Des Weiteren werden das Verfahren und die Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis für die Veranstaltungen oder die Vermittlung öffentlicher Glücksspiele geregelt. Der Systematik des Staatsvertrages folgend sind Spezialregelungen für Lotterien mit geringem Gefährdungspotenzial vorgesehen, die dem geltenden Recht entsprechen. In Erfüllung des staatsvertraglich normierten Ziels des Spielerschutzes sind Regelungen zur Errichtung und Erhaltung eines Sperrsystems enthalten. In Ausschöpfung der Übergangsvorschrift im Staatsvertrag ist vorgesehen, die Veranstaltung und Vermittlung von Lotterien im Internet unter bestimmten Voraussetzungen übergangsweise bis zum 31. Dezember 2008 zu erlauben.
Die bisher im Gesetz über die in öffentlicher Trägerschaft veranstalteten Lotterien und Sportwetten enthaltenen Regelungen über die Abführung von
Abgaben durch NordwestLotto Schleswig-Holstein und deren Verwendung sollen weitgehend übernommen und dahin gehend ergänzt werden, dass die Verwendung eines Teils der Erträge für Maßnahmen zur Bekämpfung der Glücksspielsucht und der Suchtforschung vorgesehen sind.
Zu den immer wieder geltend gemachten europarechtlichen Bedenken gegen den Glücksspielvertrag weise ich darauf hin, dass es nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, zuletzt in der sogenannten Placanica-Entscheidung, den einzelnen Mitgliedstaaten freigestellt ist, welches System zur Durchführung des Glücksspielwesens gewählt wird. Voraussetzung ist jedoch, dass bei einer anderen Marktform als dem freien Wettbewerb die verfolgten ordnungspolitischen Ziele kohärent und systematisch umgesetzt werden und die Einschränkungen der Grundfreiheiten dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen.
Mir sind die von der Europäischen Kommission geäußerten Bedenken gegen den Glücksspielstaatsvertrag selbstverständlich bekannt. Ich will auch nicht verhehlen, dass es da durchaus schwierige Fragen gibt, die gelöst werden müssen. Sollten sich diese nicht ausräumen lassen, wird letztlich der Europäische Gerichtshof zu entscheiden haben.
Im Übrigen haben wir die vor uns liegende Zeit zu nutzen - Sie sind da sehr in der Minderheit, Herr Kollege Arp -, um zu einem zukunftstauglichen und zweifelsfrei europarechtlich unbedenklichen Konzept zu gelangen. - Jedenfalls in Deutschland, nicht in der Welt; Herr Arp, ich wollte Sie nicht unterschätzen. In Deutschland sind Sie im Augenblick jedenfalls in der Minderheit.
Wir wollen, dass die Erträge für den Sport gesichert werden. Das ist der entscheidende Punkt, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass wir die Mittel aus öffentlichen Kassen anderweitig berappen könnten.
Zusammengefasst: Angesichts der Liberalisierung könnten wir die Einnahmen, die wir gerade für den Sport, aber auch für kulturelle, soziale und Umweltprojekte brauchen, nicht aufrechterhalten. Eine Liberalisierung würde zu einer deutlichen Steigerung des Glückspiels führen. Weder das eine noch das andere und schon gar nicht das Profitinteresse einzelner Unternehmen kann unser Ziel sein. Ich bin für Marktwirtschaft, aber ich bin für soziale Marktwirtschaft.
Als Sportminister im Einvernehmen mit allen meinen Kollegen und im Einvernehmen mit praktisch allen Ministerpräsidenten wird hier ein Weg beschritten, zu dem es keine Alternative gibt. Denn sollten wir aus dem Lotto-Block ausgeschlossen werden, werden die Einnahmeverluste für Schleswig-Holstein für alle Beteiligten sofort spürbar. Und das geht nicht. Insofern freue ich mich darüber, dass dieses Einvernehmen jetzt erzielt worden ist und bedanke mich bei Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Ich danke dem Herrn Minister. Den Fraktionen stehen zusätzlich 1,5 Minuten Redezeit zur Verfügung, da die Landesregierung etwas überzogen hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben den Minister gehört und ich erteile das Wort für die CDU-Fraktion Herrn Abgeordneten Hans-Jörn Arp.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich von dieser Stelle aus meinen Kollegen Thomas Stritzl die besten Genesungswünsche übermitteln, weil er eigentlich für diese Rede vorgesehen war.
