Protokoll der Sitzung vom 09.11.2005

Positiv sehen wir natürlich die Einrichtung von Kreis- und Landeselternvertretungen. Im Schulbereich waren diese Vertretungen schon sehr erfolgreich und die privaten Initiativen für die Kindertagesstätten, die es gibt - so zum Beispiel auch bei uns in Nord

(Lars Harms)

friesland -, haben sich als sehr kompetent und schlagkräftig erwiesen.

Wir würden es begrüßen, wenn sich überall kompetente und schlagkräftige Lobbyisten für die Eltern und Kinder der Kindertagesstätten einsetzen würden. Damit ist kein Misstrauen verbunden, sondern wir wollen, dass man miteinander redet, bevor es zu Problemen kommt. Und dafür sind nun einmal feste Gremien und feste Ansprechpartner die ideale Lösung.

Noch eine letzte Fragestellung möchte ich ansprechen. Zwar ist im Kindertagesstättengesetz geregelt, dass Behinderungen, Beeinträchtigungen und Benachteiligungen durch gemeinsame Erziehung der Kinder und individuelle Hilfe für behinderte Kinder ausgeglichen oder verringert werden sollen, aber wenn es um die Bildungsziele und die Zusammenarbeit mit der Schule geht, ist nur noch die Rede davon, dass die entsprechenden Fähigkeiten und Fertigkeiten nur „altersgemäß“ weiterentwickelt werden sollen.

Nach meiner Auffassung sollte die Formulierung - so, wie sie auch schon von der Lebenshilfe SchleswigHolstein vorgeschlagen wurde - auch auf den jeweiligen Entwicklungsstand der einzelnen Kinder abheben. Denn dieser ist bei behinderten Kindern durchaus nicht immer „altersgerecht“. Dann wäre auch die besondere Situation behinderter Kinder mit berücksichtigt und dann wäre dieser Gesetzentwurf runder.

Ich persönlich würde mich freuen, wenn wir im Ausschuss zu einer breiten und möglicherweise auch sehr langen Debatte kämen. Ich beantrage hiermit, diese Debatte nicht nur im Bildungs-, sondern auch im Sozialausschuss zu führen. Denn für mich ist es auch ein soziales Thema; das gilt natürlich für den gesamten SSW.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Also auch für An- ke! - Heiterkeit)

Und ich möchte hier noch kundtun, was mir wichtig ist: Dem Berichtsantrag der FDP werden wir zustimmen, weil für uns nicht erklärbar ist, dass wir vor drei Jahren noch in der Lage waren, Fragen zu Umdrucken et cetera zu beantworten, dies jedoch heute nur noch mit großen Gutachten und externen Firmen möglich sein soll. So sehr hat sich das Ministerium nicht geändert, als dass dies zwingend notwendig wäre. Insofern ist es gut, dass die FDP die Fragen so gestellt hat. Ich als Parlamentarier erwarte eine vernünftige Antwort. Wir werden den Antrag der FDP unterstützen.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Harms. - Das Wort hat erneut Frau Ministerin Ute Erdsiek-Rave erbeten.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ein paar Dinge möchte ich zurechtrücken und ein paar Dinge möchte ich zurückweisen. Ich wundere mich, aber vielleicht wundere ich mich auch nicht über den zum Teil unverschämten Stil. Ich kann das nicht anders nennen, Herr Dr. Klug. Das, was Sie gesagt haben, weise ich wirklich zurück. Warum ist es notwendig, solche Töne anzuschlagen? Wir können uns hier doch sachlich auseinander setzen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Im Übrigen ist der Wahlkampf vorbei.

(Zuruf von der CDU: Das weiß man nie! - Günther Hildebrand [FDP]: Nach der Wahl ist vor der Wahl!)

