Protokoll der Sitzung vom 13.09.2007

Bedenken haben wir hingegen bei der Einschränkung der Regularien für den Vertrieb, zumal der Beschluss des Kartellamtes hierzu eindeutig war. Deshalb haben wir uns in unserem Landtagsantrag für eine Liberalisierung des Vertriebs der staatlichen Glückspiele ausgesprochen.

Das vorliegende Gesetz schlägt einen anderen Weg vor. Gewerbliche Spielevermittler werden insbesondere durch das Glücksspielverbot im Internet in ihrer Berufsausübung stark beschränkt.

Die Frage, ob der vorliegende Staatsvertrag in Gänze europarechtskonform ist, ist nicht abschließend geklärt. Auch die Schleswig-Holsteinische Landesregierung mag sich da nicht festlegen; so die Beratung im Finanzausschuss. Die Landesregierung legt also dem Landtag einen Gesetzentwurf zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen vor, von dem sie selbst nicht sagen kann, ob er rechtskonform ist, und 16 Ministerpräsidenten unterschreiben diesen Staatsvertrag.

Meine Damen und Herren, diese Situation macht meiner Fraktion die Zustimmung zum Staatsvertrag nicht einfach. Im Abwägungsprozess - den werden wir bei der zweiten Lesung ja machen müssen - ist uns aber der Erhalt des Staatsmonopols so wichtig, dass wir uns wohl für diesen Staatsvertrag entscheiden werden, vorausgesetzt, in den Ausschussberatungen treten nicht neue Zweifel an der Rechtskonformität auf.

(Wolfgang Kubicki)

Meine Fraktion erwartet von der Landesregierung und ihren hoch qualifizierten Juristen eine klare und eindeutige Einschätzung darüber, ob der Staatsvertrag nach Meinung der Landesregierung rechtlich durchsteht oder ob vielleicht die Gefahr droht, dass er schon bald nach Inkrafttreten von der EU gekippt wird, was äußerst schlecht wäre. Ich finde es ziemlich enttäuschend, dass sich die Landesregierung bisher nicht dazu hat durchringen können, sich eindeutig dazu zu positionieren. Ich meine, das ist das Mindeste an Hilfestellung, was ein Parlament braucht, um in einer so schwierigen und komplexen Situation entscheiden zu können.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke der Frau Abgeordneten Monika Heinold und erteile für den SSW das Wort der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach fast eineinhalb Jahren Diskussion seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 ist es nun doch in letzter Minute gelungen, sich auf einen neuen Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland zu einigen. Dabei hat die öffentliche Auseinandersetzung so manche Kapriolen geschlagen. Vor allem die Lobbyisten der privaten Anbieter von Sportwetten haben mit Annoncen, Gutachten und vielen Briefen massiven Druck auf die Politik ausgeübt. Schleswig-Holstein hat lange eine Entscheidung blockiert, weil sich insbesondere die CDU-Landtagsfraktion nicht mit einer Weiterführung des staatlichen Glücksspielmonopols anfreunden konnte. Dabei sind nicht zuletzt die Kollege Arp und Stritzl als Don Quichotte und Sancho Pansa der privaten Glücksspielanbieter durch das Land gezogen,

(Heiterkeit)

um gegen die Beibehaltung des staatlichen Glückspielmonopols zu kämpfen. Lieber Kollege Arp, Ihre Rede von vorhin war ja bemerkenswert. Ich war in meiner Naivität davon ausgegangen, dass wir es hier mit einem Gesetzentwurf der Landesregierung zu tun haben.

Der SSW begrüßt, dass sich der Ministerpräsident am Ende den Argumenten der anderen Bundesländern, insbesondere auch des Bundeslandes Bayern, nicht verschließen konnte und den vorliegenden Staatsvertrag unterschrieben hat. Damit sind die Sportförderung in Schleswig-Holstein und auch

die Mittel der Zweckabgabe für andere soziale Zwecke zumindest bis Ende 2011 in angemessener Höhe gesichert; denn so lange läuft ja der vorliegende Staatsvertrag. Die Sportförderung wird jährlich zumindest 6,3 Millionen € Unterstützung erhalten. Das ist für den SSW ein wichtiger Punkt dieses Staatsvertrages; denn wir wissen, welchen überragenden Stellenwert gerade der Sport genießt, wenn es um die Belange unserer Jugend und auch der Jugendförderung im Lande geht.

