Protokoll der Sitzung vom 16.09.2009

Nu kummt de Höchte. Bit nu hett de Puk nur quaakt, nu springt em ut de Glas rut.

7. Niederdeutsch in sozialen und therapeutischen Einrichtungen:

„Der Bedeutung der niederdeutschen Sprache im sozialen, therapeutischen und pflegerischen Bereich ist bislang nur wenig Beachtung geschenkt worden.“

- Dat kann angahn, dat glov ik ok.

„Die Landesregierung wird daher aufgefordert, eine Bestandsaufnahme zu erstellen, aus der zu ersehen ist, wo und in welchen Einrichtungen das Niederdeutsche in die soziale, therapeutische oder pflegerische Arbeit einbezogen wird.“

(Zuruf der Abgeordneten Frauke Tengler [CDU])

Dor ward en schuldenfinanzierte Beamte ut Kiel op de Reis schickt un schall för en niee schuldenfinanzierte Opgaav arbeiten un Plattdütsche notelln. In’t Krankenhuus, in’t Öllersheim un wer weet wo noch. Wie veel vun Personal verstaan, wie veel snacken Plattdütsch? Wat seggen de Patienten, Bedarfsprüfung, Bedarfsvergleich?

Un denn kummt he torüch no Kiel un leebert sien Bericht af: Jo, seggt he, op Land ward wohl mehr Plattdütsch snackt, in de Stadt nich so veel.

Dann hebbt I sien Bericht. Un denn, Fru Tengler? Wat makt I dormit? Eerstmol lesen, good! Un dann, Fru Tengler? Schall de Fru ut Polen, de de Olen pleecht, Plattdütsch leern? Giff dat dorvör en Toschuss?

Ik wull nich noch mehr rumrieden op Punkt 8: Niederdeutsch in Politik und Verwaltung:

„Dazu ist auch eine Übersichert erforderlich, wo und in welchen Ämtern in SchleswigHolstein Bürgerinnen un Bürger ihre Angelegenheiten auf Niederdeutsch regeln können.“

Dor ward de arme Beamte ut Kiel nochmol op de Reis schickt.

Tofreden mit de Entwicklung vunt Plattdütsche sünd wi all nich. Disse Andrach hölpt aver ok nich wedder.

(Zuruf des Abgeordneten Claus Ehlers [CDU])

Frauke Tengler hett seggt, dat geiht nich um Geld, ich glöv, dat geiht wohl doch um Geld hier. Sie seggt, dat geiht um en Bekenntnis. Min Bekenntnis is jenfalls, ümmer, wo dat möglich is, Plattdütsch to snacken.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ik segg veelen Dank för’t Tohörn.

(Beifall)

Für die Abgeordneten des SSW hat deren Vorsitzende, Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk, das Wort.

(Unruhe - Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Im Ältestenrat war be- sprochen worden, dass die Debatte ernsthaft geführt werden soll!)

Herr Vörsitter! Leeve Frunslüüd! Leeve Mannslüüd! Ik hebb vör, allens hüüt op Platt zu seggen. Dat is aver för mi nich so eenfach. Mien Plattdütsch is nich so elaboriert, dat dat so eenfach to moken is.

Ik bin mit Dänisch un Hochdütsch grot worn, mien Öllern hebbt tohuus immer Platt snackt, aver Platt is jetzt nich de Spraak för mi, de ik spraaken kann, wenn dat schnell gahn schall oder wenn ik veel to doon hebb. Un ik verrat nix, wenn ik segg, dat ik jetzt doch ’n beten veel to doon hebb.

Ich will aber auch gern auf Hochdeutsch weitermachen, weil ich noch ein paar Sachen an meinem Redebeitrag ändern und auch noch einmal auf die Rede des Kollegen Matthiessen eingehen möchte.

Lieber Kollege Matthiessen, die Förderung des Niederdeutschen ist keine freiwillige Leistung. Die Bunesrepublik hat die Europäische Sprachencharta ratifziert. Kernpunkt der Europäischen Sprachencharta ist eben, dass nicht nur Programatisches darin steht, sondern auch konkrete Maßnahmen zur Förderung des Plattdeutschen als Regionalsprache.

