Protokoll der Sitzung vom 25.01.2006

Ich habe heute nicht zum ersten Mal deutlich gemacht, dass wir gerade mit dem neuen Landesnaturschutzgesetz zum Ausdruck bringen wollen, dass wir nach wie vor diese Beratungsfunktion als oberste und obere Naturschutzbehörde innehaben möchten. Wenn sich der Landtag dagegen entscheidet und lieber einen eigenen Beauftragten berufen möchte, dann steht das natürlich der Weisheit des Parlamentes anheim. Der Vorschlag meines Ministeriums ist allerdings ein anderer.

Zu einer weiteren Zusatzfrage erteile ich der Kollegin Anne Lütkes das Wort.

Sie sehen also die vom ehemaligen Landesnaturschutzbeauftragten beschriebene Gefahr, dass der Landesnaturschutzbeauftragte möglicherweise auch von Ihnen mundtot gemacht werden könnte - das war ein Zitat - und er nur noch - das ist auch ein Zitat - ein Nischendasein als Lobpreiser des Regierungshandels fristen und verkommen würde. Sehen Sie eine solche Gefahr?

Und wenn ja: Wie sehen Sie sie aufgrund der bisherigen Geschichte und aufgrund des vom zurückgetretenen Landesnaturschutzbeauftragten beschriebenen Kommunikationszusammenhangs zwischen Ihnen und ihm selber? Wie möchten Sie gewährleisten, dass eine solche Gefahr, geschweige denn eine solche Tatsache in Zukunft nicht noch einmal zu beschreiben ist?

Herr Minister, bitte.

Aus der Presseberichterstattung und aus der Kritik, die ich mir zu Recht oder zu Unrecht habe gefallen

lassen müssen, wird deutlich, dass es auch in der Vergangenheit nicht einmal eine Spur von Weisungsgebundenheit gab.

Im Gegenteil, es gab eine ganz offensive Kritik. Wir haben darauf verwiesen, dass zunächst einmal Beratung und Unterstützung im Vordergrund stehen sollten. Es gab keine Weisung. Ich sehe die Gefahr von daher in der Zukunft genauso klein, wie sie bisher gewesen ist.

Es wird sicherlich ein Naturschutzbeauftragter zu wählen sein, der kritisch ist. Dagegen habe ich nichts; ich habe es auch zum Ausdruck gebracht. Darum habe ich ja einen sehr engagierten Naturschützer genommen, der von Anfang an klar gemacht hat, dass er auch einmal Paroli bietet. Die Frage ist lediglich, wie das geschieht. Die Frage ist, wie eine Beratungs- und Unterstützungsfunktion wahrgenommen wird. Das sind die einzigen Gespräche, die es gab. Weisungen hat es nicht gegeben. Weisungen wird es insofern auch nicht geben. Von daher sehe ich es in Zukunft mit der Gelassenheit, mit der ich es bisher auch gesehen habe.

(Beifall bei der CDU)

Zu einer Zusatzfrage erteile ich der Frau Abgeordneten Monika Heinold von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Herr Minister, der ehemalige Landesnaturschutzbeauftragte zitiert folgende Aussage von Staatssekretär Rabius aus einem gemeinsamen Gespräch: „Wir wollen bestimmte Ziele umsetzen und können dabei keinen Sand im Getriebe gebrauchen.“ So soll es Staatssekretär Rabius gesagt haben. - Ist diese Aussage so oder sinngemäß getätigt worden und wie bewertet die Landesregierung eine solche Aussage? - Das war ein Zitat aus dem Rücktrittsschreiben.

Da ich bei dem Gespräch nicht anwesend war, kann ich Ihnen leider nicht sagen, wie der Wortlaut dieses Gespräches gewesen ist.

Zu einer weiteren Zusatzfrage erteile ich der Kollegin Heinold das Wort.

Wie würde die Landesregierung eine solche Aussage bewerten, falls sie so getroffen worden wäre?

Nach Rücksprache mit meinem Staatssekretär kann ich Ihnen sagen, dass eine solche Aussage nicht gemacht worden ist. Es ist vielmehr darauf hingewiesen worden, dass man die Beratungs- und Unterstützungsfunktion sehe. Es wurde darum gebeten, dass einer Stellungnahme des Landesnaturschutzbeauftragten eine angemessene Frist zur internen Reaktion - im Negativen wie im Positiven - eingeräumt werde, bevor die Stellungnahme über die Presse erfolgt. Es soll nicht wie in diesem Fall dazu kommen, dass der Minister die Stellungnahme aus der Presse und nicht vom Landesnaturschutzbeauftragten selbst erhält. Das war ein Hinweis, der so gegeben wurde. Die von Ihnen vorgetragenen Zitate kann ich darum nicht bestätigen.

Zu ihrer letzten Zusatzfrage erteile ich der Frau Abgeordneten Anne Lütkes das Wort.