Dennoch, man kann es drehen und wenden, wie man will, es bleibt auch immer ein Nachgeschmack, wenn man mit dem Glücksspiel gleichzeitig auch den Sport und viele soziale Verbände fördern will. Das war ja auch der Grund dafür, dass das Bundesverfassungsgericht die Weiterführung des staatlichen Wettspielmonopols nur für mit der Berufsfreiheit vereinbar hielt, wenn es konsequent am Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren ausgerichtet ist. Darum verlangte das Bundesverfassungsgericht ja auch eine Änderung des bisherigen Staatsvertrages bis spätestens Ende dieses Jahres.

Der vorliegende Gesetzentwurf zur Ausführung des Staatsvertrages erfüllt aus Sicht des SSW die strengen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Das ist natürlich eine Gratwanderung. Aber gerade deshalb ist es wichtig, dass das staatliche Gewinnspielmonopol erhalten bleibt; denn dahinter steht die Vermutung, dass der staatliche oder staatlich beherrschte Veranstalter diesen öffentlichen Auftrag, also Spielsuchtbekämpfung, effektiver gestalten kann, weil er nicht im gleichen Maße wie private Anbieter der Profitmaximierung verpflichtet ist.

Der Gesetzentwurf sieht für Schleswig-Holstein vor, dass die NordwestLotto Schleswig-Holstein GmbH weiterhin diese öffentliche Aufgabe wahrnimmt. Dennoch wird es - darauf ist schon hingewiesen worden - eine Öffnungsklausel mit der Möglichkeit einer teilweisen oder vollständigen Übertragung dieser Aufgabe auf andere Träger geben. Welche Träger infrage kommen, geht aus dem Gesetzentwurf nicht hervor. Das müsste im Ausschuss geklärt werden.

Ein anderer wichtiger Punkt ist die Frage, ob sich der Staatsvertrag in Übereinstimmung mit dem EURecht befindet. Denn er grenzt quasi weiterhin private Anbieter aus dem deutschen Markt aus. Über diese rechtliche Frage hat es eine intensive Debatte gegeben. Wir haben, wie schon erwähnt, gerade vonseiten der privaten Glücksspielanbieter im Wochentakt neue Gutachten bekommen, die alle besagen, dass der vorliegende Staatsvertrag das EURecht bricht. Genauso konsequent sagen uns die 16 Landesregierungen und die Bundesregierung, dass

(Monika Heinold)

der Staatsvertrag europarechtskonform ist, weil ein staatliches Monopol unter der Voraussetzung der konsequenten Suchtbekämpfung auch für Brüssel akzeptabel ist.

Ich gehe davon aus, dass 16 Bundesländer einen Staatsvertrag nur dann unterschreiben, wenn sie der Meinung sind, dass alles rechtens und in Ordnung ist. Das muss deutlich hervorgehoben werden. Wir haben alle den Umdruck 16/2288 zur Vereinbarkeit des Glücksspielstaatsvertrages mit dem Europarecht erhalten. Darin wird noch einmal deutlich hervorgehoben, dass das staatliche Monopol ausdrücklich in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs entwickelt worden ist. Auch insoweit gehe ich davon aus, dass wir es mit einem Staatsvertrag zu tun haben, der rechtlich einwandfrei abgearbeitet worden ist.

Aber ich will als Letztes hinzufügen: In diesem Umdruck wird auch darauf hingewiesen, dass zumindest das Internetverbot von Glücksspielen aus EU-rechtlicher Sicht problematisch sein könnte und daher von der EU-Kommission überprüft wird. Ein Restrisiko scheint in dieser Frage also doch noch bestehen zu bleiben.

Das muss im Rahmen der Ausschussarbeit geklärt werden; das muss ausgeräumt werden. Ich denke, man darf nicht abwarten, was der Europäische Gerichtshof sagt. Wir müssen selbstverständlich davon ausgehen, dass es, wenn wir es als Parlament akzeptieren, auch in Ordnung ist.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk und erteile dem Herrn Innenminister Dr. Ralf Stegner für einen weiteren Redebeitrag das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach der Debatte möchte ich noch drei kurze Bemerkungen machen, damit wir uns nicht missverstehen.

