Ute Erdsiek-Rave

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Vielen Dank, Frau Präsidentin! - Ursprünglich war es so, dass das ein Antrag war, den ohnehin ich hätte beantworten müssen. Da meine Teilnahme an der KMK heute entfällt, übernehme ich diesen Punkt wieder.
Meine Damen und Herren, die Aufforderung „Ruhe bitte!“ ist eine, die nicht nur hier gelegentlich zu hören ist, sondern besonders oft in Klassenzimmern. Dass es nicht nur die Schülerinnen und Schüler sind, die den Lärmpegel beeinflussen, sondern natürlich auch die Räume, die Architektur, ist bekannt.
- Das eine kann auch das andere heftig potenzieren. Das ist wohl wahr.
Die Landesregierung informiert deshalb aktiv über geeignete Gegenmaßnahmen. Wer von Ihnen beim Schulbaukongress im letzten Jahr dabei war - mit sehr interessiertem großen Publikum -, wird das mitbekommen haben. Sie macht auch Vorgaben und Vorschläge. Wir verbinden seit 2005 die Schulbauförderung mit der Erwartung, dass neue Erkenntnisse zur Raumakustik berücksichtigt werden. Im aktuellen Förderprogramm gibt es die Förderrichtlinie für das Landesschulbauprogramm. Da betrifft das Ganze bereits die Planung der Vorhaben.
Der Antrag zielt auf Maßnahmen im Rahmen des Konjunkturpakets II ab. Hier gibt es eine etwas andere Zielsetzung, als der Antrag das unterstellt.
Es geht um konjunkturelle Impulse im Schulbereich, vorrangig - so hat der Bund das vorgegeben um energetische Sanierung, also um energetische Einsparung und Sanierung allgemein, also eine nachhaltige Entlastung auch der Träger bei den Energiekosten, bei den Bewirtschaftungskosten und um Klima und Umweltschutz. Gleichwohl schließt die Förderrichtlinie keineswegs aus, dass es auch um Schallschutzmaßnahmen gehen kann.
Die Träger der Schulen und Kindertagesstätten sind jetzt dabei, die Vorhaben umzusetzen. Sie wissen, wir haben in der letzten Woche sämtliche Maßnahmen aus dem Bereich Schulen und Kita auf den Weg gebracht. Das ging alles sehr zügig und schnell. Alle Förderzusagen sind vier Wochen nach Ende der Abgabefrist für diese Prioritätenlisten erteilt worden.
- Vielen Dank.
Wenn wir zu diesem Zeitpunkt unser Controlling so verändern würden, dass wir später auch einmal über Schallschutzmaßnahmen berichten können, müssen Sie sich im Klaren darüber sein, dass das ein erheblicher zusätzlicher Verwaltungsaufwand wäre. Im Übrigen weiß ich nicht, ob es ein Druckfehler war: Der Antrag betrifft nicht die laufende, sonder erst die kommende Legislaturperiode, was den Zeitpunkt der Berichterstattung angeht.
- Wir blicken weit voraus. Das tun wir ständig und aktuell besonders. - Seien Sie sicher: Auch ohne Ihren Antrag nehmen wir den Schallschutz sehr ernst und werden die Träger aller Bildungseinrichtungen für dieses Thema weiter sensibilisieren, weil wir das wichtig und richtig finden.
Ebenso wie das Kriterium Lärmschutz ist auch das der Barrierefreiheit keine der ausdrücklichen Bedingungen für eine Förderung nach dem Konjunkturpaket II. Hintergrund ist, dass die entsprechenden gesetzlichen Vorschriften auf Bundes- und Landesebene, also Bauvorschriften, Gleichstellungsgesetz zur Barrierefreiheit bei Neubauten und größeren Umbauten, schon vorhanden sind. Aber es ist ein hochwichtiges Anliegen, dass Menschen mit Behinderung ihr Leben selbstständig führen können. Dafür ist nicht nur die barrierefreie Gestaltung von öffentlichen Verkehrsanlagen und Gemeindebedarfseinrichtungen wie zum Beispiel Verwaltungsgebäuden oder Sportstätten erforderlich. Ich glaube, wir sind in den letzten Jahren gut voran
gekommen, aber wenn man kritisch und genau hinschaut, sind wir immer noch nicht da, wo wir eigentlich sein müssten. Wenn man das in Beziehung zur UN-Konvention für Rechte von Menschen mit Behinderung setzt, gilt das erst recht, weil da noch erheblich höhere Anforderungen gestellt werden. Das gilt für den Schulbereich gleichermaßen wie für den gesamten öffentlichen Bereich.
Die Landesregierung hat die notwendige Barrierefreiheit von bestehenden Gemeindebedarfseinrichtungen im Konjunkturpaket II als eigenen Fördertatbestand im Rahmen der Städtebauförderung festgelegt. Die Kommunen haben das Angebot aufgegriffen und eine Vielzahl von Förderanträgen gestellt. Das Land hat bereits im April 2008 mit der Deutschen Bahn AG eine Rahmenvereinbarung zur Modernisierung der Bahnstationen abgeschlossen. Diese beinhaltete auch Maßnahmen zur Verbesserung des barrierefreien Zugangs zu den Bahnstationen. Diese Maßnahmen befinden sich kurz vor der Umsetzung. Sie werden nicht aus dem Konjunkturprogramm, sondern aus Mitteln des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes finanziert.
Wir werden mit den Mitteln des Konjunkturpakets II die Schulen und Kindertagesstätten und viele weitere Einrichtungen auf einen modernen Stand bringen. Wir werden damit den Lärmschutz und die Barrierefreiheit deutlich verbessern. Ich hoffe, das wird im Land spürbar und sichtbar werden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Frage nach der sozialen Gerechtigkeit einer Sozialstaffel kann man nicht allein daran festmachen, ob die Grenze für die Beitragsbefreiung bei 85 % oder bei 100 % liegt. Diese einfache Rechnung würde nämlich nur dann aufgehen, wenn es ein landesweit einheitliches System gäbe, also wenn die Anspruchsvoraussetzungen, die Berechnungsgrundlagen und die Staffelungen in den Kreisen und kreisfreien Städten einheitlich wären. Das ist bekanntermaßen nicht der Fall. Das ist bedauerlich. - Das sage ich ganz klar. Unser Land ist klein, aber vielfältig, habe ich bei einer früheren Diskussion um ein ähnliches Thema hier gesagt. Vielfältig - übersetzt man dieses Wort politisch - heißt, dass sowohl die Versorgungsdichte in Schleswig-Holstein als auch das will ich ausdrücklich sagen - das soziale Engagement von Kreisen und Gemeinden für die Entlastung der Betroffenen sehr unterschiedlich ist.
Der Landesrechnungshof und die Bürgerbeauftragte haben auf diese Schieflage hingewiesen. Es ist so, dass bei gleichen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen je nach Wohnort Beitragsermäßigungen zwischen null und 100 % da sind. Wir haben mancherorts die wirklich schwer vermittelbare Situation, dass Empfänger vom Arbeitslosengeld II keine Beiträge zahlen, während Erwerbstätige mit gleichem Nettoeinkommen zur Kasse gebeten werden.
Hinzu kommt, dass die 85-%-Regel - das wissen Sie auch - streng genommen in Reinkultur nur noch in einem Kreis gilt, das ist der Kreis RendsburgEckernförde. Alle anderen wenden sie entweder nicht an oder schwächen sie inzwischen ab. Das gilt für die beiden anderen Kreise mit einer 85-%-Regelung, Lauenburg und Stormarn - wobei der Kreis Stormarn gewiss nicht zu den ärmsten Kreisen dieses Landes gehört.
Die meisten Kreise nutzen - das betone ich ausdrücklich - aus eigenem Antrieb ihren Gestaltungsspielraum, um die Beitragsbefreiung zu erweitern. Die 85 % des Regelsatzes für die Beitragsbemessung sind übrigens die absolute Untergrenze. Sie orientieren sich an 100 % der früheren Sozialhilfebedarfsgrenze.
Liebe Frau Heinold, Sie haben auf die Entstehung der Gesetzgebung 2004 hingewiesen. Ich kann mich an diese Debatte noch ziemlich genau erinnern. Ich kann mich auch daran erinnern, dass wir schon damals eine sehr prekäre Haushaltslage hat
ten. Letztlich haben Sie der Gesetzesänderung aber zugestimmt.
Ich will damit nur sagen: Man kann sich in der Opposition von dem verabschieden, was man früher mitgemacht hat. In der Situation, in der man einen Beschluss fasst, hat man in einer Demokratie auch die Verantwortung. Sonst muss man die Dinge beenden. So ist das.
- Ja, gut. Wir können das Zustandekommen von Beschlüssen für Haushalte in der Vergangenheit hier gern aufarbeiten. Ich finde, das ist eigentlich kein guter Stil.
Das Ziel Ihres Antrags ist eine landesweit einheitliche Lösung für die Entlastung von einkommensschwachen Familien. Dieses Ziel lässt sich nur über eine gemeinsame Sozialstaffel oder - besser gesagt: Sozialstaffelsystem - der Kreise und kreisfreien Städte erreichen. Erst dadurch kommt man überhaupt zu einer echten Vergleichbarkeit.
Wie schwierig es überhaupt ist, Daten von den Kreisen und kreisfreien Städten zu bekommen, habe ich in der Vergangenheit hier mehrfach dargestellt. Davon abgesehen geht Ihr Vorschlag zur Finanzierung leider ins Leere. Wenn das so leicht wäre, könnten wir das sozusagen im Zuge der jetzigen Gesetzesänderung machen. Wir könnten ein einheitliches Sozialstaffelsystem einführen und sagen: Das finanziert sich sozusagen von selbst.
Es gibt im Zuge des beitragsfreien Kita-Jahres nämlich keine Einsparungen der Kreise und kreisfreien Städte bei der Sozialstaffel. Das Land ersetzt nur das, was die Eltern bisher gezahlt haben. Die Kreise und kreisfreien Städte bringen also ihren Finanzierungsanteil, den sie bisher über die Sozialstaffelermäßigung erbracht haben, weiterhin in die Finanzierung der Elternbeiträge ein. Das war unser Ziel und bleibt unser Ziel. Das Land entlastet die Eltern und nicht die Kreise und kreisfreien Städte. So ist es.
