Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Das sehe ich nicht. Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort hat Frau Abgeordnete Susanne Herold.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Schleswig-Holstein steht vor der größten Schulreform seiner Geschichte und die benötigen wir dringend, um unserer gesellschaftspolitischen Mitverantwortung für die Zukunftsfähigkeit Schleswig-Holsteins gerecht zu werden. Wir wollen mehr und vor allen Dingen bessere Bildungsvoraussetzungen und Bildungsbedingungen für unsere Kinder und Jugendlichen und deshalb haben wir das benötigte Fundament, unser Schulgesetz, in wesentlichen Teilen neu gefasst. Es liegt heute in der Verantwortung aller anwesenden Parteien, das neue Schulgesetz zu verabschieden und somit den Weg dafür zu ebnen, dass unsere Schülerinnen und Schüler von den Maßnahmen profitieren, die im neuen Schulgesetz verankert werden.
Meine Damen und Herren, Anhörungsergebnisse und Änderungsanträge sind in den Gesetzentwurf eingeflossen und ich denke, wir haben nunmehr nach 20-monatiger Beratung ein Gesetz vorliegen, das eine gute Antwort auf gesellschaftliche und auch demografische Veränderungen in unserem Land gibt.
Regionalschule und Gymnasium entsprechen dem Ansatz eines gegliederten differenzierten Schulartangebots. Gemeinschaftsschulen werden als alternatives integratives System, in dem alle Schüler unter Auflösung der Schularten gemeinsam unterrichtet werden, auf Antrag des Schulträgers hinzukommen können.
Es handelt sich hier um einen zwischen CDU und SPD ausgehandelten Kompromiss, bei dem die CDU ihre ursprünglichen Vorstellungen nach wie vor nicht vergessen hat. Wir stehen zu differenzierten Strukturen mit homogenen Lern- und Leistungsgruppen.
Schließlich würde der Bundestrainer unserer Handballnationalmannschaft auch nicht auf die Idee kommen, in seinen Kader eine Bezirksligamannschaft zu integrieren, um bessere Leistungsergebnisse zu erzielen.
Meine Damen und Herren, der CDU ist es mit der Verankerung der Regionalschule im Schulgesetz gelungen, eine Antwort auf den zunehmenden Imageverlust unserer Hauptschulen sowie die landesweit zurückgehenden Schülerzahlen zu geben. Bereits heute hat die Hälfte aller Bundesländer die Straffung der Schulstrukturen hin zu einer gemeinsamen Schulart mit Haupt- und Realschulbildungsgang realisiert. Die wesentlichen Stärken der Regionalschule liegen in der Differenzierung nach Bildungsgängen, in qualifizierten berufsvorbereitenden Abschlüssen und einem hohen Maß an individueller Förderung.
Jede dritte von insgesamt 167 Realschulen wird in den nächsten Jahren gefährdet sein. Denn der Rückgang der Schülerzahlen um circa 70.000 Schülerinnen und Schüler wird ganz Schleswig-Holstein treffen. Auf solche Entwicklungen muss Politik reagieren und deshalb wird die CDU die Zusammenführung von Haupt- und Realschulen für Schleswig-Holstein voranbringen.
Ich möchte an dieser Stelle an die Vertreter der Realschulen appellieren, ihren Widerstand gegen die Regionalschule aufzugeben. Ab dem 7. Jahrgang wird an dieser Schulart eine äußere Differenzierung in einen Haupt- und einen Realschulbildungsgang vorgenommen. Der Hauptschulabschluss wird wie bisher nach dem 9. Jahrgang, allerdings jetzt mit einer verpflichtenden Abschlussprüfung erlangt. Realschüler können nach erfolgreichem Realschulabschluss in Klassenstufe 10 in die Oberstufe eines Gymnasiums wechseln.
Die Behauptung des VDR, die Zusammenarbeit mit Hauptschulen führe zum Abbau des Bildungsniveaus der Realschulen, geht an der Realität vorbei.
Es besteht auch heute schon an den Realschulen unseres Landes eine zunehmende Vermischung von Haupt- und Realschülern. Die Quote liegt an einigen Schulen sogar bei 30 %. Zudem gibt es bereits jetzt 40 verbundene Haupt- und Realschulen, die
Meine Damen und Herren, der CDU ist es sehr wichtig, dass bei der Ausgestaltung der Regionalschule und der Gemeinschaftsschule gleiche Maßstäbe zugrunde gelegt werden.
Das bedeutet für uns gleiche Schülerkostensätze, gleiche Personalausstattung und eine gleiche Pflichtstundenzahl für die an diesen Schularten arbeitenden Lehrkräfte.
