Protokoll der Sitzung vom 22.03.2006

Insofern glaube ich, dass man darüber in den Ausschussberatungen wird reden können. Ich will gern meine Unterstützung für die weiteren Beratungen anbieten, insbesondere auch für die Folgeänderungen, die im Zuge der Errichtung eines Landesverfassungsgerichts erforderlich sind.

(Vereinzelter Beifall)

Ich danke Herrn Minister Dr. Stegner. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Beratung. Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf Drucksache 16/655 federführend dem Innen- und Rechtsausschuss und mitberatend dem Sozialausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes über die Unterrichtung des Landtages durch die Landesregierung (Parlamentsinformationsgesetz - PIG)

Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU und SPD Drucksache 16/657

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Grundsatzberatung und erteile der Frau Abgeordneten Monika Schwalm für die CDU-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was lange währt, wird endlich gut. - Das könnte die Überschrift der heutigen Debatte sein. Bereits Anfang 2004 hatte die CDU-Fraktion den Entwurf eines Parlamentsinformationsgesetzes mit dem Ziel der Stärkung des Parlaments eingebracht.

Artikel 22 der Landesverfassung verpflichtet zwar die Landesregierung zu einer frühzeitigen und vollständigen Information über die Zusammenarbeit mit dem Bund, den Ländern, den Staaten der Europäischen Gemeinschaften und deren Organen sowie über die Mitwirkung im Bundesrat. Das Nähere sollte und soll auch nach der soeben eingebrachten Verfassungsänderung das Gesetz regeln. An einem solchen Gesetz fehlt es aber bis heute.

Aufgrund der zunehmenden Bedeutung von Staatsverträgen und europäischen Rechtsakten auch für unser Land ist eine frühzeitige Information und Beteiligung wichtiger als je zuvor. Zukünftig soll

(Dr. Ralf Stegner)

daher der Landtag rechtzeitig und umfassend informiert und ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben werden, die von der Landesregierung zu berücksichtigen ist. Bei Staatsverträgen soll zukünftig das Parlament vier Wochen vor Abschluss eines Staatsvertrages vom zuständigen Ministerium informiert werden.

(Vereinzelter Beifall)

Dies ist von besonderer Bedeutung, denn gerade bei Staatsverträgen besteht nach Unterzeichnung durch die Landesregierung kaum noch eine Einflussmöglichkeit, wenn man den Staatsvertrag nicht in Gänze ablehnen will. Vor dem Hintergrund der verstärkten Kooperation im norddeutschen Raum werden solche Verträge an Bedeutung zunehmen. Das Parlamentsinformationsgesetz wird den Landtag in die Lage versetzen, frühzeitig und konstruktiv Einfluss zu nehmen.

Auch im normalen Gesetzgebungsverfahren werden sich erhebliche Verbesserungen ergeben: Es ist üblich, dass die Fachressorts vor der Einbringung in den Landtag Vereine und Verbände anhören. Haben wir uns als Abgeordnete nicht häufig geärgert, wenn wir von Vertretern von Vereinen und Verbänden um unsere Meinung gefragt wurden und wir den Vorgang überhaupt noch nicht kannten? Jetzt soll auch das geändert werden.

(Beifall der Abgeordneten Ingrid Franzen [SPD] und Anke Spoorendonk [SSW])

Es gibt positive Beispiele, in denen ein neues Verfahren gewählt wurde und zeitgleich mit der Anhörung auch dem Landtag der entsprechende Entwurf zugeleitet wird. Der Landtag hat dadurch die Möglichkeit, früher mit den Betroffenen zu diskutieren, die Vorarbeiten aufseiten der Landesregierung werden transparent und die fachliche Tiefe der parlamentarischen Beratung wird erhöht.

Über die Notwendigkeit des Gesetzes und die Richtigkeit der Ziele herrschte von vornherein weitgehendes Einvernehmen. Durch die beispielhafte Arbeit aller Fraktionen konnte schließlich ein Gesetzentwurf vorgelegt werden, der auch im Detail parteiübergreifend getragen wurde.

