Protokoll der Sitzung vom 14.12.2006

Ein weiteres erfreuliches Ereignis im Zusammenhang mit den Haushaltsberatungen - das wird nicht nur den Kollegen Baasch und den Kollegen Geerdts interessieren - ist der Abschluss des Sozialen Vertrages II. Nachdem wir im Vorjahr bereits mit dem Sozialen Vertrag I den Wohlfahrtsverbänden für mehrere Jahre Planungssicherheit gewähren konnten, konnten nun die Bereiche Suchtkrankenhilfe und dezentrale psychiatrische Versorgung abgesichert werden. Die Verbände haben ihren Teil beigetragen, indem sie eine moderate Absenkung ihrer Mittel akzeptiert haben. Dafür danke ich ausdrücklich im Namen der Sozialdemokraten den Sozialverbänden im Lande.

(Beifall bei SPD und CDU)

Wir haben uns in der letzten Sitzung des Koalitionsausschusses auf einen Fahrplan für die Kreisgebietsreform geeinigt. Es bleibt dabei, nach Vorlage eines Gesamtkonzeptes sind die Gesetzgebungsverfahren so zu gestalten, dass die Verabschiedung der Gesetze spätestens am 8. April 2009 erfolgt. Die Wahl zu den neu gebildeten Kreistagen findet parallel zur Landtagswahl 2010 statt.

(Lothar Hay)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine Frage, die sicherlich die nächsten Wochen und Monate beherrschen wird, ist die Frage der Wirtschaftlichkeit einer Kreisgebietsreform. Schon heute darf man vermuten, dass die Bewertung von Wirtschaftlichkeit immer auf der Grundlage unterschiedlicher Interessen erfolgen wird. Ich konnte lesen, dass der Gemeindetag schon einen Gutacher infrage gestellt hat, weil dieser wohl zu nah beim Landkreistag sein soll.

Wir als Abgeordnete - das meine ich durchaus sehr ernst - werden dann trotz möglichen Widerstandes die notwendigen Entscheidungen treffen müssen. Ich glaube, wir tun alle gut daran, die Erfahrungen der letzten Kreisgebietsreform in Schleswig-Holstein, die 1970 und in Flensburg 1974 vollzogen wurde, noch einmal nachzuvollziehen. Was damals in Bezug auf das Verhältnis der Parteien untereinander und innerhalb der Parteien eingetreten ist, sollte sich nicht wiederholen. Manchmal sollte man aus der Geschichte lernen: auch aus der Geschichte einer vergangenen Kreisgebietsreform.

Im letzten Koalitionsausschuss haben wir uns mit der CDU in vielen Punkten einigen können, besonders erfreulich ist die Tatsache, dass wir das Thema Studiengebühren für diese Legislaturperiode gemeinsam zu den Akten gelegt haben, auch wenn die Christdemokraten eine andere Auffassung haben. Aber es sind auch zwei verschiedene Parteien.

(Beifall bei der SPD)

Ich freue mich aus einem besonderen Grund darüber, gerade wenn man die Zahl der Studienanfänger ansieht. Ich bestreite nicht, dass wir, wenn wir im internationalen Wettbewerb mithalten wollen, mehr junge Menschen brauchen, die Abitur machen, und dass mehr von ihnen studieren müssen, vor allem Ingenieurwissenschaften, weil dort der Rückgang leider immer noch der gravierendste ist. Aber die aktuelle Entwicklung zeigt das Gegenteil: Zum dritten Mal in Folge sind die Zahlen der Studienanfängerinnen und Studienanfänger zurückgegangen, nämlich um 3,5 % gegenüber dem Vorjahr.

Der Anteil von Studierenden - und das ist für uns Sozialdemokraten auch einer der entscheidenden Punkte, warum wir gegen Studiengebühren sind aus mittleren und unteren sozialen Schichten ist von 57 % im Jahr 1982 auf 39 % im Jahr 2003 gesunken. Diese erschreckende Entwicklung wird durch die Einführung von Studiengebühren verstärkt. Deshalb sind wir dagegen. Studiengebühren sind ein Instrument der sozialen Auslese. Daran haben wir kein Interesse. Wir wollen mehr junge Menschen ins Studium bringen.

(Beifall bei der SPD)

Durch die Kürzungen der Bundesregierung bei den Regionalisierungsmitteln sind Probleme beim öffentlichen Personennahverkehr und bei der Schülerbeförderung in der Fläche entstanden. Wir haben uns deshalb geeinigt, diese Kürzungen durch eigene finanzielle Anstrengungen so weit wie möglich aufzufangen - alles kann man nicht auffangen -, weil wir verhindern wollen, dass das Angebot in der Fläche - vor allem im Landesteil Schleswig, in Dithmarschen und in anderen Flächenkreisen - vermindert wird. Der Verkehrsminister wird gleichzeitig Verhandlungen mit den Verkehrsträgern über eine Reduzierung der Kosten führen, um hier noch einen weiteren Beitrag zu leisten.

