Protokoll der Sitzung vom 13.12.2006

Das Problem bei der ganzen Geschichte ist Folgendes: Wenn man auf einen solch hohen Baum klettert und sagt, man habe das alles überhaupt nicht beurteilen können, man könne das alles nicht lesen und verstünde es auch gar nicht, sich aber anschließend hier hinstellt und in zehn Minuten sagt, was man alles an dem kritisiert, was man gar nicht hat lesen können, dann wundere ich mich.

Der Kollege Matthiessen hat hier das Wort „Langzeitredezeitkonto“ eingeführt. Das finde ich in Ordnung. Das ist auch das Einzige, weshalb ich seine Rede erwähne.

(Heiterkeit bei der CDU)

Was die Fragen im Zusammenhang mit dem Langzeitredezeitkonto angeht - das ist wiederum ausgesprochen ernst gemeint, meine Damen und Herren -, so finde ich es richtig, wenn sich jemand über Verfahrensfragen beklagt. Aber ich finde, wenn er sich schon beklagt - da hat der Kollege Kalinka, glaube ich, die richtigen Antworten gegeben -, dann sollte er auch ein bisschen genauer begründen, warum er glaubt sich darüber ereifern zu müssen,

dass hier etwas im Schweinsgalopp oder wie auch immer durchgeführt worden ist.

Ich stelle für meine Fraktion fest: Der Text hat sich nicht geändert. Er ist anderswo eingeordnet worden. Ich sage noch einmal, ich finde es gut, dass die Opposition das dann auch gelesen hat.

Ich sage abschließend: Wenn wir uns alle so viel Mühe machten, hier und anderswo über Alternativen zu diskutieren, wie wir es vorgeben - Vorschläge der Oppositionsfraktion exakt zu dem Text habe ich auch nicht gehört -, dann sollte man sich vielleicht auch etwas mehr mit Vorwürfen zurückhalten, weil man zufälligerweise eine schnelle Entscheidung mit treffen muss. Ich möchte mich bei dem Kollegen Kalinka ausdrücklich für seine exakte Darstellung des Ablaufs bedanken. Nun sind wir wieder beieinander, Herr Kalinka. Sie hätten sich ja sonst schon fast gewundert.

(Beifall bei SPD und CDU)

Das Wort erhält für die Landesregierung Herr Minister Ralf Stegner.

(Minister Dr. Ralf Stegner spricht mit der Präsidentin)

- Der Minister möchte mit seinem Zehnminutenbeitrag warten, bis alle Dreiminutenbeiträge abgearbeitet sind.

Damit erteile ich dem Herrn Abgeordneten Hentschel das Wort.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Ich hatte mich mit Sicherheit vor Herrn Hentschel gemel- det!)

- Nein, Sie sind nach Herrn Hentschel dran!

Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Astrup, es geht nicht darum, ob wir bei einem Gesetzestext, der um 11 Uhr vorgelegt wird, intellektuell erfassen können, welche neuen Änderungen er enthält. Natürlich kann ich mich mit dem, was um 11 Uhr vorgelegt wird, inhaltlich auseinandersetzen.

Das Lob nehme ich auch gern an. Ich hätte es nicht unbedingt gebraucht, nehme es aber auch gern an. Aber es geht um eine ganz andere Frage. Es geht um die Frage, ob wir in der Lage sind, von 11 Uhr während einer Plenardebatte - bis 13 Uhr, als der Innen- und Rechtsausschuss tagte, juristisch zu prüfen, ob alle Änderungsvorschläge tatsächlich juri

(Holger Astrup)

stisch korrekt sind oder ob es möglicherweise Fehler im Gesetzesverfahren gibt. Festzustellen, ob es Bedenken zu den einzelnen Formulierungen gibt, ist unsere Aufgabe als Parlamentarier. Das jedoch ist in der Zeit nicht möglich. Deswegen ist das, was die Regierungsfraktionen hier vorgelegt haben, parlamentarisch nicht in Ordnung. Das hat gar nichts damit zu tun, ob man sich inhaltlich dazu äußern kann, sondern es hat mit der Korrektheit zu tun.

