Protokoll der Sitzung vom 07.06.2007

Mit der Verabschiedung des vorliegenden Gesetzentwurfes werden derzeit noch bestehende Hürden für Öffentlich Private Partnerschaften beseitigt und damit die Vorschläge der Koalitionsfraktionen aus dem Jahr 2005 umgesetzt. So enthält der Gesetzentwurf die verbindliche Verpflichtung, bei Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen auf den gesamten Lebenszyklus eines Projektes abzustellen und dabei die Risikoverteilung zwischen öffentlicher Hand und privatem Partner zu berücksichtigen. Ebenso wird mit dem vorliegenden Gesetzentwurf Land und Kommunen die Veräußerung von Vermögensgegenständen selbst dann ermöglicht, wenn sie zur Erfüllung eigener Aufgaben weiterhin benötigt werden, nämlich unter der Maßgabe, dass die Veräußerung zur anschließenden Eigennutzung erfolgt und auf diese Weise die Aufgabe mindestens ebenso wirtschaftlich erfüllt werden kann.

Damit sind beide konkreten Forderungen des CDU/ SPD-Antrages vollständig abgearbeitet worden. Mein herzlicher Dank dafür gilt unserem Finanzminister Rainer Wiegard und den Mitarbeitern seines Hauses.

(Beifall bei CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist das für ein Parlamentsverständnis? Wir machen die Gesetze und nicht die Regierung!)

(Günter Neugebauer)

Mit der heutigen Gesetzesverabschiedung schaffen wir beste Voraussetzungen, um bei öffentlichen Bauvorhaben in Schleswig-Holstein zukünftig private Partner zu beteiligen und dadurch Kosteneinsparungen von rund 20 % zu erzielen, indem Planung, Bau, Betrieb und Finanzierung eines Vorhabens durch den privaten Partner optimal aufeinander abgestimmt werden.

Gleichzeitig erscheint es angebracht, daran zu erinnern, dass ÖPP nicht „Bauen ohne Geld“ bedeutet. Als der Finanzminister in der damaligen Debatte richtigerweise genau darauf aufmerksam gemacht hat, glaubte die Opposition schon, jetzt würden die Seifenblasen bei den Regierungsfraktionen zerplatzen. Wenn man sich heute die Debatte um die Zukunft des UK S-H anschaut, meine Damen und Herren, so kann man jedoch den Eindruck gewinnen, dass ÖPP für manch einen in diesem Haus zum Allheilmittel geworden ist, um unliebsame Privatisierungen zu verhindern.

(Günter Neugebauer [SPD]: Das habe ich nicht verstanden!)

- Das will ich Ihnen gern erklären, Herr Vorsitzender!

Aber selbst Kosteneinsparungen von 20 % dank ÖPP können einen Investitionsstau nur abmildern und nicht vollständig beseitigen. Die restlichen 80 % der ursprünglichen Baukosten sind weiterhin von der öffentlichen Hand zu tragen.

Gerade vor diesem Hintergrund ist es richtig, dass mit dem ÖPP-Erleichterungsgesetz die Notwendigkeit einer Aufgabenkritik noch einmal betont und gesetzlich festgeschrieben wird. Wir legen uns damit die Selbstverpflichtung auf, jederzeit zu prüfen, ob und inwieweit bislang vom Staat wahrgenommene Aufgaben verzichtbar sind oder in anderer Weise erfüllt werden können.

Ferner ist geregelt, dass Privaten die Möglichkeit eingeräumt werden muss, darzulegen, ob sie die vom Land wahrgenommene Aufgabe ebenso gut oder besser erfüllen können.