- Es gibt ein präzises Abrechnungssystem. Das ist hier in der Vergangenheit doch alles erläutert worden. Wir können darüber im Ausschuss aber gern noch einmal weiter beraten und das erklären. Es bleibt also der Weg über einheitliche Maßstäbe und Grundlagen in den Sozialstaffeln.
Ich will hier ausdrücklich noch einmal sagen: Eigentlich müssten die Kreise selbst ein Interesse an gleichen Bedingungen haben. Hier geht es schließlich um Transparenz, um Familienfreundlichkeit und Verwaltungsvereinfachung. Es geht um genau das, was Sie auch gesagt haben. Herr Harms, Ihnen wollte ich das zurückmelden: Es geht um Familienfreundlichkeit, Transparenz und Verwaltungsvereinfachung. Es geht auch um eine notwendige Verständigung auf die Maßstäbe für das soziale Handeln, die in der kommunalen Selbstverwaltung angelegt werden. Hier gibt es die Verpflichtung zur Wahrnehmung einer gemeinsamen Verantwortung.
Nun will ich einmal sagen, wie die Gespräche mit den kommunalen Landesverbänden dazu verlaufen sind. Es hat mehrere Gespräche dazu im sogenannten Lenkungsausschuss gegeben, in dem alle Beteiligten beraten. In der vergangenen Woche war das vorläufig letzte dieser Gespräche vor dieser Debatte. Die kommunalen Landesverbände haben noch einmal deutlich gemacht, dass sie derzeit nicht an einer Vereinheitlichung mitwirken wollen. Ich finde das enttäuschend. Aber damit ist klar - das war Gegenstand der Diskussion dort -: Jeder Versuch, landeseinheitliche Bedingungen herzustellen, ließe Konnexitätsforderungen erwarten. Sie sehen also, wir haben Gespräche geführt, die Sie mit dem Antrag einfordern. Die können durch den Bildungsausschuss gern fortgesetzt werden. Vielleicht hilft das, eine größere Bereitschaft herzustellen. Allerdings muss ich wirklich sagen: Ich hätte mir andere Ergebnisse gewünscht.
Eines will ich abschließend sagen. - Herr Dr. Klug, Sie hören mir offenbar absichtlich nicht zu; aber ich spreche Sie jetzt trotzdem an. - Es ist ja nicht so, dass im dritten Kindergartenjahr - dies ist meiner Ansicht nach ein ganz wichtiges und entscheidendes - die Kinder von Geringverdienenden oder sozial Benachteiligten nicht in den Kindertageseinrichtungen wären. Wir sind dort ja schon bei knapp 95 % aller Kinder angelangt. Aber die restlichen 5 % sind die, um die es uns geht. Diese wollen wir erreichen, indem wir die Gebührenbefreiung im dritten Kita-Jahr auf den Weg bringen, und zwar für die Eltern aller Kinder, insbesondere aber für die Geringverdiener, die nicht von der Sozialstaffel, über die wir heute diskutieren, profitieren.
Ich verstehe nicht, warum Sie das kleinreden. Damit steigen wir jetzt ein. Ich bin zutiefst davon überzeugt, das müssen wir durch eine Befreiung von den Gebühren in allen Kindergartenjahren fortsetzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Europa beeinflusst das Leben der heutigen Schülergenerationen sehr viel stärker als das ihrer Eltern und Großeltern. Europa ist inzwischen mehr als eine Hoffnung oder nur ein Versprechen. Europa ist Realität - eine Realität, die manchmal auch mühsam ist wie jetzt gerade im Zusammenhang mit dem Vertrag von Lissabon und zugleich eine Realität, deren Chancen noch längst nicht ausgeschöpft sind. Vielen Jüngeren ist heute gar nicht mehr bewusst, wie gewaltig der Unterschied zur Situation vor 20 Jahren ist, bevor Europa -
Herr Präsident, diese Aufforderung, zum Kaffeetrinken zu gehen, erfreut mich natürlich nicht, vor allen Dingen mitten in meinem Satz, wenn ich das sagen darf.
Ich wiederhole den Satz: Vielen Jüngeren ist heute gar nicht mehr bewusst, wie gewaltig der Unterschied zur Situation von vor 20 Jahren ist, bevor
Europa mit friedlichen Revolutionen ein neues Gesicht bekam. Sie kennen aus vielen Umfragen, aus vielen Jugendstudien, wie wenig den jungen Menschen diese Phase vor 20 Jahren im Gedächtnis ist. Darum ist es gut, dass derzeit bei den vielen Feiern und Gedenktagen, die in Deutschland zu begehen sind, dies auch noch einmal hervorgehoben wird.
Aus diesem Grund hat Europa an jeder Schule in Schleswig-Holstein einen hohen Stellenwert. Die Lehrerpläne berücksichtigen das auf vielfältige Weise. An den Schulen ist das häufig verbunden mit Kontakten, mit Besuchen, mit Schüleraustauschen. Darüber ist an anderer Stelle ausführlich berichtet worden. Das kann ich hier nicht wiederholen.
Zur Beschäftigung mit Europa trägt außerdem der europäische Wettbewerb bei als ältester Schülerwettbewerb in Europa. Er wurde in der letzten Woche gerade hier im Landeshaus gewürdigt. Unsere 30 Europaschulen tragen darüber hinaus den europäischen Gedanken auf ganz besondere Weise weiter - innerhalb der eigenen Schule, aber auch nach außen in ihr jeweiliges Umfeld. Sie orientieren sich dabei an den Empfehlungen der Kultusministerkonferenz zur Europabildung in der Schule. Ein Europa-Curriculum ist die Grundlage der Unterrichtsarbeit. Das ist das zentrale Element.
Beispielhaft, damit Sie sich eine Vorstellung machen können, was das denn in einem Curriculum bedeutet - es sind ja hier nicht alle pädagogisch so vorgebildet -, will ich kurz zitieren, was Themen der fünften und sechsten Jahrgangsstufe der Mariavon-Weber-Schule in Eutin beispielsweise sind: Teilnahme am europäischen Sprachenwettwerb „The Big Challenge“ in Englisch, die Beschäftigung mit europäischen Märchen und Sagen im Deutschunterricht, mit europäischen Ornamenten in Kunst, mit Liedern aus Europa in Musik, in Religion der Vergleich von unterschiedlichen Ritualen für die christlichen Feiern in Europa oder in Biologie das Nachverfolgen von europäischen Vogelzugrouten. Das ist doch wirklich kreativ und fächerübergreifend. Darauf aufbauend werden die Themen in den folgenden Jahrgangsstufen dann ausdifferenziert und verfolgt.
Das Beispiel zeigt schon, dass Schülerinnen und Schüler von Europaschulen regelmäßig an europaorientierten Wettbewerben und Jugendforen teilnehmen. Das Fremdsprachenprofil der Europaschulen geht über das nationale Fremdsprachenangebot der jeweiligen Schulart hinaus. Es gibt zusätzliche Angebote im Regelunterricht, im Wahl
pflichtbereich und in zusätzlichen Arbeitsgemeinschaften.
Natürlich gehören auch regelmäßig länderübergreifende Projekte zum Profil. Europaschulen unterhalten aktive und dauerhafte Partnerschaften mit Schulen, Ausbildungsunternehmen und anderen Partnern im europäischen Ausland. Internationale Begegnungen und Projekte werden im Unterricht integriert.
Die weiterführenden Schulen ermöglichen beruflich orientierte Praktika beziehungsweise Betriebspraktika im europäischen Ausland. Neben der Arbeit in länderübergreifenden und internationalen Netzwerken unterstützen Europaschulen auch in ihrem regionalen Umfeld die Vermittlung des Europagedankens. Dabei beziehen sie sich auf andere Schulen und weitere Einrichtungen in der Region und beziehen Partner aus Politik und Wirtschaft, Kunst und Kultur in ihre Bildungsarbeit mit ein und treten auch hier als Förderer des Europagedankens hervor.
Die Arbeit der Europaschulen wird vom Land natürlich unterstützt. Allerdings hat die fachliche Begleitung das meiste Gewicht. Die finanzielle Förderung des Landes ist bescheiden; dass muss man einfach zugeben. Sie umfasst insgesamt 2.500 € für Fortbildung und Foren und 4.000 € für Reisen zu Partnerschulen, Auslandspraktika und Ähnliches. Hinzu kamen 2008 erstmalig 15.000 € aus dem Kompensationsfonds des Bundes, also insgesamt pro Europaschule ungefähr 700 €. Das Ministerium leistet zudem direkte Unterstützung bei der Beantragung von Mitteln der verschiedenen EU-Förderprogramme.
Meine Damen und Herren, über die 30 schon bestehenden Europaschulen hinaus gibt es natürlich weitere Schulen, die Interesse an diesem Titel haben. Wir erarbeiten für den weiteren Prozess derzeit ein Grundsatzpapier - das ist ja auch in Rendsburg schon diskutiert worden -, das im Wesentlich die Kriterien enthalten wird, die ich Ihnen hier genannt habe. Darüber hinaus sollen alle Europaschulen künftig jährlich darüber Bericht erstatten, wie sie die Kriterien erfüllen.
Ich finde, dass unsere Europaschulen besonders engagierte, gute Schulen sind. Ich möchte gern, dass sich der Europagedanke nicht nur in den Schulen allgemein weiter festigt, sondern auch, dass wir den Kreis der dezidierten Europaschulen, die sich in so vorbildlicher Weise mit diesem Gedanken befassen, noch erweitert werden kann - auf klarer Grundlage,
nach guten Kriterien und nachvollziehbar für die Öffentlichkeit und das Parlament.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde heute nicht in die Einzelheiten des Gesetzentwurfs von den Grünen einsteigen. Ich finde, wir führen hier eine Grundsatzdebatte. Ich glaube, das ist zu diesem Thema auch angemessen. Wir reden im Grundsatz über die Situation und die Perspektiven von Kindern und jungen Menschen mit Behinderung und Benachteiligungen. Wir reden über die, die vor 20 Jahren noch „Hilfsschüler“ genannt wurden. Wir reden über die, die auf dem Arbeits- und Ausbildungsmarkt in der Regel überhaupt keine Chance haben. Wir reden über die, die nach Verlassen der Schule in der Statistik als Schüler ohne Schulabschluss gezählt werden. Wir reden über Schüler an Sonderschulen für Lernbehinderte; bundesweit werden sie häufig noch so genannt. Dort sitzen zu zwei Dritteln Jungen. Wir reden über Kinder aus Migrantenfamilien und aus sozial benachteiligten Verhältnissen.