Nach umfangreichen Diskussionen auf allen Ebenen hat das Innenministerium nun ein Ausführungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag vorgelegt. Dieses Gesetz soll einen Staatsvertrag in Landesrecht umwandeln, gegen den es von namhaften Juristen nach wie vor große verfassungsrechtliche und europarechtliche Bedenken gibt.
Darüber hinaus gefährdet er Tausende Arbeitsplätze sowie die Höhe der bisherigen Einnahmen aus Konzessionsabgaben und Lotteriesteuer für die Landeshaushalte.
Meine Damen und Herren, danken möchte ich zunächst aber hier in diesem Hohen Haus insbesondere unserem Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen, der am 13. Dezember letzten Jahres sehr viel Mut bewiesen hat, indem er zunächst einmal Widerstand gegen den Staatsvertrag gezeigt hat.
Aber auch Ihnen, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, danke für die faire Diskussion, die wir im letzten Jahr hier in diesem Hohen Haus geführt haben. Und dass wir erst heute in die erste Lesung gehen, ist Ihnen allen zu verdan
ken, weil wir an einer Stelle waren, wo wir alle nicht wussten, was europarechtlich entschieden wird. Darauf kommen wir jetzt.
Leider sind wir jetzt an einem Punkt angekommen, an dem der Ministerpräsident seine vernünftige Position nicht aufrechterhalten konnte, da trotz diverser Zustimmung anderer Parlamentarier kein weiterer Ministerpräsident den Mut gefasst hat, sich offen gegen den Glücksspielstaatsvertrag auszusprechen. Letztlich wurde der Druck auf unseren Ministerpräsidenten zu groß. Um schlimmere Folgen für unser Bundesland zu verhindern, musste er den Vertrag unterzeichnen. Herr Minister, Sie haben darauf hingewiesen.
Das Bundesverfassungsgericht hatte sich im März letzten Jahres ausschließlich mit dem bayerischen Sportwettenmonopol befasst und ist zu dem Schluss gekommen, dass dieses verfassungswidrig ist. Über das Thema Lotto wurde zu keinem Zeitpunkt eine Aussage vonseiten eines Gerichtes getätigt. Und das aus gutem Grund, da kein Gefährdungspotenzial bei Lotto vorhanden ist, welches drastische rechtliche Eingriffe rechtfertigen würde. Ich frage daher den Innenminister, welche wissenschaftlichen Untersuchungen er zum Thema Lottosucht herangezogen hat, um diese drastischen Eingriffe in diesem Bereich zu rechtfertigen. Wo ist die Gefahr?
Die Auswirkungen des neuen Glücksspielstaatsvertrages sind bis heute zu spüren und werden nicht spurlos an unserem Landeshaushalt vorübergehen. Bereits 2006 sind trotz Fußballweltmeisterschaft die Umsätze bei Oddset um 20 % zurückgegangen. Ich bin der festen Überzeugung, dass sich diese Entwicklung fortsetzen und auch auf den klassischen Lottobereich übergreifen wird - Sie haben selbst darauf hingewiesen, Herr Innenminister -, da künftig die Annahmestellen und der Jackpot zu begrenzen und die Werbung einzuschränken sind. Es ist eben eine alte Weisheit, dass ein Produkt nicht mehr nachgefragt wird, sobald es nicht mehr beworben wird.
Ich halte es daher für unverantwortlich, wenn der Minister in seiner Presseerklärung vom 28. August 2007 behauptet - ich zitiere mit Ihrer Genehmigung, Frau Präsidentin -: „Damit sind die Einnahmen aus den Lotterien für den Sport, für kulturelle und soziale Belange auch weiterhin gewährleistet.“ - Die einzigen Zuwendungen, die tatsächlich gesichert sind, sind die des Sportes, da ihm im Ausfüh
rungsgesetz ein Betrag von 6,3 Millionen € zugesichert wird, unabhängig davon, wie sich die Umsätze bei Lotto entwickeln. Alle anderen Begünstigten sind nicht berücksichtigt.
