Protokoll der Sitzung vom 06.06.2007

- Nein, er hat gesagt, was fehlt. Er hat gesagt, das Ansinnen des Antrages könne man unterstützen.

(Zurufe von der CDU)

- Lassen Sie mich bitte ausreden! - Das ist nach unserer Auffassung das Entscheidende.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn man bedenkt, wie viele Organisationen Menschenrechtsorganisationen, soziale Organisationen, sich an dem Anti-G-8-Gipfel beteiligen, an den Demonstrationen beteiligen, möchte ich gern wissen, wieso wir diese Menschen, die sich engagieren, nicht unterstützen können. Genau darum geht es bei dem vorliegenden Antrag.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sage noch einmal: Aus unserer Sicht kommt es in dieser schwierigen Situation darauf an, nicht den Überblick zu verlieren. Wir drohen den Überblick zu verlieren, weil die Situation nach Rostock natürlich schrecklich ist. Aus unserer Sicht ist es aber Aufgabe der Politik, weitere Wege aufzuzeigen und zu sagen: Wir müssen uns trotzdem für das Demonstrationsrecht, für friedliche Demonstrationen und für friedliche Diskussionen einsetzen.

Keiner in diesem Plenum unterstützt gewalttätige Demonstranten; niemand tut das. Das ist ja auch nicht die zentrale Frage. Gewalttätige Demonstranten müssen wie Kriminelle bestraft werden. Richtig ist natürlich, dass die Vorfälle in Kopenhagen, die Demonstrationen um das Ungdomshuset gezeigt haben, was in Europa läuft. Die gewalttätigen Demonstranten sind vernetzt, sie haben eine Strategie und sie stellen kriminelle Elemente dar. Daran gibt es nichts zu deuteln. Aber wir müssen doch trotzdem dafür sorgen, dass wir - so möchte ich es einmal ausdrücken - das Kind nicht mit dem Bade ausschütten.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Darum muss in dieser Diskussion auch ein positives Signal deutlich werden. Ich sehe den Antrag der Grünen als ein solches positives Signal an.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Das Wort für einen weiteren Kurzbeitrag hat die Frau Abgeordnete Monika Heinold.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die ganze Welt diskutiert über G 8, die Bürger und Bürgerinnen gehen auf die Straße und dieser Landtag drückt sich schlicht vor einer Positionierung.

(Widerspruch bei der CDU - Unruhe - Zuruf des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])

- Sie haben deutlich gesagt, dass Sie unseren Antrag ablehnen.

(Martin Kayenburg [CDU]: Wo waren Sie denn die ganze Zeit?)

- Ich war hier. Bisher haben wir noch nichts beschlossen.

(Unruhe)

- Ich habe wahrgenommen, dass wir bislang noch nichts zu G 8 beschlossen haben. Ihnen liegt ein Antrag vor. Den wollen Sie jedoch ablehnen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Ja und? Das heißt doch nicht, dass wir uns nicht positionieren!)

Es liegt kein Antrag von der CDU, der SPD oder der FDP vor.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist doch wirklich sektenhaft!)

Wenn Sie also unserem Antrag nicht zustimmen, wird es keinen Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Landtags geben.

(Zuruf von der CDU: Das ist aber schade!)

- Ja. Für Sie mag das Pillepalle sein.

(Zurufe und Unruhe)

Meiner Fraktion ist es ein wichtiges Anliegen, dass sich dieses Parlament inhaltlich zu der Politik des G-8-Treffens positioniert. Das mag Ihnen nicht wichtig sein. Wir möchten jedoch, dass etwas beschlossen wird, und wir halten es für ein Armutszeugnis, dass die Große Koalition zwar an unserem Antrag herummäkelt, aber keine eigene Antwort hat.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat nun der Herr Innenminister.

