Deshalb gibt es nun bei der Landesregierung neue Töne. Ich zitiere die ersten Sätze auf Seite 8 des Berichts:
„Ob es erforderlich sein wird, die Laufzeiten der Kernkraftwerke über die im Atomkonsens festgelegte Dauer hinaus zu verlängern, wird im Lichte der weiteren Entwicklungen zu entscheiden sein. Wichtige Einflussfaktoren sind die Erfolge bei der angestrebten Minderung des Stromverbrauchs, beim Ausbau der erneuerbaren Energien sowie die Realisierung der laufenden Kraftwerksplanungen.“
Das klingt nun schon ganz anders als die bisher gebetsmühlenartig vorgetragene Doktrin, die wir heute Morgen wieder vom Wirtschaftsminister gehört haben, ohne Atomkraftstrom gehe es nicht.
Die FDP Schleswig-Holsteins hat angesichts der Skandale das sinkende Schiff schon verlassen, hält sich aber trotzdem alles offen. Heute haben die Freisinnigen in diesem Parlament einen Antrag vorgelegt, der nicht Fisch und nicht Fleisch ist.
Kommen wir zur Kohle! Dabei ist die CDU-Landesregierung genauso widersprüchlich. Ich zitiere wieder aus dem Bericht der Landesregierung:
„Mit der Erreichung des langfristigen Klimaschutzziels einer Minderung der Treibhausgasemissionen in den Industrieländern um mindestens 80 %“
- hier wird zum ersten Mal seitens der Landesregierung offiziell die Zahl 80 % genannt, das ist ausgesprochen erfreulich
Meine Damen und Herren, die neu gebauten Kohlekraftwerke laufen bis in die Jahre 2060/2070. Das heißt, sie sind überhaupt nicht kompatibel.
Wir können keine Stromversorgung mehr im fossilen Bereich machen, weil wir in der Klimadiskussion auch noch den Verkehr zu berücksichtigen haben. Das hat Herr von Boetticher gerade bereits gesagt. Außerdem müssen wir die Wärme der Häuser berücksichtigen. Darüber hinaus ist die industrielle Abwärme zu berücksichtigen. Wir haben viele Probleme. Deshalb können wir uns im Strombereich gar nicht weitere Kohlekraftwerke leisten. Diese
- Die alten brauchen wir noch für eine Übergangsphase. Dahin gehend besteht Konsens. Wir brauchen aber keine neu gebauten Kohlekraftwerke. Darum geht es.
Was heißen diese Zahlen im Bericht der Landesregierung nun für die Planungen in Brunsbüttel? Auch bei der CO2-Verpressung in Nordfriesland hat sich die CDU vergaloppiert. Die CCS-Technologie wurde noch vor Kurzem als der vermeintliche Königsweg von CDU und SPD gepriesen, um den Neubau von Kohlekraftwerken als angeblich klimaschonend durchzusetzen.
(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Carstens voran! - Zuruf von Mi- nisterpräsident Peter Harry Carstensen)
- Ja, natürlich, auch Herr Gabriel. Ihre eigene Regierung ist weiter als Sie, Herr Ministerpräsident.
Die Landesregierung schreibt, die Umsetzung neuer Technologien müsse jedoch die Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürger finden. Für die CCSTechnologie sei dies nicht gelungen.
Bravo! So schnell können Lernprozesse gehen, wenn Wahlen vor der Tür stehen. Was heißt das aber für die Zukunft der Kohleverbrennung, Herr Carstensen? Ist das nur Wahlkampf? - Die CDU hat immer gesagt, dass die Kohleverbrennung deswegen nicht CO2-schädlich sei, weil es anschließend eine CCS-Abscheidung gebe. Jetzt haben Sie gesagt, dass Sie aus der CCS-Abscheidung aussteigen. Wollen Sie jetzt eine CCS-Abscheidung in Nordrhein-Westfalen machen, oder was haben Sie vor?
Wie steht die SPD dazu? - In Schleswig-Holstein kämpft die SPD - und das begrüße ich - gegen CCS, gegen Kohle. Das hat sie aber leider nicht daran gehindert, im Landtag dem Verkauf der Grundstücke für Kohlekraftwerke in Brunsbüttel zuzustimmen.
