- Ich lese auch während der Sitzung Zeitung. - Aber im Ernst, der Bericht ist eine gute Grundlage dafür zu wissen, was uns erwartet, aber er entbindet uns nicht von der politischen Diskussion um Lösungen. Natürlich ist es richtig, dass die Diskussion und Entscheidung über Studiengebühren in anderen Bundesländern schon jetzt Einfluss auf unsere Studierendenzahl haben. Das entbindet uns trotzdem nicht von der Pflicht, darüber zu diskutieren. Man kann vortrefflich darüber streiten, in welche Richtung die Entwicklung in den nächsten Jahren gehen wird.
(Wolfgang Kubicki [FDP]: Ab Montag wird es auch in Mecklenburg-Vorpommern Stu- diengebühren geben! - Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau, schlafen Sie weiter!)
- Das hat nichts mit Schlafen zu tun! Wir haben den Bericht. Ich finde es unfair gegenüber den Mitarbeitern des Ministeriums, sich hier so aufzuspielen, als wäre man selber der Statistikgott. Das sind Sie nicht, das haben Sie schon bewiesen.
Insofern sage ich: Die politischen Diskussionen müssen weiter geführt werden. Der Minister hat seine Auffassung dargestellt. Sicherlich sind Maßnahmen wie die Erhöhung des Lehrdeputats Schritte in die richtige Richtung. Auch andere Maßnahmen, wie wir sie im Kontext des Hochschulgesetzes diskutieren müssen, der Abbau von Doppelstrukturen, gehören dazu. An all diesen Diskussionen kommen wir nicht vorbei.
Insofern bietet der Bericht eine gute Grundlage, aber wir müssen weiter diskutieren. Ihre Kritik an dem Bericht ist nicht gerechtfertigt. Sie sollten mit uns lieber über die Probleme diskutieren und eigene Lösungsansätze vorstellen.
(Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Haben Sie ein einziges Argument von mir entkräftet? Sie sind gar nicht darauf ein- gegangen!)
Herr Kollege Herbst, das Präsidium ist sich nicht schlüssig, ob das ein parlamentarischer Ausdruck war. Ich bitte, das nächste Mal anders zu formulieren.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine Sekunde war ich ratlos, ob jetzt noch ein ernsthafter Beitrag von mir erwartet wird.
Wir werden die Fragen im Ausschuss vertiefend beraten müssen, weil uns der Bericht als solches im Wesentlichen sagt, dass wir in den nächsten Jahren
Die Zahlen sind nur begrenzt prognosefähig, weil sie von Variablen abhängen wie beispielsweise der Abiturientenquote, der Quote der Bereitschaft zu studieren, Fragen der Mobilität: Wer will in andere Bundesländer, wer will hier studieren, wer will ins Ausland? Alle diese Fragen sind Variablen, die man nicht 1:1 prognostizieren kann, aber die Handreichung ist trotzdem wesentlich.
Der Kern ist die Frage, welche Konsequenzen wir daraus ziehen, wie wir uns auf die steigenden Zahlen vorbereiten. Dazu enthält der Bericht eine ganze Reihe von Spiegelstrichen. Der Minister hat einige davon vorgetragen. Dem kann ich mich weitgehend anschließen. Ich will das nicht alles wiederholen, sondern nur ein paar Punkte anders gewichten und ergänzen.
Herr Minister, Sie haben den OECD-Bericht völlig zu Recht angesprochen. Bei der Frage, wie wir künftig zu mehr Abschlüssen kommen, müssen wir natürlich auch die Frage diskutieren, wie wir unsere Hochschulen auch unter sozialen Gesichtspunkten so offenhalten, dass wir zu diesen Zielen kommen.
Das erfordert unserer Auffassung nach, dass wir bei der Frage der Weiterentwicklung des BAföG Ergebnisse sehen müssen in den nächsten Jahren, dass wir eine BAföG-Anpassung brauchen und dass wir - dass wir da eine andere Auffassung haben, ist ja nicht sensationell neu - den Zugang zu Hochschulen von Studiengebühren freihalten müssen.
Sie sind auf den Bereich Naturwissenschaften, Ingenieurwissenschaften zu sprechen gekommen. Es ist natürlich richtig, dass wir dort international erheblichen Nachholbedarf haben. Nichtsdestotrotz muss sich gerade eine Gesellschaft wie die bundesdeutsche darum kümmern, dass der ganze Bereich von Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften künftig nicht uneingeschränkt in Kapazitäten in anderen Bereichen umgewidmet wird,
sondern dass wir ein Stück Kultur-, Sozial- und Gesellschaftswissenschaft hochhalten müssen als einen wesentlichen Bestandteil der Weiterentwicklung unserer Gesellschaft.
