Protokoll der Sitzung vom 01.12.2006

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW, vereinzelt bei der SPD und Beifall des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

(Karl-Martin Hentschel)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Hentschel. Für die CDU-Fraktion hat nun der Herr Abgeordnete Niclas Herbst das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn mir jemand vor zwei Jahren erzählt hätte, ich stünde einmal im Landtag und könnte Ralf Stegner und Karl-Martin Hentschel zustimmen, hätte ich mir das trotz einer ausgeprägten Fantasie nur schwer vorstellen können. Es ist nun aber so. Ich sage einen herzlichen Dank dafür, dass dieses Thema in den Mittelpunkt gerückt wurde. Einen herzlichen Dank auch dafür, dass die Große Anfrage in dieser Form beantwortet wurde. Ich hätte mir auch nicht vorstellen können, dass es so viel Spaß macht, mit so viel älteren Herren, die sich sonst wenig bewegen, Fußball zu spielen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Arroganz der Jugend!)

- Ich gehöre dazu. Ich wollte natürlich sagen: mit so vielen anderen älteren Herren, die sich genauso wenig bewegen wie ich. Wenn man im Tor steht, muss das dann noch lustiger aussehen.

Herr Dr. Stegner, es ist richtig, dass bei diesem Spiel alle willkommen sind. Wir wollen aber auch gewinnen. In diesem Spannungsfeld bewegen wir uns auch bei der Teamaufstellung.

(Heiterkeit)

Der FC Landtag ist ein gutes Beispiel dafür, dass sich Sport und Politik vertragen können. Jürgen Weber ist hier schon gelobt worden. Er verträgt sicherlich noch mehr Lob.

Ansonsten ist es natürlich so, dass sich Sport und Politik nicht immer gut vertragen. Politiker sollten sich jedenfalls aus dem Bereich des Sports heraushalten, soweit es geht, aber natürlich nicht dann, wenn es darum geht, die notwendige Finanzierung sicherzustellen. Das ist klar. Der Sport wird mit mindestens 6,3 Millionen € gefördert. Angesichts der Haushaltslage ist das ein ganz ordentlicher Betrag. Wir haben hier in den letzten Tagen über den Lotto-Staatsvertrag diskutiert. Ich glaube, dem Sport ist es letztendlich egal, woher das Geld kommt. Wichtig ist, dass das Geld da ist.

(Beifall bei der CDU)

Ein Einnahmeneinbruch sollte natürlich möglichst vermieden werden. Ein Gesetz kann ja entsprechend geändert werden.

Es ist meines Erachtens wichtig, dass wir an dieser Stelle sagen, was uns der Sport wert ist. Wir haben die Sportförderung mit 6,3 Millionen € beziehungsweise 8 % ja nicht aus Jux und Tollerei im Gesetz festgeschrieben, sondern weil der Sport uns diese Förderung wert ist. Wir sollten an dieser Stelle bekräftigen, dass wir für diesen Betrag auch in Zukunft geradestehen, egal wie es mit den Konzessionen im Lotteriegeschäft aussehen wird. Wie gesagt, der Sport ist uns dies wirklich wert.

Hier sind schon viele Punkte angesprochen worden. Ich will nur noch erwähnen, dass sich nicht nur das Land, sondern auch der Bund an der Sportförderung beteiligt. Der Bund fördert herausragende Projekte.

Es ist richtig, hier auf den Amateursport hinzuweisen. Der Leistungssport ist gewissermaßen die andere Seite derselben Medaille. Beides gehört zusammen. Das sage ich auch vor dem Hintergrund von Motivation.

(Beifall bei CDU, SPD und FDP)

Das lässt sich anhand von konkreten Beispielen nachvollziehen. Der Bund beteiligt sich beispielsweise bei der Ruderakademie in Ratzeburg, meiner Heimatstadt. Dort trainieren Sportler, die wir bei den Olympischen Spielen im Fernsehen sehen. Auch ich habe dort Rudern gelernt, bin aber wahrlich kein Leistungssportler in diesem Bereich.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Ich habe Rudern übrigens nicht im Verein, sondern in der Schule gelernt, und zwar im Rahmen des Sportunterrichts. Ich denke, das ist ein gutes Beispiel dafür, dass dort Spitzensport und Breitensport gut zusammenpassen. Im Übrigen beteiligen sich in dem genannten Fall die Stadt und der Bund stärker als das Land. Bevor wir von anderen etwas fordern, können wir also immer auch sagen: Es ist gut, dass sich auch andere in diesem Bereich engagieren.

