Protokoll der Sitzung vom 30.11.2006

(Manfred Ritzek)

Dänemark, Polen, Schweden und Finnland sowie zwei Reedereien, die Finnlines und die Stena Line.

Die Maßnahme, den gegenwärtigen Zustand zu ändern, setzt natürlich einige technische Veränderungen voraus. Es gibt ja schon Städte, die Stromanschlüsse für Schiffe haben. Diese Städte sind vorhin auch genannt worden. Was bisher aber fehlt, ist eine einheitliche Technologie. Hier muss ich die Stadtwerke Lübeck abermals loben. Sie sind auf dem Weg zu einer einheitlichen Technologie für die Schiffsanschlüsse. Das Memorandum, das von 16 Hafenstädten unterzeichnet wurde, besagt ja, dass die 16 Städte die gleiche Technologie verwenden wollen, und zwar auf der Basis von 10 kV und 60 Hertz. Was das im Detail bedeutet, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich bin kein Techniker.

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das bedeutet doppelt so dünne Kabel wie in Los Angeles!)

- Vielen Dank. - Technologisch ist es so, dass die Stadtwerke Lübeck bemerkenswerte Vorleistungen erbracht haben. Das bedeutet: Im Ergebnis wird dieses Projekt ein innovatives Projekt - dieser Begriff fiel heute ja schon - sein, das aus SchleswigHolstein kommt.

(Beifall bei SPD und CDU)

Wenn dieses Projekt Erfolg hat, wird es auch Arbeitsplätze in Schleswig-Holstein bringen. Dieses Produkt kann vielleicht auch exportiert werden. Es handelt sich dann um einen Verkaufsschlager, der auf der ökologischen Welle schwimmt. Das hat unser Wissenschafts- und Verkehrsminister auch erkannt. Er hat deshalb eine Förderung in Aussicht gestellt. Das gesamte Vorhaben ist in unsere schleswig-holsteinische Europapolitik eingebettet, die von Uwe Döring im Land, im Bund, aber auch in Europa hervorragend vertreten wird.

(Beifall bei der SPD)

Was in dem Zusammenhang allerdings auch richtig ist, ist, dass der Strom mehr besteuert wird als Schweröl. Der Dreck ist also billiger als grüner Strom. Insofern sind weitere Aspekte zu berücksichtigen und Ungleichheiten aus der Welt zu schaffen.

Dann stellt sich auch die Frage, wie es mit Bonussystemen im Hafen aussieht. Warum sollen saubere Schiffe im Tarif nicht günstiger berücksichtigt werden als andere?

Wir, also Sozialdemokraten auf Bundes- und Europaebene, aber auch Vertreter aus anderen Parteien sind an diesem Thema dran und sowohl ökologi

sche als auch ökonomische Gründe sprechen dafür, dieses lohnenswerte Projekt voranzutreiben. Ich bin ziemlich optimistisch, dass dieses Projekt zumindest im Ostseeraum innerhalb einer kurzen Frist realisiert wird.

Ich beantrage die Überweisung an den Wirtschaftsausschuss federführend sowie mitberatend an den Umwelt- und Agrarausschuss sowie an den Europaausschuss.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Müller. - Nun hat Herr Abgeordneter Dr. Heiner Garg für die FDP-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die fortschreitende Erwärmung des Erdklimas durch die Menschheit ist offensichtlich. Wegen der sehr langsamen Abläufe können wir diese Erwärmung kurzfristig kaum beeinflussen, aber wir können vieles tun, um eine weitere Verstärkung dieser langsamen Abläufe zu verhindern oder wenigstens abzumildern.

Zum jetzigen Thema: Wie können Schiffe umweltschonend und kosteneffizient mit Energie versorgt werden, während sie im Hafen liegen? - Eigentlich mag ich keine Urheberrechtsdebatten, aber ich möchte an einen Vortrag des Arbeitsministers unmittelbar nach der Ostseekonferenz erinnern. Ich fand es sehr beeindruckend und zügig, wie die Freunde von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN darauf reagiert und daraus einen Antrag gemacht haben.

Immer noch lassen viele Kapitäne ihre Maschinen im Hafen laufen. Das ist selten die umweltschonendste Art, an Bord die Lichter leuchten zu lassen und die anderen Systeme zu betreiben, die Strom brauchen. Eine Alternative hierzu ist der Vorschlag der EU-Kommission aus dem Mai dieses Jahres. Die Empfehlungen haben die Grünen in ihrem Antrag unter Punkt 1 aufgezählt.

Die Kommission empfiehlt - verkürzt dargestellt erstens, den Aufbau von Landstromanlagen zu prüfen, zweitens internationale Emissionsgrenzwerte für Schiffe zu entwickeln und durchzusetzen, drittens wirtschaftliche Anreize zu prüfen, mit denen Schiffsbetreiber zur Nutzung von Landstromanlagen anregt werden können - das, Kollege Müller, wären dann die Bonussysteme - sowie vier

(Hans Müller)

tens, das alles mit allen infrage kommenden Stellen abzustimmen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die EU-Kommission hat diese Empfehlungen aufgrund wissenschaftlicher Untersuchungsergebnisse erteilt. Danach sind Landstromanlagen in vielen Fällen nicht nur umweltschonender, sondern auch preiswerter als die Selbstversorgung der im Hafen liegenden Schiffe. Bei Häfen mit 500 Liegeplätzen und mittelgroßen Motoren beziffert die Kommission den geschätzten geldwerten Vorteil der Landstromversorgung mit 193 bis 708 Millionen € jährlich; dies ist abhängig vom Kraftstoff, den die Schiffsmotoren bei der Eigenversorgung verbrennen.

