Protokoll der Sitzung vom 12.10.2006

Bei den Stadtwerken Norderstedt - das sieht bei anderen ähnlich aus - wurden von den 18 Millionen € 15 Millionen € genehmigt und 3 Millionen € nicht. Diese 3 Millionen € weniger, über die zurzeit noch verhandelt wird, würden bedeuten, dass jeder Kunde etwa 0,82 ct pro Kilowattstunde weniger zahlen müsste. Wenn die Preiserhöhung für das Produkt Strom über 0,82 ct pro Kilowattstunde liegt, dann muss er leider mehr zahlen und dies ist wiederum mehr als seine Ersparnis aus der reduzierten Gebühr für die Netze.

Das sage ich zur Klarstellung, weil Sie immer nur die Oligopole betrachten. Sie müssen auch den kommunalen Versorger betrachten. Schließlich kann sich jeder Händler in Leipzig Strom besorgen und jeder Händler bekommt den gleichen Durchleitungstarif wie alle Kunden der Stadtwerke. Es gibt insofern keine Diskriminierung. Damit muss man endlich einmal aufhören.

(Detlef Matthiessen)

(Beifall bei der CDU)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Ritzek. - Für die Landesregierung erteile ich Herrn Wirtschaftsminister Dietrich Austermann das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Da aus der Netzdebatte eine allgemeine Strompreisdebatte geworden ist, muss ich etwas zur Preisentwicklung in Schleswig-Holstein und zur Preisbildung überhaupt sagen. Die Genehmigung für Strompreise in Schleswig-Holstein durch die Mitarbeiter meines Ministeriums hat in der Erwartung der voraussichtlichen Absenkung der Netznutzungsgebühren dazu geführt, dass die Genehmigung der Strompreise ab dem 1. Januar 2006 eine Größenordnung erreicht hat, die günstiger ist als in anderen Ländern. Wir haben die Absenkung vorweggenommen. Das bedeutet, dass die Stromkunden den Vorteil, den andere erst später haben werden, bereits seit dem 1. Januar genießen. Das ist zwar schwer zu vermitteln, aber ein Faktum.

(Beifall bei der CDU)

Zweitens. Die Tatsache, dass wir stabile Strompreise haben, ist ein Wert an sich. Auch dies ist erstrebenswert.

Drittens. Der eigentliche Preistreiber - ist tut mir Leid, dass wir zu wenig Wettbewerb haben - liegt mit Sicherheit an anderer Stelle und ich darf Ihnen das an konkreten Beispielen vorführen: e.on Hanse hat im Jahre 1998 für eine bestimmte Menge Strom 483,97 € gefordert und erhalten. Im Jahre 2006 und für 2007 werden das 611,60 € sein. Das sind 26,4 % mehr. Von diesen 26,4 % machen 20 % öffentliche Abgaben aus. Das ist die Stromsteuer, das sind die Kosten für die Einspeisung, das ist die Kraftwärmekopplung und das hat auch mit den Stadtwerken zu tun, aber darüber wird nie geredet. Es wird immer gesagt, die Oligopole würden sich dick und mächtig bedienen, aber der Staat kassiert mindestens 40 % und davon geht ein wesentlicher Teil an die erneuerbaren Energien.

Ihre Forderung allerdings, die Leitungen endlich aufzumachen, damit mehr Wind eingespeist wird, wird mit Sicherheit nicht mit einer Absenkung der Strompreise korrespondieren. Dies würde eher zu einer Steigerung führen.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt sage ich etwas zur Kernenergie. Es wurde ja regelrecht erbeten, dass ich etwas zur Kernenergie sage. Es wird schließlich immer gefragt, warum die Preise nicht fielen, obwohl die Kernenergie vorhanden sei. Wenn Sie den Betrag berücksichtigen, den die öffentliche Hand durch Gesetze oder durch Abgaben abschöpft, so stellen Sie fest, dass die e.on Hanse ihren Strompreis per Jahr um 0,8 % erhöht hat. Das ist also weniger als die Inflationsrate. Bei den Stadtwerken Flensburg sind es 0,6 %, in Kiel sind es 0,3 % und in Lübeck 0,0 %. Das heißt, ohne die Einflüsse von draußen wären unsere Stromerzeuger in ihren Preisen stabil geblieben. Das kann einem zu wenig sein, weil es mehr Wettbewerb geben sollte; damit bin ich einverstanden.

Die Frage muss vielmehr so gestellt werden: In welcher Situation wären wir, wenn es die Kernenergie nicht gegeben hätte? - Auf meiner Stromrechnung von den Stadtwerken Itzehoe steht, dass 50 % des Stroms aus dem Kraftwerk Brunsbüttel gespeist würden. Die Stadtwerke weisen es aus, weil sie dazu gesetzlich verpflichtet sind. Wenn es nicht so wäre, dann würden die Stadtwerke Itzehoe wesentlich mehr für den Strom verlangen. So einfach ist das.

