Hier gibt es gewisse Parallelen. Da soll noch einer sagen, große Koalitionen gingen gut mit dem Geld der Steuerzahler um!
Verehrte Damen und Herren, der schwarz-rote Haushaltsentwurf ist eine kuriose Mischung aus rot-grüner Kontinuität - der Fraktionsvorsitzende der SPD hat darauf hingewiesen - und schwarz-roter Zügellosigkeit. Da, wo wir die Rücknahme von Kürzungen für notwendig erachten, haben wir sie durch Einsparungen gedeckt. Maßlose Erhöhungen haben wir zurückgefahren. Aber - in der Tat, da ist die grün-gelbe Liaison doch noch nicht so tief und verbunden - für Träume oder Luftbuchungen wie den Verkauf der HSH Nordbank oder eine pauschale Kürzung der Sozialhilfe um sage und schreibe 24 Millionen € ist die Situation zu ernst. Aber auch hier gilt: Was hat die CDU noch vor wenigen Monaten im Landtag selbst verkündet? Da gibt es in der Tat Gemeinsamkeiten zwischen Schwarz und Gelb.
Mit unseren Haushaltsanträgen reduzieren wir die Nettoausgaben um 44 Millionen € und die Nettokreditaufnahme um 68 Millionen Euro.
Wir halten aber die von der Landesregierung geplante dauerhafte Begrenzung der Zuschüsse für Kindertagesstätten auf 60 Millionen € für falsch. Schon in 2006 wollen wir mit „Clever Starten“ den erweiterten Bildungsauftrag von Kindertagesstätten mit zusätzlichen 10 Millionen € unterstützen.
In den freien Schulen wollen wir den Kindern mit anerkanntem Förderbedarf - Herr Wadephul, hier war die CDU in den vergangenen Jahren doch gar nicht so weit von uns entfernt
eine integrative Förderung ermöglichen, so wie es heute in den staatlichen Schulen schon gang und gäbe ist. Insgesamt stocken wir den Betrag um cirka 200.000 € auf. Genauso halten wir die von der Regierung vorgeschlagene Kürzung bei den Schulausflügen für kontraproduktiv.
Verehrte Damen und Herren, Herr Wadephul hat uns vorhin dafür kritisiert, dass wir die Stiftung Naturschutz unter dem erfolgreichen Vorsitzenden Konrad Nabel wieder mit den angemessenen Mitteln ausstatten wollen. Diese Kritik hören wir gern. Wir erhöhen wieder die Zuweisungen für den Bereich des Naturschutzes im Bereich der Stiftung Naturschutz. Wir erhöhen den Zweckanteil der Grundwasserabgabe auf 75 % und wir erhöhen auch die Zuweisung an das Sondervermögen Wald.
Ich erinnere die Kollegen aus dem Kreis Dithmarschen daran - Herr Buder, wo sind Sie? -: Der Kreis Dithmarschen hat sich mit großer Mehrheit dazu entschlossen, dass der Verkauf von Christianslust falsch ist. Ich weiß, wovon ich da rede. Hier gibt es eine Chance, unserem Änderungsantrag zuzustimmen, um dann auch ehrlich und mit geradem Rücken hier herauszugehen.
Verehrte Damen und Herren, wir setzen soziale Impulse. Deshalb korrigieren wir die schwarz-roten Fehlentscheidungen bei der Kürzung der Mittel für die Abschiebehaft, der Gesundheitsförderung von Migrantinnen und Migranten, beim Förderprogramm Frau und Beruf und der AIDS-Hilfe. Zusätzliche Gelder beantragen wir für die Migrationssozialberatung angesichts der Kürzung der deutschen Sprachkurse. Dieser grünen Forderung hat sich im Kieler Rathaus auch die CDU-Fraktion angeschlossen. Ich appelliere an Sie: Wo ist Ihr Bezug zu Ihrer kommunalen Basis? Herr Stritzl, ich zähle nachher auf Ihre Stimme!
Für die Arbeitsloseninitiativen stellen wir die von Schwarz-Rot gestrichenen Mittel wieder ein, da gerade in Zeiten von Hartz IV Eigenengagement von Arbeitslosen unendlich wertvoll ist. Lieber Wolfgang Baasch, auch bei Ihnen hoffe ich, dass noch nicht alles verloren ist.
