Es ergibt sich ein dringender Handlungszwang für die Reform der Sozialsysteme, für die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, für die Erhöhung der Erwerbsquote der Frauen, für die Verbesserung der Kinderbetreuung und nicht zuletzt für das Angebot nach seniorengerechtem Wohnraum.
Ich danke der Landesregierung für den vorgelegten Bericht. Er zeigt auf, wo wir als Land SchleswigHolstein bereits sehr gut aufgestellt sind, wo dringender Handlungsbedarf herrscht und wo wir von anderen Bundesländern lernen können.
Es gibt eine deutliche Entwicklung von der Großfamilie hin zur Kernfamilie beziehungsweise vom Dreigenerationenhaushalt zum Zwei- und manchmal auch Eingenerationenhaushalt. Knapp 35 % aller Haushalte sind Eingenerationenhaushalte. Dieser Prozentsatz wird weiter steigen, zunächst in den Städten und im Hamburger Randgebiet, mit leichter zeitlicher Verzögerung allerdings auch im ländlichen Raum.
Der vorliegende Bericht macht deutlich, dass als Alternative zu den konventionellen Altenpflegeheimen die Wohn- und Hausgemeinschaften an Bedeutung gewinnen werden. Ich halte die Aussage für wichtig, dass die Landesregierung Initiativen zur Gründung und Schaffung dieser Wohn- und Betreuungsformen ganz konkret unterstützt. Das ist ein Punkt, den wir im Sozialausschuss vertiefen wollen: Wie ist die Inanspruchnahme? Wie konkret sieht die Hilfe und Unterstützung aus?
In diesem Zusammenhang kommt der Wohn- und Serviceberatung eine besondere Bedeutung zu. Wir müssen gemeinsam darauf achten, dass solche Beratungsangebote wohnortnah vorhanden sind. Wir müssen Träger motivieren, diese Beratungsleistung in ihrem bisherigen Beratungsangebot mit vorzuhalten.
Wir verzeichnen eine immer stärkere Nachfrage nach generationenübergreifenden Wohnformen. Es gibt gerade in der älteren Generation eine Sehnsucht, den Lebensmittelpunkt dort zu haben, wo auch junge Familien mit Kindern leben. Und selbstverständlich hat die Landesregierung mit ihren mahnenden Worten im Bereicht Recht, dass solche Wohnformen auf Dauer angelegt sein müssen.
Eine der stärksten Nachfragen im Lande erleben wir nach Einrichtungen, die Wohnen mit Service bieten. Die älteren Menschen haben gerade dort die Möglichkeit, in den eigenen, abgeschlossenen vier Wänden leben zu können. Sie wollen in dem Umfang pflegerische Hilfen, Essenversorgung, hauswirtschaftliche Dienste und Krankenpflege einkaufen können, wie der tatsächliche Bedarf ist. Die Nachfrage nach persönlicher Assistenz schwankt von Tag zu Tag. Machen wir uns überhaupt nichts vor: Wir sind in der Frage der Bereitstellung und der Abrechnung persönlicher Hilfen noch nicht flexibel genug.
Die Wahrung der Privatsphäre gehört zu den vordringlichsten Wünschen, die ältere Menschen formulieren, wenn es darum geht, einen neuen, altengerechten Wohnraum zu finden. Genau daran werden sich alle Einrichtungen messen lassen müssen.
Privatsphäre wird ein zentraler Qualitätsmaßstab sein. Der Erhalt der Privatsphäre auch, wenn die Pflegebedürftigkeit eintritt, hat ganz konkret etwas mit dem Begriff menschenwürdige Pflege zu tun.
Ich freue mich, dass bereits in diesem Bericht sehr klare Aussagen zur Einrichtung von Mehrgenerationenhäusern gemacht werden. Die ersten Kreistage und Ratsversammlungen haben bereits entsprechende Aufträge an die Verwaltung formuliert, Konzepte zu erarbeiten, wie diese Häuser der Begegnung auf die jeweiligen Bedürfnisse vor Ort ausgerichtet werden sollten.
Ich unterstreiche ausdrücklich die Aussagen der Landesregierung zu den unabhängigen Pflegeberatungsstellen. Sie sind nicht nur für die älter werdende Gesellschaft notwendig, sondern die Pflegeberatungsstellen leisten mittelfristig auch einen konkreten Beitrag, um Kosten vor Ort einzusparen.
Abschließend kann ich nur noch ein paar Stichpunkte nennen: Wir reden nicht nur über Wohnraum für ältere Menschen - übrigens möglichst zentral und nicht irgendwo am Rande der Stadt -, sondern auch über die Barrierefreiheit, über die ärztliche Versorgung, über lebenslanges Lernen, über Kulturangebote und auch über Sportvereine, die sich noch stärker mit Angeboten an die ältere Generation wenden müssen.
Dieser Bericht ist eine gute Grundlage für eine weitere Beratung im Ausschuss und für weitere Initiativen hier im Schleswig-Holsteinischen Landtag.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich der Landesregierung und insbesondere dem Innenministerium und dem Sozialministerium als den federführenden Ministerien für den hervorragenden Bericht recht herzlich danken.
Mit ihrem Berichtsantrag „Wohnen im Alter“ haben die Koalitionsfraktionen den Blick auf einen Aspekt der Politik für ältere Menschen geschärft, der in seiner Komplexität weit über die Betrachtung traditioneller Formen altengerechten Wohnens hinausgeht. Die Frau Ministerin und auch Herr Geerdts haben hier bereits darauf hingewiesen, dass uns dieser Bericht eine Vielzahl an Daten und Fakten für unsere weitere Diskussion bietet und auch aufzeigt, welche Einrichtungen wir in SchleswigHolstein bereits haben und wo es vielleicht noch an diesen mangelt.