(Detlef Matthiessen)

(Beifall bei SSW, CDU, SPD un FDP)

Ich kann hinzufügen, damit das nicht in Vergessenheit gerät: Auch die Minderheitensprachen Dänisch und Friesisch sind von der Europäischen Sprachencharta umfasst. Das Gleiche gilt für die Sprache der Sinti und Roma, nämlich das Romanes. Ziel dieser Sprachencharta ist, diese Sprachen als europäisches Kulturgut zu fördern und zu pflegen. Das Besondere ist - wie gesagt -, dass das in einem laufenden Monitoring-Verfahren geschieht, und wir in Schleswig-Holsteinischen Landtag haben einvernehmlich beschlossen, dass wir einmal pro Legislaturperiode erfahren wollen, wie das auf Landesebene aussieht.

Der Landesplan Niederdeutsch hat andere Wurzeln. Er ist 1993/1994 geschrieben und verabschiedet worden. Der Landesplan Niederdeutsch hat mit unserer Landesverfassung zu tun, denn dort steht der Auftrag, dass auch das Niederdeutsche gefördert und geschützt werden soll. Das ist ein Verfassungsauftrag und keine freiwillige Leistung.

Der amtierende Landesplan muss fortgeschrieben werden. Die Debatte dazu hatten wir schon 2006. Wenn man sich den Plan anguckt, gibt es die altbekannten Baustellen Schule und Vorschule, Freizeit und Kultur, Medien- und Vereinsleben. Vergleicht man weiterhin die beiden Landespläne, dann sieht man - ich denke, das ist erfreulich -, dass sich die Strukturen des Niederdeutschen im Laufe der letzten 15 Jahre doch gefestigt haben. Die Forderungen sind zielgenauer geworden. Andersherum ist auch ersichtlich, dass neue Bereiche hinzugekommen sind, zum Beispiel der Bereich der sozialen und therapeutischen Einrichtungen. Ich denke, das ist richtig und sinnvoll vor dem Hintergrund der älter werdenden Bevölkerung.

Auch der Bereich Schule hat sich weiterentwickelt, auch wenn der Fortschritt sowohl für die Minderheitensprachen wie auch für das Niederdeutsche als Regionalsprache in vielerlei Hinsicht immer noch eine Schnecke ist. Konkret wird im neuen Landesplan die Forderung aufgestellt, dass sich ein neuer Erlass des Bildungsministeriums an dem Erlass für das Friesische an öffentlichen Schulen orientieren soll.

Für den SSW möchte ich in diesem Zusammenhang aber deutlich machen, dass der Unterschied zwischen der Minderheitensprache Friesisch und der Regionalsprache Niederdeutsch hier auch gewahrt werden muss. Das soll heißen: Wir werden keinen Ansatz unterstützen, der die Schulen vor eine Wahl zwischen diesen beiden Sprachen stellt. Es ist mit großem Einsatz gelungen, den Friesisch-Erlass aus

den 20er-Jahren zu novellieren, sodass Friesisch jetzt als selbstständiges Fach mit der Auflage angeboten wird, dass Schulen beim Friesischen von den normalen Gruppengrößen abweichen können und dass das Fach auch schulartübergreifend angeboten werden kann. Diese Errungenschaft muss aus Sicht des SSW geschützt werden und darf nicht zu einem Konkurrenzkampf an den Schulen vor Ort führen. Ich weiß, dass es so auch nicht gedacht ist. Ich sage das aber, denn letztlich würden sowohl das Friesische als auch das Niederdeutsche zu den Verlierern gehören, wenn das der Fall wäre. Und das wollen wir verhindern.

(Beifall beim SSW und der Abgeordneten Rolf Fischer [SPD] und Bernd Schröder [SPD])

Für den SSW lautet die Schlussfolgerung daher, dass wir nicht nur die Fortschreibung des Landesplans Niederdeutsch brauchen, sondern auch eine offizielle Sprachenpolitik des Landes SchleswigHolstein. Wir wollen, dass das Dänische, das Friesische und das Plattdeutsche stärker im öffentlichen Raum wahrnehmbar sind. Denn von so einer Sprachenpolitik würden nicht nur die Minderheiten, sondern auch das Plattdeutsche und das Land als Ganzes profitieren.

Die Förderung dieser sprachlichen Vielfalt ist wirklich ein Alleinstellungsmerkmal unseres Landes, das dem Land ein positives Image verleiht, das nicht nur kulturell, sondern auch wirtschaftlich eine Bereicherung ist. Die Förderung der Mehrsprachigkeit macht den Norden für Touristen attraktiver und erweitert zudem die beruflichen Chancen der jungen Generation. Ich denke, das ist das, was ein Kernpunkt dieses Antrags sein sollte. Darum: Zu behaupten, dass dieser Antrag nice to have ist und noch einmal obendrauf kommen könnte, ist wirklich am Thema vorbei.

