Protokoll der Sitzung vom 30.11.2006

(Torsten Geerdts)

mich besonders. Die Arbeitslosenzahlen sind im November in Schleswig-Holstein erheblich zurückgegangen. Unter den 24.000 Menschen, die im November 2006 im Vergleich zum Vorjahr weniger arbeitslos waren, sind 10.500 frühere Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld II.

(Beifall bei der SPD)

Das sind 10.500 Menschen, die vor einem Jahr noch keine berufliche Perspektive für sich gesehen hatten, die vor einem Jahr bereits seit langer Zeit arbeitslos waren und die inzwischen wieder sehr viel optimistischer in die Zukunft sehen können. Es sind über 10.000 Menschen, die ihren Lebensunterhalt und ihre Unterkunftskosten im Wesentlichen durch eigene Arbeit bestreiten können. Sie tragen dazu bei, die Sozialsysteme zu unterstützen. Das ist gut so und das ist ein Hoffnungsschimmer für die Arbeitsmarktpolitik. Die Konjunktur hilft dabei.

(Beifall bei der SPD und der Abgeordneten Frauke Tengler [CDU])

Das Bundessozialgericht hat in seinem ersten Urteil zu den Gesetzen für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt die Rechte von Langzeitarbeitslosen noch einmal gestärkt. Der unbestimmte Rechtsbegriff der angemessenen Größe muss genauer gefasst werden. Diese muss sich an der Größe für Sozialwohnungen orientieren, entschieden die Richter. In Schleswig-Holstein haben die SGB II-Träger bereits in der Vergangenheit im Wesentlichen die Wohnungsstandards des sozialen Wohnungsbaus zugrunde gelegt. Ich bin sehr zufrieden damit, dass wir auch bei der Wohnungsgröße künftig zu einer Angleichung kommen müssen. Menschen, die seit langer Zeit arbeitslos sind, ist es kaum zuzumuten, Wohnungen zu finden, die unterhalb der im sozialen Wohnungsbau geltenden Regeln liegen. Die Entscheidung des Bundessozialgerichts ist für diese Menschen eine große Hilfe und sie wird auch dazu beitragen, mehr Klarheit und Transparenz zu schaffen. Nicht zuletzt haben die schleswig-holsteinischen Sozialgerichte nun klare Vorgaben an der Hand, wenn es um strittige Fälle geht.

Ich möchte noch auf die Weitergabe der Bundesmittel an die Kommunen eingehen. Schleswig-Holstein hat noch zu Zeiten rot-grüner Regierung beschlossen, die Nettoentlastung aus den vom Bund zur Verfügung gestellten Mitteln vollständig an die Kommunen weiterzugeben. Wir stehen nach wie vor zu diesem Beschluss und werden ihn auch nicht ändern.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fragten in ihrem Antrag nach der Übernahme der gestiegenen Energiekosten. Soweit es die Heizkosten betrifft, gehören sie selbstverständlich zu den Kosten der Unterkunft. Bei weiter steigenden Stromkosten muss allerdings über eine Anpassung des Regelsatzes gesprochen werden.

(Beifall bei SPD und SSW)

Minister Döring hat mit seinen nachdenklichen Worten deutlich gemacht, in welchem Zusammenhang das steht. Viele Haushalte sind überschuldet, weil die Nebenkosten nicht mehr geschultert werden können. Diese Überschuldung ist keine Alternative. Daher müssen wir uns mit diesem Thema ernsthaft auseinandersetzen. Langzeitarbeitslosigkeit ist für die Betroffenen und für den Sozialstaat eine große Belastung. Umso mehr sollten wir gemeinsam dafür Sorge tragen, die Bedingungen nicht zusätzlich zu erschweren. Mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung und mit den Entscheidungen des Bundessozialgerichts kommen wir aus meiner Sicht einen entscheidenden Schritt weiter. An dieser Stelle sage ich noch einmal ein herzliches Dankeschön für den Bericht von Minister Döring. Ich glaube, dass Schleswig-Holstein gut daran arbeitet, damit sich dies vernünftig weiterentwickelt. Herzlichen Dank, Herr Minister!

(Beifall bei SPD, FDP und vereinzelt bei der CDU)

Ich danke Herrn Abgeordneten Baasch. - Für die FDP-Fraktion hat Herr Abgeordneter Dr. Heiner Garg das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, man muss all das, was der Minister und die Kollegen Geerdts und Baasch in diesem Fall ausgeführt haben, nicht wiederholen. Es wird dadurch nicht besser und auch nicht richtiger. Ich schließe mich dem inhaltlich voll und ganz an. Herr Minister, ich bedanke mich ausdrücklich für Ihre persönliche Schlussbemerkung. Ich teile auch diese voll und ganz. Ich denke, Schleswig-Holstein hat hier gezeigt, dass es sich lohnt, Druck zu machen.