Wenn ich jetzt davon ausgehe, dass wir Kraftwerke haben, bei denen die Abschreibung erfolgt ist und die in Zukunft günstigen Strom liefern, dann ist ganz klar, was mir die Stromversorger gesagt haben. Herr Rauscher von Vattenfall hat mir ebenso wie andere gesagt: Wenn wir längere Laufzeiten hätten, dann würden wir Ihnen diesen Vorteil über einen niedrigeren Strompreis weitergeben. Ich bitte darum, hier die Argumentation zu ändern. Da dies erbeten war, musste ich das sagen.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb werden wir unsere Koalitionsvereinbarungen nicht ändern, das ist selbstverständlich. Die Meinungen müssen aber ausgetauscht werden. In manch einem meldet sich der kleine Sozialist, der in jedem von uns steckt. Herr Garg,

(Heiterkeit)

wie können Sie so einen Antrag mit unterschreiben? Wir haben eine klare Rechtslage. Diese besagt, dass e.on Netz von e.on Hanse rechtlich getrennt ist. Da ist der Stromhändler und da ist der Stromlieferant, der das Netz betreibt. Was soll in ordoliberaler Grammatik Entflechtung bedeuten? Was heißt Entflechtung?

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Steht doch eindeu- tig drin!)

(Manfred Ritzek)

Der Begriff Entflechtung erinnert mich an die 70er-Jahre. Da haben einige gesagt, wir sollten bestimmte Dinge wie Versicherungen, Banken und was weiß ich nicht alles zerschlagen. Das verstehe ich unter Entflechtung. Wir haben eine Gesetzeslage, die von Rot-Grün in Berlin verabschiedet wurde. Sie bewirkt seit 2005, dass das Ganze rechtlich getrennt wird. In Deutschland liegen wir zurzeit auf der Basis dessen, was die EU uns vorgegeben hat. Das wurde 1:1 umgesetzt. Damals hat auch die Mehrheit der Union im Bundesrat dem zugestimmt. Gleiches galt für FDP und SPD in Rheinland-Pfalz. Alle miteinander haben beschlossen, dass getrennt wird. Rot-Grün hat das Gesetz im Bund verabschiedet und es so beschlossen.

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das macht es nicht besser!)

Davon wollen wir jetzt abweichen? Warum? - Wir brauchen natürlich mehr Wettbewerb, das ist völlig richtig. Auch ich bin dafür. Man muss sich aber die Rechtslage angucken. Wenn ich jetzt sage, ihr müsst eure Netze möglicherweise an Dritte verkaufen, dann will ich gar nicht sagen, welche Probleme das zurzeit bei der Bahn macht. Insbesondere mit unserem Koalitionspartner haben wir in der Frage Probleme, wie das künftig aussehen soll. Das bedeutet natürlich, dass ein Dritter gezwungen wird, zu versteigern.

Der Kollege Riehl in Hessen hatte die bestimmte Absicht, bestimmte Dinge zu tun. Es wurde mir gesagt, dass in seiner Landesverfassung steht, dass bestimmte Dinge verstaatlicht werden können. Ich warte darauf, dass er das Ganze in Hessen macht. Ich warne jedoch davor, dies in der Praxis durchzusetzen, weil daraus Schadenersatzforderungen entstehen, die man irgendwo befriedigen muss.

Zweifelsfrei richtig ist, dass wir gemeinsam einen diskriminierungsfreien Netzzugang erreichen müssen. Den haben wir. Die Kohlekraftwerke, die wir in Brunsbüttel bekommen, werden ein Recht haben einzuspeisen. Das wissen inzwischen alle Beteiligten. Wir haben inzwischen auch eine funktionierende Netznutzungskontrolle durch die Bundesnetzagentur. Ich gebe gern zu, dass wir zu wenig Wettbewerb haben. Da bin ich mit allen einer Meinung, mit denen ich hier gesprochen habe. Wir haben zu wenig Wettbewerb, weil es in diesem Bereich wenige Monopole gibt. Deshalb ist mein Ziel, dafür zu sorgen, dass wir mehr auswärtige Anbieter ins Land kriegen; die Dänen für Gas, die Belgier für Strom. Ich bitte um Nachsicht, dass ich bei diesem Thema die Zeit überschreite.

Das ist völlig in Ordnung.

Ich sehe einen Ansatzpunkt, bei dem man wirklich etwas tun kann. Das ist das Thema Strombörse. Die Strombörse funktioniert zurzeit wie folgt: Man gibt den Strom auf dem Papier zu einem bestimmten Preis rein. Man schiebt ihn ein paar Mal hin und her und er kommt mit dem dreifachen Preis wieder heraus. Das heißt, dass der Teuerste den Preis bestimmt. Eine solche Börse habe ich noch nie gesehen. Sie hat mit Marktwirtschaft auch nichts zu tun. Wir werden in den nächsten Tagen ein Gutachten beauftragen, das die rechtlichen Möglichkeiten, diese Strombörse vom Markt verschwinden zu lassen, untersucht.