Gehen wir eigentlich davon aus, dass diese Kinder per se weniger intelligent und lernfähig sind? Weil sie Jungen sind? Weil sie Migranten sind? Was haben sie eigentlich auf einer Sonderschule für Lernbehinderte zu suchen? Das muss man sich doch fragen.
- Lieber Wolfgang Kubicki, auf diesem Niveau setze ich mich mit dir nicht mehr auseinander.
Wir reden darüber, wie die Gesellschaft mit diesen Kindern umgeht. Diese Kinder werden in Deutschland anders als in allen anderen europäischen Ländern - ich komme noch darauf zurück - mehrheitlich nicht integrativ beziehungsweise nicht inklusiv beschult. Warum ist das eigentlich in Deutschland so? Welche tief sitzenden Überzeugungen stecken eigentlich dahinter? Das fragt man sich. Ich glaube, es sind viele Vorurteile und auch viele falsche Annahmen, zum Beispiel, dass benachteiligte Kinder leiden und stärkere Kinder in einer gewissen Art und Weise heruntergezogen werden, wenn alle gemeinsam beschult werden. Das Prinzip der Inklusion ist in Deutschland einfach noch nicht das generelle Leitprinzip bildungspolitischen Handelns. So ist das.
Das ist der Grund dafür, dass wir dieses Jahr der inklusiven Bildung durchführen, übrigens infolge der UN-Konvention, die uns auffordert, genau über dieses Prinzip zu diskutieren, es in Deutschland bekannt zu machen. Das ist eine politische Verantwortung, die ich für mich sehe.
Inklusive Bildung meint doch etwas anderes als Integration. Sie meint einen anderen Blick, sie meint, dass sich die Schule an den Möglichkeiten und dem Bedarf jedes einzelnen Kindes orientieren und Fördermöglichkeiten schaffen muss. Eine inklusive Schule heißt alle Kinder willkommen, auch wenn sie Behinderungen körperlicher, geistiger oder seelischer Art oder wenn sie Lern- beziehungsweise Leistungsprobleme haben.
In Deutschland wird immer darüber gesprochen, was alles nicht geht oder nicht gehen kann. Ich sage Ihnen: Man muss die Voraussetzungen dafür schaffen, und dann ist es möglich. Das kann man weltweit betrachten.
Die UNESCO-Weltbildungskonferenz in Genf ist hier zitiert worden. Ich habe an ihr teilgenommen und die deutsche Delegation geleitet. Ich kann Ihnen sagen: Als deutsche Vertreterin musste ich mir einiges anhören, zum Beispiel die Frage: „Was sind eigentlich Sonderschulen für Lernbehinderte?“ Das gibt es im europäischen Ausland gar nicht. - „Ach, Sie meinen die Schüler, die langsamer lernen?“, wurde dann gesagt. „Und die stecken Sie in gesonderte Schulen?“ - Das rief ein absolut ungläubiges Staunen hervor, kann ich Ihnen sagen.
Ob es nun Schwellenländer sind oder Länder wie Kanada oder Schottland - ich könnte noch viele andere nennen -, überall ist die Inklusion Kern aller Reformen gewesen. Eine beliebte bildungspolitische Diskussionsfigur ist es, über Finnland zu reden, über die exklusiven Verhältnisse dort, über die Lernbedingungen, über die kleinen Klassen und die Personalbesetzung, nur mit dem Ziel, jeden Ansatz in dieser Richtung hier in Deutschland gleich kaputtzureden. Das ist meistens das Ziel solcher Beispiele.
- Ich rede keineswegs immer über Finnland. Ich rede im Moment vom europäischen Ausland, wo es einen europäischen Benchmark gibt. Dieser lautet: 85 % integrative Beschulung. Ich rede über eine
Menschenrechtskonvention und nicht über Finnland!
Natürlich gibt es in Finnland aus ganz bestimmten Gründen, über die wir uns gern einmal auseinandersetzen können, ganz besonders gute Bedingungen. Das ist allerdings wahr. Insoweit hinken wir auch hinterher. Ich bin die Letzte, die das nicht zugibt.
- Sie waren nicht da, lieber Herr Garg, aber ich hätte Ihnen gewünscht, dabei gewesen zu sein.
- Ich glaube nicht. - Gerade die Vertreter von Schwellenländern haben mit großer Überzeugungskraft gesagt: Wir haben einen ganz besonderen Bedarf für inklusive Bildung, in Bezug auf Mädchen, in Bezug auf Migrantenkinder, in Bezug auf Sinti und Roma, in Bezug auf geistig Behinderte.
Warum hat denn die schlimme Situation in Italien vor ungefähr 15 Jahren dazu geführt, dass man dort sämtliche Sonderschulen abgeschafft hat? Sie müssen sich schon ein wenig genauer mit diesen Dingen beschäftigen und sollten nicht aus irgendeiner Vorurteilsstruktur heraus dazwischenrufen.
Ich finde, wir können wirklich selbstbewusst sagen, dass wir auf dem Weg zu einer inklusiven Schule schon ein gutes Stück vorangekommen sein. Das ist übrigens ein sehr schwieriger Weg gewesen. Glaube niemand, dass das von heute auf morgen geschehen sei. Hierzu ist Überzeugungsarbeit notwendig gewesen, entsprechende Rahmenbedingungen sind gesetzt worden. Diese könnten besser sein. Ich bin die Letzte, die das nicht zugibt, Herr Dr. Klug. Selbstverständlich könnten sie besser sein. Darüber müssen wir reden, und dafür müssen wir immer wieder eintreten. Aber das Erreichte ist das Werk ganz vieler Menschen, die Überzeugungsarbeit geleistet haben. Eine von denen, die das getan haben, Christine Pluhar, sitzt dort hinten. Es ist wirklich eine Freude zu sehen, dass diese Arbeit auch Früchte trägt.
Wir haben - dies ist übrigens auch ein Beitrag zur Inklusion - die Zurückstellung der Kinder vom Schulbesuch in der Eingangsphase der Grundschule abgeschafft, wir haben das Sitzenbleiben erheblich
reduziert und mit der Gemeinschafts- und Regionalschule schon die Voraussetzungen für ein längeres gemeinsames Lernen und für eine Schule für alle geschaffen.
Wir haben die Bezeichnung „Sonderschule“ abgeschafft und durch die Bezeichnung „Förderzentrum“ ersetzt. Wenn man bösartig ist, kann man natürlich sagen: Ach, damit ist doch nur ein neues Schild an die Schule gehängt worden. Wir reden auch nicht mehr von Sonderschulbedürftigkeit, sondern von Förderbedarf. Dies bedeutet eine Umkehr der Blickrichtung. Das ist der Punkt. Damit vollzieht sich ein Wechsel im Denken. Förderzentren sind eben nicht mehr gleichbedeutend mit einer gesonderten Schulform, und es gibt auch jene, die hier schon zitiert wurden, die gar keine eigenen Schüler mehr haben.
Wir haben also schon große Anstrengungen in diese Richtung unternommen. Aber selbstverständlich sind weitere Anstrengungen erforderlich. Inklusive Bildung ist ein Leitprinzip. Das ist kein Zustand, den man irgendwann erreicht hat und dann abhakt.
Ich werbe für einen Umgang mit diesem Thema, der auf die Fortsetzung der bisherigen Entwicklung setzt. Einen Zeitkorridor von zehn Jahren halte ich für realistisch, um den europäischen Standard zu erreichen und die Kinder aus dem Förderbereich lernen vollständig zu integrieren.
Diese Zeit müssen wir den Lehrkräften und unseren Schulen geben; denn wir wollen ja, dass dieser Prozess eine gute Qualität hat und dass er auch von allen Beteiligten mitgetragen wird.
Drei Jahre sind in der Bildungspolitik eine sehr kurze Zeit.
Wir brauchen weitere Verbesserungen der Infrastruktur an den allgemeinbildenden Schulen. Was die Barrierefreiheit angeht, bietet vielleicht das aktuelle Konjunkturpaket eine Chance, diesbezüglich etwas zu tun. Das betrifft auch die Ausstattung der Gebäude oder die Ausstattung mit Hilfsmitteln. Außerdem müssen wir den Personaleinsatz dort, wo Kinder mit Behinderungen aufgenommen werden, so planen, dass kleinere Lerngruppen gebildet werden können. Im Zweifel ist das mit zusätzlichen Stellen und mit zusätzlichen Kosten verbunden.
Diese rechnen Sie offenbar nicht ein. Jedenfalls vermisse ich dazu konkrete Aussagen.
Auch die Zusammenarbeit von Lehrkräften der Förderschulen und der allgemeinbildenden Schulen muss sich an vielen Stellen weiter einspielen. Dies gilt insbesondere für die Gemeinschaft- und Regionalschulen, aber ich sage auch: Dies gilt ebenfalls für die Gymnasien.
Denjenigen, die jetzt darüber stolpern, will ich sagen: Besuchen Sie doch einmal eines der Gymnasien, die Kinder mit geistigen Behinderungen integrieren. Was für ein Fortschritt das für das soziale Lernen der gesamten Gruppen ist und was für einen ungeheuren Fortschritt die Kinder mit geistigen Behinderungen in einer solchen Umgebung machen, ist wirklich bemerkenswert.
Wir wollen allerdings die Förderzentren auch ohne Schüler weiter erhalten, Frau Birk. Die sonderpädagogische Kompetenz darf nicht verloren gehen, sie darf nicht in das gesamte System diffundieren. Vielmehr muss sie konzentriert bleiben und weiterentwickelt werden. Der hohe Standard unserer Sonderpädagogikausbildung ist für diese Entwicklung sehr wertvoll.
Leider entscheiden sich nicht genug Studierende für dieses Studium. Das ist bedauerlich. Sie tun es übrigens auch nicht im Bereich Mathematik und Physik. - Aber wir müssen auch für dieses Feld, für das Studium in diesem Bereich, werben.
