für den ich meinen Mitarbeitern herzlich danke, finden Sie die aktuelle Prognose der Kultusministerkonferenz zur Entwicklung der Studienanfänger, Zahl der Studierenden und Hochschulabsolventen bis 2020. Ich begrüße die Gestaltung der Studie, weil man nach den Erfahrungen der letzten Jahre gelegentlich veranlasst war zu sagen: Das, was offenbar am wenigsten prognostiziert werden kann, sind Entwicklungen über Schülerzahlen, Schülerabgangszahlen und entsprechende Hochschulzahlen. Niemand kann allerdings auch bestimmte Rahmenbedingungen vorhersehen. Ich glaube, es gibt hier eine verlässliche Grundlage, die jetzt von der Kultusministerkonferenz vorgelegt worden ist.
Daraus können wir entnehmen, dass in SchleswigHolstein der Bedarf an Studienplätzen zunehmen wird. Das zeigt auch der Bericht. Wir haben die Herausforderungen angenommen. Wir haben eine Reihe von Maßnahmen getroffen, um der erhöhten Studienplatznachfrage ein adäquates Angebot gegenüberzustellen.
Erstens. Um mehr Studienplätze zu schaffen, werden wir das Lehrdeputat für den universitären Bereich auf generell neun Stunden erhöhen. Das ist noch nicht bei allen Universitäten erreicht. Dazu wird es im Anschluss an das Inkrafttreten des künftigen Hochschulgesetzes eine Änderung der Lehrverpflichtungsverordnung geben.
Zweitens. Wir wollen die Lehrverpflichtung flexibilisieren. Das bedeutet, Professorinnen und Professoren können sich einem Schwerpunkt - entweder Forschung oder Lehre - mit einer reduzierten oder erhöhten Lehrverpflichtung widmen.
Drittens. Wir wollen in dem neuen Hochschulgesetz Professorinnen und Professoren auf Antrag bis zum 68. Lebensjahr beschäftigen. Ich habe in den letzten Monaten eine Reihe von Entpflichtungen von Professoren unterschrieben, bei denen ich mich oftmals gefragt habe: Warum kann der oder die nicht länger arbeiten? Sie wären dazu in der Lage und es wäre sicher auch ein Gewinn für das Land.
Viertens. Die wissenschaftlichen Mitarbeiter sollen entsprechend dem Entwurf des neuen Hochschulgesetzes künftig in erweitertem Umfang auch für Aufgaben der Lehre eingesetzt werden können. Das heißt, wir werden auf diesem Weg ein neues Angebot schaffen. Weitere Maßnahmen prüfen wir zurzeit. Zum Beispiel müssen wir Studienangebote konzentrieren, um Doppelangebote zu vermeiden
und klare, attraktive Profile zu schaffen. Deshalb soll das Studium für die Vorbereitung als Realschullehrer in Flensburg konzentriert werden. Das Angebot an freien Realschullehrerstellen wird künftig deutlich niedriger als die Zahl der Absolventen sein.
Ich glaube, in dem Zusammenhang ist es wichtig, dass wir bei der Betrachtung der künftigen Zahlen immer wieder darüber nachdenken, ob wir nicht eine größere Chance haben, das Bildungs- und Studiensystem auf der einen Seite mit dem Beschäftigungssystem auf der anderen Seite stärker miteinander in Einklang zu bringen. Das bedeutet, dass wir in absehbarer Zeit Pädagogen, in welchem Bereich auch immer, nicht auf Halde ausbilden, wenn wir schon heute wissen, dass wir sie nicht brauchen werden.
Ich begrüße deshalb, dass durch das Bachelor- und Mastersystem mehr Flexibilität kommen wird. Das bedeutet, dass dem Beginn eines Studiums nicht zwangsläufig der entsprechende Abschluss gerade in diesem Bereich folgen muss.
An der Christian-Albrechts-Universität wollen wir die Möglichkeit eröffnen, neue Angebote in anderen attraktiven Feldern zu eröffnen, insbesondere im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich. Außerdem wollen wir eine bessere Auslastung der Studienkapazität erreichen, die Auslastung der vorhanden Raumkapazitäten verbessern und verstärkt mit der Wirtschaft über Stiftungsprofessuren diskutieren. Vergessen wir nicht, dass es sich voraussichtlich nur mittelfristig um einen anhaltenden Nachfrageüberschuss an Studienplätzen handelt, der seinen Höhepunkt findet, wenn wir im Jahr 2016 auf die achtjährige Gymnasialzeit umstellen. Deswegen werden wir an den Hochschulen darauf achten müssen, dass die zusätzlichen Personalkapazitäten in Teilen zeitlich befristet sind.