Es ist zu Beginn der Debatte darauf hingewiesen worden, dass es immer mehr Fälle von Fehlern in Gesetzesverfahren gibt. Das betrifft nicht nur die Landesebene.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Auch bei längerer Beratung!)

- Auch bei längerer Beratung. Ich glaube, ein solcher Schnelldurchmarsch, wie Sie hier produziert haben, trägt einfach nicht zu einer sicheren Beratung bei. Schon aus diesem Grund können Sie nicht erwarten, dass einem solchen Gesetz zugestimmt wird. Wir haben eine ganze Reihe von inhaltlichen Gründen, warum wir dieses Gesetz ablehnen.

(Holger Astrup [SPD]: Dann kann man das auch sagen, Herr Kollege!)

Das Wort für einen weiteren Beitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erhält der Herr Oppositionsführer Wolfgang Kubicki.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sollten vielleicht - ich will einmal sagen - die Kirche im Dorf lassen und nicht ein Demokratieproblem daraus machen, dass

(Beifall bei der CDU)

die Verfahrensweise - das wird ja zugestanden - etwas unglücklich gewesen ist. Der Kollege Kalinka wir haben uns vorhin darüber unterhalten - sichert auch zu, dass es nicht üblich werden soll, dass man Gesetzesvorhaben künftig auf die Art und Weise parlamentarisch berät. Aber es ist gelegentlich - das man muss man auch der Koalition zugestehen - unter Umständen nicht anders zu machen. Ich will die Fragestellung betreffend den 31. Dezember 2006 gar nicht hinterfragen. Aber wir hatten auch in der Vergangenheit gelegentlich schon Situationen, in denen wir schnell handeln mussten und dies auch im Einvernehmen gelungen ist.

Gleichwohl gibt es einige Dinge, über die man wirklich nachdenken muss. Wir haben hier mehre

re, wenn auch nur wenige Juristen im Haus, die Gesetzestexte lesen können. Andere müssen immer andere fragen. Dafür ist die Zeit möglicherweise ein bisschen knapp. Aber auch schon der Kollege Wadephul und ich kommen bei der Formulierung des § 48 Abs. 1 zu unterschiedlichen Bewertungen.

(Zuruf des Abgeordneten Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Das ist nicht normal, sondern das hat etwas mit der Gesetzesformulierung zu tun. Ich möchte - mir verbleiben noch eine Minute und 47 Sekunden Redezeit - einmal kurz vorlesen, was jetzt beschlossen werden soll:

„Amtsangehörige Gemeinden, die nicht die Geschäfte des Amtes führen, oder amtsfreie Gemeinden, deren Verwaltungsgeschäfte von einer anderen Gemeinde oder von einem Amt geführt werden, werden ehrenamtlich verwaltet. Die oder der Vorsitzende der Gemeindevertretung ist für die Dauer der Wahlzeit ehrenamtliche Bürgermeisterin oder ehrenamtlicher Bürgermeister. Alle übrigen Gemeinden werden hauptamtlich verwaltet. Sie sollen mindestens 8.000 Einwohnerinnen oder Einwohner betreuen.“

Jetzt kommt es:

„Das Innenministerium kann Ausnahmen von der Verpflichtung zur ehrenamtlichen oder hauptamtlichen Verwaltung zulassen.“

Der Kollege Wadephul ist der Auffassung, dies bedeute, Gemeinden unter 8.000 Einwohnerinnen oder Einwohnern müssten generell ehrenamtlich verwaltet werden, da könne der Innenminister keine Ausnahme zulassen. Ich sage, der Gesetzestext gibt es her, dass der Innenminister jetzt auch Ausnahmen für die hauptamtliche Verwaltung von Gemeinden unter 8.000 Einwohnern zulässt.

(Zuruf von der SPD: Ja!)

- Aber es gibt hier eine unterschiedliche Auffassung. - Jetzt muss sich der Gesetzgeber klar werden: Was will er eigentlich? Der Gesetzgeber erklärt jetzt, was er will. Die Interpretation durch Kollege Wadephul wird durch Beschlussfassung -

(Holger Astrup [SPD]: Stichwort Helgo- land!)

