Ralf Stegner
Sitzungen
16/3
16/4
16/8
16/10
16/11
16/13
16/14
16/16
16/19
16/20
16/21
16/22
16/23
16/25
16/26
16/27
16/28
16/32
16/34
16/36
16/38
16/40
16/41
16/43
16/44
16/45
16/46
16/51
16/52
16/53
16/54
16/55
16/57
16/60
16/63
16/64
16/66
16/67
16/69
16/70
16/72
16/75
Letzte Beiträge
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Grundsatzurteil vom 28. März 2006 geklärt, unter welchen Voraussetzungen staatliche Monopole im Glücksspielbereich mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit des Artikels 12 GG vereinbar sind. Das Gericht hat den Ländern zur Neuregelung unter Beachtung der sich aus dem Urteil ergebenden Anforderungen eine Frist bis zum 31. Dezember 2007 - das ist schon in wenigen Wochen - gesetzt. Dabei hat es für die Neuordnung des Glücksspielrechts die Alternative aufgezeigt, das bestehende staatliche Monopol für Sportwetten und Lotterien mit erhöhtem Gefährdungspotenzial konsequent am Ziel der Spielsuchtgefährdung auszurichten oder eine gesetzlich normierte und kontrollierte Veranstaltung für gewerblich-private Unternehmen zuzulassen.
Nach intensiver Prüfung der Ausgestaltungsalternativen durch eine Arbeitsgruppe der Ministerpräsidentenkonferenz haben die Ministerpräsidenten beschlossen, am staatlichen Sportwetten- und Lottomonopol festzuhalten und den vom Bundesverfassungsgericht als nicht verfassungskonform erachteten Lotteriestaatsvertrag durch den strikt ordnungsrechtlich ausgerichteten Glücksspielstaatsvertrag zu ersetzen.
Der Staatsvertrag ist zunächst auf vier Jahre befristet und nach drei Jahren ist das Ergebnis der Evaluierung seiner Auswirkung vorzulegen. Gleichzeitig wurde eine Arbeitsgruppe beauftragt, eine vergleichende Analyse des Glücksspielwesens in europäischen und außereuropäischen Staaten zu erstellen mit dem Ziel, daraus Folgerungen für eine perspektivische Neuregelung in Deutschland und in der EU abzuleiten.
Das ist übrigens auch gut so; denn in der Tat gibt es rechtliche Bedenken. Das muss man einräumen. Das kann man auch nicht bestreiten. Allerdings, sehr geehrter Herr Oppositionsführer: Wenn Sie in Ihren Rechtsprognosen so zuverlässig sind wie immer in Ihren Wahlprognosen, dann bin relativ gelassen, was das Ergebnis angeht.
Vor dem Hintergrund der vom Bundesverfassungsgericht gesetzten Frist halte ich es für unabdingbar, dass der Schleswig-Holsteinische Landtag dem Glücksspielstaatsvertrag zustimmt. Übrigens, Herr Kollege Sauter, wäre es nicht nur nachteilig für Schleswig-Holstein, wenn wir nicht zustimmten, sondern es wäre katastrophal, wäre Schleswig-Holstein das einzige Land, das nicht zustimmt. Dann würden nämlich die Mittel wegfallen, die wir dringend brauchen, um den Sport und andere Dinge zu fördern und die der Herr Finanzminister nach meinem Kenntnisstand nicht gesondert aus anderen Quellen eingeplant hat, wenn wir diese Quellen nicht mehr hätten.
Insofern ist das, was wir momentan haben, jedenfalls die beste Alternative gegenüber all dem anderen, was vorgelegt worden ist, im Übrigen auch mit fragwürdigen Argumenten. Die Liberalisierung hätte eine massive Ausweitung des Glücksspielangebots zur Folge. Eine Trennung - darauf habe ich immer hingewiesen - würde übrigens gerade in dem Bereich dazu führen, dass es beim Lotto, wo die Gefahr bekanntlich geringer ist, abgeschafft werden müsste.
Gleichzeitig sind mit dem Erhalt des staatlichen Monopols die Landeseinnahmen, die zwar zurückgehen - das muss man in der Tat sagen -, insgesamt allerdings gesichert, wohingegen eine Liberalisierung des Lotterie- und Sportwettenmarkts mittelfristig mit einer Halbierung der Umsätze und der Abgaben an das Land und langfristig mit einer Entwicklung gegen null verbunden wäre, weil wir Niederlassungsfreiheit in Europa haben, weil wir einen Steuerwettbewerb haben, der nach unten geht, und weil übrigens Altruismus nicht das vorherrschende Verfahren ist, das man bei privaten Lotterieanbietern finden kann. Jedenfalls wäre mir das neu.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die rechtlichen Bedenken sind wohlabgewogen worden. Wir haben dazu Stellung genommen. Ob der Staatsvertrag mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vereinbar ist, wird sich erweisen. Im Übrigen gibt es nicht nur Rechtsexperten in Schleswig-Holstein, sondern ich gehe davon aus, dass es sie in allen Bundesländern und auch in den dortigen Staatskanzleien gibt. In guter Gesellschaft sind wir ebenfalls. Sämtliche Sportminister der Republik und fast alle Ministerpräsidenten sind für den Staatsvertrag.
Gestatten Sie mir auch den Hinweis, dass der DFB, dort, wo er sich auf seine Profifußballvereine be
zieht, ein Problem damit hat. Aber wenn wir über den Amateursport reden, gibt es kein Problem. Für diesen sind wir auch verantwortlich, geehrter Herr Oppositionsführer.
Die Mittel, die wir für den Sport und auch für kulturelle, soziale und Umweltprojekte brauchen, würden definitiv nicht mehr zur Verfügung stehen, gingen wir einen anderen Weg. Deswegen ist die heutige Ratifizierung des Staatsvertrags - in Deutschland werden das übrigens alle Länder tun - eine richtige Entscheidung.
Ich beglückwünsche die FDP zu dem Antrag, den sie gestellt hat. Er stammt, wie ich gelesen habe, aus der Feder eines anerkannten Rechtsexperten aus Steinburg. Allerdings will ich noch etwas zur Logik Ihres Arguments, was die Arbeitsplätze angeht, sagen. Das ist die Logik, die wir zurzeit ständig hören. Über Arbeitsplätze wird gesprochen, indem man sagt: Wettbewerb um jeden Preis; für die Folgen ist der Staat zuständig. Das ist keine soziale Marktwirtschaft, meine sehr verehrten Damen und Herren, sondern das ist das Gegenteil davon. Das will ich auch noch einmal ausdrücklich sagen.
Im Übrigen ist der Tiefpunkt, von dem Sie, Herr Oppositionsführer, gesprochen haben, in einem ganz anderen Bereich bemerkenswert. Das sage ich auch als Parlamentarier. Ich meine die Form, sich mit dem Parlament auseinanderzusetzen, so wie das einzelne Lobbys getan haben, mit Anzeigen, zum Teil mit einer Sprache, die gegenüber dem Parlament wirklich sehr bemerkenswert ist.
Ich finde, es ist schon eine bemerkenswerte Form, eine Auseinandersetzung zu führen, wenn man sich dann hinstellt und sagt, leider habe man schlechte Bilanzen, weil man so viel Geld für Anzeigen und für Rechtsanwälte ausgeben musste.
Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wir treffen eine Entscheidung im Sinne des Gemeinwohls. Dafür, für das Gemeinwohl zu entscheiden, sind wir übrigens zuständig.
Ich zitiere zum Schluss:
„Die Summe von Einzelinteressen ergibt nicht Gemeinwohl, sondern Chaos.“
Dieses Zitat stammt übrigens von einem Christdemokraten, vom früheren Stuttgarter Oberbürgermeister Manfred Rommel. Er hat völlig recht, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Antrag ist der erneute Versuch, die Rechtsgrundlagen der Sparkassen in SchleswigHolstein gegen den Willen der Betroffenen zu verändern. In den Vorjahren ist die FDP-Fraktion mit den Anträgen zur Novellierung des Sparkassengesetzes mit dem Ziel gesetzlicher Optionen zur Umwandlung öffentlich-rechtlicher Sparkassen in Aktiengesellschaften, ihre materielle Privatisierung bis zu 49 % zu ermöglichen, an der Mehrheit dieses Hohen Hauses gescheitert. - Zum Glück, das war nämlich politisch nicht verantwortbar.
Nun haben wir also eine neue politische Variante. Was steckt dahinter? - Die eigentliche Zielsetzung ist leicht zu durchschauen. Mit dieser Änderung des Sparkassengesetzes sollen den Trägerkommunen privatrechtliche Eigentumsrechte im Sinne eines Volleigentums verschafft werden. Damit sollen Sparkassen veräußerbarer werden. Das mag für machen Kämmerer angesichts klammer kommunaler Kassen verlockend klingen, aus Sicht der Landesregierung ist das fragwürdig und sparkassenpolitisch der falsche Weg. Ich will das auch gern begründen. Sie haben über kluge Fragen und kluge Antworten gesprochen, Herr Kollege Kubicki, das stimmt.
Man kann sich dumm stellen, das Gegenteil funktioniert allerdings nicht. Andere für dumm zu verkaufen ist nicht besonders ratsam. Frau Kollegin Spoorendonk ist zwar noch in jugendlichem Alter,
aber dass sie skeptisch ist, mag daran liegen, dass sie den Satz: „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten“, schon einmal gehört hat.
Herr Kollege Kubicki, darin mag die Begründung der Skepsis der Kollegin Spoorendonk liegen.
Was Eigentum nach der Legaldefinition des Bürgerlichen Gesetzbuches bedeutet, hat der Abgeordnete Koch ausgeführt. Deswegen erspare ich es mir, das alles zu wiederholen.
- Ja, die habe ich auch gehört. Kluge Reden faszinieren mich immer. Dazu gehörte eindeutig auch die Rede des Kollegen Rother, Kollege Kubicki.
Aufgrund ihrer eigenen Rechtspersönlichkeiten sind Anstalten in ihren Angelegenheiten eigenverantwortliche Träger von Rechten und Pflichten, unbeschadet bestimmter gesetzlich normierter Entscheidungs- und Mitwirkungsrechte der Anstaltsträger. Diese Anstalten haben eben keine Eigentümer, sondern sie haben einen Träger. Wenn Sie das noch einmal nachlesen möchten: § 41 Abs. 1 Landesverwaltungsgesetz, Herr Kollege Kubicki.
Dem Träger steht das Recht, über die Sparkasse zu verfügen, sie zu verkaufen, nicht zu. Da wir uns hier im öffentlichen Rahmen bewegen, ist die Frage nach der privatrechtlichen Eigentümerstellung im Sinne des BGB nicht relevant, solange eben nicht an eine Veräußerung der Sparkassen gedacht wird. Andererseits kann ein kommunaler Träger seine Sparkasse auflösen, aber nur, wenn sie nicht mehr in der Lage ist, ihre Aufgaben im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften zu erfüllen.