Leider wurde das Gesetz Opfer des Wechsels der Wahlperiode. Im Koalitionsvertrag haben wir gemeinsam mit der SPD die erneute Einbringung zusammen mit der soeben diskutierten Verfassungsänderung beschlossen. Aufgrund der breiten Diskussion in der letzten Wahlperiode erwarte ich eine zügige Beratung, damit wir dieses für die Parlamentsarbeit so wichtige Gesetz in Kürze verab

schieden können. Ich bitte um Überweisung an den Innen- und Rechtsausschuss.

(Beifall bei CDU und SPD - Zuruf von der CDU: Und Europaausschuss!)

Ich danke der Frau Abgeordneten Schwalm. Die Ausschussüberweisung werden wir im Anschluss an die Debatte klären. - Das Wort für die SPDFraktion erhält der Herr Abgeordnete Klaus-Peter Puls.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf von CDU und SPD für ein Parlamentsinformationsgesetz beruht - Frau Schwalm hat darauf hingewiesen - auf einer Initiative der CDU-Fraktion aus der vergangenen Wahlperiode. Vorgeschlagen wurde seinerzeit eine Vereinbarung zwischen Landesregierung und Landtag über die Unterrichtung des Landtages durch die Landesregierung. Der Antrag übernahm damals im Wesentlichen eine bayerische Regelung, die der Verfassungsrechtslage in Schleswig-Holstein allerdings nicht entsprach und nicht entspricht, weil in Schleswig-Holstein die nähere Ausgestaltung der Informationspflichten der Landesregierung durch Landesgesetz zu regeln ist.

Der jetzt vorliegende Gesetzesantrag von CDU und SPD berücksichtigt dies und schlägt für jeden der in der Landesverfassung obligatorisch vorgesehen Informationsbereiche ein bestimmtes konkretes Informationsverfahren vor. Wir haben dafür in unserem Verfassungsänderungsantrag die Informationsbereiche konkretisiert, insbesondere hinsichtlich der Staatsverträge, aber auch hinsichtlich der Zusammenarbeit des Landes mit der Europäischen Union und deren Organen.

Die Informationspflichten der Landesregierung sollen sich schon verfassungsrechtlich künftig auf fünf Bereiche erstrecken. Die Landesregierung soll den Landtag frühzeitig und vollständig unterrichten in jedem Fall erstens über die Vorbereitung von Gesetzen und Staatsverträgen, zweitens über Grundsatzfragen der Landesplanung, der Standortplanung und der Durchführung von Großvorhaben und darüber hinaus, soweit es sich um Gegenstände von grundsätzlicher Bedeutung handelt, drittens über die Vorbereitung von Verwaltungsabkommen, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften, viertens über die Mitwirkung im Bundesrat und fünftens über die Zusammenarbeit mit dem Bund, den Ländern, anderen Staaten und zwischenstaatlichen

(Monika Schwalm)

Einrichtungen, insbesondere der Europäischen Union sowie deren Organen.

Der Gesetzentwurf nimmt diese Informationsbereiche auf und schlägt entsprechend der bayerischen Vereinbarungsregelung - ich will noch einmal darauf hinweisen - konkrete Informationsverfahren vor, über die im Fachausschuss beziehungsweise den zuständigen Fachausschüssen näher zu beraten und zu befinden sein wird. Wir haben die bayerische Regelung, die Vereinbarungsregelung, zum Muster für unseren Gesetzentwurf genommen. Es sind also den Erörterungen in jedem Einzelteil dieses Gesetzentwurfs noch Tor und Tür geöffnet. Ich lade Sie alle dazu ein.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Klaus-Peter Puls und erteile das Wort für die FDP-Fraktion dem Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Kubicki.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir danken dem Wissenschaftlichen Dienst des Schleswig-Holsteinischen Landtages für die Erarbeitung dieses Gesetzentwurfs, der nun durch die Fraktionen von CDU und SPD im Landtag eingebracht wird. Dieser Gesetzentwurf ist wesentlich strukturierter, liebe Kollegin Schwalm, und sinnvoller als das Vorhaben, das uns die Union vor gut zwei Jahren im Parlament angeboten hat. Die damalige Initiative der Union sah noch vor, dass sich das Parlament gegenüber der Landesregierung verpflichtet, Gesetze, die von der Landesregierung dem Parlament zur Unterrichtung vorgelegt werden, nicht zum Gegenstand einer Eigeninitiative zu machen. Diese nach unserer Auffassung unzulässige Beschneidung des verfassungsrechtlich garantierten Initiativrechts des Parlaments ist vom Tisch. Davon wurde bei dem jetzigen Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen abgesehen. Das ist in der Tat ein Fortschritt.