Im Übrigen gehe ich davon aus, dass der Bund und die Länder in diesem Bereich zusammenarbeiten, dass wir in dem Hochschulpakt, der von Frau Schavan angestrebt wird und der jetzt hoffentlich endlich konkrete Gestalt erhält, eine Möglichkeit schaffen, auch im räumlichen Bereich und im sonstigen Bereich zusätzliche Mittel in den Landeshaushalt einzustellen, und zwar im Interesse der nachwachsenden Generation.
Ich eröffne die Aussprache. Die Redezeit der Fraktionen beträgt gut sechs Minuten. Das Wort hat Frau Kollegin Angelika Birk.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Weber ist aufgewacht. Es geht um Ihr Thema: Studienplatzprognose des Wissenschaftsministers.
Herr Austermann ich muss Ihnen sagen: Auch wenn ich heute sehr kritische Töne in Ihrer Rede hörte, so ist Ihr Bericht doch eine unrealistische Schönfärberei. Schon jetzt melden alle Hochschulen in Schleswig-Holstein - ich habe ein bisschen herumtelefoniert - einen Zuwachs an Bewerbungen von 20 bis 30 %. Der Wissenschaftsminister geht gerade jetzt davon aus, dass dieser Andrang vor allem auf die Studiengebühren zurückzuführen ist, die in anderen Bundesländern erhoben werden. Wir wollten wissen, ob das so ist und wie sich der zukünftige Studienplatzbedarf entwickelt.
Auf unseren Antrag hin legt die Landesregierung heute den Bericht vor. Er kommt zu dem Schluss, dass in den nächsten Jahren bis 2008 kein Problem beim Angebot auftritt. Für die Zeit danach verspricht die Regierung, die Auswirkungen der Schulzeitverkürzung durch befristete Personalerhöhung und vorgezogene Berufungen sowie durch die gerade andiskutierten Maßnahmen aufzufangen. Doch diese Prognose ist völlig unrealistisch, sowohl in den Plandaten als auch in den Hochrechnungen.
Erstens. Die Berechnung geht davon aus, dass es zukünftig keine höhere allgemeine Studierneigung gibt und dass alle initiierten Programme zu mehr Bildungsbeteiligung keine Auswirkungen haben. Die 10.000 Plätze, die schon jetzt fehlen, sind in die Studie gar nicht eingerechnet.
Zweitens. Die Studie geht davon aus, dass wie bisher nur 85 % eines Abiturjahrgangs studieren wollen.
Drittens. Die Studie geht davon aus, dass nur 50 % der Landeskinder einen Studienplatz in SchleswigHolstein suchen.
Viertens. Die Studie geht davon aus, dass das Interesse auswärtiger Studierender an Schleswig-Holstein eher gering bleibt.
Fünftens. Selbst wenn man diese völlig unrealistischen Voraussetzungen akzeptiert, kommt die Studie zu dem Schluss, dass im Jahr 2016 fast doppelt so viele Abiturientinnen und Abiturienten, nämlich fast 18.000 statt jetzt 9.000, hier um einen Platz nachfragen. Diesem Zuwachs meinen Sie, Herr Austermann, mit sage und schreibe 4.500 zusätzlichen Studienplätzen genügend Rechnung tragen zu können. Die Mehrbelastung, die im Aufwand der Lehre durch Bachelor und Master zustande kommt und
Besonders absurd für ein Prognoseszenario ist die Annahme, dass sich die Zahl der zukünftigen Studienplätze am jetzigen Personalvolumen der Hochschullehre orientieren muss. Das ist auf Seite 4 nachzulesen. Ist es nicht unglaublich, dass an der einen Seite des Schreibtisches die Bildungspolitiker in der Schulpolitik deutliche Ermahnungen der OECD hinnehmen, der niedrige Bildungsstand sei gefährlich - Sie selbst haben gerade die Zahlen angeführt, Herr Austermann -, während Sie auf der anderen Seite als Wissenschaftsminister locker davon ausgehen, dass Sie nur wenig tun müssen und dass im Übrigen der Bundeshochschulpakt es schon richten wird? Ich finde, das ist ein bildungspolitisches Armutszeugnis.
Glücklicherweise orientiert sich die junge Generation nicht an Ihnen, Herr Austermann. Schon jetzt nimmt die Zahl der Abiturienten zu, wenn es auch noch nicht genug sind.