In diesem Fall steht die Verfügungsbefugnis über einen eventuellen Liquidationsüberschuss dem kommunalen Träger zu. Wem auch sonst?
Aber auch sparkassenpolitisch überzeugt dieser Antrag nicht. Natürlich klingt es immer gut, wenn man die Absicht kundtut, das Selbstverwaltungsrecht der Träger zu stärken und ihre Dispositionsmöglichkeiten zu verbessern. Aber die Richtung muss stimmen. Ich finde, es muss einem doch zu denken geben, wenn die Betroffenen diese Wohltat -
Aber mit dem größten Vergnügen. Bitte sehr, Herr Abgeordneter.
- Das wäre völlig falsch. Leider sitzen dort im Landtag auch jene, die an der Beschlussfassung mitgewirkt haben. Aber ich wollte gerade auf diesen Punkt zu sprechen kommen. Wenn Sie eine Sekunde gewartet hätten, dann hätte ich Ihre Frage in meinem Redebeitrag gleich mitbeantwortet. Ich will das aber auch so gern tun.
Das Problem bei der Regelung in Rheinland-Pfalz und übrigens auch bei der Regelung in Hessen und auch bei dem, was in Nordrhein-Westfalen diskutiert wird, besteht darin, dass die Betroffenen es gar nicht wollen. Die Kommunen wollen das gar nicht und die Sparkassen wollen das übrigens auch nicht. Deswegen werden wir im Innen- und Rechtsausschuss und im Finanzausschuss über solche Dinge zu reden haben. Aber warum wollen wir eigentlich Wohltaten verteilen, die überhaupt niemand haben will, die jedenfalls von den Betroffenen niemand haben will? Das ist ein sehr eigentümliches Verständnis von Liberalität, lieber Herr Kollege Kubicki.
(Wolfgang Kubicki [FDP]: Ihr Landrat in Stormarn sagt das Gegenteil! Das ist ein SPD-Mann, oder nicht? - Wer ist SPD-Mann? (Wolfgang Kubicki [FDP]: Ihr Landrat in Stormarn! - Weitere Zurufe - Heiterkeit)
- Ich habe mir angewöhnt, mich im Landtag möglichst wenig zur inneren Haltung von Landräten zu äußern. Dabei möchte ich es belassen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Kommunen in Schleswig-Holstein erwarten, dass sich das Land für den Erhalt der Sparkassen in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft und für die Aufrechterhaltung der öffentlich-rechtlichen Rechtsform einsetzt. Dies haben ihre Verbände der Landesregierung mitgeteilt. Der Herr Ministerpräsident hat das ebenfalls öffentlich mehrmals gesagt.
Wir werden uns noch mit EU-Richtlinien, die wir umzusetzen haben, und mit sparkassenrechtlichen Änderungen zu beschäftigen haben, die wir auch noch vorlegen werden.
Lassen Sie mich zum Schluss, weil meine Redezeit zu diesem Tagesordnungspunkt zu Ende geht, noch Folgendes sagen. Der Landesregierung ist es wichtig, dass die Sparkassen auf der Grundlage der Markt- und Wettbewerbserfordernisse den Wettbewerb für ihr Geschäftsgebiet stärken, dass sie die angemessene und ausreichende Versorgung aller Bevölkerungskreise und der mittelständischen Wirtschaft mit Finanzdienstleistungen auch in der Fläche sicherstellen, dass sie für jede und jeden ein Girokonto bereitstellen, dass die Sparkassen die Aufgabenerfüllung der Kommunen wirtschaftlich, regionalpolitisch, sozial und kulturell unterstützen Sparkassen zahlen übrigens im Gegensatz zu anderen sogar Steuern - und dass die Situation und die Perspektiven der Sparkassen flächendeckend gestärkt werden.
Das Beispiel der Sachsen-LB ist, sehr verehrter Herr Oppositionsführer, nun wirklich eines, das in vielerlei Hinsicht hinkt und jedenfalls nicht als Ausweis dafür dienen sollte, Dinge hier zu verändern. Wir werden aber natürlich kritisch beobachten, was sich in diesen Bereichen tut. Wenn wir gar nicht weiterwissen, haben wir immer noch die Expertise der Oppositionsführer. Insofern können wir Weihnachten ganz gelassen und ruhig entgegenblicken.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, angesichts von derzeit bundesweit 3,4 Millionen Arbeitslosen ist es kaum vorstellbar, aber es ist zutreffend: In den nächsten Jahren und Jahrzehnten werden wir aufgrund zurückgehender Schulabgängerzahlen in vermutlich fast allen Bereichen eine große Konkurrenz um Nachwuchskräfte bemerken. In einigen Branchen erleben wir dies bereits; denken Sie an die ITBranche, für die beim Zweiten nationalen IT-Gipfel Anfang dieser Woche ein Fachkräftemangel von mehr als 40.000 Personen diagnostisiert wurde, weil - wie Bundeswirtschaftsminister Glos es formulierte - die Industrie teilweise ganze Ingenieursjahrgänge nicht eingestellt hat und weil zudem zu wenig ausgebildet wurde.
So etwas darf bei der Landespolizei Schleswig-Holstein nicht passieren. Für die Landespolizei kommt erschwerend hinzu, dass eine ausgewogene Altersstruktur eine besondere Bedeutung für die Einsatzfähigkeit hat. Darauf komme ich später noch zurück. Wenn man die Antwort auf die Große Anfrage liest, wird jedoch auch deutlich: Wir können es uns neben der Verantwortung für jeden jungen Menschen, die wir politisch haben, auch angesichts der demografischen Entwicklung volkswirtschaftlich nicht leisten, dass junge Menschen ohne Abschluss die Schule verlassen und dem Arbeitsmarkt damit nur sehr eingeschränkt zur Verfügung stehen.
Lassen Sie mich als Ergebnis der Beantwortung der Großen Anfrage drei Feststellungen formulieren: Erstens. Derzeit gibt es - anders als ähnliche Aus
wertungen aus Nordrhein-Westfalen es ergeben haben - bei diesem Thema keine Hinweise auf unmittelbar notwendige zu ergreifende Sofortmaßnahmen. Zweitens. Eine für die Aufgabenerfüllung der Landespolizei zunehmende Alterung des Polizeipersonalkörpers mit zu erwartenden negativen Folgen ist zurzeit nicht festzustellen. Drittens. Es sind auch keine kurzfristigen Interventionsmaßnahmen angezeigt, um auch weiterhin - also kurzund mittelfristig - mit dem Personalbestand der Landespolizei die gestellten gesetzlichen Aufgaben im Bereich von Prävention und Repression zur Gewährleistung der objektiven und der subjektiven Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes so erfolgreich wie bisher erledigen zu können.
Ich möchte diese optimistische Haltung begründen, allerdings kommt zunächst einmal ein Aber. Meine optimistische Haltung gilt nämlich nur, wenn wesentliche strategische Grundausrichtungen der Personalersatzgewinnung für die Landespolizei Schleswig-Holstein nicht nur mindestens beibehalten, sondern vielmehr den absehbaren Veränderungen zielgerichtet angepasst und dann fortentwickelt werden können. Ich will die wichtigsten Kernaussagen der Antwort auf die Große Anfrage zusammenfassen: Die Entwicklung der prozentualen Verteilung der Altersgruppen bei den Beamtinnen und Beamten im Polizeivollzugsdienst in den Jahren zwischen 1998 und 2007 - aufgeteilt in den mittleren und in den gehobenen Dienst sowie in den entsprechenden Altersstufen - ist gleichförmig und im Wesentlichen konstant. Zweitens. Eine ideale prozentuale Verteilung der Altersgruppen der Beschäftigten wäre theoretisch dann gegeben, wenn alle erfragten acht Altersgruppen der Polizeibeschäftigten gleichmäßig mit 12,5 % vertreten wären. Einen solchen Idealzustand erreicht man in der Praxis natürlich nicht, wenn ein grundsätzlich freier Zugang von Bewerbern bis zur jeweiligen Altershöchstgrenze zur Einstellung nicht anders gesteuert werden könnte.
Es ist zu konstatieren, dass zurzeit insbesondere im gehobenen Dienst eine ausgewogene Altersstruktur da ist. Drittens. Die seit Oktober 1999 vorhandenen statistischen Aufzeichnungen zum Altersdurchschnitt der Landespolizei ergeben, dass sich der Altersdurchschnitt der Polizeivollzugsbeamten stets zwischen 40,2 und 41,7 Jahren bewegt hat. Aktuell liegt der Altersdurchschnitt bei 41,5 Jahren. Er wird wegen der geburtenstarken Jahrgänge von 2008 bis 2020 nach derzeitigem Konzept und Stand temporär bis auf 43,4 Jahre ansteigen.
- Herr Alterspräsident, Sie sagten, besser als im Landtag? - Wegen der starken Pensionierungszahlen wird dieser Altersdurchschnitt voraussichtlich wieder auf 42 Jahre reduziert werden können. Folglich wäre der derzeitige Altersaufbau bei konstanter Neueinstellungspraxis - aber auch nur dann - grundsätzlich weiterhin gewährleistet. Das ist eine sehr wichtige Formulierung, deshalb möchte ich sie noch einmal wiederholen: Nur bei konstanter Neueinstellungspraxis, wie wir sie bisher haben, wird es uns gelingen, dies zu halten.
Die notwendigen und einzustellenden Nachwuchskontingente der Landespolizei werden sich drastisch erhöhen. Dies ergibt sich aus den Altersstrukturdaten und unter Berücksichtigung der angewandten Berechnungskriterien nach derzeitiger Pensionierungsplanung bis zum Jahr 2020. Dabei ist der allgemeine Rückgang der Schülerabgangszahlen zu berücksichtigen. Im Betrachtungszeitraum von 25 Jahren hat sich der Planstellenbestand im Polizeivollzugsdienst um 246 Planstellen verringert. Diese Entwicklung hat unterschiedliche Gründe, ist aber zum einen dem Umstand geschuldet, dass Planstellen vom Vollzugsbereich in den Tarifbereich gewandelt wurden. Da sich der Stellenumfang im Tarifbereich im gleichen Zeitraum um 179 erhöht hat, bleibt im Vollzugsdienst in 25 Jahren ein rechnerischer Verlust von nur 67 Stellen übrig.