2004 hatte die rot-grüne Landesregierung in ihrer Antwort auf die Große Anfrage der SPD zum Thema „Älter werden in Schleswig-Holstein“ die Ausrichtung ihrer Politik so formuliert - ich zitiere -:
„Die Politik für ältere Menschen ist auf drei Ziele ausgerichtet: auf die Schaffung und Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen für eine möglichst selbstständige und selbstbestimmte Lebensführung im Alter, auf die Verbesserung der Möglichkeiten der politischen und gesellschaftlichen Teilhabe älterer Menschen und auf die Weiterentwicklung von Diensten und Dienstleistungen der Hilfen für ältere Menschen.“
Der demographische Wandel stellt in vielen Bereichen die politisch Handelnden vor neue Aufgaben. Hierzu gehören auch die Herausforderungen, die sich aus der Anpassung der Infrastruktur und der Wohn- und Lebensräume auf eine älter werdende Bevölkerung ergeben.
Es ist im Rahmen dieser Debatte nicht möglich, auf alle Teilaspekte des Berichts einzugehen. Von entscheidender Bedeutung ist aber, dass nach den vorliegenden Prognosen die Bevölkerungszahl in Schleswig-Holstein bis 2010 weiter ansteigen und
erst dann wieder absinken wird, bis im Jahr 2020 wieder so viele Menschen in unserem Land leben werden wie heute.
Trotz annähernd gleicher Einwohnerzahl wird es 2020 aber fast 75.000 Haushalte mehr geben. Und diese Haushalte werden tendenziell älter und kleiner. Auch wenn es regional bemerkenswert unterschiedliche Entwicklungen geben wird, werden die Städte nur dann gute Zukunftschancen für die Stärkung der Wohnfunktion für die Älteren haben, wenn es gelingt, attraktive und infrastrukturell gut ausgerüstete Wohnquartiere anzubieten.
Im uns vorliegenden Bericht wird vor allem im Hinblick auf die eingeschränkte Mobilität vieler älterer Menschen auf die zu erwartenden Probleme der Versorgung im ländlichen Raum verwiesen. Ich zitiere den Bericht:
„Adäquate Ausstattungen mit Infrastruktur und Versorgungseinrichtungen lassen sich hier aber im Hinblick auf die nicht gegebene Tragfähigkeit von Einrichtungen auf Dauer kaum entwickeln.“
Positive Ansätze, die ja durchaus vorhanden sind, entstanden im Übrigen häufig aus LSEn, müssen weiterentwickelt werden. Dies betrifft aber auch Wohnquartiere in Stadtrandlagen und ist ein Problem für ältere Menschen und junge Familien gleichermaßen.
Wie schon in unserer ersten Debatte vermutet, besteht hinsichtlich des Wohnraumangebotes sowohl im Bereich der Mietwohnungsbestände als auch bei einem Großteil der selbst genutzten Eigenheime ein hoher Modernisierungs- und Anpassungsbedarf an die Wohnbedürfnisse älterer Menschen. Die Ankündigung der Landesregierung, die Erfordernisse der individuellen Wohnraumanpassung durch Beratungsangebote aufgreifen zu wollen, nehmen wir mit großer Freude zur Kenntnis.
Schon in unserer letzten Debatte wies ich darauf hin, dass die durch den demographischen Wandel bedingten Handlungserfordernisse der Einbeziehung vieler Akteure bedürfen. Deshalb ist es nur zu begrüßen, dass die Landesregierung ankündigt hat, Kommunen bei der Förderung integrierter Stadtentwicklungs- und Wohnraumversorgungskonzepte zu unterstützen. Hinzu kommen landesplanerische Rahmensetzungen und beratende Unterstützung von interkommunalen Kooperationsansätzen im
Dass wir nicht bei null beginnen müssen, zeigt die Aufzählung gelungener Projekte geförderter Maßnahmen in Sanierungsgebieten unserer Städte. Optimal ist dabei die Kombination wohnungswirtschaftlicher Einzelmaßnahmen, wie zum Beispiel der Einbau von Aufzügen mit auf das Quartier bezogenen Verbesserungen der sozialen Infrastruktur.
Verstärkte Nachfrage älterer Menschen besteht nach sozialen Gruppenwohnprojekten. Wer in seiner Jugend WG-Erfahrungen gemacht hat,
Ein enges nachbarschaftliches Miteinander, gegenseitige Hilfe und Unterstützung, gemeinsames Nutzen von Einrichtungen und nicht zuletzt die Flucht vor Einsamkeit - das alles sind Gründe, die immer mehr ältere Menschen dazu bewegen, für sich Alternativen zu traditionellen Wohnformen zu suchen.
Denn die Verwirklichung solcher Projekte darf nicht gut situierten älteren Menschen vorbehalten bleiben. Deshalb begrüßen wir es, dass bereits im Jahre 2004 eine genossenschaftliche Förderrichtlinie entwickelt wurde, um diese Wohnform auch für die Zielgruppe der sozialen Wohnraumförderung zugänglich zu machen.
Ich denke, die Diskussion hat uns heute gezeigt, dass wir im Fachausschuss noch viele Aspekte zu beraten haben. - Ich danke Ihnen für Ihre Nachsicht und Ihre Aufmerksamkeit.