„wird wieder zunehmen und statt der erhofften Mehreinnahmen werden am Ende aufgrund der geringeren Beschäftigtenzahlen noch größere Defizite für die Sozialkassen die Folge sein.“
Selbst wenn die Landesregierung jetzt nicht auf die Argumente der Opposition hören sollte, hoffe ich, dass zumindest die Warnungen aus den eigenen Reihen vor diesem Bärendienst am Mittelstand ausreichen, um aktiv zu werden. Zumal ist auch der mittelstandspolitische Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion, Herr Michael Fuchs, aufgewacht und verkündete am 10. März in der „Leipziger Volkszeitung“, er werde „alles daransetzen, die Verwirklichung dieses Beschlusses im Bundestag zu verhindern“.
Vor diesem Hintergrund hoffen wir auch auf die Unterstützung der Sozialdemokratie und fordern die Landesregierung auf, nicht zu warten, bis die Minijobs in den Brunnen gefallen sind, sondern umgehend zu handeln. Wir bitten um Unterstützung und Zustimmung zu unserem Antrag.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Dr. Heiner Garg [FDP]: Stellt euch vor, ich hätte diese Rede vor zwei Jahren gehalten! - Wolfgang Baasch [SPD]: Das Erschreckende daran ist nur, dass du sie hättest halten kön- nen!)
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Klaus Müller und erteile für die CDU-Fraktion dem Herrn Abgeordneten Tobias Koch das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Baasch, die derzeit gültige Minijobregelung war eine der zentralen Wahlkampfforderungen der Union im Bundestagswahlkampf im Jahr 2002. Auf Druck der CDUMehrheit im Bundesrat wurde anschließend im Rahmen der Hartz-II-Arbeitsmarktreform beschlossen, die Einkommensgrenze von 325 € auf 400 € anzuheben und eine 25-prozentige Pauschale für Steuern und Sozialabgaben einzuführen.
Seit Inkrafttreten dieses Gesetzes stieg die Zahl der Minijobs in Deutschland von 4,1 Millionen auf 6,7 Millionen - und das, obwohl die erhobene Pau
schale drei Prozentpunkte höher lag als die zuvor nach rot-grünem Gesetz vom Arbeitgeber zu zahlenden 22 % Renten- und Krankenversicherungsbeiträge.
Es ist und bleibt damit unbestrittener Erfolg der Union, dass Millionen von Menschen in unserem Land durch eine solche Beschäftigung ihr Einkommen und dadurch auch ihre Konsummöglichkeiten verbessern können.
Vor diesem Hintergrund mutet es schon etwas eigentümlich an, wenn sich heute ausgerechnet die Grünen zum Gralshüter der Minijobs aufschwingen und vehement die unveränderte Beibehaltung einer Regelung verlangen, die damals von der Union mühsam gegen die rot-grüne Bundesregierung durchgesetzt werden musste.
Ich will da jetzt gar nicht allzu sehr in alten Wunden wühlen, lieber Klaus Müller, aber ich denke, uns allen ist noch gut in Erinnerung, welches Chaos die rot-grüne Bundesregierung mit ihrer Neuregelung der 630-DM-Jobs im Jahr 1999 verursacht hat.
Interessant ist es aber, einen Blick darauf zu werfen, wie denn die rot-grüne Landesregierung hier in Schleswig-Holstein auf die Einführung der 25-prozentigen Pauschale reagiert hat, deren Beibehaltung der Kollege Müller heute so nachdrücklich einfordert. Mit Erlass des Finanzministers vom 23. Mai 2003 wurde geregelt, dass die Pauschalversteuerung für Beschäftigte im schleswig-holsteinischen Landesdienst keine Anwendung findet! Statt einer 25-prozentigen Pauschale auch für den Landesdienst wurde aus fiskalpolitischen Gründen festgelegt, dass die Minijobs von den geringfügig Beschäftigten im schleswig-holsteinischen Landesdienst voll zu versteuern sind. Da klaffen doch wieder eigenes Regierungshandeln und Forderungen in der Opposition weit auseinander.
Im Unterschied zu diesem grünen Schlingerkurs hat sich die große Koalition darauf verständigt, die Pauschale für geringfügig Beschäftigte weiterhin
beizubehalten, denn im Unterschied zu Ich-AGs und Personal-Service-Agenturen hat sich dieses Instrument am Arbeitsmarkt bewährt.
- Sie brauchen nur zuzuhören, Klaus Müller. Wenn wir uns aber vor Augen führen, dass es sich bei der Pauschalabgabe für Minijobs im Grunde genommen um ein Kombilohnmodell handelt, bei dem der öffentliche Zuschuss in einem Verzicht auf Steuern und Sozialabgaben besteht,
dann ist - wie bei jeder anderen Subvention auch in regelmäßigen Zeitabständen eine Überprüfung dieses Subventionstatbestandes erforderlich. Festzuhalten bleibt jedoch, dass auch bei der nun beabsichtigten Anhebung der Abgaben-pauschale von 25 auf 30 % eine erhebliche staatliche Förderung bestehen bleibt. Statt regulär 42 % sind nur 28 % Sozialabgaben zu zahlen. Hinzu kommt eine pauschale Versteuerung von ganzen 2 %.