Zusätzlich verringern sich die Emissionen von Kohlendioxid und Stickstoffoxid um über 50 % und die von Kohlenmonoxid um etwa 99 %. Dabei ist natürlich auch berücksichtigt, dass der Strom aus der Landversorgung irgendwo gewonnen werden muss und dass dabei im Zweifel auch Emissionen entstehen.

Mit der Landstromversorgung würden Hafenliegezeiten im Mittel billiger und sauberer. Wer könnte dann noch eine solche Forderung ablehnen? - Im Mittel bedeutet aber auch, dass dies nicht in jedem Fall gilt. Deswegen weist die EU-Kommission auch ausdrücklich darauf hin, dass die Kosteneffizienz der Landstromversorgung von den örtlichen Bedingungen abhängt. Das sollte für uns Anreiz genug sein, in so vielen Häfen wie möglich eine wirtschaftlich sinnvolle Landstromversorgung zu gewährleisten.

Weil die rechtliche Kompetenz beim Bund liegt, ist der Antrag der Grünen auf eine Bundesratsinitiative des besonders betroffenen Küstenlandes SchleswigHolstein der konsequente Weg.

In den Beratungen im Ausschuss sollten wir noch genauer klären, was genau unter Anschubfinanzierung verstanden wird. Wer soll wen unter welchen Bedingungen finanziell anschieben? - Ich denke, Herr Kollege Matthiessen, das können wir in aller Ruhe im Ausschuss klären.

Der Eintrag der Empfehlung zur Landstromversorgung ins Grünbuch der Europäischen Union sollte nach den Erkenntnissen der EU-Kommission dagegen ein Selbstgänger werden. Wir unterstützen diesen Antrag sowohl in der Sache als auch bei den Beratungen in den zuständigen Fachausschüssen.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für den SSW im Landtag hat nun der Herr Abgeordnete Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus der Begründung des Antrages geht hervor, dass das ursprüngliche Problem die schadstoffhaltigen und billigen Schweröle sind, die bevorzugt in der Schifffahrt genutzt werden und die dazu führen, dass insbesondere der Ausstoß von Schwefeldioxid, Ruß oder Feinstaubpartikeln eine erhebliche Belastung für die Umwelt bedeuten.

Als Vergleich: Ein mittelgroßes Schiff stößt mehr Schadstoffe aus, als eine Flotte von rund 1.000 Lkw. Dies ist darin begründet, dass Schiffe mit schwefelhaltigen Schwerölen fahren, weil diese am billigsten sind.

An Land ist es uns gelungen, den Einsatz von schwefelhaltigem Benzin, Diesel oder Heizöl erheblich zu reduzieren. Und das ist auch gut so. Generell sollte daher gelten: Was an Land gilt, sollte auch auf unseren Meeren gelten.

Hiervon sind wir aber noch weit entfernt. Die geltenden Bestimmungen der Internationalen-Schifffahrts-Organisation IMO schreiben zwar Grenzwerte für den Anteil Schwefel im Schweröl vor, aber unter dieser Latte können alle Schiffe bequem drunter her fahren. Und natürlich führen auch hier die wirtschaftlichen Interessen dazu, dass dies möglichst lange so bleibt.

Natürlich gibt es entsprechende Umweltschäden Stichwort: saurer Regen -, die die Politik zu einem Umlenken zwingen. An Land hat dies ja bereits vor Jahren stattgefunden.

Gleiches versucht man nun mit ersten Schritten auch in der Ostsee, indem das Gewässer seit Mai dieses Jahres von der EU als sogenanntes Schwefelsondergebiet ausgewiesen wurde. Hier dürfen die Schiffe nur noch mit einen Schwefelanteil von 1,5 % fahren. Vom Mai 2007 unterliegen Nordsee und Ärmelkanal auch diesen Bestimmungen.

Darüber hinaus wurde von der EU festgelegt, dass der Anteil an Schwefel im Schweröl ab dem Jahr 2010 für Brennstoffe, die während der Liegezeit genutzt werden, nur noch einen Anteil von 0,1 % haben dürfen. Im Vergleich zum derzeitigen Mittelwert von rund 2,7 % Schwefelanteil beim Schweröl ist dies bereits ein politischer Erfolg.

Parallel zu den genannten Bestimmungen, wurden nun Empfehlungen der EU-Kommission herausge

(Dr. Heiner Garg)

geben, die sich im Antrag der Grünen widerspiegeln. Hierbei geht es im Kern darum, dass die Mitgliedstaaten den Aufbau von Landstromanlagen an Schiffsliegeplätzen in Häfen prüfen sollen, insbesondere dort, wo die Grenzwerte der Luftqualität überschritten werden und wo es zu hohen Lärmbelästigungen durch die laufenden Schiffsmotoren kommt.