Es hat bereits eine Konzentration auf die Kernbereiche polizeilicher Arbeit und damit eine Steigerung der Anforderungen an die physischen und psychischen Fähigkeiten jeder Polizeibeamtin und jedes Polizeibeamten gegeben. Bei wachsendem Aufgabenumfang und auch durch die Konzentration auf Kernaufgaben wird sich dies verstärken. Gerade unter diesem Gesichtspunkt ist bei der Landespolizei einer zunehmenden Alterung des Polizeipersonalkörpers wirksam entgegenzuwirken, denn sie hätte je nach Umfang - Auswirkungen auf die körperliche Leistungsfähigkeit der Belegschaft und damit auf die Polizeiarbeit. Herr Abgeordneter Neugebauer, hier gibt es dann den Unterschied zum Parlament. Dies gilt umso mehr in Kenntnis der Prognosen über die sich wenig wandelnde Altersstruktur der Tatverdächtigen, denn die meisten Tatverdächtigen sind nicht im Seniorenalter, um dies noch klarer hinzuzufügen.
Anders als andere Bereiche bildet die Landespolizei ihren Nachwuchs für alle Laufbahnen ausschließlich selbst aus, sie hat keine Möglichkeit, sich auf einem freien Markt zu bedienen. Welche Maßnah
men sind also notwendig und was sollten wir tun, um nichts zu unterlassen?
Erstens. An der derzeitigen jährlichen Einstellungspraxis im Sinne eines Ersatzes ausfallender Beamtinnen und Beamten muss festgehalten werden. Wenn auch im Zug des absehbaren Bewerbermangels die antizyklische Einstellungspraxis über Soll angezeigt, notwendig und wünschenswert wäre, werden Sie fragen, warum wir das nicht jetzt schon machen. Da kann ich nur sagen: Das eine, was man will, das andere, was man kann. Herr Abgeordneter Kubicki, der Punkt ist, wir können uns in Teilen den Überhang nicht mehr leisten, was dann leider Probleme gibt, wenn man über die Mobilität die Familienzusammenführung leisten will. Übrigens war die Föderalismusreform da auch nicht hilfreich; das war einer der Gründe, warum Schleswig-Holstein nicht zugestimmt hat. Aber insgesamt bleibt es dabei, dass jede frei werdende Stelle wieder besetzt wird, diese Politik hat sich nicht verändert und da bleiben wir auch bei unseren Zusagen.
- Dabei bleiben wir sehr wohl.
Zweitens. Eine Reduzierung oder gar temporäre Aussetzung von Einstellungen ist unter dem Gesichtspunkt zurückgehender Schulabgangs- und sinkender Bewerberzahlen nicht verantwortbar. Die Ausstattung mit adäquaten Arbeits- und Einsatzmitteln muss auch zukünftig gewährleistet bleiben, um den Polizeiberuf attraktiv zu halten. Wir sind derzeit zum Teil bundesweit führend, was die Bereiche Kfz-Leasing-Konzept angeht - schauen Sie sich einmal die bayerischen Polizeiwagen an -,
Schutzwestenausstattung, Wasserschutzpolizei, Bootsparkerneuerung oder Dienstgebäudemodernisierung. In diesen Punkten haben wir mächtig investiert.
- Also, ich will gern sagen, es ist ausschließlich das Verdienst des Herrn Oppositionsführers, dass die Regierung das beschlossen hat. Sollen wir das noch mal wiederholen, damit er etwas Nettes für seine Sammlung hat? Es ist doch absurd, Herr Kollege Kubicki, zu sagen, dass es an Ihnen liegt, dass wir das tun, was in der Regierung notwendig ist. Dazu brauchen wir Sie nun wirklich nicht.
- Bei aller Liebe!
Drittens. Die Durchlässigkeit bei den Laufbahnen zu halten beziehungsweise möglichst zu verbessern.
Ich finde es ja verständlich, lieber Herr Abgeordneter Klug, dass man,wenn man so lange in der Opposition gewesen ist, um jeden Erfolg ringt. Ich will es gern noch einmal sagen, dass ich es klasse finde, dass Herr Kubicki auch dafür gewesen ist. Das steht bestimmt im Protokoll.
- Dass Sie da von „nur“ reden, finde ich bemerkenswert.
Viertens. Die Abstimmung auf der Ebene der fünf norddeutschen Küstenländer hinsichtlich der Gestaltung des neuen Länderbeamtenrechts sorgt hoffentlich für Homogenität, damit der unnötige Konkurrenzkampf, von Beamtinnen und Beamten zumindest in Norddeutschland vermieden wird.
Fünftens. Überlegungen zur Frage der Anhebung der besonderen Altersgrenze sind insbesondere hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf Nachwuchseinstellungen und dabei unmittelbar auf die Altersstruktur des Personalkörpers der Landespolizei zu überprüfen.
Wegducken und Weggucken geht nicht. Auch wenn wir in diesem Jahr keine Haushaltsberatungen im Landtag vornehmen, werbe ich bei Ihnen um Unterstützung für Kontinuität in der Finanzierung des Polizeihaushalts. Ich bitte Sie, alle Überlegungen zum Haushalt der Polizei im heute diskutieren Kontext zu sehen. Und lassen Sie mich noch einmal eines sagen: Die schleswig-holsteinischen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, die ihre Gesundheit und ihr Leben für die Allgemeinheit einsetzen, hunderttausende Überstunden leisten, am Wochenende und nachts arbeiten, die haben es auch verdient, dass sie vernünftig ausgestattet werden und für das, was sie tun, entsprechende Anerkennung finden.
Ich will deswegen deutlich sagen, dass Kürzungen beim Personal der Polizei kontraproduktiv und nicht nachhaltig wären. Wir wollen nicht wie in Niedersachsen Lücken im Streifendienst mit priva
ten Hilfs- und Amateurpolizisten füllen. Innere Sicherheit gehört zu den Kernaufgaben des Landes. Darin sind wir uns einig, insbesondere, weil es in unserer Verfassung steht. Dabei wird es auch bleiben, dass für die innere Sicherheit im Land die Polizei zuständig ist und für polizeiliche Aufgaben die Polizei zuständig ist und niemand sonst. Und auch dabei wird es bleiben.
Die Bürgerinnen und Bürger zahlen ihre Steuern und sie erwarten von der Politik, dass wir uns auf diese Aufgaben konzentrieren, ihren Bestand erhalten und nach Möglichkeit ausbauen. Polizisten leisten einen hervorragenden Job und deswegen müssen wir - was die Bürger von uns auch erwarten das in der Form anerkennen, indem wir bei dem bleiben, was wir zugesagt haben. Wir haben zwei Dinge zugesagt. Es bleibt bei der Stellenzahl in der Polizei, wir besetzen jede Stelle nach, es gibt keine Stellenkürzungen. Zweitens. Wir haben ein Personalentwicklungskonzept für diese Legislaturperiode verabschiedet, das die Aufstiegsperspektiven für die Polizei darstellt und auch da ist die Landesregierung im Wort. Ich gehe davon aus, dass das Parlament - jedenfalls in der großen Mehrheit - diesem Kurs auch weiterhin folgt.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich für die weitgehend sachliche Debatte. Ich möchte gern noch drei Anmerkungen machen. Zunächst zum Herrn Oppositionsführer: Sie haben gesagt, das, was ich hier zu den Zahlen gesagt hätte, sei falsch. Ich weiß nicht, was Sie gelesen haben, möchte aber noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen, dass wir bei uns bei der Polizei selbst ausbilden, dass wir selbst planen und Unwuchten einkalkulieren müssen. Das führt dann dazu, dass man eine gewisse Reserve einrechnen muss und dass man einmal über Soll ist, dann geht man wieder etwas runter, und einmal wieder drunter ist. Aber die Kernaussage, dass frei werdende Stellen wieder besetzt werden, ist zutreffend.
Manche Dinge kann man übrigens auch gar nicht planen, wie zum Beispiel Ausbildungsabbrüche, Familienplanungen oder Krankheiten. Dazu kann ich nur sagen: Die Ausbildungsabbrüche sind deutlich zurückgegangen. Wir haben das frühzeitige Zur-Ruhe-Setzen aus Krankheitsgründen durch Maßnahmen deutlich drücken können. All das, was wir machen, ist sozusagen in dem Rahmen, gemessen an der Größe des Personalkörpers, etwas, was ein anderer erst einmal in dieser Qualität schaffen muss.
Sich hier hinzustellen, das pauschal anzugreifen und gleichzeitig flammende Haushaltsreden zu halten, jeder seriösen Antwort aber schuldig zu bleiben, das zeigt eben, dass es einen Unterschied zwischen Opposition und Regierungsfähigkeit gibt, Herr Abgeordneter.
Ich bedanke mich zweitens ausdrücklich bei Herrn Abgeordneten Hentschel für seinen Beitrag. Das war ein sehr konstruktiver Oppositionsbeitrag. Er hat auf einen Punkt hingewiesen, den ich noch einmal ansprechen möchte. Er sagte, es wäre schön, wenn wir diese Beurteilungen nicht hätten. Ich gehöre zu den Skeptikern des Beurteilungswesens und sage, Aufwand und Ertrag stehen da in keinem Verhältnis. Warum machen wir das? - Wir machen das nicht, weil wir gern dafür die Zeit einsetzen wollen, sondern weil wir dazu von den Gerichten gezwungen werden.
Fakt ist, wenn jemand befördert wird, habe ich 25 andere, die dagegen klagen. Und alle anderen Systeme, die wir einführen wollten, die viel besser sind, halten der rechtlichen Überprüfung nicht Stand. Deshalb müssen wir das tun und nicht etwa deshalb, weil wir das wollen. Ich teile aber ausdrücklich die Kritik und würde mir sehr wünschen, wir müssten dieses nicht. Gerade jemand, der rechtskundig ist - und Sie haben dazu heute sehr interessante Ausführungen gemacht, Herr Anwalt und Abgeordneter - wird feststellen, dass auch der Zwischenruf nicht besonders sachkundig war.
Drittens, Frau Abgeordnete Spoorendonk, auch Ihnen herzlichen Dank für den sachlichen Debattenbeitrag. Eins möchte ich aber sagen: So furchtbar viel frustrierte, nicht beförderte Polizeibeamte haben wir gar nicht. Wir werden in dieser Legislaturperiode jeden zweiten Polizeibeamten befördern. Auch das möchte ich deutlich sagen, das gehört nämlich zu den beiden Zusagen, die wir gemacht haben und an die wir uns auch halten.