Meine Damen und Herren, jeder Bürger würde bereits heute erwarten, dass die öffentliche Hand genau so verfährt und er würde überrascht feststellen, dass dem bislang nicht so ist. Für meine Fraktion begrüße ich deshalb auch diese Gesetzesinhalte ausdrücklich.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass von dem ÖPP-Erleichterungsgesetz ein deutlicher Impuls für mehr Investitionen und für einen Verzicht oder eine Privatisierung bisheriger Staatsaufgaben ausgeht. Beides zusammen leistet einen wichtigen

Beitrag zur Sanierung unseres Landeshaushaltes. Die CDU-Fraktion wird dem vorliegenden Gesetzentwurf deshalb geschlossen zustimmen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Für die Fraktion der SPD hat Frau Abgeordnete Birgit Herdejürgen das Wort.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Einen schillernden Begriff nennt der Bundesverband deutscher Banken die ÖPP und führt zahlreiche Beispiele für mögliches privates Engagement an: Straßen, Schulen, Kindertagesstätten, Krankenhäuser, Verwaltungsgebäude und auch Gefängnisse.

Obwohl dieses Instrument im Vergleich zu anderen Ländern bei uns in Deutschland bisher nur relativ wenig genutzt wird, hat es doch eine lange Geschichte: Eine der Pionierinnen Öffentlich Privater Partnerschaften war Deutsche. Maria Kunigunde von Sachsen, Äbtissin des Essener Stifts, bewies im ausgehenden 18. Jahrhundert, das unter anderem durch den intensiven Ausbau öffentlicher Verkehrsinfrastruktur gekennzeichnet war, bemerkenswerten Geschäftssinn und Weitblick für die gemeinsamen Interessen von Staat und Wirtschaft. Nachdem sich die Landstände nicht in der Lage gesehen hatten, Geld für den Bau der preußischen Chaussee von der Mark nach Wesel aufzunehmen, ließ Maria Kunigunde diese bauen und betrieb eine gebührenpflichtige Straßenverbindung als Privatunternehmerin.

(Lothar Hay [SPD]: So sind sie, die Frauen! - Heiterkeit)

Die Chaussee brachte ihr jährlich einen Gewinn von 1.700 Reichstalern ein und Maria Kunigunde verkaufte die Straße im Jahre 1803 für 45.000 Reichstaler an das Königreich Preußen, das die wichtigste Straßenverbindung durch sein neu erworbenes Gebiet selbst besitzen wollte. Nach heutigen Maßstäben war es also eine Art modifiziertes Erwerbermodell nach § 3 Nr. 2 des ÖPPGesetzes.

(Thomas Stritzl [CDU]: Daran hat sich Neu- gebauer erinnert?)

- Ja, er war dabei.

(Heiterkeit)

Die Realisierung des Bauprojektes erfolgte übrigens ganz ohne Staatsgarantien; vielleicht ist dies

(Tobias Koch)

ein geeignetes Vorbild für den Bau der festen Fehmarnbelt-Querung.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Angesichts dieses Projektes könnte man sagen, dass wir in Schleswig-Holstein etwas spät dran sind. Allerdings sind im Jahr 2007 - das haben nicht zuletzt die parlamentarischen Beratungen gezeigt - die gesellschaftlichen Voraussetzungen etwas komplexer, die Anforderungen von Bürgerinnen und Bürgern stärker spezifiziert und die Verpflichtungen gesetzgebender Ebenen schränken eigenmächtige Bauvorhaben, wie sie Maria Kunigunde betrieben hat, ein. Von daher bin ich froh, dass Sie es nun geschafft haben und die Beratungen in den Ausschüssen sind aus meiner Sicht zügig vorangegangen.

