Protokoll der Sitzung vom 14.12.2006

(Beifall bei SPD und CDU)

Herr Kollege Wadephul, Sie sind ja etwas näher an der FDP als an der SPD. Die Vorschläge der FDP sind aus meiner Sicht populistisch. Sie sind unsolide. Die FDP hat den Ernst der Lage nicht erkannt. Da gibt es Mehrausgaben gegenüber dem Ansatz in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro. Da gilt das Prinzip „und täglich grüßt das Murmeltier“. Der Verzicht auf die Kürzung von Sonderzahlungen und auf die Entnahme aus dem kommunalen Finanzausgleich sind für mich Luftbuchungen. Das ist keine Konsolidierungspolitik. Wer versucht, so etwas dem Parlament vorzulegen, muss auf den harten Bänken der Opposition oder außerhalb des Landtages noch viel lernen.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, insgesamt ist der Haushalt 2007/2008 keiner, mit dem wir glücklich und zufrieden sein können. Wir haben gekürzt, haben Einschnitte vorgenommen und dennoch keinen verfassungsgemäßen Haushalt vorlegen können. Ich bleibe aber dabei: Der eingeschlagene Weg ist richtig, auch wenn es noch einige Jahre dauern wird, bis wir erst einen verfassungsgemäßen und später einen ausgeglichenen Haushalt verabschieden können. Die begonnenen Reformen werden greifen; davon bin ich überzeugt.

Lassen Sie mich zum Abschluss meiner Rede einen ausdrücklichen Dank an das gesamte Kabinett richten für die gute Zusammenarbeit, aber in erster Linie an unseren Koalitionspartner, die CDU-Fraktion, insbesondere - insofern gebe ich den Dank zurück - an Sie, Herr Dr. Wadephul, für die vertrauensvolle, sehr gute Zusammenarbeit. Das lässt mich hoffen. Das ist eine gute Grundlage für eine weitere gute Arbeit der Großen Koalition auch in Zukunft.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ein letzter Satz; der sollte auch Herrn Dr. Klug interessieren, wenn er etwas literarisch gebildet ist. Das ist der Leitspruch meines Handelns, nicht nur meines politischen Handelns. Ein Zitat von Hermann Hesse:

„Damit das Mögliche entsteht, muss immer wieder das Unmögliche versucht werden.“

(Lothar Hay)

(Lebhafter Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke dem Fraktionsvorsitzenden der SPDFraktion und erteile für die FDP-Fraktion dem Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Kubicki das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich dachte schon, die Debatte wird langweilig, weil ja, wie wir wissen, Haushaltsberatungen, auch in Finanzausschusssitzungen, immer ritualisiert sind nach der Devise, die Opposition, früher die CDU, jetzt die Grünen und wir, bringen Anträge ein, die dann in toto abgelehnt werden, auch abgelehnt werden müssen, weil die Politik der Großen Koalition wie früher der rot-grünen Koalition jeweils alternativlos ist. Aber die Redebeiträge des Kollegen Dr. Wadephul und des Kollegen Hay geben mir doch Anlass, auf einige dieser wunderbaren Argumente näher einzugehen.

Ich möchte beginnen mit einem ausdrücklichen Lob für die Regierung - der Kollege Wadephul hat es angesprochen -, einmal für den Ministerpräsidenten. Nicht dass ich nicht erwartet hätte, dass er sich so verhält, wie er sich verhält. Aber, Kollege Hentschel, es ist unglaublich schwierig, wenn sie in einer Gruppe von 16 Personen eine Exotenposition einnehmen müssen. Ich weiß, dass es auch in Ihrer Partei Leute gibt, die solche Erfahrungen machen.

(Heiterkeit)

Ich habe das in meiner Partei auch schon gehabt. Das dann konsequent durchzuhalten, mit allen Konsequenzen, die sich daraus ergeben, verdient schon die Beachtung des ganzen Hauses.

(Beifall bei FDP, CDU und SPD)

Selbstverständlich stehe ich als Oppositionsführer nicht an zu sagen, was ich früher schon gesagt habe, dass ich in der Besetzung des Finanzministeriums durch den Kollegen Wiegard eine deutliche Verbesserung gegenüber früher erkennen kann

(Beifall bei FDP und CDU)

- es muss jetzt nicht jeder klatschen, das wäre zu populistisch -, und zwar deshalb - das ist unbestritten, das kann auch Kollege Neugebauer bestätigen -, weil wir jetzt mit Haushaltszahlen arbeiten können, die deutlich näher an der Realität dran sind, als das früher der Fall war.