Zunächst einmal möchte ich in Richtung der Grünen und insbesondere an Sie, Frau Heinold, Folgendes sagen: Sie stellen sich hier hin und tun so, als ob wir in Schleswig-Holstein Bildungseinrichtungen und Kindertagesstätten wie aus der Steinzeit haben. Ich rate Ihnen, Bildungseinrichtungen, wie etwa AWOKindertagesstätten - um nur einmal einen Träger zu nennen -, zu besuchen, die seit langem nach bestimmten Qualitätsnormen arbeiten, die regelmäßig die Lernerfolge der Kinder dokumentieren, so wie es jetzt in den Kindertagesstätten erwartet wird, die selbstverständlich ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter regelmäßig fortbilden und nie auf das Land nach dem Motto zugekommen sind: Jetzt müsst ihr aber die Mittel erhöhen, weil wir in unserer Kindertageseinrichtung so vorbildliche Arbeit machen.

Das unterstützen wir und wir fordern mit diesem Gesetz dazu auf, dass all diejenigen, die bisher nicht auf diesem Niveau arbeiten, sich auf dieses Niveau zubewegen. Das ist der Grundsatz dieses Gesetzes. Aber ich weise den Vorwurf zurück, dass unsere Bildungseinrichtungen und unsere Kindertagesstätten vorsintflutlich arbeiten. Das Gegenteil ist der Fall.

(Beifall bei SPD und CDU - Dr. Heiner Garg [FDP]: Das hat kein Mensch gesagt!)

- Ich habe nicht Sie angesprochen, sondern Frau Heinold. Auch bei einem anderen Punkt muss ich mich sehr wundern. Sie haben in der letzten Wahlperiode mit beschlossen, dass der Gesamtbetrag von 60 Millionen € in das FAG überführt wird. Damit war

(Ministerin Ute Erdsiek-Rave)

verbunden, dass wir ein Monitoringverfahren einführen. Das haben wir so beschlossen. Für das Kindergartenjahr 2004/2005 wird das demnächst abgeschlossen sein. Dabei werden wir in der Tat erfahren, wie die Kreise die Mittel auf die Träger verteilt haben, wie groß die Gruppen sind, wie das Personal eingeführt wird. Diese sind für die Weiterverteilung zuständig. Auch das haben Sie mit beschlossen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Diese Daten werden uns bald vorliegen. Das ist auch seinerzeit so vereinbart worden. Ich habe mich dagegen gewehrt. Ich sage hier in aller Sachlichkeit noch einmal: Für das, worauf Sie sich jetzt beziehen, nämlich die Beantwortung der Großen Anfrage von 2001, in der diese Daten erhoben worden sind, war ein halbes Jahr Zeit. Dafür hat sich das Sozialministerium seinerzeit wissenschaftlicher Hilfe von der Universität Kiel bedient, weil das Ministerium allein mit den Mitarbeitern, die dort zur Verfügung stehen, auch rein zeitlich nicht in der Lage war, das zu bewältigen, und schon gar nicht in dem Zeitraum, den Sie vorschlagen, nämlich bis zum Dezember. Wie soll das möglich sein? Ich könnte Ihnen im Einzelnen erläutern, welche Daten zugänglich sind und welche Daten eben nicht ohne weiteres zugänglich sind, bei denen es um alle möglichen Dinge geht. Die Erfassung von ALGII-Empfängern zum Beispiel ist in so einer kurzen Zeit nicht möglich. Vielleicht können Sie das, selbst wenn Ihnen seit langem diese Verwaltungs- oder Regierungserfahrung fehlt, unmittelbar nachvollziehen.

Das Ministerium ist selbstverständlich bereit, jede Information zu geben, die uns zur Verfügung steht. Aber wenn wir Daten in diesem Umfang und dieser Qualität und Breite ermitteln sollen, dann brauchen wir dazu eine andere Grundlage und dann brauchen wir dazu mehr Zeit.