(Zuruf des Abgeordneten Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Ich halte diese Strombörse für ein Kartell von Leuten, die sich mit dem gleichen Ziel gegen die Nutzer verschworen haben.

(Beifall bei der FDP)

Wenn uns das gelingt, dann würde das bedeuten, dass der Strom pro Kilowattstunde um drei bis vier Cent günstiger sein könnte. Das macht sich bei jedem Stromkunden mit Hunderten von Euro bemerkbar. Ich würde mich freuen, wenn der Landtag die Landesregierung bei diesem Ansinnen unterstützen würde.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Allein dafür hätte sich die Debatte gelohnt!)

- Ich habe auch nichts gegen die Debatte gesagt. Wenn der Landtag das also unterstützt, dann ziehen wir - wie in der letzten Zeit öfter der Fall - zum Wohle der Bürger in diesem Land an einem Strang.

(Beifall bei CDU und SPD)

Wir haben natürlich gemerkt, dass Sie Ihre Redezeit überzogen haben. Ich habe aber auch gemerkt, dass das Parlament gelauscht hat. Wir haben jetzt den Fall des Artikels 56 Absatz 6 der Geschäftsordnung. Das heißt, dass Sie alle - wenn Sie möchten noch drei Minuten Redezeit haben. Sie müssen aber nicht reden, denn es wurde Ausschussüberweisung beantragt. - Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Ich schließe die Debatte.

(Minister Dietrich Austermann)

Es ist beantragt, den Antrag der Abgeordneten des SSW und der Fraktionen von FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 16/986 (neu), an den Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Das ist so beschlossen.

Geschäftsleitend sage ich, dass ich beabsichtige, nach dem Tagesordnungspunkt 20, den ich gleich aufrufen werde, die Tagesordnungspunkte ohne Aussprache aufzurufen. Ich sehe alle drei Berichterstatter. Wenn die drei Berichterstatter bitte im Saal bleiben, dann können wir das nachher machen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 20 auf:

Integrierte Meerespolitik

Antrag der Fraktionen von CDU und SPD Drucksache 16/997

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Mit dem Antrag erbitten wir in dieser Tagung einen mündlichen Bericht. Daher lasse ich zunächst über die Nummer 1 dieses Antrages abstimmen.

Wer einen mündlichen Bericht haben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Es schlafen immer alle, aber wir wollen den Bericht.

Ich bitte den Minister für Justiz, Arbeit und Europa, Herrn Uwe Döring, um den Bericht.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zum Schluss eines diskussionsreichen Tages ein vielleicht eher konsensuales Thema, obgleich ich darauf hinweisen möchte, dass dieses Thema viel mit dem ersten heutigen Tagesordnungspunkt zu tun hat. Mit der Meereskonferenz, die am 20. und 21. September hier in diesem Plenarsaal stattgefunden hat, haben wir einen Teil des Konsultationsprozesses zum Grünbuch für den Ostseeraum durchgeführt. Wir haben diesen mit der Unterstützung des EU-Kommissars Borg durchgeführt. Ich weise darauf hin, dass auch dies ein Zeichen dafür ist, wie wichtig dieses Thema inzwischen in Brüssel erachtet wird. Es war innerhalb eines Jahres das zweite Mal, dass ein EU-Kommissar in Schleswig-Holstein war. Es gab Zeiten, da war jahrelang niemand hier. Insofern wird die Region Schleswig-Holstein bei diesem Thema in Brüssel inzwischen sehr deutlich wahrgenommen.

(Beifall bei SPD und FDP)

Ich denke, die Konferenz war ein Erfolg. Wir hatten über 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus dem gesamten Ostseeraum hier. Dabei haben wir über alle Themen ausführlich diskutieren können. Die Schlusserklärung hat mehrere Punkte. Auf diese möchte ich hinweisen.

Wir haben diese Erklärung „Kieler Erklärung“ genannt, damit auch in den weiteren Diskussionen deutlich wird, wo das Ganze stattgefunden hat. Diese Erklärung besteht aus zwei Teilen. Der erste Teil ist ein Zehn-Punkte-Programm, das sich an die EUKommission richtet. Hier wird formuliert, wie eine integrative europäische Meerespolitik aus Sicht des Ostseeraumes aussehen kann. Die wesentlichen Punkte sind dabei: Erstens. Wir müssen unsere Wissensgrundlagen verbreitern. Das heißt, wir brauchen einen Forschungsverbund, Datenaustausch und gezielte Forschungsförderung in maritimen Zukunftsfeldern. Hier hat Schleswig-Holstein mit dem Leibniz-Institut eines der hervorragendsten Institute in Europa.

(Beifall bei der FDP - Thomas Stritzl [CDU]: Sehr gut!)

Auch das wird wahrgenommen. Ich glaube, morgen ist die Vergabe der Exzellenzcluster. Ich hoffe, dass es noch deutlich wird, dass dies nach SchleswigHolstein kommt. Die Chancen sind gut.

(Beifall bei SPD, CDU, FDP und SSW)