Diese Situation ist nicht akzeptabel. Die Verlierer stehen jetzt schon fest: alle die, die auf den ÖPNV angewiesen sind, und unsere Busunternehmen. Gerade im ländlichen Bereich werden diese Einschnitte erhebliche Spuren hinterlassen. Hier muss die Landesregierung weiter auf den Bund einwirken, damit der ÖPNV gesichert bleibt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, die neu eingerichteten Gesprächskreise wieder aufzulösen.
Alles in allem kann man sagen: Die Landesregierung hat handwerklich gut gearbeitet, aber die Bundesregierung kürzt schon mittelfristig die Mittel, die den Kommunen eigentlich zustünden. Da sollten wir den Kommunen helfen, so gut wir können. Daher begrüßen wir sehr, dass sich die Kommunen in dieser Sache auf die Landesregierung verlassen können.
Ich danke Herrn Abgeordneten Lars Harms. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.
Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf Drucksache 16/1067 sowie den Antrag Drucksache 16/ 1102 dem Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.
Auswirkung des Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstär- kungsgesetz - GKV-WSG) auf das Land Schleswig-Holstein
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Mit dem Antrag wird ein mündlicher Bericht in dieser Tagung erbeten. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist so beschlossen.
Damit erteile ich das Wort für die Landesregierung der Ministerin für Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Senioren, Frau Dr. Gitta Trauernicht.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das sogenannte Wettbewerbsstärkungsgesetz wird parlamentarisch gegenwärtig sowohl im Bundestag als auch parallel im Bundesrat intensiv beraten. Berichten zufolge soll es allein über 200 Änderungsanträge in den Koalitionsfraktionen geben, die erst noch zu entscheiden sind. Auch die Bundesregierung sieht weiteren Abstimmungsbedarf bei dem Gesetz.
Was die Länder angeht: Allein im Gesundheitsausschuss des Bundesrates haben die Bundesländer rund 170 Änderungsanträge gestellt. Man sieht allein an der Zahl der Änderungsanträge, dass unabhängig von der ganz grundsätzlichen Bewertung der Gesundheitsreform der Teufel im Detail steckt und angesichts einer sehr komplexen Materie großer Beratungsbedarf vorhanden ist. Das Bundesratsplenum wird sich Mitte Dezember mit dem Gesetzesvorhaben befassen. Schon jetzt kann man sagen, was man für alle Gesetze sagen kann: Es wird nicht so aus dem Beratungsverfahren herauskommen, wie es hineingekommen ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie werden vor diesem Hintergrund verstehen, dass ich derzeit noch nicht konkrete Fragenstellungen zur Auswirkung des Gesetzes beantworte, seriös auch
gar nicht beantworten kann. Unabhängig von der schwierigen Frage der zukünftigen Finanzierung des Gesundheitswesens über einen Gesundheitsfonds haben wir uns aus naheliegenden Gründen auf einige für unser Land besonders wichtige Änderungsvorschläge konzentriert und diese ins Bundesratsverfahren eingebracht. Zu den zentralen Punkten der Reform haben wir uns bereits in der Länderanhörung des Bundesgesundheitsministeriums kritisch geäußert und darauf möchte ich hier ausdrücklich hinweisen. Sie nehmen auch kritische Äußerungen und Erwartungen aus dem Bereich der Gesundheitsakteure in unserem Land offensiv auf.
Im Einzelnen geht es um folgende Themenkomplexe: Wir lehnen es ab, dass die wirtschaftlich arbeitenden und gut aufgestellten schleswig-holsteinischen Krankenhäuser ein für sie ungerechtes und undifferenziertes Solidaropfer bringen müssen.
Unser Antrag auf Streichung der 1-prozentigen Budgetabsenkung hat heute - und das ist eine gute Nachricht - im Gesundheitsausschuss eine deutliche Mehrheit gefunden.
Zum Zweiten wollen wir von der Bundesregierung nach wie vor wissen, wie sich nach Einführung des Gesundheitsfonds Finanzströme für die Kassen und für die Vertragsbeziehungen zwischen Kostenträgern und Leistungserbringern ändern. Grundlohnschwache Länder mit hoher Krankenrisikostruktur - und das ist Schleswig-Holstein - dürfen nicht benachteiligt werden. Hier bleiben wir hartnäckig dran und werden eine Benachteiligung der Lage in unserem Land nicht zulassen.
Zum Dritten bleibt uns wichtig, dass ein konsequenter Einstieg in eine Steuerfinanzierung in der gesetzlichen Krankenversicherung erfolgt. Ich will es hier ganz offen sagen: Es ist politisch nicht schlüssig und kaum vermittelbar, bereits bestehende Steuerkofinanzierungen aus einem Gesundheitswesen - Stichwort: Tabaksteuer - herauszunehmen und nur etwas später durch zaghafte, jetzt mühsam neu verhandelte Beiträge zu ersetzen - Beiträge, die nicht einmal das Gestrichene ausgleichen.
Wer Beiträge zumindest ein Stück stabilisieren möchte, kommt schon jetzt um das Thema Steuerfinanzierung nicht herum. Wir haben diesbezüglich einen Antrag gestellt, der heute im Gesundheitsausschuss mit 6:6:4 zwar nicht angenommen, aber
auch nicht schnöde abgelehnt wurde und deswegen werden wir hartnäckig Überzeugungsarbeit leisten. Denn wir sind der Ansicht, dass wir mehr Steuern ins System brauchen.