(Beifall bei der FDP)

Ich stehe auch nicht an, den Wirtschaftsminister für seine quirlige Art zu loben, den Investitionsstandort Schleswig-Holstein tatsächlich zu einem solchen zu machen. Ich kann auch sagen, ich bin froh, dass der Kollege Döring das Justizressorts verwaltet, weil ich mir bei den Aufgaben, die auf uns zukommen, beispielsweise bei der Reform des Jugendstrafvollzuges, bei der Reform des Strafvollzuges insgesamt - das ist ja Landessache geworden - durchaus eine andere Konstellation vorstellen könnte, bei der ich nicht das Gefühl hätte, dass die rechtsstaatlichen Grundsätze in gleicher Weise gewahrt würden. Ich will jetzt nicht jeden einzelnen in der Regierung klassifizieren; das steht mir nicht an. Ich traue auch dem Herrn Innenminister zu, dass er in der neuen Rolle als Verfassungsminister doch gelegentlich über das Lesen hinaus die inneren Grundwerte dieser Verfassung begreift.

Aber Kollege Wadephul, daraus zu machen, die Politik dieser Koalition sei alternativlos, ist nicht nur merkwürdig. Ich will kurz zitieren: Sie haben die Opposition aufgefordert, zu dieser alternativlosen Politik konstruktive Alternativvorschläge zu unterbreiten. Das ist eigentlich schwer. Denn wenn die Politik, die hier betrieben wird, alternativlos ist, stellt sich doch die nächste historische Frage: Warum haben wir unterschiedliche Parteien? Bei der Politik von Peter Harry Carstensen haben wir keine Sorgen, Herr Stegner, dass die SPD über 2010 hinaus den Ministerpräsidenten weiter tragen wird.

Ich will nur sagen: Diese ganze Argumentation, das sei alternativlos, sollten wir uns eigentlich schenken, Herr Kollege Wadephul und Herr Kollege Hay. Uns zu erklären, unsere Vorschläge seien unsolide, beispielsweise im Bereich der Kindertagesstätten mit 8 Millionen € mehr, gleichzeitig aber zu erklären, dass die Koalition im Doppelhaushalt 2009/2010 Vorschläge dazu machen wird, das dritte Kindergartenjahr kostenfrei zu stellen, spricht doch für sich.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Johann Wade- phul [CDU])

- Herr Kollege Wadephul, früher, als Sie noch gemeinsam mit mir in der Opposition saßen, haben Sie immer wieder die Formulierung der Grünen: „Wo ist die Gegenfinanzierung?“ mit der Frage quittiert: Was soll eine solche Aussage? Gegenfinanzierung bedeutet doch, dass sich eigentlich nichts ändert.

Ich bedauere auch, dass der Rechnungshofspräsident, der der FDP ja nicht sehr nahesteht, sondern anderen politischen Organisationen, nicht die Gele

(Lothar Hay)

genheit hatte, auf Einwürfe dieser Art zu reagieren, die in diesem Haus bisher einmalig waren. Wir haben ja alle gehört, dass das, was Sie momentan machen, eigentlich keine Alternative zur Bewältigung der Situation ist. Die einzige Alternative zur Bewältigung der Situation ist der Stellenabbau - Herr Seitz hat uns das ins Stammbuch geschrieben -, ist der Abbau von Personal. Er hat gesagt, auch bei Wachstumsraten von 3 %, die wir möglicherweise erreichen könnten, wären die Sparbemühungen, die ich anerkennen will - wir haben in einigen Punkten andere Vorstellungen -, relativ wirkungslos, weil wir die strukturellen Probleme auf Dauer nicht änderten.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege Wadephul, diese Große Koalition ist jetzt fast zwei Jahre im Amt. Sie haben eine Expertengruppe von mehr als 50 Personen eingesetzt, die uns Vorschläge unterbreiten soll, von welchen Aufgaben wir uns trennen, auch mit der Möglichkeit verbunden, uns zu erklären, welches Personal wir mittelfristig damit einsparen könnten, und zwar in der Größenordnung von 5.000 bis 6.000 Mann oder Frau. Fast zwei Jahre!

(Zuruf von Minister Rainer Wiegard)

- Sagen wir anderthalb Jahre, Herr Wiegard. Ob wir bis März nächsten Jahres Vorschläge bekommen werden, werden wir sehen. In diesen anderthalb Jahren ist uns kein einziger Vorschlag dafür unterbreitet worden, wie Stellen abgebaut werden sollen, außer einem: das war eine 0,2-Stelle oder 0,4-Stelle.

(Günther Hildebrand [FDP]: Zweimal 0,2!)

- Zweimal 0,2 sind 0,4 Stellen. Das ist das Ergebnis der Vorschläge dieser Großen Koalition angesichts der strukturellen Defizite, die wir im Haushalt haben.

(Beifall bei der FDP)

Da sagen wir: Da machen wir nicht mit!