Meine Damen und Herren, die Vorlage des Innenministeriums ist unvollständig. Sie ist deshalb unvollständig, weil sie keinen Hinweis auf mögliche Schadenersatzforderungen privater Sportwettenanbieter aufgrund des vereinbarten Lizenzentzuges enthält.
Die nach DDR-Gewerberecht legal erworbenen Lizenzen lassen sich nicht so einfach durch ein Bundesland entziehen. Sie sind Bestandteil des Einigungsvertrages. Im Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz wurde vereinbart, mögliche Schadenersatzforderungen nach dem Königsteiner-Schlüssel zu verteilen. Ich hätte gern gewusst, Herr Innenminister, mit welchem Haftungsrisiko SchleswigHolstein rechnen muss und wie dieses finanziert werden soll.
Als Wirtschaftspolitiker habe ich die Pflicht, mich mit den Folgen staatlichen Handelns für Unternehmen und Arbeitsplätze hier in unserem Bundesland zu beschäftigen und sie nicht von diesem Platz zu beschimpfen. Das ist nicht der Stil dieses Hohen Hauses, so etwas sind wir eigentlich nicht gewohnt.
Über Jahre hinweg hat Schleswig-Holstein von dem unternehmerischen Handeln gewerblicher Spielevermittler profitiert. Für Lotto Schleswig-Holstein wurden durch innovative Vertriebswege zusätzliche Einnahmen generiert. Genau diese innovativen Vertriebswege sollen nun abgeschnitten werden. Ich frage mich: Haben wir genug für unsere Unternehmen und die betroffenen Arbeitsplätze im Land getan?
Beispielsweise in Nordrhein-Westfalen soll eine Sonderregelung für ein großes, dort ansässiges Unternehmen geschaffen werden. In Bayern bleibt eine Annahmestelle bestehen, die weiter aus dem gesamten Bundesgebiet Umsätze entgegennehmen kann. Noch einmal: In Bayern bleibt die bestehen. Schon 2004 hieß es, dass sie geschlossen werden soll. Das ist ein deutlicher Vorteil für den bayerischen Landeshaushalt. Auf die Sonderrolle Bayerns im Bezug auf Sportwetten möchte ich gar nicht erst eingehen. Auch da haben sie eine Sonderregelung.
Abschließend möchte ich kurz auf das Thema Spielsucht eingehen. Dieses wird als Begründung für den restriktiven Staatsvertrag herangezogen. Nur frage ich mich: Haben wir es hier mit zwei Arten von Spielsucht zu tun? Auf der einen Seite die öffentliche, die gute Spielsucht, und auf der anderen Seite die schlechte, nämlich die private Spielsucht. Mir konnte bisher noch niemand erklären, wo genau die Unterschiede zwischen den beiden Arten von Spielsucht liegen.
Ich beantrage, diesen Gesetzentwurf in den entsprechenden Ausschüssen zu beraten. Die Fragen, die wir hier heute gestellt haben, werden wir sicherlich noch inhaltlich ausführlich diskutieren.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Hans-Jörn Arp. - Bevor ich zu einer weiteren Worterteilung komme, möchte ich zunächst auf der Tribüne die Mitglieder des Landfrauenvereins Haseldorfer Marsch herzlich begrüßen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Ich freue mich immer, wenn Sie die Präsidentschaft innehaben, dann bin ich mir auch sicher, dass Sie mir genügend Zeit zur Verfügung stellen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei den Ausführungen des Kollegen Arp ist mir nicht ganz klar geworden, ob die CDU-Fraktion dem Vorschlag des von ihr gestellten Ministerpräsidenten folgt oder ob sie diesem Ausführungsstaatsvertrag nicht zustimmen will. Herr Kollege Arp, wenn ich richtig erinnere, hat der Gesetzentwurf zum Ausführungsstaatsvertrag die ungeteilte Zustimmung des Kabinetts gefunden.
- Natürlich, man darf sagen, was man will, aber die Öffentlichkeit und auch wir als Koalitionspartner sind schon daran interessiert, ob der vom Kabinett
dem Parlament vorgelegte Gesetzentwurf die Zustimmung nicht nur der SPD finden wird, sondern auch der CDU. Das ist nicht ganz klar geworden.