Zum Thema Verschuldung der Kassen nur so viel: Uns ist es wichtig, dass Krankenkassen Altlasten, die sie zum Teil nicht allein zu vertreten haben, in einem angemessenen Zeitraum abbauen können und das bedeutet, dass sie mehr Zeit als bislang im Gesetzesentwurf vorgesehen brauchen. Schließlich sollen sie nicht in Existenzkrisen oder gar in die Insolvenz geraten.
Wir wollen leistungsfähige Kassen in unserem Land und starke Partner in der Gestaltung des Gesundheitswesens und wir wollen keine überbordende Bürokratie. Deswegen haben wir in enger Abstimmung mit den Kassen in unserem Land Anträge in den Gesundheitsausschuss eingebracht und ich kann vermelden: Auch hier haben wir uns erfolgreich behauptet. Es gibt Mehrheiten, die in diese Richtung zeigen.
Ein weiterer Punkt: Wir brauchen einen Risikostrukturausgleich, der diesen Namen auch verdient. Denn erst dieser stellt gerechte Rahmenbedingungen in unserem Lande sicher. Dafür treten wir auch weiterhin im Interesse unseres Landes ein. Auch hier gilt es, weiterhin Überzeugungsarbeit zu leisten.
Nicht zuletzt: Kassen und Verbände brauchen weiterhin landesspezifische Gestaltungsmöglichkeiten. Sie wissen: Schleswig-Holstein hat sich mit speziellen Versorgungsstrukturen einen Namen gemacht und das soll so bleiben. Deswegen haben wir einen Antrag unterstützt und auf den Weg gebracht, der dem neuen Spitzenverband nur die Aufgaben überlässt, die nicht unmittelbare Wettbewerbsverzerrungen und -wirkungen haben. Wir haben im Gesundheitsausschuss eine Mehrheit dafür gefunden, dass auf Landesebene die Gestaltungsmöglichkeiten erhalten bleiben.
Ich denke, meine sehr verehrten Damen und Herren, das sind wichtige Zwischenergebnisse, aber wir machen uns nichts vor: Weitere Etappen sind zu nehmen. Die Beratungen in den nächsten Monaten werden von uns intensiv genutzt und nach Abschluss dieser Beratungen im Bundesrat und im Bundestag wird die Landesregierung ihr Votum zur Gesundheitsreform festlegen.
Ich danke der Frau Ministerin für ihren Bericht. Bevor ich die Aussprache eröffne, begrüße ich auf der Zuschauertribüne Studenten der Politikwissenschaft an der Christian-Albrechts-Universität Kiel unter der Leitung des ehemaligen Kieler Oberbürgermeisters Norbert Gansel. - Herzlich willkommen!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, dass wir uns zumindest in einer Sache bei dieser sogenannten Gesundheitsreform einig sein würden, hätte ich wirklich nicht mehr für möglich gehalten. Sie haben das Krankenversicherungswettbewerbstärkungsgesetz als sogenanntes Wettbewerbsstärkungsgesetz bezeichnet. Ich gebe Ihnen da absolut recht: Dieser Titel ist schlicht Etikettenschwindel.
Es ist kein Wettbewerbsstärkungsgesetz. Es ist bestenfalls ein Wettbewerbsbeseitigungsgesetz in der gesetzlichen Krankenversicherung.
Ich habe auch dankbar zur Kenntnis genommen, dass Sie jetzt - nach einer gewissen Anlaufzeit - die Interessen Schleswig-Holsteins in zentralen Punkten zur Sprache bringen und massiv vertreten wollen. Obwohl wir diesen Gesetzentwurf schlicht für Murks halten - ich hätte eine einfache Beitragserhöhung für wesentlich ehrlicher gefunden -, können Sie sich sicher sein, dass wir als Opposition Sie darin unterstützen werden, die schleswig-holsteinische Krankenhauslandschaft zu erhalten. In diesem Punkt haben Sie die Unterstützung der Opposition, Frau Ministerin.
Es geht mir heute nicht darum, irgendwelche kleinen positiven Details, die die eine Seite hervorheben mag, und irgendwelche anderen negativen Details, die dann die Opposition selbstverständlich zur Sprache bringen muss - das ist die Aufgabe der Opposition -, entsprechend herauszuarbeiten. Vielmehr geht es darum, wie wir in den künftigen Verhandlungsrunden - von diesen haben Sie gesprochen, Frau Ministerin - mit diesem Gesetzentwurf umgehen.
Insofern frage ich Sie: Warum sollen durch die Einführung des Gesundheitsfonds die schleswig-holsteinischen Versicherten besser als bisher gestellt werden? - Obwohl Sie, Frau Ministerin, die von der Kassenärztlichen Vereinigung zitierte Hochrechnung des Institutes für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zurückweisen, dass nämlich der Gesundheitsversorgung in Schleswig-Holstein bis zu 459 Millionen € im Jahr künftig fehlen könnten, haben Sie keine eigenen positiven belastbaren Zahlen vorgelegt. Ich würde mich freuen, wenn Sie in der nächsten Debatte - Sie können sich sicher sein, dass wir eine nächste Debatte dazu führen werden - eigene belastbare Zahlen vorlegen.
Die Risiken, die das sogenannte GKV-WSG in sich birgt, werden bedauerlicherweise erst bei einer genaueren Betrachtung deutlich. Ich möchte eines betonen: Weder die SPD noch die Union kann mit dem, was da ausgehandelt wurde, zufrieden sein. Sie können sich auf die Schulter klopfen, dass irgendein Kompromiss herausgekommen ist. Aber weder Sie, liebe Kollegin Schümann, noch die Kollegen von der Union können damit zufrieden sein. Deswegen sage ich es noch einmal: Eine einfache Beitragserhöhung für diese Legislaturperiode wäre der ehrlichere Weg gewesen.