindest erwartet, dass eine haushaltspolitische Sprecherin und ein Mitglied des Finanzausschusses hier die Zahlen seriös vorträgt. Das hat Frau Heinold leider nicht getan.
- Sie haben vorhin argumentiert, was das für eine konjunkturell bedingte Erhöhung der Neuverschuldung von 490 Millionen € sei, wenn doch damit der Wegfall der Oberflächenabgabe finanziert würde, wenn davon doch Grippemedikamente finanziert werden müssten. Das sei doch alles gar nicht konjunkturbedingt. So war vorhin die Aussage im Rahmen Ihrer Rede. - Sie nicken, Sie bestätigen das also.
Ich möchte Ihnen die Zahlen gern noch einmal vortragen. Die Steuerausfälle allein betragen 705 Millionen € im Jahr 2009.
Es sind 705 Millionen € Steuerausfälle. Lesen Sie die Unterlage genau! Wir bekommen Geld vom Bund als Kompensation für die Kfz-Steuer in Höhe von 162 Millionen €. Wir hatten mit 56 Millionen € eine Vorsorge in Form einer globalen Steuerminderausgabe im Ursprungshaushalt stehen. Das macht summa summarum eine konjunkturbedingte Steuermindereinnahme von 487 Millionen €.
Genau das finden Sie als konjunkturbedingte Neuverschuldung wieder, 490 Millionen € als konjunkturbedingte Neuverschuldung. Alles andere, was Sie genannt haben - was richtig ist -, Grippemedikamente, Wohngeld, Rechtssachen, Spielbankabgabe, Oberflächenwasserabgabe, Verwaltungskosten bei Kirchensteuern bis hin zum zusätzlichen Zinsaufwand, all das finanzieren wir aus den Ressorts, aus dem laufenden Haushalt, ohne dafür neue Schulden zu machen. Das ist die Wahrheit, das hätte auch seriös vorgetragen werden können.
Sehr geehrter Herr Kollege Koch, habe ich Sie richtig verstanden: Haben Sie das Jahr 2008 zu einer konjunkturellen Normallage erklären wollen?
Wir müssen bei der Frage der konjunkturbedingten Steuerausfälle immer von Normallagen ausgehen und nicht von besonderen Lagen. Wollen Sie damit erklären, dass das Jahr 2008 eine Normallage gewesen sei?
- Das ist nicht gemeint. Nein. Das ist eine sehr theoretische Betrachtung, Herr Kollege Kubicki. Mir ging es darum zu sagen, dass wir das, was wir in diesem Jahr an Steuermindereinnahmen zu verzeichnen haben, gegenüber der Schätzung, der alten Schätzung, in der Tat jetzt als Neuverschuldung in Kauf nehmen müssen, dass wir aber im Gegensatz zu der Behauptung der Kollegin Heinold alles, was an zusätzlichen Belastungen neben diesen konjunkturellen Entwicklungen kommt - Krümmel hat nichts mit der konjunkturellen Entwicklung zu tun; die Virusepedemie hat nichts mit der konjunkturellen Entwicklung zu tun; alles das, was an zusätzlichen Belastungen auf uns zukommt, einschließlich der Zinsen -, aus dem Haushalt heraus finanzieren, ohne dafür neue Schulden aufzunehmen.
Genauso unseriös ist auch der Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Polizei-Big Band. Sie hatten neun Jahre lang Zeit, dieses Polizeiorchester abzuschaffen. Die Haushaltslage war damals genauso dramatisch. Sie haben ein Jahr nach dem anderen verfassungswidrige Haushalt produziert und hätten auch damals schon die gleiche Schlussfolgerung ziehen können. Das haben Sie nicht getan, als Sie selber in der Verantwortung waren.
Jetzt hier mit einem solchen Einzelantrag vorzupreschen, ist mehr als kontraproduktiv. Wenn hier an einem Gesamtkonzept gearbeitet wird, um zukünftig die Schuldenbremse einzuhalten, um auf eine Null-Verschuldung zu kommen, dann machen Sie das zunichte, wenn Sie mit solchen Schnellschüssen hier ankommen, nur um zu zeigen, dass Sie bereit sind, irgendetwas zu tun.
Sie fordern doch auch immer ein Gesamtkonzept. Lassen Sie uns jetzt erst einmal ein Gesamtkonzept erstellen und hier nicht mit einzelnen Schnellschüssen vorpreschen! Dass Sie das selber nicht getan haben, als Sie die Verantwortung getragen haben, das ist unseriöse Politik, die Sie hier betreiben.
Zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten Karl-Martin Hentschel das Wort.