Protokoll der Sitzung vom 14.12.2006

(Beifall bei FDP und SSW)

Auch hier sage ich ausdrücklich: Meine Fraktion würde einen Eingriff in den kommunalen Finanzausgleich mittragen, wenn die Kompensation, Herr Minister, nicht nur virtuell wäre, sondern faktisch.

(Beifall bei FDP und SSW)

Das ist sie bisher nicht. Herr Kollege Wadephul, das ist ungefähr genauso wie der Beitrag des Kollegen Stegner bei der Haushaltsdebatte des Jahres 2005 - man kann das nachlesen -, in der er erklärte, 20 Millionen € Einsparungen würden die Kommunen dadurch erreichen, dass man die KVR bildet. Sie selbst, auch der Finanzminister, haben bei kurzem Nachdenken und vielleicht etwas längerem Nachrechnen festgestellt, dass diese Einschätzung des Innenministers falsch war und die Kommunalen Verwaltungsregionen mehr Geld kosten, als sie an Einsparungen bringen. Deshalb wollen die Kommunen nichts anderes als Vertrauen darauf, dass sie effektiv und nicht virtuell entlastet werden und dafür dann auch einen Eingriff in den kommunalen Finanzausgleich akzeptieren können.

(Beifall bei FDP und SSW)

Herr Finanzminister, ein Element der Begründung für die Streichung der Sonderzahlungen war, dass das Land, was wir alle wissen, pleite ist und entgegen Ihren Erwartungen weniger in der Kasse war als gedacht. Nun spült die wirtschaftliche Entwicklung deutlich mehr Geld in die Kassen, was bedeutet, dass die Begründung wegfällt, dass wegen der schwachen Steuereinnahmen die öffentlich Bediensteten einen Konsolidierungsbeitrag leisten müssen. Sie müssen dann schon erklären, warum ausgerechnet die Bediensteten des öffentlichen Dienstes in Schleswig-Holstein Fehlverhalten der Politik der vergangenen zehn oder 15 Jahre mit Einkommensverlusten hinnehmen müssen. Die hatten keine Möglichkeit, darauf entsprechenden Einfluss zu nehmen, aber sie müssen dafür jetzt die Zeche zahlen.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege Wadephul, noch einmal zur Frage der Alternativlosigkeit. Ich wundere mich nach den Reden von Ihnen und dem Kollegen Hay, warum nicht Tausende von Menschen in Jubelstürmen der Zukunft zugewandt diese Regierung loben, warum hier nicht die Blumensträuße fliegen, denn es ist alles alternativlos gut, die Leute haben eine positive Perspektive.

(Minister Rainer Wiegard: Außer Ihnen!)

- Ich komme noch dazu. Ich habe ausreichend Zeit. Genauso wie Sie, Herr Kollege Wadephul, anfangs galaktisch global etwas erklärt haben, habe ich diese Chance auch.

Die Alternativlosigkeit dieser Politik sehen offensichtlich auch mehrere Tausend Mitglieder von CDU und SPD, indem sie ihre Partei verlassen. Ortsverbände, die austreten, Ratsmitglieder, die die Union oder die SPD verlassen, das ist die Alternativlosigkeit dieser Politik, die die Menschen verzweifeln lässt, außer wahrscheinlich die herzlichen Großkoalitionäre in diesem Haus.

(Hartmut Hamerich [CDU]: Wahrscheinlich gibt es im Moment einen Aufnahmestopp!)

Herr Ministerpräsident, ich verstehe ja Ihre Unruhe, weil Sie offensichtlich ein Problem haben, den Menschen im Land zu erklären, wie vernünftig und gut und schön Ihre Politik ist. Sie finden, dass sie gut ist, aber erklären Sie das einmal den Leuten draußen vor Ort!

(Beifall bei der FDP)

Erklären Sie es draußen den Leuten, die in der Partei sind, die überall erklären, dass sie der Politik

(Wolfgang Kubicki)

dieser Landesregierung relativ wenig abgewinnen können!

Wir werden gefragt, Herr Finanzminister, welche Alternativen wir vorlegen, und zwar immer noch im Rahmen dieses Haushalts, in dem wir tatsächlich unsere Versprechen eingelöst haben, 120 Millionen € etatisiert bei den Kommunen zu belassen, ihnen die KIF-Entnahme zurückzugeben und die Sonderzahlungen vorzunehmen und weitere, wie wir meinen, für den Bildungsbereich, für den Kindertagesstättenbereich, aber auch für den Sozialbereich wichtige Ausgaben im Landeshaushalt zu verankern.

