Protokoll der Sitzung vom 07.06.2007

Zum Thema Kappeln-Ellenberg: Wir haben eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Der Bürgermeister ist uns dankbar dafür. Sie hat nämlich dazu geführt, dass das Projekt jetzt etwas anders heißt, als es ursprünglich heißen sollte. Das ist hier wie in vielen anderen Fällen auch: Wir haben einen Projektentwickler, der von weit her kommt, eine Idee hat und jemanden kennt, der einen anderen kennt, der möglicherweise Geld zum Investieren hat. Das allein kann noch kein Anreiz dafür sein, dass wir uns mit Begeisterung auf das Konzept stürzen, das dort vorgelegt worden ist.

Wir haben jetzt eine Machbarkeitsstudie. Der Bürgermeister war uns dankbar - was er natürlich nur nach innen sagt, nicht nach außen. Er kandidiert und möchte im September wieder gewählt werden. Also muss er sich reiben und zum Wirtschaftsministerium sagen, dass er alles nicht so macht, wie man

(Johannes Callsen)

das will. Heimlich sagt er uns aber, dass es ganz prima ist, dass wir das gemacht haben, und dass wir ihm geholfen haben.

In Schleswig ist es ganz genauso. Auch dort ist im Herbst Bürgermeisterwahlkampf und auch dort kommen die Leute und sagen intern, sie seien dankbar dafür, dass wir ihnen den einen oder anderen Hinweis gegeben haben, wie man das Ganze so macht, dass es überhaupt förderfähig ist. Das ist die Forderung, die an uns gestellt wird.

Zum Thema Gesundheitswirtschaft: Sie haben den Bericht nicht gelesen. Ich könnte jetzt zwei Seiten vorlesen, auf denen konkret steht, was wir im Bereich der Gesundheitswirtschaft machen.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Ich habe den Be- richt genau gelesen!)

Erzählen Sie doch keinen Unfug, dass wir das Thema verschlafen würden! Wir führen eine Fülle von Maßnahmen durch. Also gut, wenn Sie es unbedingt wollen, lese ich vor, was hier zur Gesundheitsinitiative Schleswig-Holstein steht:

„Derzeit werden … sechs Leitprojekte umgesetzt: Schleswig-Holstein ist Vorreiter bei der elektronischen Gesundheitskarte. … Mit dem Projekt ‚Faszination Operieren’ wird ein OP-Forum für Medizintechnik, medizinische Versorgung, Forschung, Lehre und Ausbildung realisiert. … Am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein wird ein norddeutsches Zentrum für Partikeltherapie zur schonenden Tumorbehandlung entstehen.“

All das haben Sie überlesen.

140 Millionen € werden für die Partikeltherapie investiert. Das nehmen Sie gar nicht zur Kenntnis. Das war ein Erfolg dieser Landesregierung und dieses Ministerpräsidenten in Verhandlungen mit Hamburg. Also, man kann doch nicht so tun, als gäbe es das gar nicht.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt kommen wir zum Lieblingsthema Netz Ost. Wir gehen fair vor. Wir gehen transparent vor. Schriftsätze, die wir noch gar nicht gelesen haben, stehen mithilfe des einen oder anderen hier im Hause in der Zeitung. Wir sparen dem Land 20 Millionen € jährlich. Wir sorgen für moderne und neue Züge und die Züge sind so lang, dass sie im Bahnhof halten können und nicht aus dem Bahnhof hinausragen. All das sollte Ihre Beachtung finden.

Ich sage Ihnen eines: Nehmen Sie zur Kenntnis, dass die EU zurzeit dabei ist, auf Wunsch der Bun

desregierung eine neue Verordnung zu verabschieden, bei der die Direktvergabe die Regel ist. Insofern geht es nicht, dass Sie den Eindruck erwecken, wir würden den Wettbewerb aus einem ganz bestimmten Grund verhindern. Weshalb wollen die Länder in Europa von diesem System abweichen? Vielleicht um Dumpinglöhne zu verhindern. Überall dort, wo Wettbewerb zu Dumpinglöhnen führt, wende ich mich dagegen - ob es nun bei der Bahn oder bei der Post ist.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen habe ich auch auf der Wirtschaftsministerkonferenz ganz deutliche Worte zu den privaten Postdiensten gewählt. Denn jeder weiß, was daraus entstehen wird.