Also: Weniger Reden über angebliche Tabubereiche, weniger Forderungen, die sich wechselseitig ausschließen und mehr Respekt dafür, was die Polizei macht. Das wird in weiten Teilen dieses Hauses mit vollzogen. Dafür möchte ich mich im Namen der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten auch bedanken. Das brauchen sie nämlich, unsere Unterstützung im Parlament, und die kriegen sie auch. An die Zusagen, die wir gemacht haben, werden wir uns auch halten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Unter einer Strategie versteht man ein längerfristig ausgerichtetes planvolles Anstreben einer vorteilhaften Lage oder eines Ziels. So heißt es im Online-Lexikon Wikipedia. Die Strategie 2012 der Landespolizei Schleswig-Holstein ist das Ergebnis einer gemeinsamen Problemanalyse der Amts- und Behördenleiter der Landespolizei. Mit den grundsätzlichen Überlegungen zu den komplexen Aufgaben der Organisations- und Personalentwicklung sowie des Qualitätsmanagements schreibt die Führung der Landespolizei Schleswig-Holstein die Strategie aus dem Jahr 2001 fort und passt sie den veränderten Rahmenbedingungen an. Die Amts- und Behördenleiter haben in diesem Rahmen auch die politischen, gesellschaftlichen, demografischen und technischen Entwicklungen betrachtet, bewertet und berücksichtigt.
Ausgangspunkt war eine erkannte strategische Lücke zwischen neuen Aufgaben und wachsenden Anforderungen an die Landespolizei bei gleichzeitig stagnierenden, zum Teil auch rückläufigen Ressourcen. So sind beispielsweise die Anforderungen in den bestehenden Aufgabenfeldern erheblich gestiegen. Denken Sie an die Veränderung der Kriminalitätsstruktur mit der starken Zunahme der Hoheitsdelikte, der Wirtschaftskriminalität, an den Schutz von Großveranstaltungen - darauf ist schon hingewiesen worden - und die neuen Aufgaben als Folge der islamistischen und anderer Bedrohungen im Bereich der maritime security. Auch hat die Computerkriminalität in erheblichem Maße zugenommen. Der nationale und internationale Schwerlastverkehr nimmt zu und fordert die Polizei zunehmend, was Kontrollverpflichtungen angeht.
Neue Aufgaben und stetig steigende Anforderungen in bestehenden Aufgabenfeldern lösen Personalbedarfe aus, denen die Landespolizei angesichts der dramatischen Haushaltssituation des Landes mit
dem bestehenden Personalkörper begegnen muss. Insofern steht hier niemand, der mehr Stellen fordert, sondern jemand, der sagt: Wir müssen das tun, was möglich ist.
Die Landespolizei verfügt nicht über personelle Reserven. Die Umsetzung der Polizeireform III das will ich noch einmal deutlich sagen; hat dazu geführt, dass durch eine Reform von innen der operative Teil der Polizei verstärkt worden ist und sozusagen die Stabsbereiche ausgedünnt worden sind. Das sollen andere, die dies kritisieren, in anderen Bereichen erst einmal machen, bevor sie über Tabubereiche schwadronieren.
Nach der Umsetzung dieser Polizeireform haben wir, was den Stab angeht, nur noch das absolute Minimum, das funktional notwendig ist. Eine weitere Reduzierung ist ohne Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit der Organisation nicht realisierbar. Jeder, der Stellenkürzungen bei der Polizei fordert, soll mir bitte sagen, welches Revier in Schleswig-Holstein geschlossen werden soll. Das ist nämlich die Konsequenz, die man vertreten muss, wenn man solche allgemeinen Reden hält.
Die begrenzten Ressourcen machen aber Schwerpunktsetzungen erforderlich, sie machen eine priorisierende Aufgabenerledigung notwendig. Deswegen begrüße ich dieses Strategiepapier. Dies sind erste Überlegungen einer Neuausrichtung der Landespolizei. Dies ist vorausschauendes Denken. Genau das wollen wir von unseren Führungskräften auch haben.
Die Landespolizei folgt in ihrer Philosophie stringent dem Grundsatz, dass die Aufgaben die Organisation bestimmen und der Organisation, das Personal und die Sachausstattung folgen. Auf dieser Basis habe ich mich mit den Amts- und Behördenleitern unserer Landespolizei auf einen strukturierten Prozess vertiefender Untersuchungen aller strategischen Überlegungen verständigt. Unter Federführung des Landespolizeiamts befasst sich eine Arbeitsgruppe seit März dieses Jahres damit zu untersuchen, welche Aufgaben die Landespolizei mit welchem Personaleinsatz wahrnimmt, wobei sich die Untersuchung auf Hauptaufgaben konzentrieren muss und nicht zu kleinteilig werden darf.
Untersucht werden soll, bei welchen Aufgaben wir künftig Schwerpunkte setzen müssen. Diese Schwerpunkte sollen quasi identifiziert und priorisiert werden und es sollen auch Empfehlungen für eine Gegenfinanzierung ausgesprochen werden, das heißt, es sollen Aufgabenbereiche benannt wer
den, die künftig auch mit geringeren Standards wahrgenommen werden oder ganz wegfallen können. Auch darüber muss man reden, wenn man das intern lösen will. Das ist übrigens gar nicht so einfach.
Geprüft wird auch, ob Spezialisierung und Zentralisierung zu einer effizienten Aufgabenerledigung führen können.
Denken Sie daran, wie viel Kritik es daran gab, die Verkehrspolizei in der damaligen Form aufzulösen. Niemand beschwert sich heute mehr darüber, weil dies vernünftig gelöst worden ist.
Wir wollen die Arbeiten zu Beginn des nächsten Jahres abschließen. Die Ergebnisse sollen dem Innenministerium Ende Februar vorliegen. Diese dann zu bewerten und politisch zu entscheiden, ist sicherlich eine der wichtigen Aufgaben meines Nachfolgers.
Nach Abschluss dieses Prozesses wird in einem zweiten Prozessschritt eine Prüfung möglicher aufgabenbasierender Organisationsveränderungen der operativen Dienststellen erfolgen.
Insofern möchte ich sagen: Es geht natürlich auch um die Frage, wie wir Bürgerinnen und Bürgern rund um die Uhr Sicherheit anbieten können. Das ist nicht mit virtueller Präsenz möglich. Es nützt mir nichts, wenn irgendwo ein Polizeischild an der Wand angebracht ist, aber niemand da ist. In bestimmten Bereichen muss es auch darum gehen, dafür zu sorgen, dass schnelle Hilfe da ist, wenn sie benötigt wird. Im Umfeld von Flensburg und auch in anderen Bereichen ist das vorbildhaft der Fall. Deshalb muss sich hier auch niemand zum Retter kleiner Stationen machen, die gar nicht bedroht sind. Wir werden das schon selbst vernünftig ausgestalten. Dazu braucht man keine Horrorszenarien an die Wand zu malen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind das höchste Gut der Polizei. Das will ich noch einmal ausdrücklich sagen. Ich habe mich ja vorhin schon dazu bekannt.
Wir haben eine sehr gute Polizei, übrigens eine, die zu Recht eine hohe Anerkennung in der Bevölkerung genießt, die sehr viel Überstunden macht, die aber unsere Unterstützung nicht nur in Sonntagsreden bedarf und übrigens auch nicht in wohlfeilen Bemerkungen, wie sie zum Schluss gerade wieder der Oppositionsführer gemacht hat. Vielmehr muss man dann auch Konzepte vertreten, die in der Pra
xis umgesetzt werden können, mit Sachverstand, wo er vorhanden ist, und mit der Kompetenz, dass man das, was man zusagt, auch einhält.
So wird das bei dieser Polizeireform auch der Fall sein. Wir verfügen über gute Führungskräfte in der Polizei. Deswegen bin ich ganz sicher, dass am Ende etwas herauskommt, was im Interesse der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes liegt.
Glücklicherweise sind wir nicht auf Sie angewiesen, sondern auf die große Unterstützung in diesem Haus. Ich bin ganz sicher, dass dies auch weiterhin so bleibt.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn Sie „Ach Gott!“ sagen, sage ich Ihnen, ich habe mich nicht wegen Ihnen noch einmal gemeldet - das lohnte nicht -, sondern weil der Beitrag der Abgeordneten Spoorendonk eine angemessene Antwort erwartet.
- Bei Ihnen klatscht auch nur ein Mitglied im Saal, wenn Sie reden. Insofern habe ich schon ein gewisses Mitleid für Sie.
Ich wollte etwas zur Frau Abgeordneten Spoorendonk sagen. Sie hat ein paar Punkte vorgetragen, die schon eine Antwort verdienen. Frau Kollegin, man muss sich entscheiden, was man will. Mir wird vorgehalten, ich setzte mich nicht mit Kritik auseinander, zum Beispiel mit der des Präsidenten des Landesrechnungshofes. Ich schätze den Präsidenten des Landesrechnungshofs sehr, bin aber nicht der Meinung, dass man all seinen Vorschlägen folgen sollte, weder bei der Big Band noch beim Aufwand bei der Einstellung von Polizisten noch bei der Frage des möglichen Abbaus von Polizeistellen. Da bin ich nicht seiner Auffassung. Das sage ich ausdrücklich hier in diesem Haus. Das ist nicht meine Position.
Aber dass man sich damit auseinandersetzt und überprüft, ob man die Schwerpunkte richtig setzt, kann man von einem Innenminister verlangen, der die Haushaltslage des Landes gut kennt.
- Sie machen einen richtigen Wettbewerb darum, das Niveau auf den niedrigsten Punkt zu bringen. Sie schaffen das fast immer.
- Das gelingt Ihnen aber weniger gut.
Zu den Kommunalwahlen, liebe Anke Spoorendonk. Ich wäre der Allerletzte, der irgendein Thema aus Angst vor Kommunalwahlen nicht behandelt. Diese Frage wird nicht mit Blick auf Kommunalwahlen betrachtet, sondern ausschließlich unter polizeifachlichen Gesichtspunkten. Das ist der einzige Gesichtspunkt, der, bezogen auf die Frage, was man mit bestimmten Stationen macht, angemessen ist.
- In der Zeitung steht vieles. - Da kann es weder Tabus noch Heiligsprechungen geben.
Sie sagen, die Transparenz sei nicht da. Das ist doch das, was die Polizei zunächst tun soll, nämlich dass sie zunächst einmal für sich klärt und in der Polizeiführung bewertet. Dann ist das Innenminis
terium gefragt. Wenn es Änderungsbedarf gibt, wird das dann politisch gesagt und gegenüber diesem Parlament verantwortet. Das gehört sich so. Nähme man zu jedem Gerücht Stellung, könnte man den ganzen Tag nichts anderes tun.