Ich möchte noch einen kritischen Punkt ansprechen. Angesichts der finanziellen Lage, in der sich natürlich auch die Kommunen befinden, können wir nicht sagen, dass alles beim Alten bleibt. Der Sportstättenbau ist ja hier angesprochen worden. Es kann nicht so sein, dass über die finanziellen Mängel, die wir - auch auf der kommunalen Ebene - haben, auf der einen Seite geklagt wird und auf der anderen Seite gesagt wird, im Bereich des Sportstättenbaus bleibe alles so, wie es ist. Die Situation ist leider schwierig, wie man ehrlich sagen muss. Trotzdem habe ich persönlich den Eindruck - auf diesen

Aspekt kann man in der Antwort auf eine Große Anfrage sicherlich nur bedingt eingehen -, dass der Sportstättenbau und der Sport insgesamt auch bei unseren Kommunen eine hohe Priorität genießen. Dies ist, wie ich glaube, an dieser Stelle auch ein Lob wert.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Es geht beim Sport sicherlich nicht nur um die Verteilung öffentlicher Mittel, sondern es geht auch um soziale Kompetenz. Das ist schon angesprochen worden. Sport ist im Verein nicht nur am schönsten, sondern auch am wertvollsten. Wir können im Sport so etwas wie eine Individualisierung feststellen. Die Leute rennen in die Fitnesscenter, um etwas für sich selbst zu tun. Gerade deshalb ist es wichtig, dass wir den Vereinen den Rücken stärken. Die Vereine - auch das geht aus der Antwort auf die Große Anfrage hervor - tun etwas im Bereich des Seniorensports und des Sports für Menschen mit Behinderung. Dort gibt es ebenso spezielle Angebote für Kinder. Es ist ganz wichtig, solche Angebote unter dem Aspekt der Entwicklung der motorischen Fähigkeiten stärker in den Mittelpunkt zu rücken.

(Beifall bei CDU, SPD, FDP, und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zum Sport gehört auch der Wettbewerb. Wenn wir im allgemeinen Sprachgebrauch von Unsportlichkeit oder Unfairness sprechen, muss man auch lernen, was die Alternative dazu ist. Das geht, wie ich glaube, nur im Wettbewerb, dem wir nicht skeptisch gegenüberstehen.

Ich will jetzt nur noch auf wenige Punkte hinweisen, mit denen wir uns vielleicht auch beschäftigen sollten. Das Thema Ganztagsschule wurde bereits genannt. Wir registrieren leider auch in den unteren Fußballligen die Entwicklung, dass es im Rahmen der Spiele zu Gewalttätigkeiten kommt. Ich meine damit nicht Hooliganismus oder Ausschreitungen auf den Rängen, sondern gewalttätige Aktionen zwischen den Mannschaften. Dazu kommt es manchmal dort - ich versuche mich politisch korrekt auszudrücken -, wo Mannschaften mit verschiedenen ethnischen Hintergründen aufeinandertreffen. Das ist ein Problem. Sport soll ja gerade verbinden und Integration fördern. Das tut er auch in starkem Maße. Wir müssen verhindern, dass dies von einigen wenigen ins Gegenteil verkehrt wird.

(Beifall)

Wir sollten grundsätzlich feststellen, dass Sportpolitik wesentlich mehr als nur Sportförderung ist.

Wir haben hier im Landtag schon sehr viele Punkte diskutiert, die mit Sport zusammenhängen. Ich erwähne die Stege an den Gewässern, den Landesnaturschutz, die Sporthafenverordnung, den Wassertourismus und das Thema Nichtschwimmer. All dies sind Punkte, die den Sport berühren. Es geht also nicht nur um Sportförderung, sondern wir müssen Sport als Querschnittsaufgabe in der Politik begrüßen. Erst dann hat der Sport etwas davon. Ich bin da guter Dinge. Das hat die Diskussion auch gezeigt.

(Beifall)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Niclas Herbst. - Für die SPD-Fraktion erteile ich nun dem Abgeordneten und gleichzeitig Vorsitzenden des FC Landtag, Herrn Jürgen Weber, das Wort. Meine Damen, nur so als Hinweis: Da spielen die Männer ganz allein.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich korrigiere Sie nur ungern, Frau Präsidentin, aber wir spielen durchaus nicht nur unter Männern. Wir haben im letzten Jahr ein sehr schönes Fußballspiel gegen die Zweitligafrauen von Holstein Kiel durchgeführt und sogar gewonnen.

(Beifall)

Das war nicht nur ein interkulturelles, sondern auch ein intersexuelles Treffen.

(Heiterkeit)

Auch das gehört zum Sport dazu, ist aber nicht der Grund, warum ich heute ans Mikrofon getreten bin. Denn fünf Minuten Redezeit für eine Debatte zur Antwort auf die Große Anfrage zum Sport hat nun wirklich nichts mit langsamem Altherrenfußball, sondern eher mit Blitzschach zu tun. Deswegen will ich die Zeit nutzen, um einige Punkte anzusprechen. Vieles Positive ist gesagt worden, aber man muss hinsichtlich der Weiterentwicklung des Sports auf ein paar Punkte hinweisen, bei denen Handlungsbedarf besteht.