Zum Verfahren hat der Vorsitzende schon einiges gesagt. Wir hatten eine schriftliche Anhörung und eine Kommentierung durch den Wissenschaftlichen Dienst. Wir haben uns in den abschließenden Beratungen auf einige Änderungen zum vorgelegten Gesetzentwurf geeinigt. Wir hatten eine Reihe von Änderungsvorschlägen, die wir in großen Teilen nicht aufgenommen haben und damit der Kommentierung des Wissenschaftlichen Dienstes gefolgt sind. Man muss schließlich bei einem solchen Gesetzesvorhaben immer aufpassen, dass man es nicht als ein Vehikel benutzt, um Dinge zu regeln, die hier orginär nichts zu suchen haben. Dazu zählen beispielsweise Verweise auf Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen, wie sie von der IHK vorgelegt wurden. Es gab also eine Reihe von Punkten, die im Sinne einer schlankeren Gesetzgebung aus unserer Sicht in diesem Gesetz nichts zu suchen haben. Insofern ist das, was jetzt dabei herausgekommen ist, eine wichtige Ergänzung für die Erleichterung Öffentlich Privater Partnerschaften.

Das Gesetz ist aber nur das eine. Wir müssen in Schleswig-Holstein auch Instrumente vorhalten, um den Anforderungen, die wir formuliert haben, in der Praxis gerecht werden zu können. In der öffentlichen Diskussion werden Öffentlich Private Partnerschaften kritisch begleitet und ein wichtiger Aspekt ist - das habe ich schon bei der ersten Behandlung im Landtag gesagt und da blicke ich in Richtung Landesrechnungshof -: ÖPP ist kein Mittel zur Haushaltskonsolidierung; das müssen wir alle wissen und im Hinterkopf haben.

Jedes Projekt ist darauf zu überprüfen, ob es sinnvoll ist, es als ÖPP-Projekt zu gestalten. Dafür haben wir unter anderem das Kompetenzzentrum bei der Investitionsbank. Dieses Kompetenzzentrum bietet Hilfestellung im gesamten Verfahren - gerade auch bei der Prüfung, ob ÖPP zur Realisierung ei

nes Projektes sinnvoll ist. Und das Kompetenzzentrum achtet darauf, wie die vertraglichen Bedingungen gestaltet sein müssen, um öffentliche Leistungen - das ist ja unser Interesse - zeitnah und kostengünstig zur Verfügung zu stellen.

Wir werden uns in absehbarer Zeit sicherlich mit den Auswirkungen und mit dem Verlauf von ÖPP in Schleswig-Holstein beschäftigen. Möglicherweise müssen wir dann an der einen oder anderen Stelle des Gesetzes Modifizierungen vornehmen. Diese Zeit sollten wir uns nehmen, aber wir sollten uns auch die Zeit nehmen, darauf zu blicken, wie sich ÖPP-Projekte hier in Schleswig-Holstein in der nächsten Zeit entwickeln und welche Auswirkungen diese auf die unterschiedlichen Bereiche hier im Lande haben. Insofern werden auch wir dem Gesetzentwurf zustimmen.

(Lothar Hay [SPD]: Geschlossen!)

- Geschlossen.

Ich bedanke mich bei allen, die mitgewirkt haben, sowie für die zügige Beratung im Ausschuss.

(Beifall bei SPD und CDU)

Für die Fraktion der FDP hat nun deren Vorsitzender, der Oppositionsführer Wolfgang Kubicki, das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte mich bei uns allen bedanken, dass wir so zügig beraten haben.

Freiwillige Zusammenarbeit ist gut für alle Beteiligten. Auf diesem Grundsatz fußen auch Öffentlich Private Partnerschaften für Investitionen in öffentliche Projekte, genauer gesagt in Projekte, die die Vertreter der öffentlichen Hand zwar verwirklichen möchten, für die sie aber in den öffentlichen Kassen bedauerlicherweise nicht genug Geld finden. Dafür gibt es in Schleswig-Holstein Beispiele zuhauf. Welche Projekte davon im Rahmen Öffentlich Privater Partnerschaften verwirklicht werden können, kann allerdings nur im Einzelfall entschieden werden.

Die rechtlichen Kriterien für diese Entscheidungen werden im vorliegenden Gesetzentwurf festgeschrieben. So entstehen klare Verhältnisse bei Rechten und Pflichten aller an Öffentlich Privaten Partnerschaften Beteiligten und klare Verhältnisse sind ein wesentlicher Bestandteil eines günstigen Klimas für Investitionen.

