Es gibt weitere Argumente gegen eine norddeutsche Fusion: Aus demokratischer Sicht ginge in einem Nordstaat die Bürgernähe verloren, die unsere Landespolitik immer noch von der Bundespolitik unterscheidet. Es ist eigentlich ein Witz: Einerseits wird dem SSW von den großen Parteien vorgeworfen, dass wir die Identität der kleinen Ortschaften zerstören, wenn wir Kommunen mit mindestens 8.000 Einwohnern fordern. Andererseits wollen Politiker aus denselben Parteien Schleswig-Holstein in ein norddeutsches Megabundesland eingliedern.
Ein noch größerer Witz ist es, dass ausgerechnet konservative Schleswig-Holsteiner die Grenzen unseres Landes infrage stellen, wo sie doch immer so viel Wert auf die Einheit Schleswig-Holsteins gelegt haben. Dass gerade der SSW für den Erhalt Schleswig-Holsteins kämpfen muss, ist fast eine Ironie der Geschichte. Wir erwarten daher, dass sich der Schleswig-Holsteinische Landtag klar und deutlich gegen die Bildung eines Nordstaates ausspricht und nicht weiter zulässt, dass sich die Landesregierung diesem Ziel immer weiter durch die Hintertür nähert.
Auf der Besuchertribüne begrüße ich die Soldaten des Marinefliegergeschwaders 2 Eggebek. - Seien auch Sie uns herzlich willkommen!
Der Reihenfolge der Anträge folgend geht es jetzt weiter. Für die CDU-Fraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Johannes Callsen das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Man hätte fast damit rechnen können und es überrascht nicht, dass die Abgeordneten des SSW sich bei die
sem Thema für den Landesteil Schleswig zu Wort melden. Das ist auch legitim. Wir alle sind aber als gewählte Volksvertreter für die positive Entwicklung des ganzen Landes verantwortlich. Das bedeutet, dass wir die Stärken unseres Landes als Wirtschaftsregion sehen und unterstützen, ohne dabei die notwendige Strukturförderung wirtschaftlich schwächerer Regionen aus dem Auge zu verlieren. Diese Maxime wird in dem vorliegenden Bericht der Landesregierung auch unterstrichen.
Die Erweiterung der Europäischen Union und die damit verbundene Veränderung der Rahmenbedingungen für regionale Strukturpolitik, die auf der vielfach begrüßten Lissabon-Strategie beruht, hat so auch - ob wir wollen oder nicht - Konsequenzen für unser Land. Die Frage der Gebietskulisse bei der EU-Förderung wird letztlich in Brüssel entschieden und nicht in Kiel. Für Schleswig-Holstein bedeutet dies in der Konsequenz, die Nähe des Landes zu Hamburg als Standortvorteil im europäischen Wettbewerb zu nutzen und die vielfältigen wirtschaftlichen Beziehungen partnerschaftlich weiter auszubauen.
Von einem Nordstaat ist an dieser Stelle ausdrücklich nicht die Rede, sondern von einem Nordverbund, mit dem beide Länder erhebliche Entwicklungschancen nutzen wollen.
Liebe Kollegen vom SSW, diese Ausrichtung auf einen starken Partner Hamburg in ihrer Pressemitteilung als pathologisch - also krankhaft - zu bezeichnen, halte ich an dieser Stelle doch für ein wenig unpassend.
Dies gilt umso mehr, als auch die Wirtschaft im Landesteil Schleswig eine engere Zusammenarbeit zwischen Schleswig-Holstein und Hamburg ausdrücklich für notwendig hält. Auch im Norden sind zahlreiche Betriebe und Branchen auf einen prosperierenden Wirtschaftsraum Hamburg angewiesen, um in der Grenzregion Arbeitsplätze anbieten zu können. Import und Export aus der Region Flensburg laufen nahezu ausschließlich über Hamburg. Denken Sie bitte an dieser Stelle nur an die Speditionen in Flensburg und Umgebung, die in engster Weise mit der Hamburger Hafen- und Verkehrslogistik verbunden sind. Gleiches gilt für große produzierende Unternehmen in der Fördestadt.
Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist ausgesprochen wichtig. Sie allein reicht aber nicht für eine eigenständige wirtschaftliche Entwicklung des Nordens. Auch der Landesteil Schleswig darf die Anbindung an das Kraftzentrum Hamburg nicht verlieren.
So ist es nur konsequent, die Wachstumsimpulse der Metropolregion Hamburg möglichst weit nach Schleswig-Holstein zu lenken und so auch im Norden des Landes die regionalen Kräfte an dieser Entwicklungsdynamik teilhaben zu lassen.
Die aufgezeigte Bildung von drei Entwicklungsachsen entlang der nach Norden führenden Autobahnen ist dabei eine wichtige Voraussetzung. Mit dem Ausbau der Verkehrswege, insbesondere der A 7 und der B 5, wollen wir in der Infrastruktur eine wesentliche Voraussetzung für eine bessere Anbindung des Nordens schaffen. Maßgeblich für die Anbindung des Landesteils Schleswig an die Märkte im Süden ist nicht zuletzt die westliche Elbquerung, deren zügige Realisierung jetzt mit Hochdruck betrieben wird.
