Beurlaubt sind die Frau Abgeordnete Sylvia Eisenberg und die Herren Abgeordneten Detlef Buder und Peter Lehnert. Wegen dienstlicher Verpflichtungen auf Bundesebene sind Frau Ministerin Erdsiek-Rave, Frau Ministerin Dr. Trauernicht sowie die Herren Minister Dr. Stegner und Wiegard für den heutigen Tag beurlaubt.
(Anne Lütkes [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Dann sind Sie ganz allein, Herr Um- weltminister! - Minister Dr. Christian von Boetticher: Ganz allein zu Haus! Das geht auch! - Klaus Müller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Einer hält die Fahne hoch!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, begrüßen Sie bitte mit mir Schülerinnen und Schüler der Realschule Bad Schwartau sowie Mitglieder des CDU-Kreisverbandes Herzogtum Lauenburg. - Herzlich willkommen bei uns im Landtag!
Ich habe eben noch einen Hinweis bekommen und begrüße auch unseren ehemaligen Kollegen Behm herzlich.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Ich sehe, das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Claus Ehlers.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag zur thermischen Verwertung von Getreide soll dazu beitragen, auf allen Ebenen den Durchbruch für nachwachsende Rohstoffe zu
schaffen. Heizen mit Getreide ist eine Möglichkeit, nachwachsende Rohstoffe voranzubringen, auf die wir nicht verzichten sollten.
Getreide zu verbrennen, ist keine Selbstverständlichkeit in unserer Welt, in der viele Menschen hungern müssen. Wir haben uns daher mit unserem Koalitionspartner darauf verständigt, nur das Getreide für die Verbrennung zuzulassen, das nicht für die menschliche Ernährung geeignet ist.
Ob jedoch - wie im Antrag formuliert - nur heimisches Getreide eingesetzt werden kann, bedarf einer näheren Prüfung. Die Europäische Union könnte hier einen Riegel vorschieben.
Die Verbrennung von Getreide ist eine der Möglichkeiten, nachwachsende Rohstoffe wirtschaftlich zur Energiegewinnung einzusetzen. Aktuell kostet 1 l Heizöl circa 60 ct. Um 1 l Heizöl zu ersetzen, braucht man 2,5 kg Getreide, die etwa 25 ct kosten. Mit diesen Zahlen wird deutlich, dass beide Seiten davon profitieren können: die Verbraucher ebenso wie die Landwirtschaft. Die Rechnung wird noch günstiger dadurch, dass nicht oder nur schwer vermarktungsfähige Getreidepartien eingesetzt werden sollen. Die werden sonst zu Sondermüll deklariert. Das interessiert insbesondere uns Landwirte.
Die Vorteile nachwachsender Rohstoffe liegen auf der Hand: Getreide ist CO2-neutral und damit nicht klimaschädlich. Die weiter knapp werdenden Ressourcen werden geschont und die Abhängigkeit von Importen verringert.
Wir sind mit unserem Antrag auf dem richtigen Weg in eine größere Unabhängigkeit von politisch sensiblen Regionen, die möglicherweise nicht immer sicher sind.
Unser Landwirtschaftsminister ist während der langen Vorlaufzeit des Antrages nicht untätig gewesen. So können schon jetzt Ausnahmegenehmigungen für Kleinverbrennungsanlagen erteilt werden. Ein Problem stellen derzeit noch die Emissionswerte dar, die erst mit einer Weiterentwicklung in den Griff zu bekommen sind. Ich bin sicher, dass es hierfür Lösungen geben wird. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass Getreide Regelbrennstoff wird. Andernfalls wird die Industrie kein Interesse an der Weiterentwicklung der Verbrennungsanlagen haben. Die Emissionsgrenzwerte spielen eine große Rolle, weil wir die Vorteile der nachwachsenden Rohstoffe für den Klimaschutz nicht mit Emissio
Ich habe bereits darauf hingewiesen: Diese Probleme werden gelöst. Davon bin ich fest überzeugt. Je mehr wir unsere Energieversorgung auf heimische Ressourcen stützen, umso mehr werden wir an Wertschöpfung im Land generieren können. Dazu gehören auch zusätzliche Einkommens- und Beschäftigungsmöglichkeiten für die Landwirtschaft. Auch deshalb wollen wir nachwachsende Rohstoffe voranbringen.
