Dazu muss neben dem Maximalinstrumentarium des Sprachheilinternats in Wentorf nach unserer festen Überzeugung auch auf der regionalen Ebene, in den Kreisen, ein örtlich und täglich erreichbares Förderinstrumentarium verfügbar sein. Das hängt übrigens auch damit zusammen, dass die Aufnahmekapazität des Wentorfer Sprachheilinternats begrenzt ist.
Wie gesagt ist es also unabdingbar, darüber hinaus auch örtlich ein Instrumentarium zu unterhalten. Das scheint das Bildungsministerium mittlerweile auch erkannt zu haben. Denn man hat in Dithmarschen die Einrichtung einer neuen teilstationären Sprachintensivmaßnahme namens „Lautstark“ sei
tens des Ministeriums unterstützt. Dithmarschen ist in den letzten Jahren immer einer der Kreise ohne Sprachheilklassen und Sprachheilgrundschulen gewesen, also eine Region, in der eine solche mittlere Förderebene bisher nicht bestanden hat. Nunmehr aber ist an der Christian-Bütje-Schule in Meldorf eine solche regionale Förderebene eingerichtet worden, die die schwierigsten, nicht integrativ zu beschulenden Fälle in einem ganztägigen, mit einem Hort verbundenen Angebot zur Sprachintensivförderung zusammenfasst und die ihre Beschulung auf eine zwei- bis dreijährige Förderdauer angelegt hat.
Dieses Konzept ist zwar nicht identisch mit den herkömmlichen Sprachheilklassen, ihnen aber als „Förderinstrumentarium mittlerer Reichweite“ vom faktischen Angebot her doch recht nahe. Implizit erkennt das Ministerium damit an, dass es ein solches Förderinstrumentarium mittlerer Reichweite auch auf der regionalen Ebene geben muss.
Wenn nun in anderen Teilen des Landes bisherige Sprachheilklassen oder Sprachheilgrundschulen geschlossen werden sollen beziehungsweise in ihrer Existenz bedroht sind, so muss man fragen, warum an diesen Standorten nicht zumindest Zug um Zug als Ersatz ein Angebot geschaffen wird, wie es gerade in diesem Schuljahr in Dithmarschen neu eingerichtet worden ist. Dabei wäre auch an die Umgestaltung bestehender Sprachheilgrundschulen oder Sprachheilklassen im Sinne der Dithmarscher Konzeption zu denken.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Es wäre nicht zu rechtfertigen, wenn in einzelnen Teilen des Landes regionale Angebote zur intensiveren sprachheilpädagogischen Förderung ersatzlos wegfielen, während ein solches Angebot woanders, nämlich in Dithmarschen, gerade mit Unterstützung des Ministeriums neu eingerichtet worden ist. Mit einer solchen ungleichen Vorgehensweise würde die Landesregierung Kindern in manchen Regionen des Landes exakt die Bildungschancen verwehren, die sie Kindern am Standort Dithmarschen gerade neu eröffnet hat.
Ich danke Herrn Abgeordneten Dr. Klug und erteile für die CDU-Fraktion der Frau Abgeordneten Heike Franzen das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sprache ist eine wesentliche Grundlage der Kommunikation und Kommunikation ist ein wesentlicher Bestandteil der Teilhabe an allen gesellschaftlichen Bereichen. Kinder mit sprachlichen Defiziten haben nicht die gleichen Bildungschancen wie andere. Darum ist es auch so erschreckend, wenn wir immer wieder feststellen müssen, dass die Zahl der Kinder mit Sprachstörungen und Sprachauffälligkeiten zunimmt.
Den von der FDP gestellten Antrag wollen wir gern zum Anlass nehmen, um die Landesregierung aufzufordern, uns über die gegenwärtige Situation der Sprachheilförderung in Schleswig-Holstein insgesamt zu berichten.
Bereits 2001 wurde ein solcher Bericht vorgelegt, allerdings muss man feststellen, dass sich seitdem viele Dinge im Bereich der Sprachförderung verändert haben, und wir wollen uns einen Überblick darüber verschaffen, was sich verändert hat und ob die Veränderungen zu dem gewünschten Erfolg geführt haben.