Ich komme zu den Alternativen - das haben wir schon vorgetragen - innerhalb des Rahmens, den uns die Landesregierung mit dem Haushalt vorgegeben hat, die wir vorschlagen. Wenn Sie sagen, Herr Minister, wir sollten eine komplette Alternative vorlegen, dann lassen Sie uns die Plätze wechseln, Sie treten zurück und ich komme dahin. Dann zeige ich Ihnen innerhalb eines Jahres, welche Alternativen da sind.

(Ministerpräsident Peter Harry Carstensen: Das entscheide ich, wer dahin kommt!)

Den Anspruch, die Oppositionsfraktion solle - dazu war nicht einmal die CDU in der Lage, die mit einer deutlich stärkeren Manpower ausgestattet schien, als wir es waren - einen kompletten neuen Haushalt vorlegen, der die strukturellen Differenzierungen gegenüber den Vorschlägen des Ministeriums mit fast 200 Mitarbeitern aufzeigt, Herr Kollege Wadephul, können Sie nicht im Ernst erheben.

Ich komme jetzt zu den Punkten, die für uns von Bedeutung sind. Herr Kollege Wadephul, die Alternative zum Brechen von Zusagen ist das Halten von Zusagen.

(Beifall bei der FDP)

Es geht bei den Sonderzahlungen an die Beamtinnen und Beamten um mehr als nur das Weihnachtsgeld, um mehr als nur die 100 Millionen €. Es geht darum, dass Sie mit der Art und Weise, in der Sie das ins Werk gesetzt haben, ein fundamentales Prinzip verletzt haben, nämlich das des grundlegenden Vertrauens zwischen Dienstherr und Arbeitnehmer.

(Beifall bei FDP und SSW)

Ich frage Sie, ob wirklich jemand in diesem Saal im Ernst glaubt - einige haben geglaubt, die Proteste werden sich legen, die Menschen werden sich daran gewöhnen -, dass man die Menschen, Kollege Hay, die man für Reformen braucht - die Sozialdemokraten sagen immer, wir müssen die Menschen mitnehmen -, mitnimmt, wenn man dokumentiert, dass man mit ihnen nicht einmal mehr redet, sondern von oben nach unten unter Wortbruch und Vertrauensbruch eine entsprechende Zahlung verweigert.

(Beifall bei FDP und SSW)

Kollege Hay, ich sage dies hier ausdrücklich, weil ich es auch bei den Gewerkschaften immer wieder sage: Selbstverständlich müssen auch die Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes einen Beitrag leisten. Aber sie haben einen Anspruch darauf, dass wir das mit ihnen erörtern. Selbstverständlich, Kollege Hay, kann ich mir vorstellen, dass man mit den Interessenverbänden der öffentlich Bediensteten für die Jahre 2008, 2009 oder 2010 über Maßnahmen redet, die einen Konsolidierungsbeitrag beinhalten. Aber wogegen sich die Beschäftigten - wie ich meine - zu Recht wehren, ist, dass man in sie erst Vertrauen setzt, das Vertrauen bricht und sie anschließend noch dafür beschimpft, dass sie sich draußen hinstellen und sagen: Diese Form des Umgangs wollen wir uns nicht mehr gefallen lassen.

(Beifall bei FDP und SSW)

(Wolfgang Kubicki)

Ich komme zum Eingriff in den kommunalen Finanzausgleich. Ich erinnere daran, Kollege Wadephul, dass die Union mit uns gemeinsam erklärt hat - ich rede gar nicht vom Wahlprogramm und vom wunderbaren Begriff des Wahlbetrugs, auch das kommt mir locker von den Lippen, aber das ist mir etwas übersetzt; man müsste trotzdem einmal darüber nachdenken -: Als die rot-grüne Regierung in den KIF eingegriffen hat, hat die Landesregierung versprochen, dass das nach vier Jahren, in denen die Regierung das in Anspruch genommen hat, komplett mit Zinsen zurückgezahlt wird.

Darüber redet heute gar keiner mehr. Es geht um einen Eingriff von 120 Millionen in den kommunalen Finanzausgleich. Da sagen uns die Kommunen was ich glaube -: Wir nehmen ihnen damit die Möglichkeit zu investieren, jedenfalls in weiten Bereichen. Wir können jetzt alle sagen, wir glauben das nicht, aber bei einigen der Kommunen stimmt das. Gleichzeitig fordern wir eine Ausweitung des Wirtschaftswachstums durch Investitionen. Dass das eine sinnvolle Politik ist, unabhängig von der Frage, ob wir das Verhältnis zwischen kommunaler Familie und Land auf die Art und Weise, in der es geschehen ist, überhaupt beschädigen dürfen und uns hier nach der Devise „Die da draußen demonstrieren, sind Ewiggestrige, Verirrte, Leute, die die Zukunft des Landes nicht im Auge haben“ einmauern dürfen, wage ich zu bezweifeln.

(Beifall bei FDP und SSW)