Das theoretisch nutzbare Biomasseaufkommen in Schleswig-Holstein beträgt etwa 13 % des gesamten Energieverbrauchs. Derzeit werden nur 1 % des Verbrauchs mittels Biomasse erzeugt. Hier besteht noch ein erhebliches Potenzial, das wir unbedingt nutzen sollten.
Angesichts der Preisentwicklung für Heizöl können wir uns Verzögerungen bei der Umsetzung alternativer Energien kaum noch leisten.
Die Weiterentwicklung der Technik wird Alternativen noch wirtschaftlicher machen und dann erst recht die Nutzung als Weg in die Zukunft aufzeigen.
Die Getreideverbrennung ist ein Teilaspekt, den wir in unsere Überlegungen einbeziehen. Wir wollen nachwachsende Rohstoffe voranbringen. Wir werden im Weg stehende Hindernisse beiseite räumen müssen, wenn wir die Energieversorgung auch künftig sicherstellen wollen.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Claus Ehlers und erteile für die SPD-Fraktion dem Herrn Abgeordneten Dr. Henning Höppner das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Thema des vorliegenden Antrags „Thermische Verwertung von Getreide“ wird im allgemeinen Sprachgebrauch häufig verkürzt auf den Begriff „Heizen mit Weizen“. Dieses Thema ist zurzeit auf vielen politischen Ebenen hoch aktuell und wird auf allen Ebenen diskutiert. Es gibt auch einen Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Bundestag, der sich nahezu wortgleich mit unserem Antrag deckt.
Wir betrachten dieses Thema unter sehr unterschiedlichen Aspekten. Einerseits bestehen gegen die energetische Nutzung von Getreide ethische Bedenken. Uns allen ist das Gebet „Unser täglich Brot gibt uns heute“ und ist die Zielsetzung der Initiative „Brot für die Welt“ sicherlich sehr fest im Gedächtnis. Daher hat es sich unsere Fraktion mit der Formulierung des Antrags nicht leicht gemacht. Ich habe hohen Respekt für die kritische Haltung von vielen Menschen gegenüber der thermischen Verwertung von Getreide. Letztlich überzeugen mich aber die Argumente für diese Nutzungsform, die auch von den Kirchen mitgetragen werden, wie die gemeinsame Stellungnahme des Ausschusses für den Dienst auf dem Lande in der EKG, der Evangelischen Kirche Deutschlands, der Katholischen Landbewegung und des Deutschen Bauernverbandes vom 9. Februar dieses Jahres belegt.
Wir haben bewusst im Antrag nur die thermische Verwertung von Getreide niedergelegt, das weder als Brotgetreide noch für die menschliche Ernährung geeignet ist. Dabei sind wir uns des Spannungsfeldes zwischen Ethik und nachhaltiger Wirtschaftlichkeit bewusst, das nicht nur bei Getreide besteht, sondern zum Beispiel auch bei der energetischen Nutzung von Rapsöl oder Futtermais. Ich erinnere daran, wie wenig man sich über diese Dinge Gedanken macht, wenn man zum Beispiel Alkohol oder Methanol in Motoren verbrennt. Auch das sind im Wesentlichen ähnliche Vorgänge. Oder denken Sie daran, dass die Zeitschrift „AutoBild“ viele Jahre lang testete, wie man mit Pflanzenöl von Aldi billiger über die Kilometer kommt als mit Diesel-Treibstoff.
Wir wollen mit unserem Antrag den Weg frei machen für eine wirtschaftliche Nutzung von Getreide, das ohnehin nicht direkt oder indirekt für die menschliche Ernährung geeignet ist. Die Landwirte nicht nur in Schleswig-Holstein stehen vor dem Problem, dass Getreide-Margen wirtschaftlich nicht auf den üblichen Wegen vermarktbar sind, jedoch über die thermische Nutzung zusätzliche Einkommen im ländlichen Raum schaffen können. Diesen Weg wollen wir öffnen. Unser Antrag wird daher im Ergebnis die Aufnahme von Getreide als Regelbrennstoff in die 1. Bundesimmissionsschutz-Verordnung erreichen. Das ist auch Ziel des Antrages der Grünen im Bundestag.