(Beifall beim SSW und der Abgeordneten Frauke Tengler [CDU])

Die Ressourcen unserer Gesellschaft - und das ist mir ernst - müssen so gerecht verteilt werden, dass sowohl Mehrheits- als auch Minderheiten- und Regionalsprachen die Möglichkeit haben, sich gleichberechtigt in unserem Land zu entfalten. Das ist das, worauf es ankommt.

(Beifall bei SSW, CDU, SPD und FDP)

(Anke Spoorendonk)

Zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung hat Herr Abgeordneter Detlef Matthiessen das Wort.

Ik wull nur noch gau dorop ingahn, wat Anke Spoorendonk vertellt hett, weil ik ja seggt hebb, dat is ’n friewillige Leistung, dor hebb ik mi betrucken op de Deel, wenn en Beamter losschickt ward mit de niee Opgaav in ne Krankenhüüser, Oolen- un Plegeheime un sozialen Inrichtungen, um nototellen, wer dor all plattdütsch snacken kann. Dat is jedenfalls en Opgaav, de is friewillig un nie.

Schleswig-Holstein - dat is ja een Verdeenst - hett 1993 Plattdütsch in de dritte Deel vun de Charta för de Minderheitenspraken anmellt. De Landesregeerung Schleswig-Holstein hett dat för de dritte Deel anmellt. In de tweete Deel is praktisch jede Spraak, de en besondere Dialekt un Regionalspraak hett, allgemeen schützt. Aver in de Deel dree hebbt wi ja fiefunörtich Verpflichtungen opschreben un ünnerschreben, dat wi de inholen wülln. Aver ik dörf noch mal ut de Bericht vun de Landesregeerung zitieren.

„Eine Anmeldung nach Teil drei bedeutet jedoch nicht, dass von irgendeiner Seite gegen die Vertragsstaaten oder staatliche Behörden auf Landes-, Regional- und Kommunalebene subjektive Rechte beziehungsweise finanzielle Folgen geltend gemacht werden können.“

Ik bin dorför, dat Plattdütsche to plegen un to erholn. Ik glöv, dat is dütlich, dat makt ji ok. Un dat gilt ok för de gröne Partei. Ik wull nur dorop hinwiesen, dat wi dat bi juus Andrach mit erhebliche finanzielle Folgewirkungen to doon hem. Un dat is unse Kritik. Nich, dat wi dat Plattdütsche nich plegen wölln.

Ik hebb hier zitiert, um noch mol klortostelln, dat dat sekerlich nich opgrun internationaler Verpflichtungen en friewillige Opgaav is. Aver dat is ok keen, wo wi finanziell an de Kandarre kregen ward vun de EU mit Vertragsverletzungsverfahren un wat wi dor alles kennt, dat is in disse Fall nich todrepend.

Für die Landesregierung hat Herr Ministerpräsident Peter Harry Carstensen das Wort.

Peter Harry Carstensen, Ministerpräsident und Minister für Justiz, Arbeit und Europa:

Herr Präsident! Meene leeven Damens un Herens! Leever Detlef Matthiessen! Ik weet gor nich, Herr Präsident, dörf ik op Plattdütsch „du“ seggen? Ja. Ik hebb dat Geföhl, dat hett ok nich veel bröcht, dat du di noch mal hier herstellt hest. Dat hett det alln noch ’n beten unsinniger mokt. Un ik hebb ok dat Geföhl, dat du noch gar nich begrepen hest, dat inne plattdütsche Spraak veel mehr bin is als blots ’n beten Kultur oder en beten oder veel Kultur un Folklore, sondern mit de plattdütsche Spraak verbinnen wi ok ’n ganze Deel an soziale Kompetenzen, wenn man mit de Lüüd vör Ort so snacken kann, wi se dat gern hem.

(Beifall)

Mi hat de Red vun Kollege Puls good gefullen, insbesondere hett mi dat erinnert an dat olle plattdütsche Sprichwort, Herr Puls: Wenn du so ’n ollen starken Elefanten triezen deist, denn sei to, dat dat nich in de Nähe vun en Porzellanladen is.

(Heiterkeit)