(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat Graf Kerssenbrock hier im Haus immer kräftig unterstützt!)
Unsere Wissenschafts- und Hochschullandschaft ist attraktiv. Wir haben gezeigt, dass wir damit im Wettbewerb punkten können. Dies gilt zum Beispiel für den Bereich der Medizin mit dem Protonentherapiezentrum in Kiel mit einer Investitionssumme von 140 Millionen €. Hier hat die Landeshauptstadt Kiel die bauplanrechtlichen Grundlagen in bemerkenswert kurzer Zeit geschaffen. Hierzu meinen Glückwunsch und herzlichen Dank, Frau Oberbürgermeisterin!
Wir haben mit dem Erfolg des Excellenzclusters Meeresforschung gepunktet. Hier fließen allein 36 Millionen € nach Kiel.
Und mit Bewerbungsfrist zum 8. Januar sind 14 Professuren auf einen Schlag ausgeschrieben worden. Meine Damen und Herren, wann hat es das das letzte Mal gegeben?
Ich bin mir mit Dietrich Austermann völlig einig, wenn er sich mit Hochdruck für unser zweites Excellenzcluster einsetzt, das Forschernetzwerk zur Entzündungsforschung. Insoweit sage ich ebenfalls mit allem Nachdruck und sowohl in Richtung Berlin als auch in Richtung Süden: Ziel eines bundesweiten Wettbewerbs kann es nicht sein, von vornherein möglichst viele Kompetenzen im Süden der Republik zu konzentrieren.
Meine Damen und Herren, die Experten, die Unternehmen, die Investoren kommen wieder in unser Land und sie kommen gern. Dies ist eine Anerkennung für unsere Politik, aber dies ist auch eine Verpflichtung. Die Politik und die Verwaltung haben
die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass sich die Investoren jetzt wohlfühlen im Land, aber sie haben auch dafür zu sorgen, dass sie sich auch noch in 15 Jahren hier in diesem Land wohlfühlen. Darauf müssen wir uns einstellen, darauf muss sich -
(Dr. Heiner Garg [FDP]: Da müssen Sie aber noch lange durchhalten! - Lars Harms [SSW]: Wenn die CDU nicht mehr an der Regierung ist! - Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])
Aber es gibt immer Alternativen, haben Sie gesagt. Wer weiß, wie es nachher geht, wenn Sie sich ein bisschen anstrengen. Aber dann muss man auch vernünftige Vorschläge machen. - Wir müssen uns darauf einstellen, aber darauf müssen sich auch die Verwaltungen in den Kommunen, bei den Kreisen und beim Land einstellen, und zwar schon heute.
Meine Damen und Herren, wir können im Land endlich wieder ein neues Selbstbewusstsein erleben. Das Jahr 2006 neigt sich dem Ende zu. Das ist vielleicht die Zeit, um auch einmal vorauszublicken. Ich meine, Schleswig-Holstein hat gute Jahre vor sich, und ich freue mich auf diese guten Jahre.
Nach § 55 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung erteile ich jetzt dem Herrn Oppositionsführer, dem Abgeordneten Wolfgang Kubicki, das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Sehr verehrter Herr Ministerpräsident, einem Großteil Ihrer Rede kann ich in ihrer schlichten Allgemeinheit vorbehaltlos zustimmen.
Auch die FDP-Fraktion begrüßt die Wirtschaftsdaten, die wir haben, auch die FDP-Fraktion freut sich über jeden Arbeitslosen, der in Arbeit zurückkehren kann, auch die FDP-Fraktion ist - wie wahrscheinlich alle hier im Haus - glücklich darüber, dass wieder neue sozialversicherungspflichtige Beschäfti
gungsverhältnisse geschaffen werden. Aber die damit zusammenhängende spannende Frage lautet, ob das wirklich auf die Politik dieser Großen Koalition zurückzuführen ist und ob die Entwicklung nicht in etwa auch so gewesen wäre, wenn die rotgrüne Regierung, in Berlin jedenfalls, weiterregiert hätte.
Nach all dem, was ich lese, was auch die Ökonomen schreiben, ist das, was wir gegenwärtig erleben, eine Folge von Reformen, die wir vom Ansatz her alle begrüßt haben,
die CDU und FDP für zu kurz gesprungen gehalten haben, nämlich Reformen unter dem Titel „Agenda 2010“ des Bundeskanzlers Gerhard Schröder, die im Einzelfall falsch gewesen sein mögen, aber jedenfalls in die richtige Richtung gewiesen haben.
Jetzt erleben wir das spannende Phänomen, dass die Union, der damals diese Schritte noch zu kurz gewesen sind - beispielsweise im Bereich der Zahlung von Arbeitslosengeld unter den Stichworten Hartz IV und ALG II -, nicht nur die kleinen Schritte nicht mehr weitergehen will, sondern aufgrund der Vorschläge von Herrn Rüttgers und anderen sogar in die andere Richtung marschieren will.