Wir sind uns in diesem Haus sicher schnell einig, dass so früh wie möglich Hilfen und Fördermaßnahmen für diese Kinder vorgehalten werden müssen. Da ist bereits der Kindergarten gefragt. Hier gibt es bereits zahlreiche Angebote. Wie sich diese Angebote landesweit strukturieren, wie der Ausund Fortbildungsstand der Erzieherinnen und Erzieher ist und wie erfolgreich die vorschulischen Maßnahmen sind, wissen wir derzeit nicht. Was hat sich beispielsweise in der Zusammenarbeit von Kinderärzten, Sprachheilambulatorien und Frühförderstellen entwickelt?
Wir müssen uns aber im Rahmen von knappen Ressourcen auch einen Überblick über die Wirksamkeit von Förderkonzepten verschaffen, um weiter gehende Beschlüsse fassen zu können.
Wie sieht es im schulischen Bereich aus? - Die rotgrüne Landesregierung hat 2002 eine neue Ordnung für Sonderpädagogik und einen neuen Lehrplan für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf eingeführt. Darin wurden insbesondere die Sprachheilgrundschulen nicht mehr als Sonderschulen aufgeführt und sind schrittweise aus der Schullandschaft verschwunden. Die Integration der Sprachheilpädagogik in der Grundschule ist ausgeweitet worden. Die aktuellen Diskussionen um Schulschließungen in Preetz und Bad Schwartau zeigen, dass über den richtigen Weg der Sprachheilpädagogik unterschiedlich diskutiert wird. Bei solchen Entscheidungen ist vor allem die
Schulaufsicht gefordert, alle Beteiligten wie Eltern, Lehrer und Schulträger mitzunehmen. Beteiligungsrechte müssen gewahrt bleiben und die berechtigten Bedenken in die Entscheidungsprozesse einfließen. Das muss im Interesse unserer Kinder selbstverständlich sein.
Wir wissen nicht genau, wie sich die Entscheidungen von 2002 auf die Sprachheilförderung in Schleswig-Holstein ausgewirkt haben und wie die sonderpädagogische Förderung im Schwerpunkt Sprache flächendeckend gewährleistet ist. Wie sieht hier die Lehrerversorgung aus, wie ist das Aus- und Fortbildungsangebot für Lehrkräfte ausgestaltet, gibt es vielleicht neue Erkenntnisse aus der Wissenschaft, die zu beachten sind?
Die CDU-Fraktion - an führender Stelle meine Kollegin Sylvia Eisenberg - hat sich 2001 für den Erhalt der Sprachheilgrundschulen in SchleswigHolstein ausgesprochen. Wir sind auch jetzt der Auffassung, dass wir für die wirklich unterschiedlichsten Ausprägungen von Sprachstörungen, die sich eben nicht alle mit präventiven Maßnahmen beheben lassen und die auch während der Schulzeit der intensiven fachlichen Förderung bedürfen, auch die unterschiedlichsten Strukturen und Sprachheilfördermaßnahmen in unserem Land brauchen, angefangen bei den präventiven Maßnahmen in den Kindertagesstätten wie das Programm zur phonologischen Bewusstheit über die integrative Sprachförderung in den Schulen bis hin zu teilstätionären und stationären Maßnahmen wie „Lautstark“ in Dithmarschen und die Einrichtung in Wentorf. Was wir wissen müssen, ist, in welchem Umfang wir welche Einrichtungen und Fördermaßnahmen brauchen.
Bei der Organisation von Sprachheilförderung muss zudem sichergestellt werden, dass es nicht zu übermäßigen zusätzlichen Belastungen von Eltern und Kindern kommt, beispielsweise durch zu lange Anfahrtswege oder ungewollte und belastende Trennungen von Kindern und Eltern. Der beantragte Bericht sollte auch dazu dienen, die beim letzten Bericht 2001 offengebliebenen Fragen zu klären. Was für mich aber die wichtigste Frage ist: Wie entwickeln sich zukünftig die Schülerzahlen und wie müssen wir die Sprachheilförderung in Zukunft ausgestalten, um auch weiterhin eine flächendeckend qualitativ hochwertige Sprachheilförderung für unsere Kinder sicherstellen zu können?