Ansonsten werden wir nach Verabschiedung dieses Gesetzentwurfs zumindest auf dem Papier künftig auf weitreichende gesetzlich normierte Informationspflichten der Landesregierung zurückgreifen können. So soll neben der frühzeitigen Unterrichtung über Gesetzes- und Verordnungsvorhaben der Landesregierung das Parlament auch frühzeitig über Planungsvorhaben, die für die Entwicklung des Landes Schleswig-Holsteins oder größerer Teile desselben von Bedeutung sind, informiert werden. Es soll frühzeitig über Verwaltungsabkommen,

die von erheblicher landespolitischer Bedeutung sind oder im Landeshaushalt zu Mehrausgaben oder Mindereinnahmen von mindestens einer Million Euro führen, unterrichtet werden. Auch die Informationspflichten über Vorhaben im Bundesrat und in der Europäischen Union werden durch dieses Werk einfachgesetzlich festgeschrieben. Das ist aus unserer Sicht erfreulich.

So ist es beispielsweise bei Angelegenheiten der EU so, dass die Landesregierung durch dieses Gesetz verpflichtet wird, rechtzeitig zugegangene Stellungnahmen des Landtages bei ihrer Entscheidung zu berücksichtigen. So weit wie der Gesetzentwurf des Wissenschaftlichen Dienstes geht dieser Vorschlag allerdings nicht. Der Wissenschaftliche Dienst hatte vorgeschlagen, auch in die Verfassung folgende Passage in Art. 22 Abs. 2 aufzunehmen: „Die Landesregierung gibt dem Landtag Gelegenheit zur Stellungnahme und berücksichtigt die Stellungnahme des Landtages.“ Wir sollten vielleicht auch in Ansehung der Verfassungsstellung, die wir haben, noch einmal überlegen, ob es nicht ein sinnvoller Meilenstein auch der verfassungsrechtlichen Fortentwicklung wäre, dies noch festzuschreiben. Warum die Landtagsfraktionen und Union und SPD diese Verankerung nicht mehr wollen, obwohl sie bekanntermaßen nicht Teil der Landesregierung sind, wird daher noch im Ausschuss zu klären sein.

Interessant sind für das Parlament allerdings nicht nur die Unterrichtungen durch die Landesregierung zu konkreten Gesetzentwürfen, sondern auch über die hierzu eingegangenen Stellungnahmen von Verbänden und Vereinen. Wir sollten prüfen, ob es sinnvoll sein kann, jedenfalls in wesentlichen Fragen diese dem Parlament bei der Unterrichtung über ein Gesetzesvorhaben ebenfalls vorab zur Verfügung zu stellen. Ich glaube, wir könnten damit einen Teil der Beratungsleistungen, die wir sonst in den Ausschüssen später erbringen müssen, vorziehen und damit zur Effektivierung der Parlamentsarbeit beitragen.

Klären müssen wir im Ausschuss noch Begrifflichkeiten wie „Gegenstände von grundsätzlicher oder erheblicher Bedeutung“, weil das unbestimmte Rechtsbegriffe sind, die einen weiten Beurteilungsspielraum lassen. Da kann es Unterschiede geben zwischen dem, was die Regierung für bedeutend hält, und dem, was das Parlament für bedeutend hält, sodass wir hier klarere Regelungen finden sollten.