Wer in dieser Situation das Schreckgespenst an die Wand malt, dass Hunderttausende von geringfügig Beschäftigten dadurch ihren Job verlieren würden, dass sich eine 400-€-Arbeitskraft für den Arbeitgeber von 500 auf 520 € verteuert, der vernachlässigt die seit dem Jahr 2003 gewonnenen Erfahrungen komplett.
Dennoch will ich die Gefahr von Arbeitsplatzverlusten nicht gänzlich von der Hand weisen. Vorstellbar ist auch, dass die Erhöhung des Abgabensatz auf 30 % durch die Zahlung geringerer Nettolöhne von den Arbeitgebern kompensiert und auf diese Weise letztlich von den Arbeitnehmern zu tragen ist. Solche potenziell negativen Konsequenzen sind zu bedenken und abzuwägen, aber auch abzuwägen mit der dringend erforderlichen Entlastung des Bundeshaushaltes, da die erhöhten Beitragszahlungen an Renten- und Krankenversicherung einen geringeren Bundeszuschuss möglich machen würden.
Um diese unterschiedlichen Aspekte eingehend zu beraten, beantrage ich die Überweisung des vorliegenden Antrages an den Finanzausschuss.
Positiv könnte man abschließend festhalten, dass die Grünen im Jahre 2006 endlich die Einsicht und den Erkenntnisstand erlangt haben, den wir in der Union bereits im Jahr 1999 hatten.
(Beifall bei der CDU - Zuruf des Abgeordne- ten Klaus Müller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN] - Heiterkeit)
Es bleibt nur zu hoffen, dass die Grünen auch noch den restlichen Rückstand aufholen und den Antrag nicht nur aus reinem Populismus gestellt haben. Denn das, lieber Herr Kollege Müller, können wir uns nicht länger leisten.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Tobias Koch und erteile für die SPD-Fraktion dem Herrn Abgeordneten Wolfgang Baasch das Wort.
Hoch verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bundesregierung hat beschlossen, mit einem Haushaltsbegleitgesetz die Sanierung des Bundeshaushaltes zu unterstützen. Einer von insgesamt elf Punkten ist der Beschluss, die Sozialversicherungen um 1 Milliarde € zu entlasten.
Um dieses Ziel zu erreichen, sollen neben anderen Maßnahmen auch die Pauschalabgaben für geringfügige Beschäftigung im gewerblichen Bereich von 25 % auf 30 % erhöht werden. Mit diesen Entlastungsmaßnahmen will die Bundesregierung die gesenkten Zuschüsse des Bundes an die Sozialversicherung ausgleichen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, rund 6,7 Millionen Menschen hatten im Juni 2005 einen Minijob. Seit der Einführung der Minijobs 2003 ist die Zahl der geringfügig Beschäftigten um 2,6 Millionen Menschen gestiegen. Gut ein Viertel der Minijobber sind Nebenerwerbsminijobber, also keine Langzeitarbeitslosen. Circa 4,8 Millionen Minijobber, die ausschließlich einen Minijob haben, sind Rentner, Ehefrauen, Schülerinnen und Schüler, Studierende, also ebenfalls keine Langzeitarbeitslosen. Wer das zusammenrechnet, kommt auf eine höhere Zahl als die der 6,7 Millionen Menschen. Das zeigt, dass es viele Doppelungen gibt.
Es bleibt aber auch festzuhalten: Der Boom bei den Minijobs geht mit dem Rückgang sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung einher und dies gilt insbesondere in den Dienstleistungsbranchen. Von daher sind die Feststellungen im Antrag der
Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unter Punkt 1 auch erst einmal nur Meinungsäußerungen, die es im Detail zu belegen gilt.
Dass die Erhöhung der Pauschalabgabe zurückzunehmen ist, ist eine politische Äußerung, die von grüner Seite erst einmal so formuliert wird. Die Behauptung, dass die Chancen von gering qualifizierten und langzeitarbeitslosen Menschen durch die Erhöhung der Pauschalabgabe reduziert werden, ist so nicht zu beweisen.
Denn festzuhalten ist eher, was in Analysen von Arbeitsmarktinstituten wie zum Beispiel dem WSI festgehalten wird: Minijobs boomen, aber den Weg in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung erleichtern sie kaum. Sie sind eher eine Form subventionierter Arbeit und damit schon ein weit verbreitetes Modell des Kombilohns.
Im Evaluationsbericht der Bundesregierung werden die Schwachpunkte der geltenden Minijobregelung offen angesprochen: Arbeitslose finden durch Minijobs kaum eine Brücke in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung und in einigen Bereichen gibt es hohe Steigerungsraten - wie im Einzelhandel mit 21 % und im Hotelgewerbe mit rund 36 % und damit hat der Anteil regulärer Minijobs oft schon den Anteil sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung überholt.
Es bleibt für mich festzuhalten: Minijobs sind subventionierte Arbeit. Sie werden von den Beschäftigten, die sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, und von den Arbeitgebern, die reguläre sozialversicherungspflichtige Tätigkeiten anbieten, subventioniert. Die Erhöhung der Pauschalabgabe reduziert diese Subvention und sie verteuert die Minijobs. Dies gilt übrigens nicht für den Bereich der Privathaushalte. Dort bleibt es bei der sowieso schon niedrigen Pauschale von 12 %.