- Darüber, was man denn tun müsste, um Menschen in bestimmte Studiengänge zu bringen, reden wir vielleicht an anderer Stelle.
Ich will noch sagen: Wir setzen den Rahmen, und wir müssen uns Ziele setzen. Darin stimme ich mit Ihnen überein. Aber wir dürfen nicht den zweiten Schritt vor dem ersten machen. Ihre Begründung für eine frühere Umsetzung, dass die Schulreform im Schuljahr 2012/2013 abgeschlossen ist, kann ich nicht nachvollziehen. Alle Lehrkräfte müssen zusätzlich zu den jetzigen Veränderungen auch auf inklusiven Unterricht vorbereitet sein. Drei Jahre sind dafür ein zu knapper Zeitraum. Wir wollen keine Widerstände hervorrufen, die es in dieser Frage jetzt eigentlich gar nicht gibt. Das lässt sich eben
auch nicht innerhalb weniger Jahre aus der Welt schaffen. Man merkt ja, was sich in Deutschland seit dem 19. Jahrhundert über Jahrzehnte in den Köpfen sehr fest etabliert hat.
Deswegen ist ein solcher Wandel auf Überzeugungsarbeit angewiesen. Sie können sicher sein, dass ich nicht nachlassen werde, dies zu meiner Sache zu machen, aus einer tiefen eigenen Überzeugung heraus. Das ist auch der Grundgedanke des Jahres der inklusiven Bildung. Ich lade Sie alle ein, daran mitzuwirken.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man hat in diesen Debatten seine Déjà-vu-Erlebnisse. Bei den Debatten über Quotenregelungen oder Gleichstellungsgesetze kommen immer wieder die gleichen Argumente. Auch das Argument von Herrn Kubicki mit seinen beiden Töchtern habe ich in diesem Saal schon mindestens dreimal gehört. Das wird dadurch aus seiner Sicht natürlich nicht falscher. In solchen Debatten mit den eigenen Kindern und mit Einzelfällen zu argumentieren, die man kennt, ist etwas problematisch.
Da halte ich mich doch lieber an den Kollegen Hildebrand, der gesagt hat: Es gibt Studien, die klar belegen, dass Unternehmen, die viele Frauen in Top-Positionen haben, in ihrer Performance einfach besser sind, und zwar an den harten Faktoren gemessen, Aktienkurse und so weiter.
Wenn dies aber so ist, müsste doch die Wirtschaft selbst ein hohes Interesse daran haben.
Warum ist es denn so, dass immer noch so wenig Frauen in Führungspositionen sind? Das muss man doch fragen!
- Nein, es liegt nicht daran, dass es zu wenig gibt. Es gibt auch andere Faktoren, die da wirken. Ich bin die Letzte, die sich hier hinstellt und sagt: Natürlich brauchen wir ein Gesetz, ein Aktiengesetz. Denn ich glaube, dass das in Deutschland derzeit überhaupt keine Aussicht auf Mehrheiten hat. Man kann das immer wieder einmal fordern. Das tun die Frauenorganisationen diverser Parteien, auch meiner Partei. Darüber muss es auch immer wieder Debatten geben, damit sich in der gesellschaftlichen Diskussion überhaupt etwas bewegt.
Dafür bin auch ich. Man muss sich allerdings schon fragen, wo die Ursachen liegen. Die liegen nicht nur in männlichen Seilschaften oder männlicher Ignoranz. Das gibt es auch.
Das will ich hier einmal deutlich aussprechen. Die Hauptursachen liegen allerdings immer noch in den Rahmenbedingungen. Das ist ganz klar.
Lieber Herr Wadephul, warum sind denn so viele Frauen in Führungspositionen kinderlos? Das ist so, das ist in der Politik so, das ist in großen Unternehmen so. Gucken Sie sich um! Bei Frauen, die solche Positionen innehaben, oder Frau Funcke, die über ihre eigenen Lebenswege berichten, werden Sie immer wieder dasselbe Muster finden, dass sie in der Regel keine Kinder haben, sondern irgendwann bewusst gesagt haben: Ich verzichte auf Kinder. Das ist doch fatal. Deswegen tut sich auch in vielen Unternehmen nichts, weil die Frauen selber diese Wirklichkeit auch nicht haben, dass sie Familie und Beruf unter einen Hut bringen müssen.
Es ist aber nicht nur das, sondern es sind die Rahmenbedingungen in Bezug auf Kinderbetreuung. Das ist völlig klar. Es ist aber auch der Umfang der Arbeitszeit. Auch das belegt die Studie. Je mehr Frauen in Teilzeitpositionen in bestimmten Berufen sind, desto weniger sind nachher in Führungspositionen, weil Teilzeit den Aufstieg hemmt. Das ist eine belegte Tatsache.
Es ist in Sachen Rahmenbedingungen, Betreuung einiges auf den Weg gekommen. Das muss man in der aktuellen politischen Situation anerkennen. Da ist Gott sei Dank viel auf den Weg gekommen. Ich will jetzt gar nicht bewerten, wer wo was gefordert und es umgesetzt hat. Die Türen öffnen sich. Übrigens auch der Fachkräftemangel -
- Ich wollte eigentlich auf den Zwischenruf eingehen, aber das spare ich mir jetzt. Nicht nur die Rahmenbedingungen in Sachen Kinderbetreuung, Teilzeit spielen eine Rolle - - Ich habe meinen Faden verloren, verdammt.
- Genau, Fachkräftemangel. Wichtig sind auch bestimmte ökonomische Entwicklungen und Tatsachen, das ist in der Frauenpolitik immer schon so gewesen. Immer dann, wenn Frauen in bestimmten Bereichen gebraucht werden - angesichts der demografischen Entwicklung ist der Fachkräftemangel ja absehbar -, wird das der Entwicklung insgesamt eine Dynamik verleihen.
Ich soll jetzt noch ein paar Sätze zum Landesbereich sagen. Das sind interessante Zahlen. Sie können viele Zahlen der Antwort auf die Große Anfrage vom letzten Jahr entnehmen. Am Gleichstellungsbericht wird - da kann ich Sie beruhigen - gearbeitet, und wir werden ihn wie vorgesehen in dieser Legislaturperiode - wie beschlossen - vorlegen. Er ist fast fertig. Ich kann gleich einmal ein paar Zahlen daraus zitieren.
Bereits seit 2003 gibt es mehr Frauen als Männer im Landesdienst. Inzwischen ist auch das Arbeitsvolumen höher geworden. Das wirkt sich in der Logik der Studie auch auf das Besetzen von Führungspositionen aus, natürlich immer mit einer gewissen Verzögerung. Auch im höheren Dienst hat der Frauenanteil inzwischen fast die 50-%-Marke erreicht. Das ist doch etwas! Das ist doch eine gute Entwicklung!
Natürlich sind wir bei den Abteilungsleitungen, also dem höchsten Amt in diesem Verwaltungsbereich, noch etwas weiter entfernt, aber immerhin, wir haben 35 % aller Abteilungsleiterstellen in Schleswig-Holstein mit Frauen besetzt.
Wir sind bundesweit absolut an der Spitze. Dass mein Ministerium ausschließlich Frauen in Abteilungsleitungspositionen hat, gehört sich für ein Frauenministerium eigentlich fast so. Übrigens sind es auch in der Staatskanzlei 60 %. Am wenigstens sind es im Finanzministerium. Aber auch dort ist man schon bei - glaube ich - 35 %. Das ist eine sehr positive Entwicklung.
Zu der Gremienbesetzung! Es ist oft so, dass Abteilungsleiterinnen oder Abteilungsleiter Kraft ihrer Ämter Mitglied in bestimmten Gremien sind. Solange noch nicht so viele Frauen Abteilungsleiterin sind, ist auch die Gremienbesetzung entsprechend.
Hier besteht also ein negativer Zusammenhang. Das wird sich aber auch ändern. Es gibt eigentlich viel Anlass, über das Thema Frauen in Führungspositionen mit viel Optimismus zu reden.
Man darf sich allerdings nicht darauf verlassen, dass weitere Fortschritte automatisch folgen. Auch das Pochen auf Gesetze reicht nicht aus. Wenn Sie meinen, dass bestehende Instrumente im Landesbereich nicht konsequent genug angewandt werden, müssen Sie das konkret belegen.
Das Fazit ist: Wir brauchen Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die es auch Vätern - ich finde es gut, dass dieses Stichwort hier genannt wurde - ermöglichen, sich stärker in Erziehung und Betreuung ihrer Kinder einzubringen und damit ihren Frauen bessere Möglichkeiten zu geben.
Und wir brauchen weiterhin das Heranführen von Frauen an sogenannte typische Männerberufe.
Es gibt noch genug zu tun. Aber ich finde, wir sind auf einen wirklichen guten Weg. Die Leistungen von Frauen in Bildung und im Studium sprechen dafür, dass sich diese Entwicklung weiterhin positiv fortsetzen wird.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieser Vormittag stand ja ganz im Zeichen der Wirtschafts- und Finanzkrise. Aber vielleicht ist das ein ganz guter Anschluss daran, dass man einmal auf eine Krise aufmerksam macht, die womöglich hinter dieser Krise steckt: Das ist der absehbare Fachkräftemangel im Kontext der demografischen Entwicklung. Diese Krise könnte möglicherweise sehr viel nachhaltiger und auch bedrohlich werden, weil sie nämlich strukturelle Ursachen hat:
Geburtenzahlenrückgang, Risikogruppen und so weiter. Es geht vermutlich - so sagen die Fachleute,
so sagt die Arbeitsagentur - um eine Lücke von ungefähr 2 Millionen Fachkräften bis 2020, allein die Hälfte davon mit akademischer Bildung. Ich zitiere nur die Prognosen.
Im gleichen Zeitraum werden sich die Aussichten für gering Qualifizierte weiter verschlechtern. Wir werden vermutlich 25 % weniger Arbeitsplätze für junge Menschen ohne abgeschlossene Berufsausbildung haben.