Sie wissen, was ich von der Nummer mit den 5.000 Stellen halte. Sie wissen, was ich insbesondere auf die Polizei bezogen davon halte. Ich kann Ihnen nur sagen: im Polizeibereich nicht. Dafür stehe ich als Innenminister. Die Haltung einer Fraktion, die ich sehr gut kenne und der ich angehöre, kenne ich dazu auch. Insofern muss mir niemand Dinge unterstellen. In der Polizei muss niemand Angst haben es sei denn, irgendwann tritt einmal der Fall ein, dass der Kollege Kubicki Verantwortung übernimmt. Aber der Fall ist so unwahrscheinlich, dass sie auch keine wirkliche Angst haben müssen. Insofern ist eigentlich alles bestens geregelt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Schneller, preiswerter, leichter - diese Ziele verfolgt die Ihnen vorgelegte Novellierung der Landesbauordnung Schleswig-Holstein. Dabei bewegen wir uns im Spannungsfeld von Gefahrenabwehr, Gewährleistung sozialer Standards und Baugestaltung. Die Novellierung erfolgt mit Augenmaß und mit Sachverstand.
Der Gesetzentwurf verfolgt im Wesentlichen folgende Ziele:
Erstens. Die Regelungen werden auf das erforderliche Mindestmaß beschränkt, nachdem die Landesbauordnung durch eine unabhängige Sachverständigenkommission überprüft worden ist.
Zweitens. Die Verfahren werden fortentwickelt und weiter vereinfacht. Im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren, in das der größte Teil der Bauvorhaben fällt, wird weiter gehender als im bisherigen Bauordnungsrecht überhaupt nicht mehr geprüft. Das bisherige Baufreistellungsverfahren ist zu einem Genehmigungsfreistellungsverfahren entwickelt worden, in dem die Gemeinde eine besondere Rechtsstellung erhält und in das deutlich mehr Vorhaben als bisher fallen. Zusätzliche Fristenregelungen lassen eine weiter gehende Beschleunigung der Verfahren erwarten.
Drittens. Der Katalog der verfahrensfreien Vorhaben, die weder einer Baugenehmigung bedürfen noch anzuzeigen sind, ist maßvoll erweitert worden.
Viertens. Die Erkenntnisse aus den praktischen Erfahrungen, die mit der bisherigen Landesbauordnung im kommunalen Bereich sowie in der Architekten- und Ingenieurschaft gesammelt wurden, werden in der neuen Landesbauordnung umgesetzt.
Dieser Gesetzentwurf erhielt in der Anhörung - naturgemäß mit unterschiedlicher Gewichtung - eine positive Resonanz. Dabei fanden die Fortentwicklung der Verfahren, die Verminderung der Vorschriftendichte sowie die Erweiterung der verfahrensfreien Vorhaben breite Zustimmung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das, was man jetzt in Hamburg gerade als Fortschritt der Entbürokratisierung feiert, haben wir schon seit fünf Jahren in der schleswig-holsteinischen Bauordnung.
Die weitgehende Streichung bisheriger Regelungen macht eine Gesamtnovellierung des Gesetzes mit neuer Paragraphenfolge erforderlich. Der Umfang der Vorschriften hat sich erheblich verringert. Unter Berücksichtigung der Beschlüsse der unabhängigen Sachverständigenkommission sind, soweit vertretbar, materielle Regelungen gestrichen worden, die verzichtbar sind oder in die Eigenverantwortung der Nutzerinnen und Nutzer gestellt werden können. Soweit Regelungen weiterhin erforderlich sind, sind die Anforderungen so gering wie möglich gehalten worden und anwenderorientiert formuliert.
Abweichend von den Beschlüssen der Sachverständigenkommission ist das Innenministerium aber dem Vorschlag zum Verzicht auf die Verpflichtung zum Einbau von Rauchwarnmeldern in Wohnungen nicht gefolgt, weil das dem Schutz von Leib und Leben dient und dieser Landtag beschlossen hat, dass er das so will, dass wir das machen. Das ist ja noch gar nicht so lange her, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Prüfung und Überwachung bautechnischer Anforderungen sind, weil die bautechnischen Risiko- und Gefährdungspotenziale nicht verfahrens-, sondern vorhabenabhängig sind, eigenständig geregelt worden, und zwar je nach Schwierigkeitsgrad und Gefährdungspotenzial differenziert zwischen den Bauvorhaben. Bei Sozialbauten wie zum Beispiel einer Eissporthalle ist es schlecht, wenn dann, wenn so etwas passiert ist, über Defizite geredet wird, zum Beispiel dass es eine unabhängige Prüfung geben muss. Man muss das vorher tun; das ist jedenfalls meine Auffassung. Deshalb wird es auch weiterhin umfassend geprüft. Das, was in Bayern bisher anders war als in allen anderen Ländern, ist dort zu Recht geändert worden.
Die Verantwortung der am Bau Beteiligten wird weiter gehend klargestellt. Im Rahmen der bautechnischen Nachweise erhalten Prüfingenieurinnen und Prüfingenieure für Standsicherheit und die neu eingeführten Prüfsachverständigen für Brandschutz eindeutige Verantwortungsbereiche. Diese Sachverständigen verantworten oder prüfen in ihren Aufgabenbereichen abschließend bautechnische Nachweise und den Brandschutz, ohne dass es einer gesonderten Prüfung durch die Behörden bedarf.
Ich meine, Sie werden sehen, dass dies eines der Gesetze ist, das all die Dinge, die Sie uns immer wieder zu Recht mit auf den Weg geben, erfüllt.
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und freue mich auf die Diskussion im Plenum und in
den Ausschüssen. Ich glaube, wir haben damit wieder einmal bewiesen, dass Schleswig-Holstein in diesen Fragen nicht nur im Norden ganz oben, sondern auch ganz vorne ist.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen gilt wohl noch stärker als den anderen Flüchtlingen unser Mitgefühl. Dennoch bewegen wir uns hier in einem vorgegebenen Rechtsrahmen. Deshalb geht es darum, ein Höchstmaß an menschenwürdiger Behandlung zu garantieren, aber natürlich auch darum, keine falschen Hoffnungen zu wecken und die Perspektiven dieser Menschen so zügig wie möglich zu klären.
Lassen Sie mich zunächst die Kernbereiche des Berichts, nämlich Unterbringung, Clearingstelle und Aufenthaltsstatus, vorstellen. Die Minderjährigen werden zunächst von den allein und ohne fachliche Aufsicht des Landes verantwortlichen Jugendämtern bei Bereitschaftspflegestellen, in geeigneten Einrichtungen oder sonstigen Wohnformen untergebracht. Dann wird geklärt, wie es weitergeht. Dazu gehören Fragen wie: Gibt es weiteren Jugendhilfebedarf? Ist eine Rückkehr in ein Heimatland oder eine Familienzusammenführung möglich?
Nur wenn die unbegleiteten Flüchtlinge unter 16 Jahre alt sind und bei einer entsprechenden Entscheidung des Jugendamtes werden sie in der Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende untergebracht. Das finde ich persönlich auch richtig, dass das so geregelt ist und dass wir da nicht nach Deutschen und Ausländern unterscheiden, was die Jugendlichen und Kinder angeht.
Dort haben dann die Jugendlichen eine entsprechende Betreuerin. Auch bei der räumlichen Unterbringung wird auf das Alter des Jugendlichen ebenso wie auf muttersprachliche sowie herkunftsstaatliche Besonderheiten Rücksicht genommen. Denn wir müssen natürlich auch darüber nachdenken, was das für einen Menschen, gerade für Kinder und Jugendliche, bedeutet, fern der Heimat zu sein und sich besonders einsam und allein zu fühlen. Darauf muss man entsprechend Rücksicht nehmen.
Sobald der Aufenthalt in der Erstaufnahmeeinrichtung für das Asylverfahren nicht mehr erforderlich ist, kommen die Minderjährigen möglichst in die Nähe zu dem in Schleswig-Holstein lebenden Vormund.
Das Achte Buch des Sozialgesetzbuches sieht ein besonderes Clearing- und Aufnahmeverfahren
für unbegleitet eingereiste minderjährige Flüchtlinge nicht vor. Der Landesjugendhilfeausschuss hat sich im Mai mit dieser Frage befasst. Für die Schaffung einer derartigen zentralen Jugendhilfeeinrichtung oder Clearingstelle fand sich keine Mehrheit, unter anderem, weil man der Meinung war, dass die bestehende Jugendhilfestruktur ausreichend ist und weil man daran zweifelte, dass es eine wirtschaftliche Auslastung geben würde. Schließlich hat der Jugendhilfeausschuss einstimmig beschlossen, dass er ein einheitliches Verfahren auf der Grundlage des § 42 SGB VIII für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Schleswig-Holstein wünscht.
Das Landesjugendamt wird für diesen Beschluss bei den Arbeitsgemeinschaften der Jugendamtsleitungen der Kreise beziehungsweise der kreisfreien Städte werben und seine Beratung anbieten. Das Ergebnis einer entsprechenden Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die einen Handlungsleitfaden zur praktischen Umsetzung der anzuwendenden Vorschriften im Jugendhilfe- und Ausländerrecht erarbeitete, kann dabei sicher einbezogen werden. Ich glaube übrigens, dass die praktischen Fragen in dem Kontext viel wichtiger sind als die rechtlichen.
Die Möglichkeit der Gewährung eines gesicherten Aufenthaltsrechts sind stark abhängig von den Umständen des Einzelfalls. Eine besondere Planungskompetenz der Landesregierung zur Gewährung von Aufenthaltsrechten gibt es auch in den Fällen unbegleiteter minderjähriger Personen nicht. Aber ich werbe an dieser Stelle dafür - wie immer -: Das Land Schleswig-Holstein nutzt die humanitären Spielräume, die uns unser Recht bietet, mehr als jedes andere Land in der Bundesrepublik Deutschland und das wird auch so bleiben.
Das Innenministerium kann in allen Bereichen des Aufenthalts- und Asylverfahrensrecht durch die Schaffung von Erlassen bei Bedarf ermessensleitend tätig werden.
Es kann sich - ebenso wie im Fall erwachsener Personen - auch bei unbegleiteten minderjährigen Personen manchmal dennoch eine vollziehbare Verpflichtung zur Ausreise ergeben. Ich füge immer hinzu, dass das der schlechteste Fall ist, den wir haben können. Ich gehöre nicht zu denjenigen, die sich freuen, wenn sie auf diesem Gebiet Erfolgszahlen zu vermelden haben. Alles, was freiwillig möglich ist und was so etwas vermeidet, ist besser. Aber solange wir nicht zu dem Punkt gekommen sind, dass wir sagen, jeder, der nach Deutschland kommt, kann hier bleiben - und dazu werden wir vermutlich nicht kommen -, muss man darüber re
den, wie man das so ausgestaltet, dass sie möglichst ohne Belastung - ich betone noch einmal, bei Kindern und Jugendlichen ist das eine besondere Verpflichtung, die noch mehr trägt als bei Erwachsenen - durchgeführt werden kann.