Unser Berichtsantrag in Verbindung mit dem Antrag der FDP könnte eine gute Grundlage sein, um sich insgesamt und gemeinsam mit der Entwicklung der Sprachheilförderung in Schleswig-Holstein auseinanderzusetzen. Ich beantrage daher für die CDU-Fraktion, dem Berichtsantrag von CDU
und SPD zuzustimmen und den Antrag der FDPFraktion zur abschließenden Beratung an den Bildungsausschuss zu überweisen.
Das Präsidium bedankt sich auch für die Hinweise zum Verfahren. - Das Wort für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Henning Höppner.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Klug, gestatten Sie mir eine Vorbemerkung zu dem von Ihnen geschilderten Fall, dass ein Kind, das zehn Jahre alt und in der 4. Grundschulklasse ist, noch keinen einzigen Satz gesprochen hat. Normalerweise hätte ein solches Kind - zumindest wenn es durch die Schule festgestellt worden wäre eine Eingliederungshilfe des Kinder- und Jugendhilfegesetzes oder des BSHG bekommen. Das wäre der richtige Weg gewesen und nicht der, das Kind erst im 4. Schuljahr nach Wentorf zu schicken. Das hätte man mithilfe des örtlichen Jugendamtes individuell machen können.
Meine Damen und Herren, am 9. Mai 2001 - vor fast sechs Jahren - haben Sie, Herr Dr. Klug, die Gelegenheit ergriffen, aufgrund einer Presseberichterstattung in den „Kieler Nachrichten“ hier eine Diskussion zu führen. Es ging damals um den Erhalt von Sprachheilgrundschulen. Schon 2001 mussten wir feststellen, dass es neben der staatlichen Einrichtung in Wentorf Sprachheilgrundschulen mit Stammklassen nur in den kreisfreien Städten und in Norderstedt sowie in Schwartau und Preetz gab - das zähle ich zum Einzugsbereich eines Oberzentrums dazu -, in der Fläche überhaupt nicht.
Auch 2001 war uns klar, dass die Sprachheilpädagogik in Schleswig-Holstein mit ihrem integrativen Ansatz bundesweit so vorbildlich organisiert war, dass andere Länder zu uns geschaut haben und das, was wir an Sprachheilpädagogik eingerichtet haben, im Grunde übernehmen wollten.
Das Konzept der Sprachheilambulatorien in den Grundschulen und Förderzentren vor Ort ist in den letzten sechs Jahren natürlich weiterentwickelt worden. Ich darf an dieser Stelle auch daran erinnern: Mit der Einführung der vorschulischen Sprachfördermaßnahmen ist das Netz der Förderung von Kindern mit Sprachentwicklungsstörungen noch
enger geworden. Wenn wir nach den Regelungen des neuen Schulgesetzes nunmehr die Möglichkeit haben, für ein Kind, das aufgrund mangelhafter Sprachentwicklung vielleicht vom Schulbesuch beurlaubt ist, eine individuelle Sprachfördermaßnahme anordnen zu können, dann sind wir doch ein ganzes Stück weitergekommen.
Nun ist es leider wieder ein Pressebericht gewesen, der Sie oder vielleicht auch uns dazu veranlasst hat, wieder einen solchen Antrag zu stellen. Die Berichterstattung bezieht sich hier auf die Schließung der Sprachheilgrundschule am Postsee in Preetz, eine Kreiseinrichtung.
Sie hat dort in der Presse einen sehr breiten Raum eingenommen. Noch in dieser Woche hat es Leserbriefe dazu gegeben.