Bei den Schullasten für die dänische Minderheit haben wir uns darauf geeinigt, den Zeitplan um zwölf Monate zu verschieben. Grundsätzlich halten wir Sozialdemokraten - besonders diejenigen, die aus dem hohen Norden kommen - eine vollständige Beteiligung der Kommunen an den Kosten für Schülerinnen und Schüler dänischer Schulen für gerecht, dies vor allem aus Gründen der Gleichbehandlung.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Eine letzte Bemerkung dazu, die eigentlich von dem Kollegen Weber hätte kommen müssen, der Historiker ist: Die Besserstellung der betroffenen Kommunen mit den Bonn/Kopenhagener Erklärungen zu begründen, ist einen Versuch wert, historisch aber falsch. Das muss man an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich sagen.

(Beifall bei der SPD und der Abgeordneten Claus Ehlers [CDU], Tobias Koch [CDU] und Wilfried Wengler [CDU])

Aufgrund der gestiegenen Klagen infolge der neuen Arbeitsmarktgesetze haben wir uns entschieden, in Itzehoe einen weiteren Sozialgerichtsstandort zu schaffen. Die bisherigen Standorte Schleswig und Lübeck sind von der Westküste - und damit meine ich nicht nur Nordfriesland - schwer zu erreichen und die Wartezeiten auf Entscheidungen der Gerichte gehen zulasten der Beschäftigten ebenso wie zulasten der Betroffenen. Wer von Arbeitslosengeld II leben muss, braucht schnell eine Gerichtsentscheidung, denn die finanziellen Spielräume für monatelange Wartezeiten sind schlicht nicht vorhanden. Insofern ist das aus meiner Sicht und aus der Sicht der SPD-Fraktion eine richtige und notwendige Entscheidung.

(Lothar Hay)

(Beifall bei der SPD - Dr. Heiner Garg [FDP]: Vor zwei Jahren haben Sie genau das Gegenteil behauptet!)

- Herr Garg, Sie können sich zu einem Dreiminutenbeitrag melden. Ich bin immer gespannt, was Sie zu sagen haben, in der Hoffnung, dass es ein ernst gemeinter Beitrag ist.

Ich will jetzt meinen Blick nach Berlin und auf die Große Koalition richten. Ich sagte vorhin schon, dass es dort ein Thema gibt, das mir Sorgen macht. Das ist das Thema Unternehmensteuerreform. Wenn es bei den Zielen des Bundesfinanzministers und der Bundesregierung bleibt, werden große Teile unserer Konsolidierungsbemühungen wieder zunichte gemacht. Steuermindereinnahmen im dreistelligen Millionenbereich wären nicht zu verkraften. Eine mittelfristig aufkommensneutrale Unternehmensteuerreform verkennt vollkommen die derzeitige und sich auch in Zukunft nicht verbessernde Situation der meisten Bundesländer. Deshalb darf eine Unternehmensteuerreform nicht zu Steuermindereinnahmen auf Landesseite führen. Ich vertraue auch dort dem Ministerpräsidenten und seinem Kabinett, Schleswig-Holsteins Interessen im Bundesrat deutlich vorzutragen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Nun hat Herr Kollege Wadephul schon das Thema Kindergarten und Kindertagesstätten angesprochen. Vor kurzem hat der Bundestagsfraktionsvorsitzende Peter Struck das gebührenfreie letzte Kindergartenjahr wieder ins Spiel gebracht. Die Richtung stimmt. Allerdings bin ich der Meinung, dass es hier ein koordiniertes Vorgehen auf allen Ebenen geben sollte, das heißt insbesondere auch mit der kommunalen Ebene. Zu prüfen ist, ob mit der Gebührenbefreiung als erstem Schritt tatsächlich die richtige Richtung eingeschlagen wird und ob ein Ausbau der Ganztagsbetreuung nicht vorrangig wäre, wenn ich an berufstätige Eltern, an berufstätige alleinerziehende Väter und Mütter denke. Mit diesem Thema müssen wir uns beschäftigen. Das ist ein weiterer, entscheidender Beitrag, um Schleswig-Holstein zukunftsfähig zu machen. SchleswigHolstein: ein Land für Familien, ein Land für Kinder.

(Beifall bei SPD und CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn man sehr viele Gemeinsamkeiten hat, darf man nicht vergessen, dass es natürlich auch Unterschiede zwischen den Koalitionsfraktionen gibt. Es ist nicht überraschend - der Minister für Umwelt blättert schon aufmerksam in meiner Erklärung -:

(Heiterkeit)

Die Umwelt- und Naturschutzpolitik hat für uns nach wie vor einen hohen Stellenwert.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Da sind die Unterschiede zum Koalitionspartner besonders deutlich. Wir machen auch kein Geheimnis daraus. Da kommen wir aus einer ganz anderen Tradition.