Diesen Ansatz begrüßen wir. Denn auch wir sehen hierin die Möglichkeit, die entsprechenden Umweltbelastungen in Hafengebieten erheblich zu minimieren. Man verspricht sich von solchen Maßnahmen eine Reduktion der Schiffsemissionen von 40 bis 60 % in den Häfen.

Dass es sich hierbei nicht nur um Problem der osteuropäischen Küstenländer handelt, verdeutlicht das Beispiel Travemünde. Hier hat es bereits Probleme hinsichtlich der Luftqualität aufgrund der Verunreinigung gegeben. Nun wurde von den Stadtwerken Lübeck das internationale Projekt „New Hansa“ angeschoben, das zum Ziel hat, die Schiffe in den Häfen mit Landstrom zu versorgen.

Neben einer Reihe von Städten und Häfen in Deutschland, Dänemark, Polen, Schweden und Finnland ist auch eine große Reederei Projektpartner. Gemeinsam will man nun internationale Standards entwickeln, die künftig die Stromversorgung von Schiffen von Land aus ermöglichen. Diese Initiative begrüßen wir. Denn sie macht deutlich, dass man vor Ort das Problem erkannt hat und bereit ist, es zu lösen.

Eine Frage, die dabei aber aus unserer Sicht noch ungeklärt ist, ist die zweigleisige Haltung der EU in dieser Frage. Auf der einen Seite haben wir eine EU-Bestimmung, die ab 2010 darauf abzielt, dass Schiffe während der Liegezeit nur noch Schweröl mit einem Schwefelgehalt von 0,1 % verbrennen dürfen. Dies führt natürlich zu erheblichen Umrüstungen hinsichtlich Extratanks. Auf der anderen Seite haben wir die Empfehlungen zu den Landanschlüssen.

Die Frage ist also: Wofür werden sich die Reeder und Hafenbetreiber entscheiden? Weil mir derzeit nur Informationen in Bezug auf den Lübecker Hafen und einem Reeder vorliegen, kann ich mir noch kein Bild davon machen, ob man dies auch an anderer Stelle so sieht. Daher schlage ich vor, dass wir uns im Ausschuss näher mit diesem Thema befassen, um mehr über Umsetzungsmöglichkeiten, Kosten und eventuell andere Probleme zu erfahren und wie sich die Betroffenen vor Ort in dieser Angelegenheit verhalten. Daher sollten wir auch die Hafenbetreiber und Reeder einbinden.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Harms. - Für die Landesregierung hat nun der Minister für Justiz, Arbeit und Europa, Herr Uwe Döring, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte mit einem Zitat aus der „Zeit“ beginnen, das lautet: „Es stinkt von Turku bis Tokio, von Hamburg bis Haiti“. Anders ausgedrückt, aber ähnlich kräftig: Früher hatten Schiffe nicht nur vor Madagaskar die Pest an Bord, heute verpesten Schiffe unsere Häfen mit billigem Schweröl. Die Auswirkungen sind schon geschildert worden. Ich will sie nicht wiederholen. Nur noch einige wenige Zahlen: Allein im Hamburger Hafen ist es so, dass 60 % der verkehrsbedingten Luftbelastung von Schiffen herrühren. Ich kann dazu nur sagen, die große Vision der Hafencity Hamburg mit Leben und Wohnen direkt am Wasser neben einem Kreuzfahrtterminal ist genehmigungsrechtlich unter diesen Voraussetzungen überhaupt nicht leistbar. Deswegen hat übrigens Senator Freitag hohes Interesse an diesem Projekt, das in Lübeck mit Hamburger Beteiligung durchgeführt wird. Ich denke, das ist ein ganz wichtiger Hinweis. Wir haben auf der anderen Seite schon gehört, wie die Belastungen in Lübeck und Travemünde sind. Bei einigen Schadstoffausstößen ist es so, dass 95 % von den Fähren kommen.

Inzwischen gibt es Alternativen. Eine Alternative ist die Landstromverbindung. Wir haben das Ganze soweit gefördert, dass es produktionsreif ist zusammen mit der Firma Siemens und dem Germanischen Lloyd. Es wird jetzt darum gehen, eine entsprechende Pilotanlage zu bauen. Ich bin sehr dankbar, dass der Kollege Austermann, mit dem ich an der Stelle immer in Verbindung bin - ein gutes Zeichen der Zusammenarbeit; vielen Dank, Herr Kollege -, daran mitarbeitet,

(Beifall bei SPD und CDU)

dass ein solcher Antrag dann auch über die anderen europäischen Fördermittel umgesetzt wird und man da ein Demonstrationsobjekt bekommt. Das ist ganz wichtig. Die Reederei Finja I hat sich bereit erklärt, so etwas mitzumachen. Man braucht dazu natürlich auch die Reeder, die so etwas mitmachen wollen, und wir brauchen dazu so etwas wie eine Standardisierung. Das ist ein wichtiger Punkt, den

(Lars Harms)