Wir haben beispielsweise vorgeschlagen - Sie sagen immer, das sei ein wiederkehrendes Murmeltier -, dass die HSH-Nordbank-Anteile im Rahmen dieses Doppelhaushalts 2007/2008 veräußert werden. Herr Ministerpräsident, ich will Ihnen kurz erklären, warum der Verkauf der Anteile Sinn machen würde, und zwar mit einer ganz einfachen Rechnung. Der Einstieg von Flowers bestärkt uns in unserer langjährigen Überzeugung, dass die HSH Nordbank eine reine Geschäftsbank ist. Es gibt keinen Grund, dass sich das Land weiterhin an ihr beteiligen sollte. Der Herr Finanzminister weist immer darauf hin, er erhielte auch Zahlungen von der HSH Nordbank. Im nächsten Jahr ist eine Zahlung von 38 Millionen € eingestellt. Herr Finanzminister, wenn wir die Kaufpreiszahlung von Flowers für den Wert der Anteile zugrunde legen, dann wären die Anteile des Landes Schleswig-Holstein derzeit knapp 1,3 Milliarden € wert.

(Zuruf von Minister Rainer Wiegard)

- Herr Wiegard, ich habe an Ihrer Seriosität keinen Zweifel, aber dass wir bei der Etatisierung unserer Vorschläge mit dem Niederstwertprinzip gearbeitet und keinen Verkehrswert eingestellt haben, war ein Gebot der Vernunft. Wir wollten auch keine Diskussion über die Anteile initiieren, bevor wir nicht eine Größe faktischer Relevanz haben. Im Haushalt veranschlagt die Landesregierung für 2007 knapp 38 Millionen € Erträge aus dieser Beteiligung. Das entspricht einer Rendite von 2,9 %.

(Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Selbst Bundesan- leihen bringen mehr!)

Herr Finanzminister, der Mindestbietungssatz für Refinanzierungsgeschäfte mit der EZB, also das komplett risikofreie Tagesgeld, beträgt schon 3,5 %. Das heißt, schon der Aspekt der Erwartung einer Rendite aus einem Vermögen, das ich anders anlegen könnte, würde es gebieten, die HSH-Nordbank-Anteile zu veräußern.

(Beifall bei der FDP)

Herr Minister, ich sage Ihnen in aller Ruhe und Gelassenheit voraus: Sie werden erleben, was Flowers, die eine bestimmte Erwartung haben und bei denen die Renditeerwartung ihrer Kapitalanleger bei 20 bis 30 % pro Jahr liegt, mit der HSH Nordbank an positiver Entwicklung noch machen werden, damit ihre Anteile eine entsprechende Werterhöhung erhalten.

Herr Kollege Wadephul, wir wollen wie Sie das staatliche Lottomonopol aufgeben und auch privates Lottospiel zulassen. Weil die Investitionsbank kein Wettbewerbsgeschäft betreiben darf, müsste sie sich von NordwestLotto trennen. Wir meinen, das Land sollte nur noch die rechtliche Aufsicht für das Lottogeschäft in Schleswig-Holstein behalten und NordwestLotto verkaufen. Das dürfte dem Land einmalige Einnahmen von mehr als 100 Millionen € bringen. Herr Minister, wenn Sie die genaue Zahl wissen wollen, sage ich Ihnen: in der Größenordnung 160 Millionen €. Diesen Betrag könnten Sie zur Reduzierung der Nettoneuverschuldung oder für sinnvolle Ausgaben im Bildungsoder im Kindertagesstättenbereich verwenden.

Selbstverständlich muss das gewerbliche Glücksspiel weiterhin reguliert werden. Außerdem wollen wir über entsprechende Konzessionsabgaben dafür sorgen, dass ein Teil der Glücksspielerträge weiterhin für soziale und sportliche Zwecke verwendet werden kann.

(Beifall bei der FDP)

Ich empfehle allen, die Bedenken haben, dass eine solche Förderung nicht mehr stattfinden kann, die Erklärungen des DFB und der Deutschen Fußballliga zu der Entscheidung der 15 Ministerpräsidenten, an einem staatlichen Wettmonopol festzuhalten, nachzulesen. Sie halten das für extrem kontraproduktiv, weil auf diese Art und Weise auf Dauer die entsprechende Förderung des Sports nicht gesichert werden kann.

(Beifall bei der FDP)

Herr Ministerpräsident, wir wollen in den Ministerien des Landes mittelfristig die Führungsorganisation straffen und die Stellen für Abteilungsleiter streichen. Abteilungsleiter nehmen kaum fachliche Aufgaben wahr. Ihre Leitungsaufgaben können zeitlich befristet einem Referatsleiter übertragen werden, der für diese Zeit höher bezahlt wird, was übrigens auch der Flexibilisierung des Aufstiegs von fähigen und weniger fähigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes in bestimmten Teilbereichen dienen kann.

(Wolfgang Kubicki)

Derzeit gibt es in den Ministerien und in der Staatskanzlei 45 Abteilungen. Drei davon arbeiten bereits ohne Abteilungsleiter, einige davon zum Teil sogar seit Jahren. Folglich könnten wir mittelfristig 42 Abteilungsleiterstellen einsparen, immerhin ein Weg zu einer strukturellen Veränderung im Landeshaushalt, der auch etwas Geld bringt.

(Beifall bei der FDP)

In keinem unserer Ministerien werden zwei Staatssekretäre benötigt, in der Vertretung SchleswigHolsteins beim Bund gar keiner. Wir schlagen vor, diese Stellen zu streichen. Das würde jährlich 482.000 €, mit den Personalgemeinkosten 626.000 € sparen.