Es gibt die Entschließung des Europäischen Rates von 1997, die sagt, dass eine Rückführung unbegleiteter Minderjähriger nur dann erfolgen kann, wenn eine Übernahme der Betroffenen bei Ankunft im Aufnahme- oder Herkunftsland auch durch geeignete Organisationen gewährleistet ist. Das heißt, dass man sie sich nicht selbst überlässt.
Die Möglichkeiten des Familiennachzugs sind stark von dem Aufenthaltsstatus abhängig. Sofern sie Asylberechtigte oder Flüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskonvention sind, können den Eltern der Betroffenen nach den geltenden aufenthaltsrechtlichen Regelungen Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet unter geringen Erteilungsvoraussetzungen erlaubt werden. Auch dieses machen wir in Schleswig-Holstein im Rahmen dessen, was humanitär möglich ist - mehr als andere.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Frau Präsidentin, ich brauche noch ein bisschen Zeit, aber ich beeile mich.
Die Anzahl der unbegleiteten minderjährigen Personen geht zurück, so wie die Asylbewerberzahlen insgesamt. Über das, was zu ihrem besonderen Schutz getan wird, kann man immer reden. Ich bin übrigens der Meinung, dass wir das auch auf europäischer Ebene tun sollten. Der Kollege Döring stimmt mir da sicher zu, dass das in unseren europapolitischen Diskussionen eine Rolle spielen muss, dass dieses nicht je nach Bundesland geschieht, sondern dass wir uns europaweit damit beschäftigen, dass wir die speziellen Bedürfnisse besonders schutzbedürftiger Asylsuchender in allen Phasen des Asylprozesses ermitteln und die minderjährigen Personen so behandeln, wie wir möchten, dass unsere eigenen Kinder behandelt werden sollten, wenn sie in eine solche Situation kämen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich nach dem Beitrag des Kollegen Harms zur Wort gemeldet. Ich möchte mit dem letzten Satz beginnen, den Frau Heinold hier gesagt hat. Ich teile ihn ausdrücklich. Deswegen will ich zurückweisen, dass die Realität in einer Art und Weise beschrieben wird, die nicht stimmt.
Erstens ist es so, dass in der Tat alle Anspruch darauf haben, aufgenommen zu werden. Das geschieht übrigens auch. Das Entscheidende für mich ist nicht, dass wir Statistiken anfertigen, sondern dass die Betroffenen aufgenommen werden. Gerade weil es keine Inhaftnahme ist, Herr Kollege Dr. Klug, passiert es immer wieder, dass in der Tat auch Jugendliche untertauchen. Ich finde es bedauerlich, dass das so ist. Wir nehmen sie aber nicht in Haft. Insofern passiert es - wie übrigens auch bei deutschen Jugendlichen -, dass sie gelegentlich ausreißen. Das passiert nicht, weil wir ihnen die Hilfe verweigern wollen. Wir reden mit den Ausländerbehörden in der Tat darüber, dass das so gut wie möglich erfolgt. Da geht wirklich keiner unter. Deswegen möchte ich das zurückweisen. Die Realität, die Sie beschrieben haben, Herr Harms, ist jedenfalls nicht die in Schleswig-Holstein.
Das Zweite. Das war ein Vorwurf von Ihnen, Herr Dr. Klug. Es ist nicht so, dass Jugendliche durch Entscheidungen schleswig-holsteinischer Behörden in Abschiebehaft genommen werden. Im letzten Jahr gab es nicht einen einzigen Fall. Die beiden Fälle, die uns genannt worden sind, betrafen keine Jugendliche unter 18 Jahren, sondern Personen, die über 18 gewesen sind. Alle anderen kommen von der Bundespolizei.
Ich habe nicht nur dem Flüchtlingsbeauftragten, sondern auch Ihren Vertretern im Innen- und Rechtsausschuss gesagt, dass eine Weisungsbefugnis des schleswig-holsteinischen Innenministers über die Bundespolizei im Augenblick nicht besteht. Es ist, glaube ich, auch nicht vorgesehen, dass das geschieht. Insofern bitte ich darum, auch diejenigen, die zu kritisieren sind, zu kritisieren. Die Landesregierung lässt sich daran messen, dass wir humanitäre Spielräume gelten lassen wollen und die Kinder und Jugendlichen so gut betreuen, wie es irgend geht. Ich weise den Vorwurf wirklich zurück.
Wir müssen gemeinsam alles tun, was möglich ist. Bitte nicht ein Bild zeichnen nach dem Motto: Es gibt die Guten, die wollen etwas tun, und es gibt das Innenministerium, das sich gar nicht kümmert, nichtssagende Berichte gibt und nichts ändern will. Das ist falsch. Das geht auch ein Stück gegen meine Ehre. Deswegen will ich das hier so deutlich sagen. Wir alle müssen etwas dafür tun.
Ich wünsche mir übrigens andere ausländerrechtliche Regelungen. Die scheitern nun weiß Gott nicht an Schleswig-Holstein. Wir reden mit dem Bundesinnenminister auch über das, was die Bundespolizei betrifft. In Schleswig-Holstein finden Sie nicht einen einzigen Fall, in dem ein Jugendlicher in Ab
schiebehaft genommen wird. Das ist nämlich die allerletzte und schlechteste Möglichkeit. Das passiert bei uns nicht. Das festzustellen, darauf lege ich hier großen Wert.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Es erfolgt keine Landtagstagung ohne das Thema Verwaltungsstrukturreform; das ist auch gut so. Aber, liebe Frau Kollegin Spoorendonk, es gibt auch keine Landtagstagung, in der Sie nicht Generalkritik an unserer Ämterreform üben. Ob das so gut ist, weiß ich nicht. Ich teile Ihre Kritik daran jedenfalls überhaupt nicht. Denn das, was wir im Bereich der Ämterreform vorweisen, ist insgesamt betrachtet ein erheblicher Erfolg. Wir gehen offensiv und ehrlich auf dem unumkehrbaren Weg zu einer Verwaltungs- und Funktionalreform in Schleswig-Holstein voran.
Der vorgelegte Gesetzentwurf der regierungstragenden Fraktionen leistet einen Beitrag zur besseren praktischen Umsetzung der Verwaltungsstrukturreform auf Amts- und Gemeindeebene. Konkret greift er eine Problematik auf, die sich im Rahmen der Verwaltungsstrukturreform bei Gemeindevereinigungen sowie Ämterzusammenlegung stellt: In diesen Fällen können rechtsverbindliche Entscheidungen erst von der neuen Gemeinde beziehungsweise dem neuen Amt getroffen werden. Was den Fall von Südtondern angeht, so geht es darum, dass nur der neue Amtsausschuss die Wahl einer Amtsdirektorin oder eines Amtsdirektors vornehmen kann. Da das Wahlverfahren dafür mit der Stellenausschreibung beginnt, müsste der neue Amtsausschuss des Amtes Südtondern in seiner konstituierenden Sitzung für diese Wahl zunächst
die Stellenausschreibung beschließen. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn der Amtsausschuss einen Verzicht auf eine Stellenausschreibung beschließt. Dies würde von der zuständigen Kommunalaufsicht dem Landrat des Kreises Nordfriesland dann genehmigt werden, wenn dieser Antrag von einem breiten politischen Konsens getragen wird. Nur in diesem Fall könnte der Amtsausschuss in seiner konstituierenden Sitzung einen Amtsdirektor oder eine Amtsdirektorin wählen.
Sollte ein Verzicht auf die Stellenausschreibung nicht möglich sein - dies ist immer noch eine Alternative, die bleibt -, dann schafft der Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU und SPD die Möglichkeit, dass die Kommunalaufsichtsbehörde auf Antrag der von der Neubildung des Amtes betroffenen Gemeinden diese Stellenausschreibung bereits veranlasst, sodass Zeit gespart werden kann. Damit würde die Zeit der Bestellung eines Beauftragten deutlich verkürzt werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, hier geht es nicht nur um das Amt Südtondern, sondern es geht in der Tat auch um Gemeindevereinigungen wie zum Beispiel Raisdorf und Klausdorf oder Handewitt und Jarplund-Weding, die sich zum 1 März 2008 zu einer jeweils neuen Gemeinde vereinigen wollen; in Klausdorf und Raisdorf muss man nur noch einen schönen Namen finden.
Der Gesetzentwurf ermöglicht eine frühzeitige Stellenausschreibung für eine Bürgermeisterin oder einen Bürgermeister bereits vor dem Wirksamwerden des Zusammenschlusses. Dadurch werden die neuen Gemeinden in die Lage versetzt, die Bürgermeisterwahl zusammen mit der Kommunalwahl 2008 durchzuführen. Dies ist ein Höchstmaß an Synergien bei der gesamten Wahlvorbereitung.
Flankierend dazu wollen wir auch das Gemeindeund Kreiswahlgesetz ändern, sodass die Kommunalaufsichtsbehörden in diesen Fällen auch den Wahltag und den Tag einer notwendig werdenden Stichwahl bestimmen können, was für die Stellenausschreibung zwingend erforderlich ist. Auch müsste eine Gemeindewahlleiterin oder ein Gemeindewahlleiter zur Verfügung stehen; auch hierfür gibt es Regelungen im Gesetz.
Weiterhin berücksichtigt der Gesetzentwurf, dass auch in den Fällen der Neubildung von Gemeinden die Höchstaltersgrenze für Bewerberinnen und Bewerber für das Bürgermeisteramt keine Anwendung findet. Sie dürfen am Tag der Erstwahl das 60. Lebensjahr bereits vollendet haben. Hier wird konsequenterweise auf die Übergangsbestimmun
gen des zweiten Verwaltungsstrukturgesetzes verwiesen.
Ich freue mich, dass dieser Gesetzentwurf so schnell wie möglich in Kraft treten soll, damit dem Amt Südtondern, das bekanntlich zum 1. Januar 2008 gegründet wird, geholfen werden kann.
Zu dem, was der Abgeordnete Hildebrand hier gesagt hat, möchte ich Folgendes anmerken: Sie haben nicht nur Äpfel mit Birnen verglichen, sondern Sie haben vielmehr Äpfel mit Pferdeäpfeln verglichen. Bei dem einen Fall geht es nämlich darum, dass eine Verwaltungsreform gewollt wird; das wollen wir beschleunigen. In dem anderen Fall geht es darum, dass auf Sylt eine Verwaltungsreform verhindert werden soll. Das muss man nicht auch noch unterstützen. Das ist der kleine Unterschied, aber vielleicht informieren Sie sich einmal darüber, wenn Sie das nächste Mal auf Sylt, Herr Abgeordneter. Dann werden Sie es vielleicht mitbekommen.