Ich möchte noch auf drei Punkte aufmerksam machen, die wir im Ausschuss noch einmal besprechen sollten: Erstens. Ich gehe nach wie vor davon aus, dass Bund und Länder von unterschiedlichen Datengrundlagen ausgehen.

(Wolfgang Baasch)

Zweitens. Den Kommunen fehlen trotz des erfreulichen Kompromisses immer noch 1,5 Milliarden €. Drittens.

Eines wird auch bei dieser Debatte deutlich: Bis endlich Rechtssicherheit für die Betroffenen ALG II-Empfänger und die Kommunen herrscht, werden vermutlich noch Jahre ins Land gehen. Das gilt insbesondere dann, wenn neue und noch kompliziertere Regelungen hinzukommen. Ich denke, an dieser Stelle ist alles gesagt worden, was zu diesem Thema gesagt werden muss.

(Beifall bei FDP, CDU und SPD)

Ich bedanke mich sehr herzlich für den kurzen Beitrag. - Für den SSW rufe ich Herrn Abgeordneten Lars Harms auf. - Er steht schon am Rednerpult.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Den letzten beißen die Hunde, insbesondere dann, wenn jemand so eine geniale Rede hält wie eben der Kollege Garg. Ich will auch versuchen, es in dieser Schnelligkeit zu machen.

Es ist natürlich schön, dass wir bezüglich der 4,3 Milliarden € eine Einigung hinbekommen haben. Man muss allerdings sagen, dass die Bundesregierung dies schon weit früher versprochen hatte. Ich möchte mich beim Minister und auch bei vielen anderen herzlich dafür bedanken. Es bedurfte wirklich Drucks von unten, damit dies auf die Füße kam. Herr Minister, insofern noch einmal vielen Dank dafür, dass Sie das gemacht haben. Es stimmt schon, was der Kollege Garg sagte: Es reicht bei den Kommunen immer noch nicht. Die Kommunen haben immer noch ein Minus. Daran muss noch weiter gearbeitet werden.

Zur Angemessenheit der Wohnung und der Unterkunftskosten! Es ist gut, dass das Bundessozialgericht einen Beschluss gefasst hat, der es den Kommunen ermöglicht, selbstständig zu handeln. Es gibt einen Orientierungsmaßstab, der sich an der bisherigen Vorgehensweise orientiert. Durch meine persönlichen Erfahrungen mit manch einer Verwaltung ist es jedoch ganz wichtig, dass man diesen Verwaltungen ständig auf den Füßen steht. Das ist eine Aufgabe, die auch wir als einzelne Abgeordnete in unseren Wahlkreisen haben. Wir müssen unseren Verwaltungen auf den Füßen stehen, damit die

se Regelungen auch wirklich im Interesse der Betroffenen und nicht im Interesse des eigenen Haushalts genutzt werden.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zum Regelsatz von 345 €! Es gibt nun einmal dieses Urteil, dass diese Summe anscheinend dem Existenzminimum entspricht. Ich persönlich bin nicht dieser Meinung. Ich weiß nicht, wie man von 345 € Einzelinvestitionen ansparen kann, wenn zum Beispiel der Kühlschrank kaputtgegangen ist. Es ist mir völlig rätselhaft, wie man das schaffen kann. Genauso frage ich mich, was eigentlich aus der Mehrwertsteuererhöhung wird, die wir alle ganz locker wegdrücken. Für jemanden, der nur 345 € hat und der 3 % mehr Mehrwertsteuer bezahlen muss, ist das eine richtige Stange Geld. Wenn dann noch die Energiekosten und die Lebenshaltungskosten steigen, dann kann ich Ihnen nur sagen: Wir werden diesen Satz spätestens im nächsten Jahr anpassen müssen. Das geht gar nicht anders. Auch Sie haben es vorhin schon gesagt: Im Interesse der Betroffenen und ihrer Situation müssen wir uns ernsthaft überlegen, ob dieser Satz von 345 € trotz dieses Urteils, das wir erhalten haben, nicht doch erhöht werden kann.

(Beifall bei SSW, CDU und SPD)

Ich danke Herrn Abgeordneten Harms. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Der Berichtsantrag, von dem Sie die Drucksachennummer nachlesen können, ist durch den Bericht erledigt. Es wurde Ausschussüberweisung an den Sozialausschuss zur abschließenden Beratung beantragt. Wenn Sie dem folgen wollen, dann bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Danke, das ist so passiert.

Ich unterbreche die Tagung; wir setzen sie morgen mit dem Tagesordnungspunkt 43 fort.

Die heutige Sitzung ist geschlossen.

Schluss: 18:19 Uhr

(Dr. Heiner Garg)

Herausgegeben vom Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtags - Stenographischer Dienst und Ausschussdienst