Ich möchte zwei weitere Stichworte kurz anticken. Bei Studiengängen, die man schnell absolvieren kann, die praxisnah sind, müssen wir über die Frage nachdenken, ob die Relation von Studienplätzen an Universitäten und Fachhochschulen auf Dauer so bleiben kann oder ob wir eine Verstärkung des Fachhochschulbereichs ins Auge fassen müssen.
Wir werden ja über die Frage reden, wie das Geld verteilt wird, das Frau Schavan in Aussicht gestellt hat. Ein klassisches Hochschulsonderprogramm, wie wir es früher machen konnten, können wir aufgrund der Ergebnisse der Föderalismuskommission jetzt nicht mehr auflegen. Also werden wir zu anderen Vereinbarungen kommen, denen alle Länder zustimmen müssen.
Kollege Klug hat in der Sommerpause in einer Pressemitteilung dankenswerterweise auf dieses Thema hingewiesen. Wir haben in einer ganzen Reihe von Bundesländern eine sehr starke Entwicklung, die eine neue schulabgängerorientierte Hochschulfinanzierung wollen. Das kann für ein Studierendenexportland wie Schleswig-Holstein, das wir immer waren und auch bleiben werden, dramatische Konsequenzen haben, wenn wir uns in dieser Frage nicht positionieren.
Ich bitte, das bei den Beratungen mit im Auge zu haben, weil es hier nicht um Peanuts geht, sondern um eine erhebliche Form der Umstrukturierung.
Letzter Punkt: Internationalisierung der Studiengänge und internationale Studien! Das ist ein Punkt, bei dem uns die Föderalismusreform nicht tangiert. Es bleibt nach wie vor eine Aufgabe des Bundes. Je mehr Studiengänge wir für Menschen aus dem Ausland bereithalten, desto mehr ist der Bund hier in der Verantwortung.
Das sind ergänzende Punkte zu denen, die im Bericht aufgelistet sind, genug Stoff für eine ernsthafte, aber deswegen nicht humorlose Diskussion in den Ausschüssen, auf die ich mich freue.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die wesentlichen Zahlen des Berichts sind zum Teil mehrfach genannt worden: Bis 2016 wird sich die Zahl der von schleswig-holsteinischen Schulabgängern erworbenen Hochschulzugangsberechtigungen Abitur und Fachhochschulreife - gegenüber dem jetzigen Stand fast verdoppeln. Das Jahr 2016 ist ein Sonderfall wegen der Verkürzung der gymnasialen Schulzeit, wir haben dann einen doppelten Abgängerjahrgang. Alles in allem ist klar: Daraus wird sich ein enormes Problembündel für die Hochschulen und die Länder ergeben.
Ich muss in diesem Punkt ausnahmsweise einmal Herrn Austermann gegen Frau Birk in Schutz nehmen. Der Bericht stellt zu Recht fest, dass sich bestimmte Fragen wie die Entwicklung der Übergangsquote oder die Entwicklung der Nachfrage nach schleswig-holsteinischen Studienplätzen von Menschen, die ihre Hochschulreife außerhalb von Schleswig-Holstein erwerben, nicht genau einschätzen lässt. Diese Indikatoren lassen sich einfach nicht präzise berechnen. Es gibt also Unsicherheiten und das sagt der Bericht auch.
Meine Damen und Herren, entscheidend ist, dass wir heute bereits in Deutschland an den Universitäten einen akademischen Großküchenbetrieb haben mit Betreuungsrelationen von 1:60, das heißt, auf eine Professorenstelle kommen 60 Studierende. Gute amerikanische Staatsuniversitäten wie die University of California haben Relationen von 1:22, amerikanische Spitzenuniversitäten wie Harvard liegen bei 1:10. Das macht die Ausgangssituation deutlich.
Wenn die Nachfrage noch größer wird, dann wird die Situation irgendwann auf einen Infarkt im Hochschulbereich hinauslaufen. Im Hochschulpakt zwischen Bund und Ländern muss man die Ausstattung der Hochschulen sowie die Lehrkapazität zumindest auf Zeit durch eine ganze Reihe von Maßnahmen deutlich verbessern. Diese werden im Einzelnen im Bericht auch angesprochen. Im Detail sollten wir darüber im Ausschuss diskutieren.
Ergänzend möchte ich aber noch auf einen weiteren Punkt hinweisen, der in dem Bericht der Landesregierung nicht erwähnt wird. Ich halte es für sinnvoll, die Förderung von Studiensemestern im Ausland - zum Beispiel durch entsprechende Stipendien für Lebensunterhalt, eventuelle Studiengebühren an ausländischen Hochschulen, für Sprachkurse und Reisekostenzuschüsse - deutlich zu verbessern. Solche verstärkten Anreize für Auslandssemester oder