(Beifall des Abgeordneten Holger Astrup [SPD])

Es geht nicht darum, irgendetwas zu verweigern. Frau Heinold, ich fand Ihr Verhalten, sich hier hinzustellen und zu sagen, dass ich nichts weiß und auch nichts wissen will, an der Grenze. Wir haben ein Verfahren vereinbart, das so durchgeführt wird. Wenn wir darüber hinaus mehr leisten sollen, dann brauchen wir dazu eine andere Grundlage.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke der Frau Ministerin. - Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Herr Abgeordnete Wolfgang Baasch.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will kurz auf ein paar Argumente eingehen, weil ich nicht glaube, dass die Diskussion, wie sie hier zumindest von den Oppositionsparteien geführt wird, zielführend ist. Ich darf mit den letzten Zahlen zum ALG II anfangen. Wer an der aktuellen Situation Schuld ist, können wir überlegen. Auch ich weiß, dass die Bundesregierung schlecht gerechnet hat, als sie die Zahl der Bedarfsgemeinschaften ausgerechnet hat. Aber wenn wir heute noch nicht einmal wissen, wie viele Bedarfsgemeinschaften es in den einzelnen Arbeitsgemeinschaften genau gibt, dann frage ich, wie das Bildungsministerium in der Lage sein soll zu sagen, wie viele Menschen ihre Kinder in sozialstaffelgeförderten Einrichtungen haben und wie Sozialstaffeln greifen, zumal die Sozialstaffel in jedem Kreis völlig unterschiedlich ist. Jeder kocht hier sein eigenes Süppchen. Ich finde es einfach nicht richtig, sich hier hinzustellen und zu sagen: Weil es hier keine Zahlen gibt, ist das, was geleistet wird, zu kritisieren. Das ist ein falscher Ansatz. Das ist reine Polemik und nichts anderes.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Es ist auch wichtig, einmal festzustellen, was in den vielen Kindertagesstätten in Schleswig-Holstein an Konzepten vorhanden ist. Ich kenne eine Einrichtung der Charitas in Mettenhof in Kiel, die bei der Migration schon seit Jahren eine ganz hervorragende Arbeit leistet. Dieses Konzept müsste man abschreiben und anderen Trägern und Einrichtungen, die ähnliche Probleme haben, mit auf den Weg geben. Es gibt noch viele andere hervorragende Einrichtungen. Ich weiß, dass die Lebenshilfe in Lübeck eine hervorragende Frühförderarbeit gemeinsam mit Kindertagesstätten leistet, um gerade behinderten Kindern entsprechende Fördermöglichkeiten zu geben. All diese Beispiele gibt es.

Aber wir haben bis jetzt immer Wert darauf gelegt, dass sie sich alle spezialisieren und alle ihren eigenen Weg gehen. Ich finde das an sich sympathisch. Aber wenn man hier umsteuern und das in ein Gesetz aufnehmen will, das landeseinheitlich gelten soll, dann ist das nicht von heute auf morgen zu machen, wenn man diese guten Ansätze in Schleswig-Holstein nicht kaputtmachen will, was ja völliger Quatsch wäre. Vielmehr muss man sie aufgreifen und fördern. Andere, die noch nicht so weit sind, muss man motivieren mitzumachen.

Ein Beispiel hat die Ministerin selbst angeführt, den Fremdsprachenbereich. Dazu hat es erst vor kurzem einen großen Kongress hier in Schleswig-Holstein gegeben, auf dem sich Kindertagesstätten, die das

(Wolfgang Baasch)

schon heute hervorragend machen, zusammengefunden haben, sich darüber ausgetauscht und multiplizierend tätig waren. Das ist doch in Ordnung. Hier zu behaupten, da passiere nichts und das alles sei neben der Spur, ist reine Luft und dient nur dazu, Polemik loszuwerden.

Ansonsten kann ich nur empfehlen, sich die Seite 26 des Koalitionsvertrages von SPD und CDU anzuschauen. All das, was eingefordert wird, ist dort niedergeschrieben. Sie können sich sicher sein, dass wir das auch so umsetzen werden.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Baasch. - Das Wort für die FDP-Fraktion erteile ich Dr. Ekkehard Klug.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn denn tatsächlich einzelne Fragen, wie die nach den ALG-II-Empfängern, in kurzer Zeit nicht beantwortet werden können, dann kann man darüber reden, ob man diese eine von den vier Fragen erst einmal zurückstellt. Aber dass Sie nicht auf die Frage antworten können, wie sich denn die Kosten bei der Gesamtfinanzierung der Kindertageseinrichtungen zusammensetzen, verteilt auf das, was das Land, die Kreise, die Gemeinden und die kreisfreien Städte sowie die Eltern aufbringen, verwundert schon. Das war nur eine von den vielen Auskünften, die damals vor drei oder vier Jahren als Antwort auf die Große Anfrage der Fraktion der Grünen gegeben worden ist. Wenn Sie sagen, dass Sie einzelne Fragen nicht so kurzfristig beantworten können, aber dass man das Material zu anderen Fragen liefern könne, dann lässt sich darüber reden. Aber dass Sie derart abblocken, so wie Sie es getan haben, halte ich schlicht und ergreifend für nicht nachvollziehbar.