Zentral ist Folgendes. Ich bin gespannt, ob sich die Regierung da intern durchsetzen kann. Wir schlagen vor, die Katasterämter aufzulösen und nur noch das Landesvermessungsamt zu erhalten. Es gibt dafür auch eine sachliche Begründung. 2005 wurden Liegenschaftskarten und das Liegenschaftsbuch digitalisiert. Beide werden bis 2008 zum Automatisierten Liegenschaftskataster-Informationssystem zusammengeführt werden. Dann brauchen wir vor Ort keine Katasterämter mehr. Einsparpotenzial: 500 Stellen.

(Lachen von Minister Dr. Ralf Stegner)

- 500 Stellen, Herr Innenminister! Ich weiß, dass Ihr Haus nicht bereit ist, diese Stellen freizugeben, aus welchen Gründen auch immer. Dieses Einsparpotenzial aber ist vorhanden.

Wir schlagen vor, die Schulaufsicht zu straffen und die untere Schulaufsicht aufzulösen. Von den 30 Stellen für Schulräte wollen wir 10 ins Ministerium zurückverlagern, die dort die obere Schulaufsicht verstärken können, und die übrigen 20 Schulratsstellen streichen. Wir befinden uns, wie ich vernommen habe - das wusste ich gar nicht -, in holder Eintracht mit sehr vielen Vertreterinnen und Vertretern aus den Kommunen und aus den Bildungseinrichtungen.

Wir schlagen vor, die Hochschulabteilung des Wissenschaftsministeriums zu verkleinern, von 45 auf 30, weil wir - wie wir gehört haben - den Hochschulen mehr Eigenverantwortung übertragen haben und deshalb eine entsprechend große Hochschulabteilung nicht mehr brauchen.

Herr Finanzminister, über Folgendes sollte vielleicht einmal intensiver nachgedacht werden - abseits von der Geschichte, die Opposition mache keine vernünftigen Vorschläge. Wir schlagen vor, das UK S-H wieder zu defusionieren. Das UK S-H wird so, wie es ist, nicht nur eine dauerhafte Quelle

negativer Zahlen sein, sondern das wird es auch mit der versuchten Teilprivatisierung sein. Wir haben ein weitergehendes Konzept. Wir schlagen vor, den Teilbereich Lübeck der Klinika mit der Hochschule zu verbinden, den Klinikbetrieb unter Sicherstellung der Erfüllung der Aufgaben von Forschung und Lehre zu privatisieren und die Universität Lübeck zu einer Stiftungsuniversität umzuwandeln, weil wir glauben und sicher sind, dass der Standort angesichts der finanziellen Größenordnung, über die wir uns unterhalten, wenn wir uns beide Standorte ansehen, nur auf diese Art und Weise auf Dauer erhalten werden kann.

(Beifall bei der FDP)

Das führt nicht unmittelbar sofort zu Einsparungen im Landeshaushalt, aber es kann und wird dazu führen, dass die bisherige Dotierung dieses Bereiches eingefroren und möglicherweise im Bereich weiterer Zustiftungen eine Reduzierung der Landeszuweisungen vorgenommen werden kann.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will auf die Einzelvorschläge der FDP, die wir im Haushaltsbereich gemacht haben, darauf, wo wir was verstärken wollen, jetzt nicht weiter eingehen. Das ist dokumentiert. Das haben wir im Rahmen unserer Presseberichterstattung gemacht. Das haben wir im Rahmen der Beratungen des Finanzausschusses gemacht.

Ich will nur noch auf eines hinweisen. Wir wollen die gröbsten Mängel des vorliegenden Haushaltsentwurfs durch strukturelle Maßnahmen, die wir nicht komplett im Haushaltsjahr 2007 umsetzen können, jedenfalls zu beseitigen beginnen. Wir hören von dem Kollegen Wadephul, wir hören von dem Kollegen Hay viele Absichtserklärungen darüber, was diese Regierung noch ins Werk setzen will. Wir sind gespannt, ob die bisherigen Vorgaben, dass im März 2007 konkrete Vorschläge zur Aufgabenreduzierung des Landes erarbeitet werden, die zu nennenswerten Personaleinsparungen führen können, Mitte des Jahres 2007 stattfinden werden. Wir sind gespannt auf die Terminvorgaben des Kollegen Wadephul für ein Personaleinsparkonzept in der Größenordnung, über die wir gerade geredet haben. Die bisherigen Ankündigungen, die bisherigen Termine für entsprechende Veröffentlichungen sind alle nicht gehalten worden.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Johann Wade- phul [CDU])

- Herr Kollege, die Landesregierung hat uns erklärt, über die Abteilung Schlie werde relativ zeitnah ein großes Konzept erarbeitet werden.

(Wolfgang Kubicki)

Ich weise darauf hin, dass wir die Menschen und das Personal, die diese Reformen umsetzen müssen - das sind Bedienstete des Landes - mitnehmen müssen. Wir dürfen nicht dazu beitragen, dass sie in innere Immigration gehen. Darauf lege ich großen Wert.

(Beifall bei der FDP)