Verehrte Damen und Herren, wir wollen sinnvolle Infrastrukturmaßnahmen auf den Weg bringen und Alternativen zum Ausbau des Flughafens KielHoltenau finanzieren. Deshalb wollen wir endlich die Machbarkeitsstudie für den Metro-Express, wie sie die Stadt Kiel und eine Vielzahl von Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, viele davon mit CDU-Parteibuch, aus Bordesholm, HenstedtUlzburg, Nortorf, Neumünster, Bad Bramstedt, Quickborn, Norderstedt dringend angemahnt haben. Ich appelliere an Sie: Geben Sie sich einen Ruck, damit diese vernünftige Maßnahme endlich auf den Weg gebracht werden kann!
Verehrte Damen und Herren, wir haben in der Tat einen ehrgeizigen und ambitionierten Vorschlag zur Verwaltungsstrukturreform vorgelegt. Karl-Martin Hentschel erarbeitet sich hier einen ausgezeichneten Ruf. Herr Wadephul, es wird der Zeitpunkt
kommen, wo Sie Ihre Polemiken gegen die Fusion von Kreisen bereuen werden, wo Sie hier vorn stehen und verteidigen werden, warum dieser Schritt richtig ist. Wir werden Sie dann an Ihre Worte von heute erinnern. Haben Sie den Mut, sagen Sie das, was viele Sozialdemokraten hinter vorgehaltener Hand schon längst wissen: Die bisherige Kreisstruktur ist nicht zukunftsfähig. Hier lässt sich Geld sparen. Diesen mutigen Schritt sollte man deutlich ansprechen und dann auch gehen. Wir sind dazu bereit.
Verehrte Damen und Herren, mit einem konsequenten Subventionsabbau im Bund könnte ein wirkungsvoller Beitrag zur Haushaltskonsolidierung auch in den Ländern geleistet werden. Die bisher bekannt gewordenen Pläne gehen in die richtige Richtung, aber in Teilen nicht weit genug. Unter anderem fehlen die steuerliche Begünstigung des Flugverkehrs, die Kohlesubvention oder das Ehegattensplitting, die alle nicht angetastet werden. Morgen werden wir darüber diskutieren, wie es mit den Regionalisierungsmitteln und neuen Lasten für die Länder weitergeht.
Verehrte Damen und Herren, ich möchte mit drei Bemerkungen enden. Wir teilen die heftige Kritik des Landesrechnungshofs an den Vorschlägen im Finanzausschuss, einen Personalsperrvermerk auszubringen. Der Präsident hat dies im Finanzausschuss sehr kompetent begründet. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass vielleicht an dieser Stelle parteiübergreifend eine Möglichkeit besteht, dies auf eine faire und korrekte Art und Weise zu regeln.
Zum Zweiten gilt mein Lob zumindest an der einen Stelle dem Finanzminister für seinen zweiten Nachtragshaushalt 2005. Hier hat er in der Tat das umgesetzt, woran die Fraktionen von CDU und SPD für 2006 gescheitert sind. Er macht einen Vorschlag, wie tatsächlich die Nettoneuverschuldung komplett in Höhe der zusätzlichen Steuereinnahmen abzusenken ist. Das ist ein richtiger und auch begrüßenswerter und vielleicht auch bewundernswerter Schritt.
Mein Dank gilt an der Stelle dem Finanzministerium für die schnellen und präzisen Antworten im Finanzausschuss und ein bisschen Dank gilt auch Günter Neugebauer für seine launige Führung des Finanzausschusses.