- Es gibt auch andere. Auch ich bin der Auffassung, dass man es machen sollte, aber er wollte es nicht.

Nun sehen wir uns einmal an, wie Kollege Wadephul in der Endabstimmung abstimmen wird.

(Beifall bei der FDP)

(Karl-Martin Hentschel)

Das Wort für einen weiteren Beitrag nach § 56 Abs. 4 unserer Geschäftsordnung erhält die Frau Abgeordnete Spoorendonk.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke mir, die Debatte ist ziemlich konkret gewesen. Wenigstens habe ich versucht, konkret deutlich zu machen, was wir gegen den vorliegenden Gesetzentwurf an Einwänden hatten. Dass wir diese Einwände schon in der ersten Lesung hatten, das dürfte auch Ihnen hinlänglich bekannt sein. Jetzt sind wir - da macht sich wieder einmal die Schlitzohrigkeit des Kollegen Astrup bemerkbar - nach der Devise „Teile und herrsche“ dabei, zu sagen: Es ist gar nicht so schlimm. Alle haben auch Verständnis dafür, dass menschliche Fehler geschehen können. Im Ausschuss hat der Ausschussvorsitzende selbstkritisch dankenswerterweise gesagt, dass das kein gutes Verfahren ist. Auch das haben wir alle akzeptiert. Aber wir dürfen trotzdem nicht vergessen, dass wir hier eine Debatte nicht als Selbstzweck führen. Ich will jetzt nicht die große Flagge der Demokratie hin und her schwenken, aber darum geht es doch. Es geht darum, dass Menschen auch außerhalb dieses Parlaments nachvollziehen können, wie ein Verfahren zustande kommt.

Keiner kann mir erzählen, dass man wirklich alles durchschauen kann, wenn man wie wir erst gestern am späten Nachmittag die letzten Änderungsanträge erhält. Natürlich können wir uns eine Meinung dazu bilden und hoffen, dass alles dann so ist, wie wir es aufgefasst haben. Aber wenn gesagt wird, wir haben es hier mit einem großen Gesetzesvorhaben zu tun, dann wäre es richtig gewesen - auch Selbstkritik ist angebracht - zu sagen: Dies ist suboptimal gelaufen, das darf nicht wieder vorkommen.

Auch wir hören: Große Mehrheiten können Großes bewältigen. Aber bis jetzt, denke ich, hat man diesen Spruch noch nicht umsetzen können. Ich denke, alle sollten auf dem Teppich bleiben, und man sollte nicht vergessen, was damit dann eigentlich gemeint ist. Das hat, wie gesagt, etwas mit parlamentarischer Demokratie zu tun.

(Beifall beim SSW)

Das Wort für die Landesregierung erteile ich dem Herrn Innenminister Dr. Ralf Stegner.

Liebe Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hatte eine so wunderbare Rede, die lasse ich weg, weil ich aus Respekt vor dem Parlament gern auf die Debatte eingehen möchte, die hier geführt worden ist. Lassen Sie mich zunächst damit beginnen zu sagen: Dass das Zweite Verwaltungsstrukturreformgesetz heute im Hohen Haus beschlossen wird, ist eine Freude für mich. Es führt nämlich dazu, dass wir einen konkreten Schritt in Richtung Verwaltungsstrukturreform im Lande gehen, den viele nicht erwartet haben, der Innenminister übrigens schon.

(Beifall bei der SPD)

Als wir damals darüber gesprochen haben, konnte man, bezogen auf die eine oder andere Einlassung, die ich auf der Strecke gehört habe, den Eindruck haben: Herr, gib mir Geduld, aber bald. Ich habe festgestellt, die Kommunalpolitiker sind viel klüger und viel besser, als ihnen mancher zutraut. Den größten Teil der Bedenkenträger habe ich im Kieler Stadtteil Düsternbrook angetroffen und keineswegs in den betroffenen Gemeinden und Regionen. Diese haben sich in vielen Bereichen in ganz erfreulicher Weise auf den Weg gemacht.

(Zuruf des Abgeordneten Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])