Ich habe ja Verständnis dafür, wenn eine Lokalredaktion glaubt, ein Thema gefunden zu haben, das man über Monate hinweg von allen Seiten beleuchten und mit dem man vor allem Betroffenheit erzeugen kann durch scheinbar kinder- und familienfeindliches Handelns des Staates, insbesondere wenn es dann auch noch um die Unterstellung geht: Die Ministerin Ute Erdsiek-Rave persönlich zieht den Schulleiter ab. - Das trifft natürlich überhaupt nicht zu, denn hier handelt ein Schulrat unter Mitwirkung des Bezirkspersonalrates und er hat dort auch nur eine Abordnung veranlasst.
Ich habe aber kein Verständnis dafür, wenn diese Form der Berichterstattung und die Reaktion dieser Zeitung über Monate hinweg die Öffentlichkeit nicht darüber informiert, um welche Schülerzahlen es hier eigentlich geht. Meine Damen und Herren, die Langzeitklasse der Preetzer Sprachheilgrundschule umfasst noch ganze 11 Schülerinnen und Schüler! Wäre dies den Leserinnen und Lesern dieser Zeitung bekannt, hätte die Diskussion einen ganz anderen Verlauf genommen. Jedem muss eigentlich klar sein, dass das Vorhalten einer Schulleiterstelle der Besoldungsgruppe A 14 für eine solche Größenordnung auf kein Verständnis stoßen würde.
Vor diesem Hintergrund muss auch klar sein, dass es ein anderes Konzept geben muss. Was in Preetz zukünftig gemacht wird, nämlich die Einrichtung einer Sprachheillangzeitklasse am örtlichen Förderzentrum, ist die richtige Perspektive. Damit wird dort etwas Ähnliches gemacht, wie der Kollege
Meine Damen und Herren, es ist sechs Jahre her, dass wir den letzten Bericht zur Entwicklung der Sprachheilpädagogik hatten. Es wäre angemessen, nach dieser langen Zeit wieder einmal darüber zu diskutieren, wie sich das in diesem Lande positiv weiterentwickelt hat.
Ich danke Herrn Abgeordneten Dr. Höppner und erteile für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Frau Abgeordneten Angelika Birk das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sprechen lernen sprachbehinderte Kinder vor allem durch Integration. Sprachförderung und Sprachheilförderung haben eine Schlüsselfunktion. Nicht nur Migrantenkinder, sondern auch die zunehmende Zahl von Kindern, mit denen zu Hause wenig gesprochen wird oder die eine Sprachbehinderung haben, braucht selbstverständlich eine sprachliche Förderung, und zwar schon im Kindergarten und auch in der Schule.
Auf unsere Veranlassung hin hat die Landesregierung schon in der letzten Legislaturperiode hierzu neue Wege beschritten und die gute Tradition hat der Kollege Höppner hier schon genannt: Schon 2001 konnte hierzu ein interessanter Bericht geliefert werden und wir haben weitere Maßnahmen gefordert und die sind ergriffen worden.
Wir wollen wissen, welche Erfahrungen inzwischen mit den neuen Förderprogrammen gemacht werden. Deshalb haben wir schon in einer der vorangegangenen Sitzungen einen Bericht der Landesregierung zur Sprach- und Sprechförderung von Kindern gefordert. Unser Berichtsantrag wird nun heute durch weitere Berichtsanforderungen der Koalitionsfraktionen ergänzt. Wir erwarten den Bericht im Mai und hoffen, dass er auch eine Reihe von Maßnahmen ankündigt, die schon ab nächstem August - also im neuen Schuljahr - umgesetzt werden können.
Ich freue mich auch, dass die Kollegin Franzen hier das Thema Evaluation berührt hat. Es ist natürlich interessant zu wissen, wie die unterschiedlichen Maßnahmen wirken - soweit man ihre Wirkung mit
Eines darf ich kritisch anmerken: Wir haben immer wieder Klagen darüber, dass die Integration mangels ausreichender Unterrichtsstundenkapazität und mangels ausreichender Gesamtkonzeption für die gesamte Klasse, in die einzelne Kinder integriert werden, nicht so erfolgreich ist, wie wir uns das erhoffen. Das inspiriert natürlich immer wieder Anträge wie den der FDP. Das spricht aber nicht gegen Integration, sondern für eine Optimierung der Instrumente der Integration.