Insofern ist die Haltung des Innenministeriums keineswegs widersprüchlich, sondern in Gänze konsequent.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Wer kennt sie nicht: die Sammlung durch das Müttergenesungswerk in der Zeit um Muttertag, die Altkleidersammlungen gemeinnütziger Organisationen, die Sammlung der Deutschen Umwelthilfe am Tag der Umwelt und die vielen anderen Straßen-, Haus- und sonstigen Sammlungen.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Aufhebung des Sammlungsgesetzes werden die Sammlungsträger finanziell und organisatorisch entlastet. Zugleich leistet die Landesregierung einen weiteren Beitrag zum Bürokratieabbau in Schleswig-Holstein.
Dabei reichen die im allgemeinen Ordnungsrecht vorgesehenen Instrumente zur Reglementierung des Sammlungswesens als Schutz für die Bevölkerung durchaus aus. Das Sammlungsgesetz sieht vor, dass Haus- und Straßensammlungen sowie Altmaterialsammlungen der Erlaubnis bedürfen und überwacht werden müssen. Außerdem muss der Veranstalter Rechenschaft über das Sammlungsergebnis ablegen.
Durch die Aufhebung dieses Gesetzes werden daher nicht nur die Veranstalter, sondern auch die Kommunen entlastet. Andere Bundesländer wie Brandenburg, Berlin, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt haben ihre Sammlungsgesetze aufgehoben. In Hessen wird das Sammlungsgesetz zum 1. Januar 2010 wegfallen.
In Schleswig-Holstein ist dieses Gesetz seit 1970 nahezu unverändert in Kraft. Mittlerweile wird jedoch der Großteil der Spenden nicht mehr in den hierin geregelten Haus- und Straßensammlungen, sondern über neue Formen des Fundraising wie Fernsehwerbung, Telefonmarketing und Internetauftritte eingeworben.
Auch ohne das Sammlungsgesetz können wir die Bürgerinnen und Bürger vor schwarzen Schafen unter den Sammlern schützen; darum muss es natürlich gehen. Zur Verfügung steht hier das allgemeine Gefahrenabwehrrecht. Fälle von Spendenbetrug können durch steuerrechtliche Verfolgung geahndet werden.
Die Prüfung eines alternativen Anerkennungsverfahrens für Veranstalter von Sammlungen ergab, dass damit das Ziel der Entbürokratisierung verfehlt würde. Der Staat ist bei der Regulierung des Sammlungswesens zu Neutralität verpflichtet. Er kann nicht bestimmte Sammlungszwecke privilegieren.
Mit dem Aufhebungsgesetz wird auch die gesetzliche Pflicht zur Erstellung eines Sammlungsplans wegfallen. Bisher wurde der Sammlungsplan durch das Land in Abstimmung mit den gemeinnützigen Organisationen aufgestellt, damit landesweit jeweils nur eine Sammlung zur gleichen Zeit stattfindet.
Ein weiterer Erhalt des Sammlungsplans widerspräche dem Ziel der Deregulierung; denn das wäre nur auf der Grundlage von Gesetzen möglich.
Ich denke aber, dass die gemeinnützigen Organisationen untereinander zukünftig auf freiwilliger Basis die zeitliche Abstimmung von Sammlungen vornehmen können.
Die Aufhebung des Sammlungsgesetzes zum 1. Januar 2009 soll den gemeinnützigen Trägern Zeit für gegebenenfalls gewünschte vertrauensbildende Maßnahmen geben. Seriöse Organisationen können ihre Sammlungsaktionen auch zum Beispiel durch ein Siegel des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen oder durch den Deutschen Spendenrat zertifizieren lassen.
Im Personenstandswesen gibt das Inkrafttreten des Personenstandsrechtsreformgesetzes - schreckliche Namen haben die, aber das ist ein einfaches Gesetz - am 1. Januar 2009 Anlass zur Rechtsbereinigung. Das Gesetz sieht vor, dass die personenstandsrechtlichen Vorschriften in entsprechender Weise auf Lebenspartnerschaften anzuwenden sind. Das Lebenspartnerschaftsausführungsgesetz ist infolgedessen entbehrlich. Gleiches gilt für die Landesverordnung über die zuständige Behörde zur Entgegennahme namensrechtlicher Erklärungen nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz.
All diese Namen sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir hier letztlich über Bürokratieabbau reden, der in seiner Substanz die Bürgerinnen und Bürger in keiner Weise belastet. Deshalb hoffe ich, dass der Schleswig-Holsteinische Landtag die Landesregierung in dieser Frage unterstützt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Im Jahr 2007 ist das Thema doppelte Staatsangehörigkeit, wie ich hoffe, keines mehr, mit dem man Wahlkampfkampagnen praktizieren möchte. Im Jahr 2007 ist das Thema Integrationspolitik bundesweit ein gesellschaftliches Topthema. In allen Ländern wird inzwischen Integrationspolitik als zentrale gesellschaftliche Zukunftsaufgabe verstanden. Die drei wichtigsten Schritte für mich sind in dem Zusammenhang erstens der Grundsatz des Förderns und des Forderns. Das heißt, dass auf der einen Seite die Gesellschaft ihre ausgestreckte Hand zeigt und auf der anderen Seite die Zugewanderten und ihre Familien entsprechende Angebote annehmen und sich integrieren. Das gilt übrigens für alle Gebiete der Integration, angefangen bei der Wohnungs- und Städtebaupolitik bis hin zu Bildung, Sport und Kultur.
Zweitens. Bildung ist die wichtigste Voraussetzung für Integration. Wir müssen auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung Aufstiegschancen für alle gewährleisten.
Drittens. Entideologisierung der Staatsbürgerschaftsfragen, über die wir heute sprechen. Das Staatsangehörigkeitsrecht ist durch das Gesetz zur Reform aus dem Jahr 2000, das Zuwanderungsgesetz von 2005 und das vor wenigen Wochen in Kraft getretene Gesetz zur Umsetzung der Europäischen Richtlinien geändert worden.
An dem Grundsatz, nur diejenigen einzubürgen, die ihre bisherige Staatsangehörigkeit aufgeben, wurde bis heute eisern festgehalten. 1999 ist die damalige Initiative der rot-grünen Bundesregierung, Mehrstaatlichkeit hinzunehmen, gescheitert. Aber immerhin ist mit dem Reformgesetz 2000 das traditionelle Abstammungsprinzip erstmals durch Elemente des Geburtsortsprinzips für die im Inland geborenen Kinder ausländischer Eltern, allerdings mit Optionsverpflichtung, ergänzt worden. Daneben haben wir ein paar zusätzliche Ausnahmetatbestände bekommen, was die Hinnahme von Mehrstaatlichkeit angeht.
Wie sieht nun die Wirklichkeit aus, meine sehr verehrten Damen und Herren? - Wenn ich mir die Einbürgerungsstatistik seit Inkrafttreten des Reformgesetzes ansehe, stelle ich fest, dass rund 44 % der bis 2005 in Deutschland vorgenommenen Einbürgerungen unter Hinnahme von Mehrstaatlichkeit erfolgen. In Schleswig-Holstein sind das übrigens 50 %. Das heißt, das ist nicht mehr die Ausnahme, sondern das ist in Teilen sogar schon fast die Regel. Hinzu kommen noch die Kinder aus binationalen
Ehen, die durch Geburt dauerhaft Mehrstaatlichkeit erwerben, und die Spätaussiedler.
Durch das Richtlinienumsetzungsgesetz der Europäischen Union wird sich das Verhältnis sogar noch stärker in diese Richtung entwickeln. Mehrstaatlichkeit ist also etwas, was es in vielen Staaten der Europäischen Union gibt, ohne dass es dabei auf Gegenseitigkeit ankommt. Ich glaube, dieses Richtlinienumsetzungsgesetz wird nicht der letzte Schritt sein, was das Staatsangehörigkeitsrecht angeht. Ich will hier sehr deutlich sagen: Wir sollten das Thema wirklich entideologisieren. Menschen, die sich hier integriert haben, insbesondere diejenigen, die hier geboren sind, die die deutsche Sprache sprechen, sollten ohne Wenn und Aber Deutsche sein können, auch wenn sie noch eine andere Staatsangehörigkeit haben.
Wir haben im nächsten Jahr erstmals junge Menschen, die volljährig werden und sich für eine Staatsangehörigkeit entscheiden müssen. Dies bedeutet nicht nur technische Schwierigkeiten, sondern das bedeutet: Wir tragen Streit in die Familien. Wo liegt eigentlich die Bedrohung für unseren Staat, wenn jemand zwei Staatsangehörigkeiten hat? Wir leben doch in einer zunehmend globalisierten und zusammenwachsenden Welt und andere Länder machen das auch.
Unabhängig davon, dass das Realität ist: Die Vorstellung, dass das Bundesverfassungsgericht dem zustimmen könnte, dass erstmals in der Geschichte Deutschlands Deutsche ausgebürgert werden, wenn man das macht - darauf läuft es hinaus -, halte ich es für mit unserem Grundgesetz schwer vereinbar.
Insofern glaube ich, dass die Abschaffung des Optionsmodells ein Fortschritt wäre und insofern auch das, was der Antrag will.
Ich will allerdings gern zugeben - da schließe ich mich dem an, was der Herr Abgeordnete Puls gesagt hat -: Dafür muss man gesellschaftspolitisch noch ein bisschen tun. Auch innerhalb der Regierungskoalition gibt es in diesem Punkt keine Einigung. Deswegen kann die Landesregierung noch keine Initiativen ergreifen.
Ich setze aber darauf, dass das auf Sicht ein Thema ist, das wir mit dem Kopf und nicht so sehr mit anderen Körperteilen behandeln. Denn ich glaube wirklich, wir tun den Menschen einen Tort an,
wenn wir sie zwingen, sich im Zweifelsfall gegen bestimmte Dinge zu entscheiden. Wo liegt die Vernunft darin? Die Zeit dafür wird kommen. Ich wünsche mir sehr, dass wir dann zu einem Punkt kommen, in dem in einem Parlament wie diesem nicht darüber gestritten wird, sondern alle sagen: „Es ist gut, dass wir es tun.“ - Der Tag wird kommen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Lassen sie mich zunächst einen Blick zurückwerfen. Der derzeit bundesweit unnötig emotional geführten Diskussion gegen die bekannte Beschwerdeentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 31. Januar 2007 ging ein die OnlineDurchsuchung ablehnender Beschluss eines BGHErmittlungsrichters voraus. Der Bundesgerichtshof stellte fest, dass die heimliche Durchsuchung der im Computer eines Beschuldigten gespeicherten Dateien mithilfe eines Programms, das ohne Wissen des Betroffenen aufgespielt wird, also die verdeckte Online-Durchsuchung, nach der geltenden Strafprozessordnung unzulässig sei. Das deutsche
Strafverfahrensrecht stellt zurzeit passgenaue Ermächtigungsgrundlagen dafür nicht zur Verfügung. Der BGH hat offengelassen, ob eine OnlineDurchsuchung auf der Grundlage einer geänderten Strafprozessordnung für das Strafverfahren oder auch für andere Rechtsbereiche möglich wäre. Ebenso hat der BGH keine Aussage darüber getroffen, ob einer Änderung einfachen Rechts eine Verfassungsänderung vorausgehen müsste. So weit die Ausgangslage.