Das ist eine Perspektive, der wir mit allen möglichen Maßnahmen begegnen müssen. Insbesondere gilt das für das berufliche Bildungssystem. Das hat darin eine Schlüsselposition. Allein kann das berufliche Bildungssystem dies natürlich nicht leisten. Sie brauchen eine enge Vernetzung - darauf ist hier richtigerweise hingewiesen worden - mit den allgemeinbildenden Schulen, insbesondere mit den Schulen in der Sekundarstufe I. Hier hat sich vieles an besserer Zusammenarbeit, Berufsvorbereitung, Austausch zwischen Lehrkräften, Fortbildung und so weiter getan, aber dies ist noch weiter zu optimieren. Der Appell geht hierbei weniger an die beruflichen Schulen selbst, die dazu sehr bereit sind, als an die allgemeinbildenden Schulen. Das tun wir und müssen wir auch immer wieder gemeinsam tun.
Übrigens auch das Problem der Berufseingangsklassen, Herr Dr. Klug, wird in den beruflichen Schulen natürlich gesehen. Was da an Arbeit geleistet wird, auch an sozialpädagogischer Arbeit - übrigens auch unterstützt von Sozialpädagogen -, ist schon bemerkenswert, muss man wirklich sagen. Was die Lehrer an den beruflichen Schulen leisten, ist wirklich hervorragend.
Aber natürlich ist das System weiter zu verbessern. Man muss immer wieder gucken: Ist das so optimal geregelt, oder was können wir weiter dazu tun? Beim Stichwort Evaluation sind wir absolut d’accord.
Mit den Akteuren in der Wirtschaft und den Organisatoren der Wirtschaft muss eine noch engere Vernetzung stattfinden, ebenso mit den Hochschulen und den Weiterbildungseinrichtungen, wenn man weiß, dass die Hälfte des Fachkräftemangels Akademiker betreffen wird. Vor allem was die Durchlässigkeit und die Offenheit zur akademischen Bildung betrifft, haben wir keine Zeit zu verlieren. Wir brauchen noch bessere Scharniere
und definierte Zugangsregelungen für die nächsten Schritte des Aufstiegs in der Bildung, etwa was den Übergang von der Fachhochschule zur Hochschule betrifft.
Wir haben ja jetzt Änderungen im Hochschulgesetz, die da in die richtige Richtung weisen. Mit dem neuen Berufsakademiegesetz haben wir zudem den Bachelor-Abschluss in das duale Ausbildungssystem integriert. Studium und Berufspraxis passen gut zusammen. Das zeigen ja auch die guten Erfahrungen mit dem trialen Modell, also der Verbindung von dualer Ausbildung und Studium - dies allerdings nicht zu verwechseln mit einem Bachelor Professional. Der wird ja nicht nur durch KMK-Beschlüsse abgelehnt, sondern das widerspricht auch den Regeln des Bologna-Prozesses. Er würde eben nicht zu mehr Vergleichbarkeit führen. Die Einordnung des Master-Abschlusses muss letztlich über den DQR, über den europäischen Qualifikationsrahmen geleistet werden.
Im Jahr der beruflichen Bildung gehörte die Anschlussfähigkeit zu den Hauptthemen, die diskutiert wurden. Darin werden wir mit den vielen guten Impulsen, die uns dieses Jahr gegeben hat, weiterarbeiten. Ich bin für eine offene Diskussion über alles, was diesem Ziel dient. Das schließt auch ein, Leerläufe und Doppelungen für die Auszubildenden zu vermeiden. Sie verstehen immer wieder einfach nicht, warum es so schwierig ist, deckungsgleiche Inhalte unter betrieblichen Ausbildungen aufeinander anzurechnen. Ich meine, wenn der Staat Teile der Ausbildung übernimmt, dann sollten die Kammern das auch voll und ganz anerkennen. Auch das dient dem Ziel, Fachkräfte zu gewinnen, und das in kürzeren Fristen.
Vielleicht ist es einmal möglich - wenn ich mir diese Anregung erlauben darf -, im Ausschuss einmal die Vertreter der Wirtschaft, der Kammern anzuhören, um auch vom Parlament her ein bisschen mehr Druck in diese Richtung zu machen und zu zeigen: Das Parlament steht hier ganz klar für eine bestimmte Richtung. Es reicht eben nicht, wenn von der Wirtschaftsseite Lippenbekenntnisse kommen, und wenn es dann um konkrete Ausbildungsgänge geht, haben wir hochschwierige Diskussionen.
Um in solchen Fragen voranzukommen, braucht man den Dialog aller Beteiligten im Sinn der Dualpartnerschaft. Der Erfolg des Bündnisses für Ausbildung in Schleswig-Holstein, Herr Hentschel,
zeigt ja schon - das muss man sagen -, was möglich ist, wenn man sich auf ein gemeinsames Ziel verständigt.
Daran mache ich auch keinerlei Abstriche, meine Damen und Herren.
Die Qualität der beruflichen Bildung ist auf gute Rahmenbedingungen angewiesen. Gesetze und Verordnungen sind dafür wichtig. Die machen wir ja nicht allein, sondern gerade in der beruflichen Bildung hat auch der Bund ein Stück mitzureden. Noch wichtiger sind die Menschen, die das Ganze mit ihrem Fachwissen, ihrer Erfahrung, ihrer pädagogischen Kompetenz prägen.
Damit bin ich beim Problem der Ausstattung mit Lehrkräften. Wir brauchen hochkompetente engagierte Fachkräfte im beruflichen Bildungssystem; das ist keine Frage. Wenn die aktuelle Krise dazu führt - das ist nicht zynisch gemeint -, dass sich geeignete Fachleute für den Job in der Schule entscheiden, gerade in den Mangelrichtungen, dann soll uns das sehr recht sein. Das betrifft zum Beispiel Metallverarbeitung und Elektrotechnik.
Hier müssen wir auch darüber nachdenken, ob wir nicht auch Fachhochschulabsolventen für den Schuldienst weiterqualifizieren, möglicherweise auch so, dass wir die Kapazitätsverordnung, die man nicht einfach abschaffen kann - Frau Eisenberg, das müssen wir alle nun einmal wissen, das geht nach dem Beamtenrecht und nach der Verfassung nicht einfach so -, in diesen Fällen möglicherweise gar nicht tangieren. Ich glaube, dass das möglich ist, aber dazu müssen wir noch entsprechende Beschlüsse fassen.
Es gibt noch viele Einzelheiten, über die zu reden wäre. Das kann ich nicht alles in diesen fünf Minuten tun. Lassen Sie uns das im Ausschuss gründlich beraten. Wir müssen - damit komme ich auf den Anfang zurück - alles tun, um eine solche Krise nach der Krise zu vermeiden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde alles weglassen, was schon gesagt worden ist. Es gibt gute Gründe dafür, dass wir die Mittagsbe
treuung in den Gymnasien eben nicht über ein Ganztagsschulprogramm, sondern jetzt als eigene Lösung sicherstellen. An den offenen Ganztagsschulen - das ist der entscheidende Unterschied melden die Eltern ihre Kinder freiwillig an, und die Mittagsbetreuung gehört in Zukunft zum Pflichtprogramm. Deswegen ist sie auch kein Almosen, sondern die Schüler haben Anspruch darauf.
Die Konsequenz von G8 ist bekannt. Die kürzere Gesamtdauer führt zu mehr Unterricht, zu längeren Schultagen. Es kommt dabei - allerdings in begrenztem Umfang - zu Ganztagsunterricht. Um durchgehenden Unterricht von 8 bis 14 Uhr zu vermeiden - das wäre sonst nämlich die Konsequenz -, ist es sinnvoll, eine gestaltete Mittagspause einzurichten.
Ich will Ihnen ein Beispiel nennen, das schon erprobt worden ist: Die Kieler Gelehrtenschule hat das im November vergangenen Jahres durchgeführt. Der 5. Jahrgang - also der erste G8-Jahrgang - hat dort 31 Wochenstunden. Diese wurden so aufgeteilt, dass die Kinder vier Tage mit sechs Unterrichtsstunden und einen Tag mit durchgehend sieben Unterrichtsstunden bis 14 Uhr hatten. Für diesen Tag wurde während des vierwöchigen Versuchs eine betreute Mittagspause mit Essen und Bewegung geschaffen. Sie hatten dann eben erst um 15 Uhr Schulschluss. Eine anschließende Befragung hat ergeben, dass die große Mehrheit dies für sinnvoll hielt.
Für solche Angebote stellen wir also vom kommenden Schuljahr an die Förderung bereit. Das kostet nicht nichts. Es ist ja nicht so, dass das sozusagen Peanuts wären, sondern das kostet für die zwei Jahre auch schon 1 Million €. Das ist alles nicht so billig. Ich wundere mich wirklich, dass einen Monat nach Verabschiedung des Haushalts hier schon wieder großzügige Ausweitungen von Fördermitteln angekündigt werden.
Es ist ja alles richtig: Der Weg muss dort hingehen, ich glaube, da gibt es inzwischen keinen Dissens mehr. Inzwischen, muss ich allerdings sagen, Herr Dr. Wadephul. Sie haben sich hier so vehement für dieses Thema eingesetzt, deswegen spreche ich Sie auch gern an. Die Ausweitung des Schulangebots Schritt für Schritt hin zur gebundenen Ganztagsschule mag ja ein gemeinsames Ziel sein, das wir inzwischen alle hier vertreten - inzwischen, muss ich sagen, da gab es ja auch mal andere Meinungen -, aber eines muss ich ja nun doch sagen:
Sie sagen, das werden wir vom nächsten Doppelhaushalt an Schritt für Schritt in Angriff nehmen. Wie wollen Sie in Zukunft eigentlich noch vertreten, dass Sie auf der einen Seite meinen, der kostenfreie Kita-Besuch sei nicht finanzierbar, aber auf der anderen Seite ankündigen, dass wir hier Schritte zu weiteren gebundenen Ganztagsschulen gehen, und zwar bis hin zu einem kompletten flächendeckenden Angebot? Sie sollten einmal ausrechnen, was das an Lehrerstellen kostet. Ich glaube, da kommen wir mit dem, was wir für die nächsten zehn Jahre geplant haben, wahrlich nicht aus.