Herr Minister, der ehemalige Landesnaturschutzbeauftragte hat - Sie haben es gerade ansatzweise zitiert - sehr harte Vorwürfe gegen Sie erhoben. Es ist von „mundtot gemacht“, „Lobpreiser“, „Sand im Getriebe“ die Rede und insbesondere seien Sie nicht mit ihm darin einig, die moralisch-ethische Grenze bei dem Töten von Tieren zu garantieren. Wie bewerten Sie diese doch sehr harten und auch bewusst von ihm selber öffentlich gemachten Vorwürfe vor dem Hintergrund, dass Ihnen das Gesetz eine bestimmte beratende Zuarbeit gewährt?

Herr Minister, bitte.

Wir haben seine Stellungnahmen auch in die Vorhaben umfangreich eingearbeitet. Wir haben im Übrigen nach der Anhörungsphase einige Änderungen unter anderem in der Landesjagdzeitenverordnung bewirkt. Darum hatte ich das Gefühl, dass es einen positiven Dialog gab.

(Minister Dr. Christian von Boetticher)

Ferner hat er von vornherein deutlich gemacht, mit welchen Regeln des Koalitionsvertrages er Probleme haben würde. Bei der Einstellung hatte ich nicht das Gefühl, dass das die Crux ist, an der er einen Rücktritt festmachen würde. Das hat er während des Verfahrens auch nicht deutlich gemacht. Das Verfahren rührt aus September/Anfang Oktober dieses Jahres. Der Rücktritt erfolgte dann zwei Monate später. Ich habe auch von anderen Dingen gehört, die zu diesem Rücktritt geführt haben.

Im Kern haben wir alle seine Argumente abgewogen und sind in einigen Bereichen zu einer anderen Auffassung gelangt. Meiner Meinung nach ist das der normale Abwägungsprozess, den ein Minister zu treffen hat, und vor allen Dingen muss ich am Ende die politische Verantwortung dafür übernehmen und diese übernehme ich mit dieser Entscheidung sehr gern.

Weitere Fragen sehe ich nicht. Ich danke der Regierung für die Beantwortung der Fragen und schließe die Fragestunde.

(Beifall bei der CDU)

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 8 und 14 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Reform des Föderalismus

Antrag der Fraktionen von CDU und SPD Drucksache 16/484

b) Föderalismusreform

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/505

Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Drucksache 16/536

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall

Dann rufe ich die Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 8 auf. Mit dem Antrag Drucksache 16/484 wird ein mündlicher Bericht zur laufenden Tagung erbeten. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? Dann ist einstimmig so beschlossen und die Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 14 erübrigt sich.

Herr Ministerpräsident, ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die über Jahrzehnte gewachsene Verflechtung der Länder des Bundes und der Europäischen Union birgt immer häufiger die Gefahr, dass sich die verschiedenen Ebenen nicht immer sinnvoll ergänzen. Damit Aufgaben und Verantwortlichkeiten der Kommunen, der Länder, des Bundes und Europas für die Bürgerinnen und Bürger wieder durchschaubarer werden, brauchen wir eine Reform des Föderalismus.

Im November 2005 haben sich CDU, SPD und CSU darauf geeinigt, im Bund eine große Koalition zu bilden. Deutschland steht vor großen Herausforderungen. Arbeitslosigkeit, Staatsverschuldung, demographischer Wandel und der durch die Globalisierung veränderte Wettbewerb verlangen große politische Anstrengungen. Es braucht diese Anstrengungen, um heutigen und künftigen Generationen ein Leben in Wohlstand zu sichern. Die Koalitionspartner haben sich darauf geeinigt, diesen Herausforderungen für Deutschland durch eine gemeinsame Politik zu begegnen, und zwar mit Mut und Menschlichkeit, wie es im Titel des Koalitionsvertrages heißt.

Unter anderem haben die Koalitionspartner vereinbart, die föderalen Strukturen der Bundesrepublik zu erneuern. Dies soll durch die Entflechtung der Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern und durch eine klare Festlegung von Verantwortlichkeiten geschehen. Wir müssen Überregulierungen abbauen und dem Prinzip der Subsidiarität wieder mehr Geltung verschaffen. Aufgaben, die die Kommune lösen kann, soll die Kommune lösen. Aufgaben, die ein Land lösen kann, muss das Land lösen. Erst dann sind der Bund und die EU gefordert.

In den letzten sieben Jahren haben wir eine Diskussion über die Reform der bundesstaatlichen Ordnung geführt. Ein Teil der jetzigen schleswig-holsteinischen Landesregierung hat in den vergangenen Jahren an diesem Prozess mitgewirkt. Ein anderer Teil der Regierung hatte nur noch in den letzten Monaten die Chance, sich in die Diskussion einzubringen. Die schleswig-holsteinische Landesregierung unterstützt im Grundsatz die angestrebte Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung. In meiner Regierungserklärung vom Mai und in meiner Antrittsrede als Bundesratspräsident im November letzten Jahres habe auch ich eine Neubestimmung des Föderalismus gefordert.