In diesem Zusammenhang betone ich, dass unser Fraktionsvorsitzender falsch zitiert wird. In den „Kieler Nachrichten“ ist heute nämlich zu lesen, dass Realschullehrer eine höhere Unterrichtsverpflichtung zu erwarten hätten. Das ist so nicht gesagt worden.
Meine Damen und Herren, auch in vielen anderen Bereichen setzt das neue Schulgesetz CDU-Forderungen um. Neben der Intensivierung der Sprachförderung vor Eintritt in die Grundschule wird auch die Forderung nach der frühzeitigen Einführung der ersten Fremdsprache nunmehr an unseren Grundschulen realisiert. Erhebliche Veränderungen wird es auch an unseren Gymnasien geben. Nennen möchte ich hier die Verkürzung der Schulzeit von neun auf acht Jahre und die Reform der Oberstufe sowie die Einführung von zentralen Abschlussprüfungen, die es im Übrigen für alle Schularten fortan in Schleswig-Holstein geben wird.
Mit diesen Maßnahmen schaffen wir endlich den Anschluss an nationale und internationale Bildungsstrukturen und sind somit zukünftig für die Erhebung nationaler und internationaler Studien besser aufgestellt.
Meine Damen und Herren, aus Sicht der CDU ist es besonders erfreulich, und deshalb möchte ich es hier auch kurz erwähnen, dass die Wartefrist bis zum Einsetzen der staatlichen Bezuschussung für Privatschulen zukünftig von drei auf zwei Jahre verkürzt wird. Dadurch wird es den Privatschulen künftig ein wenig leichter fallen, sich in SchleswigHolstein zu etablieren. Die CDU wird sich auch weiterhin dafür einsetzen, dass mehr Schulen in freier Trägerschaft einen festen Platz in unserer Schullandschaft erhalten, denn in Schleswig-Holstein besuchen heute lediglich 3,3 % der Schülerin
Meine Damen und Herren, es gibt noch eine Reihe von Neuerungen im Schulgesetz, die es wert sind, behandelt zu werden. In Anbetracht der Kürze der Zeit möchte ich hier exemplarisch einige Beispiele hervorheben.
Erstens. Die Informationspflicht für Eltern volljähriger Schülerinnen und Schüler wurde festgeschrieben.
Zweitens. Grundsätzlich wird jedes Kind mit sechs Jahren eingeschult. Die flexible Eingangsphase ermöglicht die Beschulung je nach individueller Lernentwicklung in einem, zwei oder drei Jahren. Neu ist, dass Kinder mit krankheitsbedingten Störungen nach § 15 des Schulgesetzes beurlaubt werden können. Die Beurlaubung wird vom Schulamt und nicht, wie irrtümlich geäußert, vom Schulleiter, genehmigt.
Drittens. Wir bleiben dem Motto „kurze Beine, kurze Wege“ treu. Grundschulverbände werden auch kleine Schulen vor Ort, die weniger als 80 Schüler haben, mittels Kooperationen auffangen.
Viertens. Erstmalig werden die öffentlichen berufsbildenden Schulen in einem eigenen Abschnitt des Schulgesetzes behandelt. Es besteht fortan die Möglichkeit, sogenannte Regionale Bildungszentren zu gründen. Die Schulträger aller 40 berufsbildenden Schulen können sich somit in eine Anstalt des öffentlichen Rechts umformen. RBZs arbeiten weitgehend selbstständig, erfüllen dabei nach wie vor den staatlichen Bildungsauftrag und gehen darüber hinaus verstärkte Kooperationen mit der Wirtschaft in der Region ein.
Meine Damen und Herren, wir stehen heute in diesem Hohen Haus vor einer historischen Entscheidung, was die zukünftige Gestaltung unserer Schulstrukturen anbelangt. Ein Gesetz kann jedoch nur Rahmenbedingungen liefern. Umgesetzt und mit Leben gefüllt wird es durch unsere Lehrerinnen und Lehrer. Daher möchte ich an dieser Stelle meinen Kolleginnen und Kollegen Mut machen, die angestrebten Änderungen mit Energie und Motivation anzugehen. Ich weiß, dass einige von Ihnen die anstehenden Belastungen durch die Einführung neuer Strukturen und pädagogischer Konzepte, die auf sie zukommen, kritisch bewerten. Ich bitte sie deshalb gerade hier und heute um Ihre Unterstützung, um die Reformen zum Wohle unserer Kinder erfolgreich umzusetzen.