Ich sage Ihnen, Herr Dr. Klug: Es ist nicht so; die Haushaltsmittel sind für den nächsten Doppelhaushalt schon gut kalkuliert. Es wird für die Schulen, die davon profitieren sollen, ausreichen, aber eben nicht für eine Ausweitung auf G8. Ich füge gern hinzu: so wünschenswert das wäre. Aber wir müssen wirklich gucken, was machbar ist, und da ist das, was wir jetzt tun, glaube ich, ein wichtiger und richtiger Schritt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ein Fehler passiert, der nicht hätte passieren dürfen. Es hilft auch nicht, und es tröstet auch nicht darüber hinweg, dass dieser Fehler über Wochen niemandem aufgefallen ist.
Man muss sich aber fragen, warum dieser Fehler im Parlament niemandem aufgefallen ist, übrigens auch der Opposition nicht. Das hätten Sie ruhig eingestehen können. Der Fehler ist offenbar deswegen nicht aufgefallen, weil es bis dahin völlig unstrittig war, dass diese Regelung zum 1. August 2009 vorgesehen war.
Lesen Sie die Reden nach. Lesen Sie die Pressemitteilungen nach. Lesen Sie die Artikel nach. In jedem Artikel ist vom Kita-Jahr 2009/2010 die Rede, auch in Ihren Reden und Ihren Beiträgen. Das soll keine Entschuldigung für diesen Fehler sein, aber dies erklärt vielleicht, warum dieser Fehler niemandem aufgefallen ist.
Übrigens hat auch die Opposition dieses Datum nie infrage gestellt. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass Sie in der Debatte gefordert hätten, dass wir am 1. Januar 2009, also mitten im Kita-Jahr, damit anfangen sollten. Jetzt tun Sie so, als hätten Sie das schon immer so gewollt. Das macht Ihr sehr vehementes Eintreten für eine sofortige Beitragsbefreiung für das ganze Jahr etwas unglaubwürdig.
Zur Finanzierung ist schon einiges gesagt worden. Ich kann mich nicht daran erinnern, in der heutigen Debatte von Ihnen gehört zu haben, woher die erforderlichen knapp 20 Millionen € kommen sollen. Das soll wohl eher nach dem Motto gehen: Jetzt kommt es auch nicht mehr darauf an. Dann machen wir aus dem Fehler eine gute Tat, und man hofft auf den Beifall des Publikums. Nichts anderes ist es doch. Wir machen aus einem Fehler spontan ein Konjunkturprogramm. Was ist das denn für eine Politik, meine Damen und Herren?
Ich habe sehr genau zugehört, und ich werde nachlesen, was hier gesagt und dazwischengerufen worden ist. Bei der Ausführung bezogen darauf, Erwartungen zu schüren, von denen man genau weiß, dass sie nicht erfüllt werden, hat Wolfgang Kubicki dazwischengerufen: Genau das ist doch unsere Aufgabe. - Dies ist auch noch verknüpft worden mit dem Hinweis auf das große Problem, das wir mit
der HSH Nordbank haben. Ich muss schon sagen, das ist schon „Lafontaine-mäßig“.
Herr Dr. Klug, was Sie eigentlich wollen, das hat sich mir aus Ihrem Beitrag überhaupt nicht erschlossen. Sie tun jetzt so, als ob das beitragsfreie Kita-Jahr 2009/2010 die Kommunen dazu animiert, die Beiträge für das erste und zweite Jahr zu erhöhen. Das haben Sie so gesagt. Wir seien also daran schuld, dass die Kommunen jetzt die Beiträge erhöhten.
Dazu kann ich nur sagen: Wer ist eigentlich für die Daseinsfürsorge und für Kindergärten zuständig? Das sind die Kreise und Gemeinden. Bitte kritisieren Sie diese dafür, dass sie die Beiträge erhöhen. Ich halte das auch für kritikwürdig. Das aber in den Kontext dieser Debatte zu setzen, das ist doch nun wirklich abwegig.
- Jetzt kommt das auch noch. Was wollen Sie denn eigentlich? Ich muss Ihren Beitrag so verstehen, dass Sie für eine Beitragsfreiheit für alle ab dem 1. Januar 2009 plädieren. Herzlichen Glückwunsch! Wie wollen Sie das denn finanzieren?
Ich sage aber auch klipp und klar namens der Landesregierung, dass wir diesen Fehler bedauern und uns bei allen dafür entschuldigen, die dadurch in Mitleidenschaft gezogen worden sind und bei denen er zu Irritationen geführt hat. Wenn wir in diesem Zusammenhang von einem Schaden sprechen, dann gilt das in erster Linie für den Landeshaushalt. Für den Monat Januar 2009 erstatten wir nun den Elternbeitrag für eine maximal fünfstündige Betreuungszeit im letzten Jahr Kita vor Schuleintritt.
Ich sage eines ganz klipp und klar, weil das hier eine Rolle gespielt hat und vielleicht später auch in den Ausschussberatungen angesprochen werden wird: Schon nach den jetzigen Regelungen des FAG sind die Kreise und kreisfreien Städte berechtigt, bis zu 1 % des Betrags zur Abwicklung des Verwaltungsaufwandes einzusetzen. Das bedeutet, dass dies berücksichtigt werden kann. Sofern höhere Kosten belegt werden, wird das Land sicherstellen, dass diese ausgeglichen werden. Sofern für die Träger ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand entsteht, muss dies geklärt und gegebenenfalls ein
Ausgleich dafür vorgesehen werden. Es sollen nicht die Träger und auch nicht die Kommunen und Kreise sein, die für diesen Fehler geradestehen müssen. Das sind wir ihnen schuldig.
Eine Änderung des Finanzausgleichs in einem Zug ist allerdings nicht erforderlich. Für den Monat Januar 2009 können die Mittel zunächst aus den veranschlagten 14,6 Millionen € bezahlt werden. Diese Mittel können den Kreisen und kreisfreien Städten bereits im Februar 2009 zugewiesen werden.
Auf der anderen Seite ist es natürlich auch so - das ist gar keine Frage -, dass dieses Versäumnis den Familien in Schleswig-Holstein zugute kommt. Es gibt in dieser Welt aber sicherlich eine Menge anderer Fehler, Schäden und Versäumnisse, mit denen man weniger gut leben kann.
Trotzdem haben wir dafür zu sorgen, dass die Auswirkungen auf den Landeshaushalt begrenzt bleiben. Deshalb haben wir unverzüglich und eingehend die rechtlichen Möglichkeiten geprüft. Wir gehen nun den Weg über die Änderung des KitaGesetzes. Damit verbinden wir intensive Bemühungen, die Gebührenrückzahlung für den Monat Januar 2009 so reibungslos, so unkompliziert und zügig wie möglich zu gestalten. Darüber befinden wir uns in intensiven Gesprächen mit den Trägern und den kommunalen Landesverbänden.
Das tun wir übrigens seit Verabschiedung des Haushaltsgesetzes, liebe Kollegin Spoorendonk. Dass dieses Gesetz und die damit verbundene Beitragsfreiheit in der Praxis schwierig umzusetzen ist, das hat mit Chaos nichts zu tun, sondern mit der Komplexität des gesamten Verfahrens. Dass wir seit Dezember 2008 intensiv daran arbeiten, das können Sie voraussetzen.
Für diesen Monat zu viel gezahlte Beiträge werden den Eltern erstattet. Dabei bitte ich zu bedenken, dass natürlich auch die Träger der Kindertageseinrichtungen mit einer Beitragsfreiheit ab Januar 2009 nicht gerechnet haben und sich nicht darauf vorbereitet haben und dass deswegen auch dort die Erwartung herrscht, dass ihnen geholfen wird und sie dabei unterstützt werden. Die Träger informieren die Eltern baldmöglichst über das vorgesehene Verfahren. Dazu ist ein Musterbrief gemeinsam entwickelt und auf den Weg gebracht worden.
Wir müssen uns mit dieser Gesetzeslösung in dieser einmaligen Situation behelfen, um den rechtlich zweifelsfreien Weg zu gehen. Dieser orientiert sich an dem, was wir im vergangenen Jahr beschlossen haben für die Familien in unserem Land. Für diesen ersten Schritt zum beitragsfreien Kita-Jahr ab Au
gust 2009 sind erhebliche zusätzliche Ausgaben im Haushalt vorgesehen. Das ist bekannt. Deswegen bin ich mir ziemlich sicher, dass die Familien in Schleswig-Holstein Verständnis für unseren Umgang mit diesem Versäumnis haben. Wir gestehen den Fehler ein und beheben ihn, so gut es geht.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Schulstudien erzeugen zunehmend Verdruss. Der Politik liefern sie aber wertvolle Hinweise. - So fasst Tanjev Schultz in der „Süddeutschen Zeitung“ die Diskussionen nach IGLU, PISA und TIMSS zusammen.
Ja, er hat recht: Auf nationale und internationale Vergleiche sind wir angewiesen, um Schlussfolgerungen für das eigene Handeln ziehen zu können. Ja, wir wären ohne die intensiven Diskussionen nach PISA 2000 nicht so weit, wie wir heute sind. Sie haben das Bewusstsein für die Bedeutung von Bildung gestärkt, und sie haben erhebliche Impulse für die überfälligen Reformen im Bildungswesen gesetzt. Sie legen immer wieder den Finger in die Wunden, die wir nach wie vor haben.
PISA und IGLU liefern aber keine Erklärungen frei Haus. Sie beschreiben und messen, und sie bedürfen der sorgfältigen Interpretation. Einfache Antworten, zum Beispiel auf die Frage, warum in der PISA-Studie national gesehen Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen und international gesehen Dänemark, Schweden und Norwegen weit hinter Schleswig-Holstein liegen, gibt es eben nicht. Warum liegen Sachsen, Korea und Japan weit vor
ne? Ist Dänemark nun plötzlich eine Bildungswüste, und ist Korea auf einmal das Bildungsparadies? Werden Kinder dort besser fürs Leben gerüstet?
Zu IGLU. Bis auf Bremen und Hamburg liegen alle deutschen Bundesländer weit über dem internationalen Durchschnitt, und alle Bundesländer bis auf Thüringen - das liegt oben - und Bremen - das liegt unten, und nun zitiere ich aus der Zusammenfassung der vorgelegten Studie - liegen „nicht signifikant vom deutschen Mittelwert“ entfernt. Wie man dann dazu kommen kann, das Ergebnis für Schleswig-Holstein als schlecht zu bezeichnen, bleibt ein Geheimnis. Das tut man doch nur, wenn man auf Faktenkenntnis verzichten will, damit man besser draufhauen kann.