(Birgit Herdejürgen)

Auch in diesem Zusammenhang begrüßen wir es, Herr Finanzminister, dass Sie von sich aus die undurchsichtigen Regeln zur Beleihung mit öffentlichen Ämtern aufgegeben haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit Öffentlich Privaten Partnerschaften sollen nicht nur mehr Investitionen ermöglicht werden, sondern in vielen Fällen sollen sie auch früher erfolgen können. Denn private Vor- und Zwischenfinanzierungen können viele Projekte ermöglichen, die bei rein öffentlicher Finanzierung wegen der jährlich geltenden Budgetbeschränkung durch die verfassungsrechtliche Verschuldungsgrenze entweder ganz ausfallen müssten oder erst viel später in Angriff genommen werden könnten.

Allerdings müssen wir darauf achten, dass die dabei entstehenden Eventualverbindlichkeiten der öffentlichen Hand in den öffentlichen Haushalten angemessen berücksichtigt werden. Sonst könnten Öffentlich Private Partnerschaften missbraucht werden, um diese Budgetbeschränkungen langfristig zu umgehen.

Im Gesetzentwurf werden - wie gesagt - die rechtlichen Kriterien für mögliche Öffentlich Private Partnerschaften abgesteckt. Für welche der möglichen Projekte sich tatsächlich solche Partnerschaften bilden lassen, hängt auch ganz entscheidend davon ab, was die privaten Partner dabei verdienen können. Wer sich dieser Erkenntnis verweigert - liebe Kolleginnen und Kollegen, in den Ausschussberatungen vermitteln uns die Grünen manchmal diesen Eindruck -, läuft einer utopischen Vision hinterher und ist nicht ernst zu nehmen. Denn private Investoren investieren, weil sie darauf spekulieren, durch die Investitionen mehr Vorteile zu erreichen, als wenn sie das Geld anderswo ausgeben würden. In Einzelfällen mögen sich diese Vorteile allein auf das Gefühl beschränken, etwas Sinnvolles und Gutes geleistet zu haben. Im Regelfall aber werden diese Vorteile hauptsächlich an der Verzinsung des investierten Kapitals gemessen. Wer also glaubt, reiner Altruismus sei als Investitionsmotiv so weit verbreitet, dass eine Vielzahl von Öffentlich Privaten Partnerschaften verwirklicht werden könne, ohne dass die beteiligten Privaten erwarten, für das eingesetzte Kapital mittel- und langfristig marktübliche risikogewichtete Renditen zu erzielen, täuscht sich.

(Beifall des Abgeordneten Günther Hilde- brand [FDP])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, so wird die Notwendigkeit, marktübliche Renditen zu erreichen, die Verbreitung Öffentlich Privater Partnerschaften

begrenzen. Denn bei einer Vielzahl von sinnvollen und als notwendig erachteten öffentlichen Investitionen gibt es für Private kaum eine Rendite zu erzielen. Als fiktives Beispiel - Herr Finanzminister, erlauben Sie mir, das zu sagen - möge dafür die Grundsanierung des Finanzministeriums herhalten.

Andererseits werden aus den Erfahrungen bei erfolgreichen Öffentlich Privaten Partnerschaften mit Sicherheit nach und nach Ideen für neue Möglichkeiten und Wege entstehen, wie öffentliche und private Investoren zum Vorteil beider Seiten auch zusammenarbeiten könnten. So wird der tatsächliche Anwendungsbereich für Öffentlich Private Partnerschaften - so hoffen wir jedenfalls - in absehbarer Zeit wachsen oder jedenfalls wachsen können. Darüber freuen wir uns als Liberale selbstverständlich.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir stimmen dem Gesetzentwurf in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung uneingeschränkt zu.