Protokoll der Sitzung vom 16.07.2009

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Am 30. Juni 2009 titelte die „Hamburger Morgenpost“: „Politiker flüchten aus dem Aufsichtsrat“. In der Tat, die verantwortlichen Minister der Landesregierung, Herr Wiegard und Herr Hay, haben sich mit Wirkung zum 1. Juli 2009 aus dem Aufsichtsrat der HSH Nordbank zurückgezogen. Das Land Schleswig-Holstein ist damit fortan im wichtigsten Kontrollgremium der HSH Nordbank durch seine Regierung nicht mehr vertreten. Das ist skandalös.

Schleswig-Holstein hat der HSH Nordbank im Rahmen der jüngsten Kapitalerhöhung 6,5 Milliarden € an Krediten und Garantien zugebilligt. Damit ist das Land ein extrem hohes Risiko eingegangen. Geht das zukünftige Geschäftsmodell der HSH Nordbank schief, wird Schleswig-Holstein in diesem Banken-Tsunami untergehen. Von der Entwicklung der HSH Nordbank hängt die finanzpolitische Zukunft des Landes ab.

Entscheidungen, die bei der HSH Nordbank getroffen werden, beeinflussen die finanzielle Zukunft unseres Landes inzwischen deutlich stärker als fast alle anderen Entscheidungen des Landtages über einzelne Posten im Haushalt.

Gerade weil die Entscheidungen in der HSH Nordbank direkt und massiv Einfluss auf die finanzielle Situation unseres Landes haben, muss die Landesregierung auch weiterhin unmittelbar im Auf

sichtsrat vertreten sein - mit Ministern, die ihren Einfluss auf die Geschäftspolitik der HSH Nordbank geltend machen.

(Beifall beim SSW)

Es ist unverantwortlich, dass sich die Mitglieder der Landesregierung gerade jetzt aus dem Staub gemacht haben, wo die Existenz des Landes auf Gedeih und Verderb an den Erfolg der HSH Nordbank gekoppelt ist.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Der Glaube, man ersetzt Politiker durch Wirtschaftsvertreter oder Finanzexperten und die Gesamtbilanz der Bank stimmt, ist ein Irrglaube.

Im Aufsichtsrat der HSH Nordbank saß in den letzten Jahren nicht nur die Bundesbankenaufsicht mit am Tisch, sondern auch eine Vielzahl von Wirtschaftsvertretern waren Mitglied im Aufsichtsrat, sei es der Geschäftsführer der Kölln-Flocken, Herr Driftmann, der Geschäftsführer von ECE, der Projektmanager Alexander Otto, oder auch Vorstandsvorsitzende der WestLB oder der Sparkassen, aber auch ein Vertreter von Flowers. Was hat es geholfen, dass die Wirtschaft mit am Tisch saß? - Nichts!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Hat sich einer dieser angeblich so kompetenten Wirtschaftsvertreter - die werden ja immer hoch gelobt - in den letzten Wochen oder Monaten öffentlich geäußert und seine Mitverantwortung kundgetan oder sich sogar dafür entschuldigt, dass auch er die Weichen falsch gestellt hat, das Risiko unterschätzt hat? - Nichts dergleichen ist geschehen.

Meine Damen und Herren, solange das Land Anteilseigner der HSH Nordbank ist, muss die Landesregierung Kabinettsmitglieder in den Aufsichtsrat entsenden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wenn das Vermögen des Landes auf dem Spiel steht, kann und darf man seine Verantwortung nicht an der Pforte abgeben. Die Landesregierung muss ihre Verantwortung wahrnehmen. Nur sie ist dem Parlament Rechenschaft schuldig. Diese in unserer Demokratie verankerte politische Verantwortung kann und darf man nicht an angeblich unabhängige Wirtschaftsvertreter oder Finanzexperten abgeben.

Wenn es darum geht, Verantwortung wahrzunehmen, dürfen wir Fluchtversuche nicht akzeptieren.

Auch das Vorhaben, statt einer Mitgliedschaft der Landesregierung im Aufsichtsrat die Strippen zukünftig in dem neu gegründeten Gesellschafterausschuss ziehen zu wollen und damit eiskalt die Mitarbeiterbeteiligung auszuhebeln, akzeptiert meine Fraktion in keiner Weise.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Es wäre schon ein Trauerspiel, wenn die SPD unserem Antrag heute nicht zustimmen würde. Ich appelliere eindringlich an die SPD - die Abstimmungen scheinen hier ja freigegeben zu sein -: Stimmen Sie unserem Antrag zu! Er entspricht Ihrer Überzeugung, zumindest haben Sie das in den letzten Wochen immer wieder gesagt.