Meine Damen und Herren, wie werten die Bevölkerung und die Wirtschaft die Leistungen der Landesregierung? - Da werden Sie jetzt sagen: Natürlich, man kennt sich und man trifft sich. - Die Umfragen belegen allerdings, dass das Wirtschaftsministerium hervorragende Arbeit leistet. Damit muss ja nicht unbedingt ich gemeint sein, aber das Ministerium, das ich führe, leistet hervorragende Arbeit. Fragen Sie auch die Bevölkerung! Es gibt eine Umfrage von DIMAG, die hinsichtlich meiner Person genau das Gleiche sagt. Fragen Sie die ehemaligen Arbeitslosen, die in Arbeit gekommen sind! 45.000 Menschen mehr als noch in 2005 sind aus der Arbeitslosigkeit raus.

(Beifall bei der CDU)

20.000 Menschen sind im Arbeitsmarkt drin. Jetzt multiplizieren Sie einmal deren Gehalt - ich meine jetzt keine 400-Euro-Jobs - mit dem üblichen Arbeitslohn, den ein normaler Beschäftigter bekommt. Das macht 400 Millionen € mehr fürs Bruttoinlandsprodukt aus.

Nun, Sie können all das ignorieren und müssen es nicht zur Kenntnis nehmen. Sie können sich auch darauf berufen, dass Sie für die Opposition eine bestimmte Arbeit machen, aber die Bevölkerung ist nicht so blöd, dass sie es Ihnen abnimmt. Deswegen sage ich: Ihr Beitrag war einfach nur doof.

(Beifall und Heiterkeit bei CDU, SPD und SSW)

Mir liegen zwei weitere Wortmeldungen vor. Gemäß § 56 Absatz 4 der Geschäftsordnung steht den Fraktionen die Redezeit zur Verfügung, die der Herr Minister für seine Rede gebraucht hat. - Nun erteile ich Herrn Abgeordneten Lars Harms für fünf Minuten das Wort.

(Minister Dietrich Austermann)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Kollege Callsen hat sich gerade noch einmal zu den Themen Mindestlöhne, Tariftreue und Globalisierung ausgelassen. Ich möchte nicht zu scharf werden, aber Globalisierung ist das Thema. Denn auch jemand, der aus dem Ausland - aus Afrika, aus Europa, aus Osteuropa, aus Asien - hierher kommt, soll hier zu den Bedingungen eines Mindestlohns arbeiten können. Das ist eine völlige Gleichstellung der Menschen, unabhängig davon, woher sie kommen und welche Hautfarbe sie haben. Sie sollen einen vernünftigen Mindestlohn bekommen. Das ist eigentlich die beste Reaktion auf Globalisierung.

Ich hätte Sie verstanden, wenn Sie gesagt hätten, das sei etwas Schlimmes, weil dann die Leute in Asien viel billiger produzieren könnten. Das ist eigentlich auch die Argumentation, die ich bisher immer gehört habe. Dann hätten Sie wahrscheinlich Ärger mit den Kollegen von der FDP bekommen und deswegen haben Sie es irgendwie umgedreht. Letztendlich ist es aber so: Mindestlöhne stellen alle Menschen in unserem Lande gleich. Sie bekommen das gleiche Geld und können zu den gleichen Bedingungen hier leben und arbeiten.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist in Zeiten der Globalisierung äußerst gerecht.

Nun noch etwas zu den Sandkastenspielen. Ich empfinde es als Sandkastenspiele, weil man sich doch eigentlich einig ist. Auf öffentlichen Veranstaltungen bei der Autokraft ist es so, dass sich eigentlich alle einig sind - auch mit dem Vorsitzenden des Wirtschaftsausschusses. Wir sind uns darin einig, dass wir etwas tun müssen und dass die Tariftreue auch für den ÖPNV gelten muss. Und dies gilt nicht nur, um den Leuten einen guten Lohn zu sichern, sondern insbesondere auch darum, um unseren Unternehmen weiterhin Konkurrenzfähigkeit zu gewährleisten.

Insofern verstehe ich nicht, dass dann noch Forderungen nachgeschoben werden. Wenn wir uns doch alle einig sind, dass es für unsere Unternehmen und unsere Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen wichtig ist, dann sollten wir es doch auch tun. Das ist unsere Verpflichtung als Landtagsabgeordnete.

Ich finde es sehr gut, was der Wirtschaftsminister gerade gesagt hat. Er hat gesagt, dass es nicht zu Dumpinglöhnen kommen darf. Deswegen gibt es unser Gesetz und weil es ein Gesetz ist, musste es sowohl sein Vorgänger Dr. Rohwer bei einer nor

malen Ausschreibung als auch er selber bei seinen Vergabeverfahren berücksichtigen. Das war nämlich eine Bedingung in diesen Ausschreibungen, weil das Tariftreuegesetz bereits für den SPNV gilt.