Meine Einschätzung ist, dass Sie die Realität nicht ans Licht kommen lassen wollen, die sich in den vielen einzelnen Informationen, die wir von den Trägern und Kommunen bekommen, in letzter Zeit zunehmend herauskristallisiert. Auf die Eltern kommt eine zunehmende Kostenbelastung zu. Das liegt auch daran, dass die Landesmittel seit 2004 auf 60 Millionen € eingefroren sind. Die Zahl der Kitaplätze ist gleichwohl in den letzten Jahren seit 2001 kontinuierlich gestiegen. Das haben Sie als Information in einer Antwort auf eine von mir gestellte Kleine Anfrage vor kurzer Zeit mitgeteilt. Das heißt, es gibt tatsächlich mehr Plätze.

Die Landeszuschüsse wollen Sie wegen des Haushalts weiter bei dem Plafond von 60 Millionen € belassen. Das bedeutet in der Konsequenz, dass die anderen Kostenträger eine steigende Belastung zu erwarten haben. Wir wissen, wie die Situation bei den Kommunen aussieht, die das vielfach nicht mehr schultern können. Dann bleibt es am Ende bei weiter steigenden Beiträgen der Eltern. Aus dem, was wir in den letzten Monaten aus dem Land von vielen Trägen an Nachrichten bekommen haben, ist zu ersehen, dass das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht ist. Vielmehr geht das weiter. Das ist einfach ein Faktum. Das muss man in die Beratung einbeziehen, weil das in der Zukunft ganz gravierende Auswirkungen auf die Inanspruchnahme von Angeboten im Bereich der Kindertageseinrichtungen haben wird. Das Stichwort Abmeldungen hatte ich vorhin schon angesprochen.

Da ich nur noch elf Sekunden Redezeit habe, muss ich das zweite Thema, nämlich den Parallelfall Rheinland-Pfalz, leider fallen lassen. Aber man kann sehr wohl an deutschen Beispielen ablesen, dass andere Bundesländer wesentlich mehr tun, als die derzeitige schleswig-holsteinische Landesregierung zu tun in der Lage und bereit ist.

(Beifall bei der FDP und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Dr. Klug. - Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Abgeordnete Monika Heinold.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ein Erstes. Ich wiederhole den Satz aus meiner Rede: Es gibt Kindertagesstätten im Land, die arbeiten vorbildlich, und es gibt Kindertagesstätten im Land, die arbeiten unzureichend. Ich denke, dass die Differenzierung deutlich genug war - zumindest für diejenigen, die das verstehen wollten.

Ein Zweites. Wir stehen nicht hier, um zu nörgeln, weil wir gern nörgeln. Sie wissen, dass wir durchaus auch in der Opposition die Größe haben, Anträgen von CDU und SPD zuzustimmen, wenn sie gut sind. Aber wir können auch nicht daran vorbeischauen, dass wir einen Umdruck mit Anhörungsergebnissen zur Weiterentwicklung der Kindertageseinrichtungen haben, in dem alle, aber auch wirklich alle, die angehört worden sind, deutliche Kritik äußern.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

(Monika Heinold)

Ich nenne nur die Argumente des Landesrechnungshofs, der nicht verdächtigt ist, eine Institution zu sein, die vorschlägt, sinnlos Geld auszuschütten. Der Landesrechnungshof schreibt uns - so steht es in der Kurzzusammenfassung -:

„- Abschließende Evaluation der Leitlinien soll berücksichtigt werden.

- 200.000 € für Qualitätsentwicklung und Umsetzung des Gesetzes sind zu wenig.