Dies geschah aus einem verfassungspolitischen Grundverständnis heraus. Durch eine effiziente bundesstaatliche Gliederung wird die für einen de

(Minister Dr. Christian von Boetticher)

mokratischen Rechtsstaat selbstverständliche Teilung der Staatsgewalt in drei Teilgewalten gestärkt. Diese Gewaltenteilung soll eine falsche Machtkonzentration verhindern. Nicht eine übermächtige Zuständigkeitskonzentration beim Bund, sondern eine klare Kompetenzverteilung zwischen den beiden Staatsebenen Bund und Ländern führt auch zu einer wirksamen Gewaltenteilung. So verleihen wir dem Demokratieprinzip unserer staatlichen Ordnung wieder mehr Geltung. Die Bürgerinnen und Bürger müssen klar erkennen können, wer politisch für was verantwortlich ist. Ich bleibe dabei: Demokratie muss transparent sein, sonst verliert sie an Zustimmung.

(Beifall bei CDU, SPD, FDP und SSW)

Selbstbewusste Länder prägen die Bundesrepublik Deutschland. Sie sind Garanten für einen konstruktiven innerstaatlichen Wettbewerb. Wir müssen aber auch dafür sorgen, dass die Länder in der Lage sind, ihre Aufgaben aus eigener Kraft zu erfüllen. Die jetzt angestrebten Änderungen des Grundgesetzes werden den Abstimmungsbedarf zwischen Bundestag und Bundesrat vermindern. Mitwirkungsrechte des Bundesrates werden durch eine Befugnis der Länder zu abweichender Gesetzgebung in zentralen Regelungsbereichen - etwa in den Bereichen Umwelt, Boden, Raumordnung und Hochschulrecht - ersetzt werden. Die Rahmengesetzgebung des Bundes wird vollständig abgeschafft. So wird das Betätigungsfeld des Vermittlungsausschusses erfreulicherweise eingeschränkt. Dadurch würden wir auch der Gefahr einer gegenseitigen Blockade den Boden entziehen. Wir können uns einen Föderalismus mit angezogener Handbremse nicht mehr leisten. Wir wollen ihn auch nicht mehr verantworten.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Unser Land Schleswig-Holstein wird durch die Verlagerung vieler Gesetzgebungszuständigkeiten insgesamt gestärkt werden. Die Möglichkeiten, zum Beispiel für das Ladenschlussrecht oder das Gaststättenwesen hier im Landtag passgenaue Regelungen zu finden, werden unserem Land als Tourismusstandort nur nützlich sein.

(Beifall bei der CDU und der Abgeordneten Lothar Hay [SPD] und Jutta Schümann [SPD])

Wo Licht ist, ist aber auch Schatten. Einige Vorschläge zur geplanten Föderalismusreform bergen für Schleswig-Holstein erhebliche Nachteile. Das gilt für die Verlagerung einiger Gesetzgebungskompetenzen ebenso wie für finanzielle Folgewir

kungen angestrebter Grundgesetzänderungen. Die schleswig-holsteinische Landesregierung sieht insbesondere die Verlagerung der Gesetzgebungskompetenzen im Laufbahnbesoldungs- und im Versorgungsrecht auf die Länder sehr kritisch. Auch die Verlagerungen der Gesetzgebung im Strafvollzug sowie in bestimmten Bereichen des Wohnungswesens und des Heimrechts auf die Länder müssen wir uns sehr genau ansehen. Hier können - insbesondere für die strukturschwächeren Länder - massive Nachteile drohen. Gleichzeitig kritisieren wir die angestrebte Verlagerung der Gesetzgebungszuständigkeit für die friedliche Kernenergienutzung von der konkurrierenden in die ausschließliche Gesetzgebung des Bundes, die die Mitwirkung der Länder an der Atomgesetzgebung in nicht akzeptabler Weise beschränken würde.

Wichtig wird für uns die Debatte um eine Neuordnung der Finanzbeziehungen sein. Hier sage ich noch einmal ganz deutlich: Wir müssen dafür sorgen, dass die Länder in der Lage sind, ihre Aufgaben aus eigener Kraft zu erfüllen. Ich meine, insgesamt führt das vorgesehene Reformpaket zu einer grundsätzlich begrüßenswerten und klareren Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern. Es beinhaltet aber auch Punkte, die einem Wettbewerbsföderalismus den Weg bereiten. Wir dürfen die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse im gesamten Bundesgebiet nicht gefährden. Daher werden wir sorgfältig abwägen, wie sich SchleswigHolstein zu den einzelnen Bestandteilen des Reformpakets positioniert.

Die Landesregierung hält an ihrer grundsätzlichen Unterstützung der Bemühungen von CDU, SPD und CSU fest, den deutschen Föderalismus zu modernisieren. Die Interessen unseres Landes haben für die Landesregierung ein natürliches und großes Gewicht. So ist es auch im Koalitionsvertrag zwischen der schleswig-holsteinischen CDU und der schleswig-holsteinischen SPD vereinbart. Daher wird die Landesregierung im Bundesrat dann, wenn konkrete Vorschläge zur Änderung des Grundgesetzes vorliegen, jeden einzelnen Vorschlag sehr genau und sehr sorgfältig auf seine Vereinbarkeit mit schleswig-holsteinischen Interessen prüfen.