Eine dritte Bemerkung, verehrte Damen und Herren: Es hat in den vergangenen Wochen viele merkwürdige und skurrile Vorschläge gegeben. Der interessanteste stammt aber aus der „Bild“-Zeitung vom 29. November. Dort fordert ein führender und kompetenter Haushaltspolitiker des Bundestages im vollen Bewusstsein der Haushaltslage von Bund und Ländern die Steuerfreiheit des Weihnachtsgeldes. Ich wünsche Ihnen allen, liebe Kolleginnen und Kollegen, noch manch guten Punsch auf den Weihnachtsmärkten Schleswig-Holsteins. Aber hören Sie rechtzeitig auf mit dem Trinken. Sonst geht es Ihnen so wie dem FDP-Landesvorsitzenden Jürgen Koppelin, der mit seinem Vorschlag der Steuerfreiheit des Weihnachtsgeldes wohl die Adventszeit mit dem 1. April verwechselt hat.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Müller. Das Wort für die Gruppe des SSW im Landtag hat die Vorsitzende Frau Abordnete Anke Spoorendonk.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit der ersten Lesung dieses Haushaltes sind große Koalitionen richtig in Mode gekommen. Ich denke, die große Koalition in Berlin muss für drei zählen. Darum vorweg zur Berliner Szene: „Wir haben keinen Anlass, uns zu beklagen“, sagte SchleswigHolsteins Bundesratsstaatssekretär Klaus Schüler, nachdem die Parteitage von CDU und SPD Mitte November den Weg für eine große Koalition auf Bundesebene frei gemacht hatten. Er sagte laut Zeitungsbericht weiter: ,,Das Gewicht Schleswig-Holsteins wird durch die große Koalition im Bund eher zunehmen."
Dass sowohl schwarze wie rote schleswig-holsteinische Landespolitiker dieses ähnlich sehen, überrascht daher nicht. Auch der SSW hofft, dass alle schleswig-holsteinischen Wünsche in Erfüllung gehen, sei es durch verstärkten Einfluss des Landes im Bundesrat oder über die ,,Parteischienen" der Koalitionspartner. Dennoch wissen wir alle aus der Vergangenheit, dass der Weg von Berlin nach Kiel immer noch sehr viel länger ist als umgekehrt.
Ein Blick in den Koalitionsvertrag der regierungstragenden Parteien in Schleswig-Holstein - ohne den läuft ja bekanntlich nichts mehr in diesem hohen Hause - bestätigt, was Klaus Schüler laut Zeitungsbericht sagte, dass Kiel zwar die neue Bundes
Ein Blick in den Koalitionsvertrag zeigt, dass dort steht: „Die Interessen des Landes haben absoluten Vorrang.“ Genau daran werden wir die Landesregierung messen, wenn es darum geht, die politischen Rahmenbedingungen für Schleswig-Holstein dem Bund gegenüber weiter zu verbessern.
Die Regierungserklärung der neuen Bundeskanzlerin wirkte vor diesem Hintergrund eher ernüchternd. „Mehr Freiheit wagen“ will die neue Bundesregierung. Das war zumindest die rhetorische Klammer, mit der die Bundeskanzlerin in ihrer Regierungserklärung zusammenfasste, was die ,,Koalition der neuen Möglichkeiten" auf Bundesebene umzusetzen gedenkt. Dabei ist es aus Sicht des SSW unerheblich, ob dies in großen oder in kleinen Schritten geschieht. Realistischer sind allemal die kleinen Schritte.
Viel wichtiger ist es zu sehen, was sich hinter dem Ruf von ,,Mehr Freiheit wagen" verbirgt. Wenn damit gemeint ist, dass sich der Staat noch weiter aus seiner sozialen Verantwortung zurückziehen soll, als er es ohnehin schon getan hat, dann haben wir es wirklich nur mit einem weihnachtlich verpackten Bekenntnis zu jenem Wirtschaftsliberalismus zu tun, der vor der Wahl bekanntlich Anlass zu einer Diskussion über ,,Heuschrecken-Kapitalismus" gab.
Wer also mehr Freiheit will, schuldet uns allen mindestens eine Antwort auf die Frage, für wen diese neue Freiheit gedacht ist. Mehr Freiheit für die Wirtschaft hieße, alten Wein in neue Schläuche zu gießen. Mehr Freiheit für die Menschen in Deutschland setzt voraus, dass sie erst einmal in die Lage versetzt werden müssen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Die große Koalition in Berlin hat aber anscheinend für diese schwierigen Fragen keine Strategie entwickelt, die letztlich auch den Herausforderungen der Globalisierung gerecht wird. Auch die geplante Mehrwertsteuererhöhung wird eben nicht für die notwendige Reform der sozialen Sicherungssysteme genutzt, vielmehr verschwinden die Einnahmen überwiegend in den Haushaltslöchern von Bund und Ländern. Die geplante Senkung der Lohnnebenkosten um 0,6 % erscheint aus unserer Sicht überhaupt nicht ausreichend, um den Faktor Arbeit billiger zu machen und die Unternehmen dadurch spürbar zu entlasten. Die Mehrwertsteuererhöhung um 3 % im Jahr 2007 könnte sogar ein schwerer Schlag für die so sehr gebeutelte Binnenkonjunktur werden. Dass die Regionalisierungsmittel für den ÖPNV und den SPNV und die
GA-Förderung zur Sanierung des Haushalts zurückgefahren werden sollen, ist gerade für ein Flächenland wie Schleswig-Holstein ein großes Problem.