(Anke Spoorendonk)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Zuruf des Abgeordneten Thomas Stritzl [CDU])

Die Debatte veranlasst mich, doch noch einmal vier Bemerkungen zu machen. Zum einen: Ich glaube, man kann in der Situation, wie sie jetzt ist, nicht sagen: „Das Anliegen ist im Prinzip ja ganz vernünftig, lasst uns das einfach mal so machen!“ Auf die Besonderheit kommt es wirklich sehr an. Das heißt in der Tat, dass man sehr genau überlegen muss, welche Art von Texten man verfasst. Im Augenblick und vor dem Hintergrund der Ereignisse in dieser Woche wird die Frage wenig Aufmerksamkeit erregen, ob sich der Schleswig-Holsteinische Landtag nun zu sehr schwierigen globalen Fragestellungen äußert. Das ist einfach so im Rahmen einer Debatte, die ja schon sehr stark von anderen Faktoren geprägt ist. Was aber sehr wohl wahrgenommen wird, ist die Antwort auf die Frage, ob wir glasklar zwischen friedlichem, legalem Protest und Gewalttaten unterscheiden.

(Beifall bei CDU, SPD und der Abgeordne- ten Anke Spoorendonk [SSW])

Zweitens: Was das Thema der Mehrarbeit angeht, so will ich nur noch einmal deutlich sagen: Selbstverständlich wird das, was aus Mecklenburg-Vorpommern kommt - und ich gehe davon aus, dass die Zahlungen sowohl in zufriedenstellender Höhe als auch zeitgerecht erfolgen - an die Beamtinnen und Beamten weitergegeben. Wir haben uns mit dem Finanzminister darauf verständigt, dass das in der hierfür vorgesehenen Form erfolgt. Es ist für mich auch eine Selbstverständlichkeit, dies zu tun. Was die anderen Beamten angeht, so tun wir im Rahmen unseres Budgets das, was möglich ist. Ich möchte daher keine Versprechungen machen, weil wir immer sagen: Wir müssen unser Personalkonzept erfüllen und was darüber hinaus noch möglich ist, das machen wir. Da geben wir uns wirklich Mühe. Denn es ist in der Tat richtig, was über den Einsatz gesagt worden ist.

Drittens: Sehr geehrter Herr Abgeordneter Lehnert, da Sie das Thema angesprochen haben - ich selbst wollte es gar nicht ansprechen - muss ich doch noch einmal eine Bemerkung zu Ihrem Satz machen, der sich auf die Bannmeile bezogen hat. Wir hatten zuvor über diese Frage einen Briefwechsel, den ich jedoch nicht öffentlich gemacht habe. Man kann in der Frage der Bannmeilen unterschiedlicher Auffassung sein. Die Kritik daran so zu deuten, dass

man hiermit den Polizeibeamten in den Rücken falle, das will ich für mich ausdrücklich zurückweisen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP - Zuruf von der CDU: Das ist doch Quatsch!)

Ich habe das in einem ganz anderen Kontext kritisiert. Ich habe gesagt - und dazu stehe ich auch -, dass die Einschränkung der Möglichkeit zu friedlichen Demonstrationen die Sache nicht erleichtert, sondern in Teilen erschwert, und zwar auch für die Polizeibeamten.

Ich möchte mich bei dem Oppositionsführer hier ausdrücklich für die konstruktive Rede bedanken, die er zu diesem Thema gehalten hat. Schließlich ist es ja nicht immer der Fall, dass Oppositionsführer dies tun. Er hat zu Recht gesagt: Das Bundesverfassungsgericht hat heute vor dem Hintergrund der aktuellen, dringlichen Situation hierzu eine Entscheidung getroffen. Das kann man auch nachvollziehen. Es bleibt jedoch dabei, dass man feststellen kann, dass es im Prinzip schwerer für Gewalttäter ist, wenn möglichst viele andere Menschen friedlich demonstrieren. Das ist ein Faktum. Dies muss allerdings mit einem Hinweis versehen werden, den auch der Kollegen Weber zu Recht geäußert hat: Das heißt auch, dass man auch aktiv sagen muss und das gilt nicht nur für die Organisatoren, sondern auch für die anderen -: Wir wollen das nicht. Da gab es übrigens vorbildliche Aktionen bei der Demonstration. Es gab Sprechchöre von Leuten, die zum Ausdruck brachten: „Wir wollen euch nicht haben! Wir wollen keine Gewalt, wir wollen hier friedlich demonstrieren!“ Das haben viele gemacht. Ich finde das vorbildlich.