Hier besteht noch Klärungsbedarf im Hinblick auf die verursachten Emissionswerte bei der Verbrennung von Getreide in Anlagen unter 100 kW. Bis diese Fragen geklärt sind - hier hoffe ich auch auf den schnellen technischen Fortschritt und setze auf die Industrie -, sollen daher nach dem zweiten Teil
Bei allem Respekt auch für die positiven Folgen bei der thermischen Verwertung von Getreide für die Energieerzeugung und damit für den Klimaschutz dürfen wir unsere Augen nicht vor den Folgen dieser Form von Biomassenutzung verschließen. Bei verstärkter Nachfrage nach für die Verbrennung geeignetem Getreide wird der Anbau bei uns, aber auch in der Dritten Welt gesteigert werden. Dies kann negative Auswirkungen auf die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln bei Monokulturen haben, aber auch bei der Abholzung von Wäldern in der Dritten Welt. Wir haben daher in unseren gemeinsamen Antrag bewusst die Einschränkung auf heimisches Getreide als Appell formuliert, wobei, lieber Claus Ehlers, ich „heimisch“ durchaus im Rahmen der Europäischen Union verstehe.
Meine Damen und Herren, mit unserem Antrag können wir bei allem Respekt vor der ethischen Diskussion, die bei diesem Thema mitschwingt, drei Ziele erreichen: Erstens helfen wir den Landwirten in Schleswig-Holstein in schwieriger wirtschaftlicher Situation und öffnen eine neue Einkommensmöglichkeit, zweitens leisten wir einen kleineren Beitrag zur Klima schonenden und von internationalen Märkten unabhängigen Energieerzeugung, drittens geben wir ein klares Signal an die Industrie und stoßen den technischen Fortschritt bei der Entwicklung von umweltgerechten Kleinfeuerungsanlagen an.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Dr. Henning Höppner und erteile das Wort für die FDP-Fraktion dem Herrn Abgeordneten Günther Hildebrand.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die verstärkte energetische Nutzung von Biomasse im Rahmen eines nachhaltigen Energiekonzeptes ist bereits seit langem ein besonderes Anliegen nicht nur der Landwirtschaft, sondern auch der Verbraucherinnen und Verbraucher. Gerade in Zeiten stetig
steigender Kosten für fossile Energieträger wächst das Interesse an Alternativen und die Suche nach erneuerbaren Energiequellen wird intensiver und sie wird in einem parteiübergreifenden Konsens auch grundsätzlich politisch unterstützt.
Biodiesel oder Getreidestärke als Rohstoff für die chemische und Kunststoff produzierende Industrie sind dabei in der Produktpalette der nachwachsenden Rohstoffe bereits feste Größen. Die thermische Verwertung von Getreide steckt dagegen aus vielfältigen Gründen noch in den Kinderschuhen. Für die FDP-Fraktion begrüße ich es deshalb ausdrücklich, dass sich nunmehr auch die Fraktionen von CDU und SPD daran beteiligen möchten, der thermischen Verwertung von Getreide auf den Weg zu helfen.
Nur, der Antrag, den Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, heute hier stellen, ist in wesentlichen Teilen schon gestellt. Es liegt nicht nur der Antrag der Grünen im Bundestag vor, bereits im letzten Frühjahr hat Hessen eine Bundesratsinitiative zur Änderung der 1. Bundesimmissionsschutz-Verordnung eingeleitet, um Getreide als Regelbrennstoff festzuschreiben. Das ist die Drucksache 169/05 vom 10. März 2005. Sie wurde bislang nur deshalb zurückgestellt, weil zunächst in einem groß angelegten Forschungsvorhaben die erforderlichen umfangreichen Messungen durchgeführt werden müssen, auf deren Grundlage dann die maßgeblichen Grenzwerte festgelegt werden können. Soweit mir bekannt ist, soll die Auswertung bereits am nächsten Donnerstag bekannt gegeben werden. CDU und SPD sind folglich ein bisschen spät dran. Gleichwohl sollte Schleswig-Holstein die Initiative Hessens weiterhin positiv begleiten.