Dass die Sicherheitsbehörden mit der technischen Entwicklung Schritt halten müssen, ist, glaube ich, für alle unbestritten. Diesen Konsens hat übrigens die Berliner Konferenz der Innenminister und -senatoren vom 7. September auch gebracht. Computer sollten per se auch nicht anders behandelt werden als andere Kommunikationsmedien. Ich bin auch nicht der Meinung, dass Computer intimer seien als Schlafzimmer oder andere Dinge, die teilweise durchaus Gegenstand von staatlichem Handeln mit entsprechenden Vorkehrungen und richterlichen Entscheidungen und Ähnlichem mehr sind.
Ich will aber auch deutlich sagen, dass der Druck gerade auf mich auf der jüngsten Sonderkonferenz, den Online-Duchsuchungskompetenzen für das BKA zuzustimmen, immens war. Die jüngsten Fahndungserfolge im Sauerland allerdings waren eben gerade kein Beweis dafür, dass es nicht ohne Online-Durchsuchung geht. In diesem Fall haben klassische Methoden wie der Lauschangriff die Haupterkenntnisse gebracht.
Neue Kommunikationsmittel bieten übrigens unzählige Ausweichmöglichkeiten. Terroristen haben Handys, die sie wegwerfen. Oder aber sie halten sich in Callshops auf, von denen es übrigen allein im Sauerland - was ich gar nicht wusste - ungefähr 70 gibt. Stellen Sie sich das also einmal in einer Metropole vor! Die kann man nicht alle überwachen.
Das Thema Online-Durchsuchung - ich knüpfe an das an, was ich eben gesagt habe - sollte mit kühlem Kopf diskutiert werden. Wir reden über gravierende Eingriffe in Freiheitsrechte. Das geht nicht im Schnellschuss.
Und: Kollegen aus anderen Ländern berichten, dass sie nicht genügend Leute haben, um die Gefährder zu überwachen, bauen aber gleichzeitig Polizeistellen ab. Da liegt eine Sicherheitslücke. Glaubwürdig ist das ebenso wenig wie der Rückgriff auf Amateurpolizisten oder der nach der Verfassung nicht zulässige Einsatz von Bundeswehrsoldaten für Polizeiaufgaben im Inneren.
Wenn das denn so ist, dann muss man, wenn man gesetzliche Ermächtigungen für Online-Durchsuchungen will, drei Fragen klären. Man muss erstens die Frage nach der Notwendigkeit klären. Wofür brauche ich das? Will ich das für die Gefahrenabwehr, will ich das für den Verfassungsschutz, will ich das für die Strafverfolgung haben?
Zweitens muss die Frage nach der Praktikabilität geklärt werden. Da sagen einem die Leute: Terroristen sitzen nicht zu Hause und warten darauf, dass man ihnen einen Trojaner auf ihren Computer schickt. Im Zweifelsfall suchen sich diese, wenn es gefährliche Topterroristen sind, nämlich andere Möglichkeiten. Das eigentliche Zukunftsthema lautet in Wirklichkeit Internet-Telefonie. Das ist der Punkt, der vermutlich viel wichtiger ist.
Schließlich muss drittens die Frage nach der Verfassungskonformität geklärt werden. Ich finde es nicht altmodisch zu sagen, dass man doch einmal warten soll, was aus dem Gesetz aus NordrheinWestfalen von FDP-Innenminister Wolf, das gerade zur Überprüfung vor dem Bundesverfassungsgericht liegt, wird, bevor man das BKA-Gesetz auf den Weg bringt. Rechtstatsachen müssen ihre Brauchbarkeit darlegen. Mit der Technik muss das definierte Ziel erreicht werden können. Ich finde, es ist auch kein Umgang mit dem Bundesverfassungsgericht, zu sagen: Lasst uns einmal ein Gesetz auf den Weg bringen und dann gucken wir einmal, ob es verfassungskonform ist.
Nach der Föderalismusreform sollte das BKA-Gesetz übrigens dem BKA präventiv die Möglichkeiten geben, die die Länder schon haben. Das war der Punkt. Die Länder haben in ihren Landespolizeigesetzen aber gar keine Kompetenz für OnlineDurchsuchungen. Das also kann nicht die Begründung für ein BKA-Gesetz sein.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn die Notwendigkeit, wenn die Praktikabilität, wenn die Verfassungskonformität nachgewiesen sind, kann man über die Frage nüchtern reden, ob wir tatsächlich eine Online-Durchsuchung in dieser Form brauchen oder nicht und in welchem Feld wir sie brauchen. Darüber sollten wir nach meiner Meinung in aller Ruhe und ohne Aufgeregtheit diskutieren. Das heißt auch: Bei der Terrorismusbekämpfung ist Panikmache nicht die richtige Antwort. Man kann keinen Anschlag ausschließen. Diese Erkenntnis ist nicht sensationell. Aber man muss immer abwägen, ob der Zugewinn an Sicherheit nicht möglicherweise mit dem Verlust an Freiheiten erkauft wird, die im Zweifelsfall dann das erledigen mit friedlichen Mitteln -, was die Terroristen eigentlich wollen.
Hier kann man kein prinzipielles Ja oder Nein sagen, sondern es muss eine rechtsstaatliche Abwägung geben. Am Ende muss man vernünftig entscheiden. Man muss mit kühlem Kopf diskutieren. Darum bitte ich Sie in diesem Hohen Haus.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Wir sind uns in diesem Hause sicherlich einig, dass Deutschland keine Insel ist und dass es auch hier zu Anschlägen islamistischer Extremisten kommen kann. Die statistische Wahrscheinlichkeit spricht dafür, dass wir nicht immer Glück haben. Allerdings möchte ich an dieser Stelle betonen und festhalten, dass unsere Sicherheitsbehörden hervorragend arbeiten.
Ich sagte bereits vorhin, dass wir solche Themen mit kühlem Kopf behandeln sollten. Dazu gehört allerdings auch zu wissen, dass es keine absolute Sicherheit gibt. Und dazu gehört auch zu wissen, dass wir etwas gegen die Ursachen von Terrorismus tun müssen, und diese liegen häufig in anderen Ländern und nicht hier in Deutschland.
Was die Bitte angeht, die Sie an uns gerichtet haben, im Namen der Landesregierung zu erklären, wie wir das mit den Äußerungen des Bundesverteidigungsministers halten, will ich zunächst einmal den Herrn Bundesverteidigungsminister mit seiner Rede vor dem Deutschen Bundestag am 19. September 2007 zitieren. Da hat er nämlich das Bundesverfassungsgericht angesprochen und Folgendes gesagt - nach dem Urteil vom 15. Februar 2006. In Artikel 35 des Grundgesetzes wird die Anwendung militärischer Gewalt zur Unterstützung der Gefahrenabwehr durch die Polizeibehörden der Länder ausgeschlossen. Zum anderen ist eine gesetzliche Erlaubnis zum Abschuss von Flugzeugen, in denen sich unschuldige Passagiere befinden, mit dem Schutz der Menschenwürde im Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit nicht zu vereinbaren, selbst wenn durch den Abschuss wahrscheinlich das Leben anderer Menschen gerettet werden kann, denn die Instrumentalisierung der Abgeschossenen:
„… missachtet die Betroffenen als Subjekte mit Würde und unveräußerlichen Rechten. Sie werden dadurch, dass ihre Tötung als Mittel zur Rettung anderer benutzt wird, verdinglicht und entrechtlicht; indem über ihr Leben von Staats wegen einseitig verfügt wird, wird den als Opfern selbst schutzbedürftigen Flugzeuginsassen der Wert abgesprochen, der dem Menschen um seiner selbst willen zukommt.“
Diesem Zitat aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist nichts hinzuzufügen.
Insofern mag man über die Frage spekulieren, ob es Situationen gibt, in denen die gesamte Bundesrepublik bedroht ist und man möglicherweise solche Dinge anders regeln müsste - darüber kann man diskutieren. Aber auch dafür gilt, dass Artikel 1 des Grundgesetzes eine Schranke ist, die nicht verändert werden kann. Es ist auch gut so, dass das nicht verändert werden kann, denn die Würde des Menschen ist unantastbar.
Selbst wenn man zu bestimmten Punkten unterschiedlicher Meinung sein kann, frage ich mich auch, ob es klug ist, öffentlich darüber zu philosophieren, und ob es klug ist, für Extremsituationen, die immer kommen können, extreme Gesetze machen zu wollen. Ich muss Ihnen ehrlich sagen, dass ich bestimmt nicht mit allem übereinstimme, was Helmut Schmidt in seinem Leben politisch vertreten hat. Aber ich bin dankbar, dass der damalige Innensenator bei der Flutkatastrophe in Hamburg gehandelt hat und nicht in Grundgesetzkommentare hineingeguckt hat und dass er auch als Kommandeur, als es um Mogadischu gegangen ist, entschieden hat und gesagt hat, dass er zurückgetreten wäre, wenn das schiefgegangen wäre. Das will heißen, dass es auch politische Verantwortung gibt, und auch auf die muss man sich dann verlassen. Das können und sollten wir nicht in Gesetzen regeln.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich muss Ihnen auch sagen, dass ich es eine gute Einrichtung finde, dass das Grundgesetz nur mit Zweidrittelmehrheit im Bundestag und Bundesrat geändert werden kann. Es ist natürlich legitim, das Grundgesetz zu ändern. Wir haben das deutsche Grundgesetz schon häufiger geändert, als die viel ältere amerikanische Verfassung geändert wurde. Ob es immer klug war, weiß ich nicht. Ich wehre mich aber gegen eine Deutung, die öffentlich stattfindet, nach dem Motto, als ob das Grundgesetz ein Abreiß-Kalender sei und wir es jeden Tag je nach Anlass ändern könnten.
Das sollten wir nicht tun, denn wir haben ein gutes Grundgesetz und wir wollen es nicht zu dem folgenden Punkt treiben - ich sage das wirklich nicht scherzhaft, denn das Thema ist ernst, aber ich habe gehört, was ein Kabarettist letzte Woche dazu gesagt hat -: Man könnte auch, wenn ein Flugzeug auf ein Hochhaus zufliegt, dieses Hochhaus sprengen, um die Terroristen präventiv zu besänftigen, damit es nicht mehr nötig ist, einen Grundrechtseingriff vorzunehmen. Das ist eine sehr zynische Form, das zum Ausdruck zu bringen. Was daraus aber deut