Eben diesen Gedankengang habe ich geäußert, Herr Kollege Lehnert. Ich bin mit meiner Bemerkung mitnichten den Polizeibeamten - für die ich ja selbst die politische Verantwortung trage - in den Rücken gefallen. Auf diese Feststellung lege ich großen Wert und will das noch einmal von dieser Stelle aus betonen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der FDP)

Ein Letztes: Ich habe gerade eben - wir haben ja ständigen Kontakt zu unseren Polizeibeamten vor Ort; eben gerade hatten wir auch noch einmal Kontakt zu unserer Einsatzleitung- erfahren: Die Lage vor Ort ist im Augenblick außerordentlich gespannt. Bei allem, was man noch an Kritik äußern kann - mancher hat dabei mehr Erfahrung und mancher hat weniger Erfahrung -: Solche Einsatzlagen sind schwierig. Es ist zu Recht auch gesagt worden, dass wir teilweise - auch bedingt durch die gute

Ausrüstung - auch Glück hatten. Es hätten bei diesem Einsatz auch Polizisten ums Leben kommen können; das muss man bei all dem, was hier gesagt wurde, immer bedenken. Ich glaube jedoch - und mir ist das auch so signalisiert worden -, dass unsere Polizeibeamten vor Ort hervorragende Arbeit geleistet haben. Sie haben übrigens auch in Hamburg am letzten Wochenende sehr gute Arbeit geleistet. Da wurde der Schwarze Block übrigens begleitet, und zwar zu Recht. Wenn Vermummte dabei sind, dann müssen diese auch begleitet werden, und dann muss versucht werden, zu verhindern, dass diese Personen gewalttätig werden können. Die Polizei in Hamburg weiß es sehr wohl zu schätzen, wenn sie von der schleswig-holsteinischen Polizei bei ihrer Arbeit unterstützt wird.

Ich bedanke mich für das, was Sie hierzu gesagt haben, und möchte ebenfalls der Hoffnung Ausdruck geben, dass wir in den nächsten Tagen nicht noch Schlimmeres erleben müssen als das, was wir hatten. Das sollten wir uns am Ende dieser Debatte alle wünschen.

(Beifall bei SPD, CDU und der FDP - Ver- einzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich weise pflichtgemäß darauf hin, dass der Beitrag des Innenministers neue Redezeiten eröffnet hat.

Ich sehe jedoch keine weiteren Wortmeldungen und schließe daher die Beratung.

Es ist Abstimmung in der Sache beantragt worden. Ich stelle zunächst fest, dass der Antrag Drucksache 16/1402 durch den Bericht des Innenministers erledigt ist. - Da sind wir uns einig.

Ich stelle nun den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 16/1423, zur Abstimmung. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? Enthaltungen? - Dieser Antrag ist mit den Stimmen von CDU, SPD und FDP gegen die Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW abgelehnt.

Ich möchte zur morgigen Sitzung noch einen geschäftsleitenden Hinweis geben. Wir hatten den Punkt 15 der Tagesordnung vorgezogen und bereits heute erledigt. An dessen Stellen werden wir morgen den Punkt 22 beraten, und zwar am Donnerstagnachmittag im Anschluss an Tagesordnungspunkt 8.

Wir sehen uns morgen früh um 10 Uhr wieder und werden die Beratungen mit Tagesordnungspunkt 24 beginnen.