Da ist wirklich ein interessantes Phänomen. Ich empfehle, sich hierzu auch einmal die Kommentare der überregionalen Zeitungen anzuschauen. Viele verstehen nicht mehr, wie aus einer Union, die für Marktwirtschaft eingetreten ist, nun eine Union geworden ist, für die die soziale Gerechtigkeit, ein Attribut der Sozialdemokratie, an erster Stelle steht. Für mich ist es auch wundersam festzustellen, dass Sozialdemokraten gegen Vorschläge, die sie früher für gut gefunden haben, deshalb opponieren, weil sie nun von der Union okkupiert worden sind.
Herr Ministerpräsident, Sie haben auf meine Formulierung hin, dass die Menschen in diesem Lande mit Ihrer Politik nicht ganz zufrieden seien, was man daran sehen könne, dass sich viele beschwerten, gesagt, ich solle einmal über Wochenmärkte gehen, um festzustellen, wie die Stimmung der Leute wirklich sei. Nun muss ich sagen: Wochenmärkte finden zu Zeiten statt, zu denen ich norma
Aber selbstverständlich rede ich genauso, wie andere Beteiligte hier in diesem Haus es in ihrem Berufsleben, im Restaurant, in der Kneipe, in den Vereinen tun, mit den Menschen, und ich rede übrigens im letzten Vierteljahr auch sehr viel mit Mitgliedern der CDU, die sich an mich wenden und darum bitten, dass wir stark bleiben mögen.
- Herr Kollege Sauter, ich bin gern bereit, die Liste sämtlicher E-Mails, die mich erreichen, auf den Tisch zu legen, damit Sie einmal sehen, wie viele Leute sich auch aus Ihrem Beritt mit herzzerreißenden Bitten an uns wenden, die FDP möge stark bleiben, weil das Vertrauen in die eigene Partei verlorengegangen sei.
- Ich habe nichts dagegen, dass alles das, was hier getan wird, kommuniziert wird. Denn Ihre eigenen Parteifreunde vor Ort, Herr Baasch, erklären Ihnen immer, sie hätten das Gefühl, Sie wollten sie gar nicht mehr verstehen. Deshalb sind sie auch dabei, Ihre Partei zu verlassen.
Aber unabhängig davon, Herr Ministerpräsident, gebe ich zu: Diese Menschen sind unglaublich froh darüber, dass es eine neue Regierung gibt, dass die alte rot-grüne Regierung nicht mehr existiert und so nicht mehr fortgesetzt werden konnte. In der Größenordnung von 80 % sind die Menschen, mit denen ich spreche, darüber froh. Ich gebe Ihnen auch zu, dass wieder so etwas wie ein Grundvertrauen geschaffen worden ist, dass es sich lohnt, in Schleswig-Holstein zu investieren und Geld zu verdienen, dass man sich nicht mehr mental und physisch einer Abwehrhaltung gegenüber sieht, sondern eher mit einer positiven aufnehmenden Haltung.
Aber daraus ableiten zu wollen, die Menschen seien zufrieden mit dem, was Sie machen, spricht sogar Ihren eigenen Meinungsumfragen Hohn. Die Menschen sind mitnichten zufrieden mit der Regierungspolitik. Sie werden mir auch zugestehen, dass es bei allem Lob, das Sie auf den Weg gebracht haben - Sie haben gesagt, wie toll die Große Koalition arbeitet -, in verschiedenen Bereichen doch noch etwas besser gehen könnte, beispielsweise hinsicht
lich der Frage, wie Investitionen in Schleswig-Holstein gefördert und begleitet werden können, wie wir Wachstum generieren können in diesem Land, was ja, wie wir alle wissen, Voraussetzung dafür ist, dass Arbeitsplätze geschaffen werden können, und was - alle haben es doch erklärt - auch Voraussetzung dafür ist, dass die Konsolidierung der Haushalte gelingen kann.
Herr Ministerpräsident, Sie haben die Mehrwertsteuererhöhung angesprochen, auf die wir hier im Lande bedauerlicherweise keinen Einfluss haben. Die FDP auf Bundesebene hat sie für falsch gehalten, wie übrigens auch viele wirtschaftswissenschaftliche Forschungsinstitute. Aber ich habe bereits vor einigen Wochen auf eine Frage des „sh:z“ erklärt, dass ich mich jetzt nicht mehr dafür einsetzen könne, die Mehrwertsteuererhöhung zurückzunehmen, nicht, weil ich sie für sinnvoll halte, sondern weil das große Problem nicht darin besteht, dass wir Steuererhöhungen oder das Gegenteil beschließen, sondern weil wir dazu übergehen müssen, dass staatliches Handeln für die Wirtschaftindividuen planbar und berechenbar wird, dass sie sich darauf einstellen können, was wir tun.
An einer solchen konsistenten Politik, auf die sich die Individuen einstellen können, um ihre eigene Lebensgestaltung daran auszurichten, mangelt es in verschiedenen Bereichen noch.
Ein Letztes, Herr Ministerpräsident! Ich finde es rhetorisch möglicherweise geschickt, aber menschlich unlauter, dass Sie der FDP den Vorwurf machen, dass wir die Versprechen, die wir gegeben haben, auch etatmäßig umsetzen wollen, und erklären, wir würden den Ernst der Situation nicht erkennen. Wir erkennen den Ernst der Situation, aber wir haben versprochen, dass wir die Sonderzahlungen nicht zurücknehmen wollen, und wir haben versprochen, dass wir den kommunalen Finanzausgleich nicht antasten wollen.