Was in der Antwort zur Großen Anfrage zu den Themen Sportförderung, Sportstättenbau, Sport und Gesundheit sowie Schulsport steht, ist im Großen und Ganzen nicht neu. Das ist aber auch nicht zu kritisieren, weil die Fragen entsprechend gestellt wurden. Und hierzu ist auch einiges gesagt wurden.

Zum Thema Sportförderung und finanzielle Absicherung haben eigentlich auch alle Redner etwas

(Niclas Herbst)

gesagt. Es ist natürlich klar, dass wir diese Form der Sportförderung brauchen, und zwar unabhängig davon, wie sich zukünftig die Lotterie- und Sportwettensituation darstellt. Ich möchte allerdings eine sprachliche Ergänzung vornehmen: Wir reden nicht nur von der Sportförderung im finanziellen Bereich, sondern von einer Sicherung der Finanzierung des Sports mindestens im bisherigen Umfang. Ich meine, dies muss man an dieser Stelle hinzufügen.

Zum Thema Sportstätten ist schon einiges gesagt worden. Es steht zu erwarten, dass wir in nächster Zeit die Statistik vorgelegt bekommen. Mir ist aufgefallen - den einen Punkt aus dem Bericht darf ich ansprechen -, dass im Hinblick auf die PPP-Projekte Folgendes formuliert wird - ich darf zitieren, Frau Präsidentin -:

„PPP-Maßnahmen sind bisher nicht beantragt und nicht gefördert worden.“

Da dies sicherlich nicht am fehlenden Bedarf liegen kann, müssen wir darüber nachdenken, ob die Instrumente, die wir haben, so funktionieren, wie sie es sollten, oder ob wir Veränderungen vornehmen müssen.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist jetzt nicht die Zeit, um herauszustreichen, an welcher Stelle die Landesregierung ihre Hausaufgaben gemacht hat. Das hat sie nämlich an fast allen Stellen im Bereich Sport gemacht. Dies reicht vom Behindertensport bis zur Rahmenvereinbarung mit den Schulen für Ganztags- und Betreuungsangebote.

Klar ist auch, dass Politik im Sport nur dann etwas bewirken kann, wenn wir eine Sportstruktur im Land haben, die vorbildlich organisiert und aufgestellt ist - und das ist sie. An dieser Stelle will ich auch noch einmal sagen, dass wir dieses in erster Linie allen Sportvereinen sowie ihren Fachverbänden und dem Landessportverband an der Spitze verdanken. Was hier ehrenamtlich, nebenamtlich und hauptamtlich geleistet wird, kann meiner Meinung nach gar nicht genug gelobt werden.

(Beifall bei SPD und FDP)

Gerade weil Sport und Politik so kollegial und gemeinsam in Schleswig-Holstein agieren, muss man ein paar Punkte ansprechen, hinsichtlich derer noch nicht alles so geordnet ist, wie man es sich wünscht. Dort haben wir meiner Meinung nach noch Reserven.

Ich glaube, dass die Bedeutung des Sports als Wirtschaftsfaktor bei uns immer noch unterschätzt wird. Die Zahlen der letzten Jahre weisen Zuwachsraten im Sportbereich von jeweils über 5 % aus und es

gibt Berechnungen des Sportzentrums der Kieler Universität, die von einem Bruttoinlandsprodukt von über 900 Millionen € ausgehen, das der Sport in unserem Land generiert. Nun, man kann über einzelne Zahlen streiten, aber die Größenordnung ist sicherlich nicht umstritten. Das heißt auch, dass wir über ein besseres Marketingkonzept für das Sportland Schleswig-Holstein, für ein verbessertes Informationssystem für sportinteressierte Urlauber und auch für einen Ausbau des Dienstleistungsangebots im Sport nachdenken müssen. Ich glaube, hier besteht ein großer Handlungsbedarf für Sport und Wirtschaft.

(Beifall bei SPD, CDU und FDP)

Ein zweiter Punkt, meine Damen und Herren, ist die Gewaltprävention im sozialen Bereich; vieles ist dazu bereits gesagt worden. Hier möchte ich darauf hinweisen, dass es ständig Innovationen gibt, die wir unterstützen und weitertragen sollten. Ganz aktuell ist der Aufbau und die Gründung einer gemeinnützigen Einrichtung zur Kriminalitätsverhütung in Kooperation zwischen einem Sportverein in diesem Fall ist es der TuS Gaarden -, einem örtlichen Polizeirevier, der Agentur für Arbeit und privaten Unternehmen, die in einem gemeinsamen Bildungskonzept Berufspraxis und sportliches Training miteinander verbinden. Das finde ich sehr vorbildlich.