Lassen Sie mich mit einem persönlichen Gedanken schließen. Sicherlich wird es bei dem heute zu verabschiedenden Schulgesetz in der Umgangsphase noch die eine oder andere Problematik geben, aber die reformbedürftige Schullandschaft SchleswigHolsteins wird im Endeffekt ein Gesicht erhalten, um den jungen Menschen so viel an elementaren Voraussetzungen mitzugeben, dass sie ihr privates und berufliches Leben meistern können.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Schleswig-Holstein bekommt heute ein neues Schulgesetz. Es war eine richtige Entscheidung der Großen Koalition, das Schulgesetz von 1990, das kaum noch zu zählende große und kleine Novellierungen durchlaufen hat, nicht noch einmal zu überarbeiten, sondern durch ein grundsätzlich neues Gesetz die Zäsur deutlich zu machen, vor der unser Schulsystem heute steht.
Wenige Gesetze in der Geschichte unseres Landes wurden so zeitaufwendig und so intensiv beraten wie dieses neue Schulgesetz. Die ersten Eckwerte haben wir in den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD im Frühjahr 2005 beschlossen und die letzten Beratungen auf Arbeitskreisebene haben wenige Tage vor der Beschlussfassung im Ausschuss stattgefunden. Ich bedanke mich im Namen meiner Fraktion bei unserer Bildungsministerin ganz herzlich, bei ihrem Staatssekretär, ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, aber insbesondere auch bei den Mitarbeitern unserer bildungspolitischen Arbeitskreise, die hier eine ganz besondere Aufgabe hatten, diese Anträge einzubringen, und bei beiden Fraktionen für eine kaum mehr zu zählende Abfolge von Gesprächen und Verhandlungen, die aber alle mit dem festen Willen geführt wurden, dass man sicht einigt. Die Befürchtungen und Hoffnungen anderer, der Streit um das Schulgesetz könnte zum Stolperstein für die Koalition werden, haben sich in Luft aufgelöst. Die Schulpolitik war vielleicht das Politikfeld, auf dem die CDU und die SPD nach dem Wahlkampf den längsten Weg aufeinander zu zurückzulegen hatten. Wir standen vor der Herausforderung, zu einem Ergebnis zu kommen, in dem sich beide Seiten wiederfinden können. Dieses Ergebnis ist ausgesprochen gut gelungen.
Dieses ist kein rotes und kein schwarzes Schulgesetz, aber es ist ein gutes Schulgesetz, weil wir nach unserer Auffassung die wichtigen Antworten auf die Probleme und die Entwicklungen in unserem Schulsystem geben können. Es ist ein Schulgesetz, das auch bundesweit Beachtung findet und die Diskussion um die Zukunft der Schule auch in anderen Bundesländern beflügelt. In unserem Nachbarland, der Hansestadt Hamburg, diskutiert man im Augenblick in dieselbe Richtung, wie wir es in der Großen Koalition getan haben.
Aus zwei Gründen haben wir grundlegende Veränderungen unseres Schulwesens eingeleitet. Zum einen schöpfen wir die Begabungsreserven nicht aus, weil die soziale Herkunft für die Lebensperspektive eines jungen Menschen immer noch entscheidender ist als seine Begabung.
Zum anderen stellt der Geburtenrückgang das Land und auch die kommunalen Schulträger vor eine neue Lage bei der Schulentwicklungsplanung. Sehr viele kleine weiterführende Schulen können auf Dauer nicht mehr bildungsökonomisch sinnvoll selbstständig bleiben. Der Landesrechnungshof hat hier stetig gemahnt. Wir haben diese Bedenken und Vorgaben aufgenommen.
Meine Damen und Herren, wir wollen auch mit der Mentalität brechen, dass es im Interesse des Kindes ist, so lange zu Hause zu bleiben wie möglich, bevor es in die Schule geht. Die Rückstellung schulpflichtiger Kinder muss zum absoluten Ausnahmefall werden.
Sie darf künftig nicht mehr mit unzureichenden Deutschkenntnissen begründet werden. Kinder, die nicht genug Deutsch können, um am Unterricht teilnehmen zu können, müssen bereits vor der Einschulung sprachlich gefördert werden. Das gilt auch für Kinder aus Nichtmigrantenfamilien.
Wir wollen die Vernetzung der Bildungseinrichtungen vorantreiben. In der Sprachförderung müssen die Kindertageseinrichtungen eng mit den Grundschulen zusammenarbeiten. Die Grundschulen, die Förderzentren und ihre Schulen in der Sekundarstufe I müssen ihre Anstrengungen bei der Förderung von Kindern koordinieren. Berufliche Schulen, die sich zu Regionalen Berufsbildungszentren, also zu rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts, weiterentwickeln, übernehmen künf