Was nun die zentrale Kompetenz betrifft, die 2006 bei PISA überprüft wurde, so geht es um die Naturwissenschaften. Hier zeichnet sich zunächst ein ähnliches Bild ab: Schleswig-Holstein liegt im deutschen Ländervergleich auf Platz 10. Es hat sich nach Punkten verbessert, ist aber auf dem Rangplatz nach hinten gerutscht, weil der Zuwachs bei anderen Ländern höher war. Ähnlich geht es übrigens Hessen und Niedersachsen.
International liegt Schleswig-Holstein immer noch vor den bereits genannten Ländern Dänemark, Schweden und Norwegen. Damit muss man nicht zufrieden sein - das bin ich auch nicht -, aber man muss sich auch nicht verstecken. Das gilt schon gar nicht vor dem Hintergrund der guten und sehr guten Ergebnisse unserer Gymnasien.
Schwer nachvollziehbar und auch enttäuschend ist für mich allerdings, dass die Leistungen in Mathematik und im Lesen zwar zwischen 2000 und 2003 zunächst besser geworden sind, sich danach aber überhaupt nicht bewegt haben. Ich sah in der Veranstaltung mit den Professoren meinen Kollegen aus Baden-Württemberg, der auch ziemlich ratlos war. Dort hatten sich die Leseleistungen von 2000 bis 2003 verbessert - auf einem höheren Niveau als in Schleswig-Holstein, das gebe ich zu -, sind aber zwischen 2003 und 2006 wieder zurückgegangen. Wie kommt das? Hat das vielleicht etwas mit Statistiken und Schätzfehlern zu tun? - Ich komme gleich noch darauf zu sprechen.
Ich bitte allerdings, genau hinzuschauen. Zum Beispiel liegen im Fach Mathematik zwischen dem elften Platz, auf dem Schleswig-Holstein bei PISAE liegt, und dem fünften Platz drei Punkte; Sie wissen, dass 500 Punkte der Messwert sind. Wenn man sich dann - das muss man natürlich tun, wenn man
sich seriös damit auseinandersetzt - die Klammerwerte in den Tabellen anschaut - Sie haben das gerade getan, Herr Dr. Klug -, dann sieht man, dass dort die Schätzfehler angegeben werden. Bei „Mathematik“ heißt das für Schleswig-Holstein 497 Punkte und damit elfter Platz. Der Schätzfehler liegt bei drei Punkten. Es können also drei Punkte mehr oder weniger sein. So viel zu Statistik, Rangplätzen, ihre Tücken und die Relativität im Mittelfeld.
- Das gilt für alle Plätze. Das heißt auch, dass Baden-Württemberg deutlich weiter nach hinten rutschen könnte.
Es liegt mir allerdings fern - und da möchte ich nicht missverstanden werden -, das Gesamtergebnis und die Probleme, die wir in Schleswig-Holstein haben, zu relativieren. Dies gilt vor allem für die Befunde, die kritisch sind und besonderen Handlungsbedarf erfordern. Damit meine ich beispielsweise die Lesekompetenz, die in allen Schularten und insbesondere im unteren Leistungsbereich deutlich verbessert werden muss.
Ich bin dankbar, dass wir mit dem neuen Haushalt noch einmal über 30 Stellen direkt für die Ausweitung der Leseprojekte zur Verfügung gestellt bekommen haben. In der Lesekompetenz zeigt sich übrigens bei PISA wie bei IGLU das, was besonders fatal ist, nämlich der Zusammenhang zwischen sozialem Hintergrund und den schulischen Leistungen. Das heißt, bei allen Projekten und bei aller Sprachförderung vor der Schule, die ausgeweitet werden müssen und sollen, müssen alle einen Beitrag leisten, damit das besser wird.
Die Leseförderung muss in allen Schulfächern beachtet werden.
Es müssen aber auch die Eltern einbezogen werden. Wenn Eltern ihren Kindern nie etwas vorlesen, wenn keine Bücher im Haus sind, wenn keine Bibliotheken besucht werden, dann darf man sich nicht wundern, dass das Lesevermögen und das Leseinteresse in der Schule kaum noch aufgeholt beziehungsweise geweckt werden können. Deswegen ist die vorschulische Förderung das A und O, das wissen wir inzwischen. An die Eltern muss nicht nur appelliert werden, sondern ihnen muss bei der Unterstützung ihrer Kinder geholfen werden, und zwar beginnend im Kindergarten. Auch die öffentlichen Bibliotheken, Lesepaten und die Medien mit
ihren Beiträgen wie ZiSch und anderem können hier noch mehr beitragen.
Genau hinzuschauen, heißt auch einzubeziehen, dass Schleswig-Holstein auch im Jahr 2006 immer noch den höchsten Anteil aller Schüler mit verzögerter Schullaufbahn, wie das auf PISA-Deutsch so schön heißt, hat. Wir sind hier zwar um 5 Prozentpunkte besser geworden, aber es ist immer noch so, dass ein Drittel der 15-Jährigen, die bei uns getestet wurden, sitzengeblieben, zurückgestuft oder verspätet eingeschult worden sind. In den Hauptschulen sind das fast 70 % der Kinder. Sie können sich ausrechnen, dass diese Schüler noch gar nicht im neunten Jahrgang sind, in den sie als 15-Jährige eigentlich hingehören. Sie können allein schon dadurch noch nicht über die Kompetenz ihrer Altersgenossen verfügen. Woher diese tief sitzende pädagogische Tradition in Schleswig-Holstein kommt, hat mir in all den Jahren noch niemand erklären können.
Das zeigt einmal mehr, wie notwendig es war, seit 2007 mit der Schulreform entscheidende Weichen in unserem Schulsystem neu zu stellen. PISA 2006 ist sozusagen der letzte Blick auf die alten Verhältnisse. Wir wissen seit 2002 in Bezug auf die 15Jährigen von der Problematik des Sitzenbleibens. Das war aber immer schon - seit Jahrzehnten - in Schleswig-Holstein so. Das muss endlich anders werden. Wir haben jetzt endlich die Konsequenzen daraus gezogen und deutlich gemacht, dass das Sitzenbleiben nicht nur teuer ist, sondern in der Regel auch keinen pädagogischen Nutzen hat.
Wir lassen die Hauptschulen auslaufen. Ich könnte auch sagen, wir schaffen sie ab.
- Herr Kubicki, ich hatte mir eigentlich vorgenommen, mich heute mit Ihnen nicht auseinanderzusetzen. Das Niveau, das Sie in letzter Zeit angeschlagen haben, ist so unterirdisch, dass ich dazu wirklich keine Lust habe.
- Das wird ja immer besser. Wir schaffen die Hauptschulen ab. Wir lassen sie auslaufen, um die Schülerinnen und Schüler aus einem weitgehend isolierten Lernumfeld herauszuholen, das oft schon sehr früh von Perspektivlosigkeit gekennzeichnet ist.
Nun ist mit der Abschaffung einer Schulform natürlich nichts von vornherein gewonnen, aber die Abschaffung eines isolierten Milieus, in dem keine anregende Lernumgebung herrscht, in dem die besseren Schüler die anderen nicht mitziehen, ist mittlerweile in seiner Notwendigkeit ziemlich klar geworden. Das ist nicht nur den Bildungspolitikern klar geworden, das ist auch den Bildungsforschern und denen deutlich geworden, die sich in der Wirtschaft zu Bildung äußern.
Dabei muss uns der Erfolg dieser Schülerinnen und Schüler besonders wichtig sein. Das sind nicht von vornherein Problem- und Risikoschüler. Nein, das sind junge Menschen, die wir in unserer Gesellschaft brauchen und die ein Recht darauf haben, dass man ihnen Mut macht, dass man sie aufbaut und dass man sie nicht abschiebt und ihnen das Gefühl gibt, geborene Verlierer zu sein. Fragen Sie einmal junge Menschen nach dem vierten Schuljahr, die schon zu diesem Zeitpunkt wissen, sie kommen in die Hauptschule. Sie verstehen sich von vornherein als Verlierer dieser Gesellschaft, und zwar einfach nur durch dieses Stigma, das sie inzwischen glauben, durch den Hauptschulbesuch zu haben. Bei aller Vorsicht der Interpretation, auf die ich selbst hingewiesen habe; eines kann man auch aus den sehr guten Ergebnissen der östlichen Bundesländer lernen: In leistungsgemischten Gruppen profitieren alle Kinder.
Umgekehrt gilt: Eine Konzentration von Migranten, von benachteiligten und von lernschwachen Schülern in einer Schulform bewirkt das Gegenteil. Was ist das für ein elendlanger Lernprozess, der da in der Bildungspolitik abgelaufen ist!
Inzwischen kann aber niemand mehr die Augen davor verschließen. Ich bin zutiefst überzeugt davon, dass wir mit der neuen Schulstruktur in Schleswig-Holstein auf dem richtigen Weg sind. Über die Schulgesetzänderung hinaus haben wir gerade für diese Schülerinnen und Schüler vieles auf den Weg gebracht, weil wir nicht warten können, bis die Schulstruktur wirklich umgesetzt ist. Ich nenne hier als Beispiele die vorschulische Sprachförderung, das Projekt „Niemanden zurücklassen“ oder auch
das Handlungskonzept Schule & Arbeitswelt. Insgesamt sind natürlich auch die zusätzlichen Bildungsinvestitionen ein starkes Signal an die jungen Menschen in unserem Land, das muss ich nicht weiter ausführen. Wir haben das hier ausführlich getan.
Meine Damen und Herren, nutzen wir mit PISA also weiterhin die Chance, für weitere Kraftanstrengungen zu werben, sie selbst zu unternehmen und uns auf diesem eingeschlagenen Weg weiter zu verbessern. In erster Linie heißt das, die Perspektive von Kindern und Jugendlichen zu verbessern. Hier sind letztlich alle gefragt, so viel wie möglich dazu beizusteuern; das Land selbst und auch der Bund. Ich erinnere noch einmal an die Debatte zum Bildungsgipfel. Wenn wir das schaffen wollen, was dort als Perspektive angelegt ist, dann muss der Bund dabei mit unterstützen. Das gilt auch für die Kommunen und für die Wirtschaft.