Der Bericht der Landesregierung unterstreicht neben der Kooperation mit Hamburg selbstverständlich auch eine ausgleichsorientierte Förderpolitik für die eher strukturschwachen Räume, und zwar mit dem Ziel, deren spezifische Stärken zu fördern.
Manches gerät allzu schnell in Vergessenheit. Deshalb will ich gern noch einige Stichworte aufzählen, bei denen die Landesregierung durchaus eine aktive Rolle in der Strukturpolitik im Landesteil Schleswig einnimmt. So stehen die wichtigen Konversionsprojekte in Schleswig, Eggebek und Kappeln-Olpenitz ganz oben auf der Agenda. Auch die Landesgartenschau in Schleswig wird mit erheblicher finanzieller Unterstützung des Landes für die gesamte Schlei-Region neue Impulse bringen.
In Nordfriesland gibt es neben dem Ausbau des Husumer Hafens die Zusage für eine weitere Förderung der Infrastruktur. Schließlich profitiert Flensburg durch die Phänomenta von der Attraktivitätssteigerung durch Landesförderung. Dies sind nur einige Beispiele.
- Frau Spoorendonk, freuen Sie sich doch über das Ergebnis, das dabei für Flensburg herausgekommen ist.
Meine Damen und Herren, unsere Absicht, die Ostseekooperation zu einer stärker gestaltenden Regionalpolitik zu entwickeln, beinhaltet gleichzeitig das Ziel, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit Dänemark zu intensivieren. Ministerpräsident Carstensen hat bei seinem Kopenhagen-Besuch in der vergangenen Woche gerade zu diesem Aspekt des SSW-Antrages entscheidende neue und bedeutende Akzente gesetzt
und deutlich gemacht, dass die Landesregierung die grenzüberschreitende Zusammenarbeit erheblich verstärken will. Diesen Weg unterstützen wir ausdrücklich, weil darin eine Reihe von Perspektiven für den Norden liegen.
So kann die angekündigte Intensivierung der Grenzpendler-Beratung mit der Einrichtung von Beratungsstellen in Flensburg und Tøndern zu positiven Impulsen für die Arbeitsmärkte nördlich und südlich der Grenze führen und den Landesteil Schleswig stärken.
Schließlich hat Ministerpräsident Carstensen zum Abschluss seiner Kopenhagen-Reise bekräftigt, noch in diesem Jahr mehrere konkrete LeuchtturmProjekte der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit auf den Weg zu bringen.
Gerade die Ergebnisse der Gespräche in Kopenhagen sollten ein deutliches Signal dafür sein, welchen hohen Stellenwert der Landesteil Schleswig in unserer Politik hat.
Meine Damen und Herren, wirksame Strukturpolitik ist allerdings nur möglich, wenn der Landesteil Schleswig auch weiterhin in der Gebietskulisse für die EU-Förderung und die Gemeinschaftsaufgabe ,,Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ verbleibt. Wir haben in der letzten Tagung ausführlich über dieses Thema diskutiert. Es ist wichtig, dass sich alle Beteiligten dafür einsetzen, dass diese Region weiter Fördergebiet in der EU-Förderung und der GA-Förderung bleibt und eine möglichst hohe Fördersumme insgesamt nach Schleswig-Holstein kommt. Dieses Ziel haben wir in unserem Antrag bekräftigt, weil dies die Kernvoraussetzung für eine wirksame Strukturpolitik ist.
Wir werden die Landesregierung dabei unterstützen, die spezifischen Stärken der strukturschwächeren Regionen gezielt zu unterstützen und zu fördern. Der Landesteil Schleswig hat strukturelle Schwächen. Das ist richtig: Diese müssen wir gemeinsam weiter abbauen. Ich sage aber - und das auch aus Überzeugung -: Wir haben im Norden überhaupt keinen Grund, uns selbst klein zu reden.
Wir sollten ebenso selbstbewusst auf unsere Stärken hinweisen und diese nutzen. Gerade der Norden Schleswig-Holsteins verfügt trotz aller strukturellen Defizite mit den Bereichen Tourismus, Telekommunikation, Ernährungswirtschaft, erneuerbare Energien und Kultur über Stärken, die es sowohl von den Akteuren vor Ort wie auch auf Landesebene zu nutzen gilt, um damit in der Region im Norden neues Wachstum und neue Arbeitsplätze zu schaffen.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Callsen. - Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Herr Abgeordnete Bernd Schröder.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bei allem Respekt vor den beiden SSW-Abgeordneten hier im hohen Hause, der Antrag des SSW ,,Perspektiven für den Norden Schleswig-Holsteins“ hat mich dennoch etwas erstaunt. Hier wird der Landesregierung unterstellt, Standortpolitik nur für die Metropolregion Hamburg zu betreiben, den Norden unseres Landes mit seinen strukturschwachen Regionen dagegen zu vernachlässigen.
Es werde eine intensive Zusammenarbeit mit Hamburg angestrebt, der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit Dänemark werde aber nicht der gleiche Stellenwert eingeräumt. Das ist genau der Inhalt Ihres Antrages. Nicht nur die Landesregierung, auch wir haben die Verantwortung für das ganze Land. Dessen sind wir uns bewusst und danach richten wir unser Handeln.