(Beifall bei der SPD)

Wir messen eine vernünftige und nachhaltige Umweltpolitik an den Maßstäben, die der frühere Umweltminister Professor Berndt Heydemann gesetzt hat.

(Zurufe)

- Nicht alles, aber die Grundsätze.

(Beifall und Heiterkeit bei SPD und CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weiß natürlich auch, dass Professor Heydemann einmal über eine Grillverordnung nachgedacht hat. So etwas meine ich nicht.

(Heiterkeit)

Es geht hier um Folgendes: Die Grundsätze, die er geprägt hat - nachhaltige Umweltpolitik, Verantwortung für die nachfolgenden Generationen -, sind das, was wir meinen, und davon lassen wir uns auch nicht abbringen.

(Beifall bei der SPD, vereinzelt bei der CDU und Beifall des Abgeordneten Detlef Matt- hiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Absicherung des Freiwilligen Ökologischen Jahres ist ein Hauptanliegen der SPD. Die CDU hat es dankenswerterweise unterstützt.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU sowie Bei- fall der Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP] und Dr. Ekkehard Klug [FDP])

Angesichts der Diskussion über die Folgen des Klimawandels kommt einer ökologisch ausgerichteten Politik eine immer größere Bedeutung zu. Dies ist eine Politik im Interesse unserer Kinder und Enkelkinder, im Interesse der jungen Menschen, die dort oben sitzen. Dafür haben wir die Verantwortung. Deshalb muss sie noch stärker in diese Richtung gehen.

(Beifall bei SPD und SSW)

Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Thema Fehmarnbelt - wir haben ihn schon mehrfach diskutiert und die Grünen sorgen auch dafür, dass der

(Lothar Hay)

Punkt jedes Mal im Landtag aufgerufen wird. Insofern kann ich mich kürzer fassen, nachdem ich in der letzten Sitzung auch sehr emotional geredet habe. Wenn sich die Bundeskanzlerin am 19. Dezember 2006 auf den Weg nach Kopenhagen macht, habe ich die Hoffnung, dass sie der dänischen Seite reinen Wein einschenkt. Es muss darum gehen, den dänischen Partnern klar zu sagen, ob wir uns zu gleichen Teilen an einer Finanzierung beteiligen wollen. Wenn wir in Deutschland glauben, dies aus irgendwelchen Gründen, die nur schwer nachvollziehbar sind, nicht tun zu können, dann sollten wir mit den Dänen über eine andere Finanzierungsform mit einem möglicherweise auch größeren Anteil auf dänischer Seite sprechen. Herr Austermann hat sich in ähnlicher Weise wie ich vor einigen Tagen im „Flensburger Tageblatt“ geäußert. Ich freue mich, dass der Wirtschaftsminister und die SPD-Fraktion hier an einem Strang ziehen.

(Beifall des Abgeordneten Jürgen Feddersen [CDU])

Minderheitenpolitik bleibt ein wichtiges Thema auch im vorliegenden Doppelhaushalt. Zuschüsse an die Minderheiten sind keine Subventionen. Sie sind für uns in Schleswig-Holstein selbstverständlich. Sie ergeben sich aus der Landesverfassung, aber auch aus unserem grundsätzlichen politischen Verständnis. Wir haben die Ansätze nicht gekürzt. Wir haben einige Vorschläge des SSW übernommen, da wir sie in der Sache für richtig halten. Das gilt insbesondere für die Förderung von Folk Baltica, eine auch in unseren Augen herausragende Veranstaltung, die sich parallel einordnen wird bei Jazz Baltica und dem Schleswig-Holstein Musik Festival. Insofern eine richtige Entscheidung. Ich freue mich natürlich besonders, dass der SSW, wenn die Ankündigung denn stimmt, am Ende in der Gesamtabstimmung dem Haushalt 2007/2008 zustimmen wird.

(Beifall bei SPD, CDU und SSW)

Lassen Sie mich kurz auf die Haushaltsanträge der Oppositionsfraktionen eingehen. Zunächst einige Worte an unseren ehemaligen Koalitionspartner. Ich kann auf jeden Fall eine in sich geschlossene Struktur erkennen, auch wenn ich den größten Teil der Vorschläge nicht mittragen kann. Was beispielsweise die Tarifsteigerung angeht, so ist für mich die Frage, ob die Grünen, Frau Heinold, wirklich, was ja die Folge für den Justiz- und Polizeibereich wäre, einen Abbau von Stellen durch Erbringung der Tarifsteigerung innerhalb des Personalbudgets vorschlagen. Ich kann mir dies beim besten Willen nicht vorstellen.

Lieber Karl-Martin Hentschel, ich habe mich über Ihre offensichtliche Abneigung gegenüber einer bestimmten Art von Musik gewundert. Sie haben ja zum wiederholten Male die Abschaffung des Polizeiorchesters gefordert. Das Polizeiorchester ist der beste Botschafter für die Polizei in Schleswig-Holstein und das muss so bleiben.

(Beifall bei SPD und CDU)