Entscheidend wird aber sein, liebe Kolleginnen und Kollegen, inwieweit dieses Gesetz wirklich mit Leben erfüllt wird, also inwieweit wirklich eine frühzeitige und umfängliche Information des Parla

(Klaus-Peter Puls)

ments, und zwar des gesamten Parlaments und nicht nur der regierungstragenden Fraktionen, durch die Landesregierung erfolgt. Denn darauf kommt es letztlich an. Stellt sich heraus, dass der heute bereits geltende Informationsstandard nicht qualitativ überschritten wird, dann wäre dieses Gesetz überflüssig und ein Placebo. Dann wäre dieses Gesetz ein Fall für die Entbürokratisierungsabteilung des hochgeschätzten Staatssekretärs Schlie.

(Beifall bei der FDP)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki und erteile das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Fraktionsvorsitzenden, Frau Anne Lütkes.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte für meine Fraktion ausdrücklich sagen: Wir sind sehr erfreut, Frau Schwalm, über den heute vorgelegten Gesetzentwurf. Wir finden das wirklich begrüßens- und auch dankenswert, dass Sie aus Ihrer Erfahrung in der Opposition heraus heute ein Parlamentsinformationsgesetz einbringen. Das hätten Sie nicht machen müssen. Wir finden das gut und möchten das auch so deutlich sagen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Gesetz muss, wie mein Vorredner schon sagte, im Ausschuss noch etwas ausführlicher im Konkreten beraten werden. Es sind Begriffe zu prüfen und hoffentlich gemeinsam zu klären. Insbesondere scheint mir aber erörterungswert, inwieweit im Rahmen der Debatte über die Veränderung der Landesverfassung doch eine Ergänzung des Artikels 22 geboten erscheint. Sie haben in dem unter dem vorherigen Tagesordnungspunkt diskutierten Entwurf zur Änderung der Landesverfassung eine geringfügige, aber doch durchschlagende Änderung vorgeschlagen.

Mit Ihrem jetzt vorgelegten Gesetz schlagen Sie aus meiner Sicht sehr bedeutsam vor, dass die Landesregierung zum einen verpflichtet ist, zu informieren, zum anderen aber nach dem Ablauf eines Entscheidungsprozesses auch rückmelden muss und dann im Ausschuss noch einmal die Bewertung einzuholen ist. Sie schlagen weiter vor, dass die Landesregierung an eine Meinungsbildung des Landtages gebunden ist und die Stellungnahme des Landtages berücksichtigen soll, aber natürlich - das folgt aus der Gewaltenteilung - nicht rechtsverbindlich an diese Meinung gebunden ist. Das ist ein Span

nungsverhältnis, das wir uns noch einmal gemeinsam anschauen sollten.

Aber die Formulierung dieser Informationsverpflichtung und Rückmeldungsverpflichtung der Landesregierung bedarf möglicherweise einer besonderen Verankerung in der Landesverfassung. Das kann man aber sehr gut im Ausschuss diskutieren, ebenso die anderen Feinheiten, insbesondere die Fristen zur Information über mögliche Staatsverträge. Wir hatten gerade den Staatsvertrag zur Metropolregion sehr ausführlich diskutiert. Aber man hätte auch früher einsteigen können. Es ist immer wieder dieselbe Frage: Wann besteht die direkte Informationspflicht gegenüber dem Parlament? Wann und wie kann das Parlament noch in der jetzt in dem Gesetzentwurf vorgesehenen Form wirklich Einfluss nehmen?

Das sind Fragen, die in den Ausschuss gehören. Ich möchte wiederholen: Wir freuen uns über diesen Vorschlag, wir finden, er ist ein guter Schritt, aber es bleibt noch viel zu diskutieren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Nun möchte ich zunächst auf der Tribüne Mitglieder des Fördervereins der Universität Flensburg herzlich begrüßen.

(Beifall)