Derweil wirbt der Kanzlerkandidat lustig weiter für CCS und wirft der CDU vor, dass sie versagt habe, als sie CCS stoppte. Steinmeier will sogar die Kohlesubventionen, die wir endlich gestoppt haben, über 2018 hinaus verlängern.
Trotzdem freue ich mich, dass wir gemeinsam mit der SPD-Fraktion in Schleswig-Holstein zu einem gemeinsamen Antrag zu Krümmel gekommen sind. Das begrüße ich.
Noch mehr freue ich mich, dass die SPD signalisiert hat, dass sie unserem Antrag für eine hundertprozentige Strategie zustimmen will.
100 % Strom aus erneuerbaren Energien. Das ist machbar - dabei bin ich anderer Auffassung als die Landesregierung -, wenn wir die Weichen richtig stellen. Schleswig-Holstein muss wieder wie unter Rot-Grün Windland Nummer eins in der Bundesrepublik werden.
Bei der installierten Windenergieleistung sind wir im vergangenen Jahr auf Platz vier zurückgefallen hinter Niedersachsen, Brandenburg und SachsenAnhalt.
Die Rahmenbedingungen für das Repowering sind deshalb zu verbessern. Die Stromnetze in Erdkabelversion müssen zügig ausgebaut werden. Die Offshore-Windkraftnutzung braucht die notwendige Unterstützung und Infrastruktur. Ein Seekabel von Schleswig-Holstein nach Norwegen ist notwendig. Dies wäre ein erster Schritt für ein europäisches Hochspannungsgleichstromnetz. Wir brauchen die Verbindung zu Norwegen, um bei wachsender Windstromleistung die Schwankungen auszugleichen und die Spitzen abzudecken.
Das alles wäre jedoch Makulatur, wenn die Stromleitungen von Schleswig-Holstein ins Ruhrgebiet, nämlich von Brunsbüttel aus, durch drei neue Kohlekraftwerke blockiert werden. Dann können wir das alles vergessen.
Wir brauchen auch Konzepte für den Ausbau der Solarenergie und für die energetische Nutzung der organischen Reststoffe. Die Kraft-Wärme-Kopplung als Übergangstechnologie, die langfristig auf Biomasse ausgerichtet sein muss, braucht einen neuen Schub.
Ein neuer Baustein dafür kann die jetzt gestartete Kooperation von VW und Lichtblick bringen. Hunderttausende Miniblockheizkraftwerke auf der
Grundlage des VW-Motors EcoBlue sollen zu virtuellen Großkraftwerken zusammengeschlossen werden. Damit kann eine mögliche Schwankung der Windstromangebote viel schneller ausgeglichen werden, als dies mit fossilen Großkraftwerken möglich ist.
Meine Damen und Herren, Schleswig-Holstein hat das Potenzial und die Kompetenzen, um schon 2015 seinen Eigenstrombedarf aus erneuerbaren Energien zu decken. Bis zum Jahr 2020 kann das auf 200 % gesteigert werden.
Das sind keine grünen Zahlen. Das sind auch keine weltanschaulichen Hirngespinste, Herr Biel. Das sind vielmehr die Zahlen Ihres Vorgängers, die Zahlen von Herrn Austermann, die er im Grünbuch hier vorgelegt hat. Ich wundere mich, weshalb Sie darauf nicht zurückgreifen.
Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist eine riesige Chance, meine Damen und Herren. Dabei schaue ich ganz scharf die CDU an. Das ist eine riesige Chance für die Wirtschaft dieses Landes und insbesondere für die Westküste.
Damit können Tausende neue Arbeitsplätze geschaffen werden sowohl im Bereich der erneuerbaren Energien als auch beispielsweise im Bereich des Handwerks für Wärmedämmung der Häuser, die wir in den nächsten 40 Jahren schaffen müssen.
Deutschland muss wieder Vorbild werden, weil wir nur dann Technologieführer sein können. Nur dann werden die Schwellenländer folgen, in denen der CO2-Ausstoß am schnellsten wächst.
Weltweit wurden 2008 die meisten Windkraftwerke in den USA gebaut, an zweiter Stelle liegt China, auf Platz drei Indien und dann Spanien. Deutschland folgt weit abgeschlagen im Mittelfeld. Wir müssen wieder an die Spitze. Deutschland muss im Bereich der erneuerbaren Energien wieder an der Spitze stehen.