Mit unserem Antrag fordern wir die Landesregierung auf, die organisierte Unverantwortlichkeit, die jetzt eingetreten ist, zu beenden und wie bisher Regierungsmitglieder in den Aufsichtsrat zu entsenden, dort die Kontrolle wahrzunehmen, dort die Interessen des Landes zu vertreten und dort zuzusehen, dass das Vermögen des Landes nicht weiter verspielt wird.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und des Abgeordneten Günter Neuge- bauer [SPD])

Ich danke Frau Abgeordneter Monika Heinold und erteile für die CDU-Fraktion Herrn Abgeordneten Tobias Koch das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die HSH Nordbank war die erste Landesbank in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft, sie war die erste Landesbank mit privaten Anteilseignern, und sie ist nun die erste Landesbank, bei der sich die Politik aus dem Aufsichtsrat zurückzieht. Schleswig-Holstein und Hamburg sind damit erneut Vorreiter, genauso wie sie es bei der Fusion ihrer Landesbanken und beim geplanten Börsengang der HSH Nordbank gewesen sind.

Das alles zeigt: Wir halten nicht an überholten Landesbankstrukturen fest, sondern wir sind die treibende Kraft, wenn es darum geht, sinnvolle und notwendige Veränderungen herbeizuführen.

(Zurufe von der SPD)

Abgesehen von der durch die Kollegin Heinold zitierten renommierten Wirtschaftszeitung „Hambur

(Monika Heinold)

ger Morgenpost“ hat dieser Rückzug der Politik aus dem Aufsichtsrat auch in der Öffentlichkeit sehr viel Zustimmung gefunden.

Aufgabe des Aufsichtsrates ist es, den Vorstand bei der Leitung des Unternehmens regelmäßig zu beraten und zu überwachen. Eine ausreichende Beteiligung von unabhängigen Mitgliedern, die in keiner Beziehung zu den Gesellschaftern stehen, ist dabei nach dem Deutschen Corporate Governance Kodex ausdrücklich empfohlen. Unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Situation der HSH Nordbank halte ich es für geradezu sensationell, dass es gelungen ist, ein derartig hochkarätig besetztes Expertengremium zusammenzustellen:

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Dr. Hans Reckers, ehemals Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank, Bernd Wrede, ehemals Vorstandsvorsitzender von Hapag-Lloyd, Dr. Joachim Lemppenau, ehemals Vorstandsvorsitzender der Volksfürsorge Versicherung,

(Zurufe von der SPD)

Detlev Bremkamp, ehemals Vorstandsmitglied der Allianz AG Holding, Hans-Werner Blöcker, Vorsitzender des Bauindustrieverbandes Schleswig-Holstein.

(Unruhe)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte etwas mehr Aufmerksamkeit für den Redner!

(Vereinzelter Beifall)

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Zusammen mit Hilmar Kopper, ehemaliger Vorstandssprecher der Deutschen Bank, sind diese Aufsichtsratsmitglieder aufgrund ihrer umfangreichen und langjährigen beruflichen Erfahrung bestens geeignet, um die Geschäftspolitik und die Risiken der HSH Nordbank zu kontrollieren.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Angesichts der monatelangen Negativschlagzeilen der HSH Nordbank und angesichts der schwierigen Aufgabe, die dem neuen Aufsichtsrat noch bevorsteht, hätte - glaube ich - kaum jemand dieses Ergebnis überhaupt für möglich gehalten.

Ich bin fest davon überzeugt, dass die Bereitschaft, in den Aufsichtsrat der HSH Nordbank einzutre

ten, ganz entscheidend durch die Nominierung von Hilmar Kopper zum neuen Aufsichtsratsvorsitzenden befördert wurde.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Seiner Person und seinem Renommee dürfte es zu verdanken sein, dass es gelungen ist, die genannten Herren für die Mitarbeit im Aufsichtsrat zu gewinnen.

(Zurufe von der SPD)

Meine Gratulation und mein ganz besonderer Dank gilt deshalb dem Ministerpräsidenten, der mit seinem Geschick und seinem Engagement diese wichtige Personalentscheidung herbeigeführt hat. Herzlichen Glückwunsch!

(Beifall bei der CDU - Zurufe von der SPD)

Die Interessen der Länder Hamburg und SchleswigHolstein werden zukünftig durch Senatsdirektor Dr. Rainer Klemmt-Nissen, sowie durch den Vorstandsvorsitzenden der Investitionsbank SchleswigHolstein, Lutz Koopmann, wahrgenommen.

Diese Besetzung ändert nichts daran, dass die Zuständigkeit für die Beteiligungsverwaltung weiterhin beim Finanzministerium liegt. Finanzminister Rainer Wiegard wird auch in Zukunft dem Finanzausschuss, dem Beteiligungsausschuss und dem Landtag berichten.

(Zuruf von der SPD: Vom Hörensagen!)

Die Rechte des Parlaments und seiner Ausschüsse bleiben damit in vollem Umfang gewahrt.