Der sogenannte PISA-Schock des Jahres 2000 hat uns allen vor Augen geführt, dass die Selbstwahrnehmung, die wir in Sachen Bildungsqualität immer hatten, trügerisch war. Er war im wahrsten Sinne des Wortes eine Enttäuschung. Das Gute an Enttäuschungen ist, dass sie den Blick frei machen für die Realitäten. Hören wir auch auf Professor Prenzel, der uns zu einem gelasseneren Umgang mit den Studien rät.
Lassen Sie mich ganz zum Schluss sagen: PISA ist nicht das Maß aller Dinge. Bildung ist mehr als die getestete Kompetenz. Bildung bedeutet Demokratiefähigkeit, Urteilsvermögen und die Aneignung von Werten. Es wäre fatal, wenn wir das aus den Augen verlieren würden, denn die Zukunft unseres Landes hängt mindestens in gleichem Maße auch davon ab.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das beitragsfreie Kita-Jahr kommt; die Grundsatzreden dazu wurden beim letzten Mal gehalten. Heute geht es um die Umsetzung. Ihnen liegen heute der schriftliche Bericht und mit der Nachschiebeliste inzwischen auch die Entwürfe zum Kita-Gesetz und zum Finanzausgleichsgesetz vor.
7234 Schleswig-Holsteinischer Landtag (16. WP) - 98. Sitzung - Donnerstag, 13. November 2008
Lassen Sie mich angesichts von Forderungen nach mehr Geld für die Bildung einen Satz grundsätzlich vorweg sagen: Das beitragsfreie Kita-Jahr ist ein Beispiel dafür, wie sehr wir jetzt trotz schwierigster finanzieller Rahmenbedingungen zusätzlich in Bildung investieren, meine Damen und Herren.
Wir steigern die Bildungsausgaben, und wir sind damit übrigens genau auf dem Weg, den der Bildungsgipfel, über den wir noch reden werden, aufgezeigt hat. Beim beitragsfreien Kita-Jahr ist es die frühkindliche Bildung, die davon profitieren wird. Hier ist beim letzten Mal zu Recht darauf hingewiesen worden, wie sehr das auch die Familien entlasten wird. In erster Linie geht es allerdings darum, alle Kinder mindestens im letzten Jahr vor der Schule - und in der Folge auch noch länger - in den Kindergarten zu bekommen. Das ist ein bildungspolitisches Ziel.
Dieser Beschluss des Koalitionsausschusses vom 1. Oktober 2008 war bereits die zweite große Weichenstellung in diesem Bereich nach dem Beschluss, den Krippenausbau bis 2013 mit der großen Summe von insgesamt 113 Millionen € aus dem Landeshaushalt zu unterstützen.
Damit setzen wir sehr deutliche Schwerpunkte aus der Erkenntnis, dass sich die gezielte Stärkung von Bildung und Betreuung am Anfang des lebenslangen Lernprozesses positiv auf das Lernen in allen weiteren Stationen auswirkt. Es ist eine vorbeugende Maßnahme gegen Schulversagen, und es ist nachgewiesenermaßen ein Mittel, um das Bildungsniveau insgesamt zu heben, meine Damen und Herren.
Der schriftliche Bericht zur Umsetzung des beitragsfreien Kita-Jahres zeigt den Weg auf, den wir jetzt beschreiten werden, um die Eltern ab 2009 zu entlasten und um die Kinder für eine Betreuungszeit von bis zu fünf Stunden in den Kindergarten zu bekommen.
Der Bericht beschreibt auch, warum die Umsetzung nicht so einfach war, wie sie sich manch Außenstehender vielleicht vorgestellt hat. Auf das uneinheitliche Bild bei den Elternbeiträgen beziehungsweise bei den Sozialstaffeln haben wir in der letzten Debatte deutlich hingewiesen. Die Kreise und kreisfreien Städte haben darüber hinaus unterschiedliche Finanzierungssysteme für ihre Kindertageseinrichtungen, und als Folge gibt es ein breites
Spektrum bei der Höhe der Elternbeiträge und bei der Sozialstaffelermäßigung, die darauf gewährt wird.
Wie erreichen wir unter diesen Voraussetzungen die Beitragsfreiheit? - Das war die Frage, die natürlich zuallererst mit der kommunalen Familie zu diskutieren war. Um den Zugang zu Kindertageseinrichtungen zu erleichtern und die Familien zu entlasten, werden ab dem 1. August 2009 im letzten Jahr vor Schulbeginn Teilnahmebeträge und Gebühren nicht mehr erhoben. Das ist zusammengefasst der Inhalt des Gesetzes, das wir mit dem Haushaltsstrukturgesetz bezogen auf die genannten fünf Stunden Betreuungszeit vorlegen.
Das Land wird und muss die Mehrkosten ausgleichen, die dadurch auf kommunaler Seite entstehen. Wir stellen dafür für die ersten fünf Monate in 2009 zunächst 14,6 Millionen € bereit. Das Jahr 2010 wird dann vollständig beitragsfrei sein; hierfür werden 35 Millionen € aufgebracht.
Sie können sich vorstellen, dass die Bemessung dieses Ausgleichsbetrags unter den beschriebenen Bedingungen nicht ganz einfach war. Wir haben zusätzlich eine Plausibilitätsrechnung vorgenommen. Wir haben die Beiträge nicht nur im Durchschnitt errechnet und einen Durchschnitt gebildet, sondern die Gesamtbetriebskosten auf das Jahr 2010 hochgerechnet. Wir haben dabei auch prognostiziert, dass sich die Besuchsquote im Jahr 2010 auf 97 % der Kinder eines Jahrgangs erhöhen wird. Das ist nämlich gewollt, meine Damen und Herren.
Wir haben hinsichtlich der Gesamtbetriebskosten einen darauf bezogenen Finanzierungsanteil der Eltern bestimmt. Wir sind uns mit den kommunalen Landesverbänden darin einig, auf dieser Basis zu beginnen. Gemeinsam werden wir bis zur Aufstellung des nächsten Doppelhaushalts, auf dem dieser Betrag beruht, diese Annahmen überprüfen. Darauf haben die Kommunen bestanden, und das ist meiner Meinung nach auch eine legitime Forderung ihrerseits.
Auf der neuen Grundlage sollen dann die Mittel für die Haushaltsjahre ab 2011 bereitgestellt werden.
Wir sind uns mit den kommunalen Landesverbänden und mit den Vertretern der Kommunen auch darin einig, dass die Landesmittel allein den Familien zugute kommen sollen. Das heißt, die bisherige Finanzierungsbeteiligung der kommunalen Ebene soll zu 100 % erhalten bleiben. Was bis jetzt für
Schleswig-Holsteinischer Landtag (16. WP) - 98. Sitzung - Donnerstag, 13. November 2008 7235
die Sozialstaffeln ausgegeben wurde, soll auch zukünftig im System bleiben und dazu dienen, die unterschiedlichen Beiträge vor Ort auszugleichen. Die Gespräche, die wir derzeit mit den Kommunen führen, sind nicht einfach. Ich bin jedoch dankbar dafür, dass inzwischen alle Beteiligten sehr pragmatisch und sehr konstruktiv zusammenarbeiten.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Beitragsfreiheit werden in § 25 des Kita-Gesetzes geschaffen. Diese Vorschrift - sie liegt Ihnen inzwischen vor - soll über das Haushaltsstrukturgesetz geändert werden. Gesetzlich abgesichert wird auch der Ausgleich, den die Kommunen für diese Mehrbelastung erhalten. Dazu gilt es eine entsprechende Bestimmung in das Finanzausgleichsgesetz aufzunehmen, und auch für die Verteilung der Landesmittel an die Kreise und kreisfreien Städte ist dort eine Regelung vorgesehen; sie wird von ihnen selbst vorgenommen werden. Sie sollen es in eigener Verantwortung an die Standortgemeinden und freien Träger weitergeben. Wir nutzen also die bewährten Wege und Strukturen der Vergangenheit, und damit sind auch alle Beteiligten einverstanden.
Dass damit gleichwohl Aufwand verbunden ist, steht außer Frage. Die Haushaltsmittel sind so kalkuliert - auch darin sind wir uns einig -, dass bis zu 1 % der 35 Millionen € für Verwaltungsaufgaben genutzt werden kann. Das ist das Fundament, meine Damen und Herren, um den Kindergartenbesuch Schritt für Schritt beitragsfrei zu stellen.
Sowohl in der Koalition als auch in den Gesprächen mit den Kommunen sind wir uns darin einig geworden, dass die weitere Perspektive der Beitragsfreiheit nicht auf dem Niveau von Absichtserklärungen verbleiben soll, sondern in die Wege geleitet wird, wie wir es im Koalitionsausschuss beschlossen haben, und zwar bis zum Mai des kommenden Jahres mit einer gesetzlichen Regelung der beiden Stufen für 2011 und 2013. Dazu ist zu sagen: Auch bei diesen Schritten geht es um eine feste Vereinbarung mit der kommunalen Seite im Sinne eines gemeinsamen Pakts für Kinder und Familien, und dessen erstes Kapitel haben wir jetzt geschrieben.
Das Ziel „verfassungsmäßiger Haushalt“ ist davon unberührt. Das bleibt selbstverständlich bestehen, und das gilt auch für jedes neue Vorhaben der Landesregierung.
Ein möglichst hohes Maß an Verbindlichkeit für die nächsten Schritte ist mir trotz dieser Zielsetzung wichtig. Um aus bildungspolitischer Sicht wirklich nachhaltige Effekte zu erzielen - das will ich hier noch einmal in aller Deutlichkeit sagen -, reicht das
letzte Jahr vor Schulbeginn nicht aus. Ein Jahr ist zu kurz, um ein Kind angemessen fördern zu können.
Es ist besser, die volle Kindergartenzeit beitragsfrei zu gestalten, sodass alle Kinder von Anfang an einen Kindergarten besuchen. Das ist die beste Prävention, die wir leisten können. Mein Plädoyer geht dahin, dass wir uns alle gemeinsam in diese Richtung bewegen.