Das heißt: Unabhängig vom gewählten Verfahren wir werden morgen noch darüber diskutieren, welches das beste Verfahren ist - muss die Tariftreue eingehalten werden und deswegen haben wir die Gewähr - egal, wer zukünftig das Netz Ost fährt -, dass dies zu vernünftigen Bedingungen geschieht. Deswegen sah das Verfahren auch vor, dass sich jedes Unternehmen zu unseren Bedingungen daran beteiligen konnte. Unternehmen, die aus anderen Regionen Deutschlands oder aus Europa kommen, müssen die Tarife zahlen, die bei uns gültig sind. Ich glaube, dass das gerecht ist, weil dann alle die gleichen Startbedingungen haben. Dann wird über Qualität und nicht über das Runterschrauben von Löhnen geredet.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb bitte ich Sie nochmals inständigst um Folgendes: Lassen Sie uns zum Sommer zu einer Lösung kommen, die die zeitliche Begrenzung aufhebt und den ÖPNV mit einbindet. Wir können es gern bis Ende 2010 beschränken und dann schauen wir es uns noch einmal an.

Die bisherigen Erfahrungen im Baubereich, im SPNV- und auch im Abfallbereich sind so dermaßen gut und auch die Unternehmen sind so dermaßen zufrieden mit diesem Gesetz - das haben auch die Stellungnahmen deutlich gemacht -, dass wir einen Riesenfehler machen würden, wenn wir dieses Tariftreuegesetz nicht weiterhin erhalten würden.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nach § 56 Abs. 4 unserer Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Garg für fünf Minuten das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister Austermann, es freut mich, dass ich Ihnen mit meinem Redebeitrag so viel Freude bereiten konnte.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Er hat sich geär- gert!)

Es freut mich, dass Sie mit Ihrem kräftigen Satz, wie meine Rede angeblich gewesen sein soll, doch wenigstens einmal am Ende Ihrer Rede einen so kräftigen Applaus auch von den Koalitionsfraktionen bekommen haben.

Ich will Ihnen eines sagen: Wir streiten uns nicht über das Verfahren - das habe ich schon mehrfach betont -, das Sie bei der Vergabe des Netzes Ost gewählt haben. Dass wir uns für ein anderes Verfahren entschieden hätten, haben wir oft sehr deutlich gemacht. Aber wenn Sie das Verfahren, für das Sie sich entschieden haben, wie bislang fortführen, dann geben Sie der Opposition Anlass zu Kritik. Denn auch bei dem von Ihnen gewählten Interessenbekundungsverfahren haben Sie sich schlicht und einfach an Recht und Gesetz zu halten und dieses Verfahren muss transparent und nachvollziehbar sein.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun stellen Sie sich doch nicht hier hin und erzählen Sie doch nicht unter dem Beifall der Regierungsfraktionen, dass das von Ihnen gewählte Verfahren ein Verfahren sei, das ein Mittel gegen Lohndumping darstelle! Damit veräppeln Sie die Gewerkschaften und diejenigen, die für Mindestlöhne und Tariftreue eintreten.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass Sie ein Verfahren, das bei allem Respekt nach wie vor etliche Fragen aufwirft, als Instrument des Ministers für Wirtschaft und Verkehr gegen Billiglöhne preisen, finde ich peinlich, Herr Minister, aber nicht dumm.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zum Thema Gesundheit. Wissen Sie, Lesen lernt man sogar in Baden-Württemberg. Ich konnte Ihren Bericht und Ihre zusammengetragenen Seiten über die Gesundheitswirtschaft in Schleswig-Holstein sehr wohl lesen. Ich habe Ihnen vorgeworfen - vielleicht habe ich das nicht hinreichend deutlich gemacht -, dass Sie die Chance vertun, eine intelligente Verknüpfung aus den originären medizinischen Einrichtungen, die es in diesem Land gibt, und den touristischen Einrichtungen zustande zu bringen. Genau diese Verknüpfung aus den Gesundheitsstandorten und den medizinischen Einrichtungen verpassen Sie.

Das, was die frühere Landesregierung einmal als „Wellnessland Schleswig-Holstein“ oder als Ge

sundheitsstandort bezeichnet hat - diese Verknüpfung kriegen Sie nicht hin.