Ich nenne ein paar Zahlen. Nur 5,3 % des Bruttoinlandsprodukts geht in Deutschland in die Bildung. In den USA sind es immerhin 7,5 %. Der OECDDurchschnitt beträgt 5,9 %.
Vergleichen wir uns einmal mit China! In den letzten zehn Jahren hat China die Anzahl seiner Akademiker verdoppelt. In Deutschland haben wir eine schlappe Erhöhung von 8 % gehabt. Die OECDStaaten haben ihre Bildungsausgaben im Schnitt um 46 % erhöht, während die Erhöhung in Deutschland nach der Studie in diesem Zeitraum nur 14 % betrug. Bei dieser Dynamik können wir uns also abmelden.
Aber selbst wenn es so viele Studienplätze wie Bewerbungen gäbe, so wäre damit keineswegs die Nachfrage zu befriedigen. Sie sprachen es ja gerade an: Wir haben das Problem, dass in den Ingenieurwissenschaften viele Leute an unseren Fachhochschulen wegen des Numerus clausus abgelehnt werden, obwohl diese Leute volkswirtschaftlich gebraucht werden und unsere Wirtschaft voranbringen würden.
Herr Austermann, Sie sind ja auch Wirtschaftsminister. Da müssen Sie doch einmal weiterdenken. Es muss in diesen Bereichen doch so sein, dass die Studienplätze eher zahlreicher sind als die Zahl der Abiturienten und Abiturientinnen. Es ist klar, dass die Abiturienten dann in die Geisteswissenschaften abwandern, wo sie aber nicht gebraucht werden.
zu und durch!“ gehandelt. Die Anzahl der angenommenen Bewerbungen orientiert sich im Wesentlichen am jetzigen Personalbestand. Aber so kommen wir nicht weiter. Wenn alle Wissenschaftsminister so handeln - und das tun sie nach der Föderalismusreform ja; da guckt jeder nur in sein eigenes Bundesland -, dann kann man den heutigen Schülerinnen und Schülern nur raten: Stellt euch darauf ein, dass die Hälfte von euch später im Ausland studieren muss.
So darf es nicht sein. Wir Grünen fordern bundesweit einen Hochschulplan und eine nationale Anstrengung, die weit über das hinausgeht, was man bisher in den Zeitungen über die Erhebungen von Frau Schavan liest.
Herr Austermann, Ihre Vorschläge, wie man mit der Überlast umgehen kann, sind durchaus diskussionswürdig. Sie haben sogar einiges von uns aufgegriffen, zum Beispiel den Gedanken von der Flexibilität in der Lehre, das heißt, dass es auch Lehrprofessuren geben muss. Wir akzeptieren allerdings Ihren Bericht nicht. Denn er hat noch nicht einmal das Problem erfasst, für das er eine Lösung finden soll.
Frau Birk, Sie haben es wirklich geschafft, den Bericht auszublenden und nicht als das zu erkennen, was er ist.
Entschuldigung! - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebes Restpublikum! Sie haben es also wirklich geschafft, hier ein gründliches Missverständnis aufzubauen. Was Sie vorliegen haben, ist kein politisches Programm, sondern ein statistischer Bericht.
Sie sehen hier zum Beispiel Herrn Dr. Garg. Er kommt nicht aus meiner Partei. Er ist Volkswirt. Die ganze Volkswirtschaft würde es nicht geben, wenn wir keine Annahmen machen könnten. Dann hätte er seinen Doktortitel vielleicht in einem anderen Fach erworben. Aber auch in den Geisteswis
Meine Damen und Herren, der Bericht ist eine solide Arbeit, er zeigt auf, was sich bei bestimmten Annahmen entwickeln wird. Diese Annahmen müssen sein, sonst können wir zu keinen Prognosen kommen. Wenn Sie eine Excel-Tabelle bedienen können, können Sie Ihre eigenen Annahmen einpflegen. Das hätte die Diskussion hier erspart.
Im Grunde können wir es kurz machen. Wir wissen mit diesem Bericht das, was viele Experten schon lange vermutet haben, dass wir nämlich mehr Studienplätze brauchen.
Diese Studienplätze brauchen wir schon im nächsten Jahr und Anfang des Semesters. Die Universitäten sind auch gut davor. Ich habe zwar nicht herumtelefoniert wie Sie, aber ich lese Zeitung und habe deshalb einen ähnlichen Informationsstand. Sie können es ruhig glauben, meine Fraktionskollegen glauben es auch.