Die Föderalismusreform soll zwar angepackt werden, ein klares Konzept ist aber nicht erkennbar, ganz zu schweigen von dem Ansatz - für den nicht zuletzt dieser Landtag stand –, der in der „Lübecker Erklärung“ zur Stärkung der Landesparlamente enthalten ist. Ich finde, es ist richtig, was der Fraktionsvorsitzende der SPD vorhin sagte, dass es notwendig ist, dass wir uns in diesem Haus noch einmal mit der Föderalismusreform beschäftigen. Es ist an der Zeit, dass wir an die „Lübecker Erklärung“ erinnern.
Es ist zu hoffen, dass sich die Landesregierung mit ihren Änderungsvorschlägen Gehör verschafft, um die bisherigen Absprachen zur Föderalismusreform zumindest zu verbessern. Die Entscheidung der Bundesregierung, sich jetzt doch - wie vereinbart an den Kosten der Kommunen für den Unterhalt der ALG–II-Empfänger zu beteiligen, ist natürlich zu begrüßen und hilft auch den Kommunen in Schleswig-Holstein. Alles andere wäre allerdings auch ein Skandal.
Die ankündigten Maßnahmen aus Berlin wirken mit anderen Worten eher durchwachsen. Wir alle wissen aber, wie abhängig die Länder weiterhin von den Entscheidungen der Bundesebene sind. Deshalb muss auch klar und deutlich gesagt werden: Der von CDU und SPD erhoffte positive Effekt einer großen Koalition in Berlin ist aus Sicht des SSW nicht erkennbar. Es geht also kein Weg daran vorbei, zweigleisig zu fahren, weiterhin auf die Bundesebene einzuwirken und aus eigener Kraft die Weichen für Schleswig-Holstein so zu stellen, dass unser Land fit für die Zukunft gemacht wird. Das sind die Maßstäbe, an denen der Landtag die Landesregierung messen sollte.
Der Haushaltsentwurf für 2006, der heute zur abschließenden Beratung ansteht, ist gewissermaßen ein Sinnbild für den Zustand der großen Koalition in Schleswig-Holstein: Er tut nicht richtig weh, er bringt aber das Land auch nicht richtig voran.
Er ist gewissermaßen ein ,,Arbeitshaushalt", der die Geschäfte der Landesregierung am Laufen hält und somit vielleicht die Ruhe vor dem Sturm des Doppelhaushalts 2007/2008 darstellt. Es mag sein, dass Haushaltsberatungen zu anderen Zeiten genauso geräuschlos über die Bühne gegangen sind, aber es war schon bemerkenswert, wie zügig alles abgehan
delt werden konnte - wobei ich ausdrücklich die gute Zusammenarbeit mit Finanzminister Wiegard und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern loben möchte.
Ein großes Lob auch an den Finanzausschussvorsitzenden, den Kollegen Neugebauer, für seine souveräne Leitung der Haushaltsberatungen.
Dennoch reicht der reibungslose Ablauf nicht als alleinige Erklärung. Eine große Koalition kann sich noch weniger als andere Koalitionen leisten, dass es zu öffentlichen Auseinandersetzungen kommt. Damit wird aber zementiert, was ohnehin schon unserer Meinung nach zu den Wesenszügen des deutschen Parlamentarismus gehört: Nicht die Aufteilung in Exekutive und Legislative ist entscheidend, sondern die Aufteilung in Regierungsmehrheit und Opposition. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass wir als Abgeordnete ein ureigenes Interesse daran haben sollten, die Arbeit der Landesregierung mit den Augen des Parlaments zu begutachten. Darum behaupte ich einfach, dass es bei den Haushaltsberatungen mehrfach Situationen gegeben hat, wo es bei anderen Regierungskonstellationen ganz andere und sehr viel kritischere Diskussionen gegeben hätte.