Erstens haben Sie noch einmal nach dem Suchtpotenzial gefragt. Selbstverständlich ist das Suchtpotenzial im Lotto-Bereich sehr gering. Deutlich größer ist es bei den anderen Formen von Wettspielen. Der Vorschlag, den Sie, Herr Kollege Arp, mit anderen Kollegen zusammen gemacht haben, sozusagen just dort eine Liberalisierung vorzunehmen, ist womöglich unsinnig; denn dies würde in der recht

lichen Konsequenz gerade dazu führen, dass das Lottomonopol abgeschafft werden müsste. Das ist eigentlich ein simpler Sachverhalt.

(Beifall des Abgeordneten Günter Neugebau- er [SPD])

Zweitens. Herr Kollege Kubicki, ich finde es eindrucksvoll, wie Sie die Tatsache, dass 16 Länder, die Parlamente, die Wissenschaftliche Dienste haben, zu einer Einigung kommen, überheblich disqualifizieren. Ich finde es mutig zu sagen, der Innenminister aus Schleswig-Holstein möge seinen Rücktritt für den Fall ankündigen, dass das Urteil anders ausgeht, wenn dies 16 Parlamente entscheiden. Sie mögen eine andere Rechtsauffassung haben. Vielleicht bekommen Sie sogar recht. Es passiert ja häufiger, dass man recht bekommt, ob man nun recht hat oder nicht. Aber diese Arroganz gegenüber der Mehrheit von Parlamenten, zu sagen: Ich bin eine kleine Minderheit und führe mich so auf, finde ich schon ungewöhnlich.

(Beifall der Abgeordneten Günter Neugebau- er [SPD] und Anke Spoorendonk [SSW])

Im Übrigen wissen wir ja, dass es Probleme gibt. Wir haben drei Jahre lang versucht, sie miteinander vernünftig zu lösen. Aber zu sagen, recht habe der, der in der Minderheit ist, und das schon seit Jahren, finde ich vermessen.

Ein Drittes. Sie haben mich kritisiert und gesagt, ich hätte Unternehmen beschimpft. Das habe ich nicht getan. Ich habe mich nur auf die Art und Weise von Anzeigen gegenüber der Politik und gegenüber Gewählten - ich meine auch die Inhalte dieser Anzeigen, der Ton, die Diktion - bezogen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und Beifall der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

Wenn man das in diesem Parlament nicht mehr sagen darf, lieber Herr Kubicki, dann passt das allerdings dazu, dass man sagt, die wichtigen Dinge sollten nicht die Parlamente, sondern andere entscheiden. Das habe ich gestern schon einmal gehört. Das finde ich schwierig. Ich bin ja nun im Gegensatz zu Ihnen Jungparlamentarier. Aber ich finde diese Auffassung gegenüber dem Parlamentarismus schon ein wenig problematisch. Ich habe in der Schule etwas anderes gelernt.

(Beifall bei der SPD und der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

(Anke Spoorendonk)

Ich danke dem Herrn Innenminister. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf in der Drucksache 16/1566 federführend dem Finanzausschuss und mitberatend dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 2 auf:

Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Schleswig-Holsteinischen Schulgesetzes (Schulgesetz - SchulG)

Gesetzentwurf der Fraktion der FDP Drucksache 16/1338

Bericht und Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses Drucksache 16/1567

Ich erteile der Berichterstatterin des Bildungsausschusses, der Frau Abgeordneten Sylvia Eisenberg, das Wort.

Der Schleswig-Holsteinische Landtag hat den Gesetzentwurf Drucksache 16/1338 der FDP-Fraktion am 10. Mai 2007 in erster Lesung debattiert und ihn zur weiteren Beratung an den Bildungsausschuss und mitberatend an den Finanzausschuss überwiesen.

Der Finanzausschuss hat sich am 31. Mai und am 12. September, der Bildungsausschuss hat sich am 28. Juni und 30. August 2007 mit dem FDP-Gesetzentwurf befasst.

Mit den Stimmen von CDU und SPD gegen die Stimmen von FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfiehlt der Bildungsausschuss im Einvernehmen mit dem Finanzausschuss dem Landtag, den Gesetzentwurf in der Drucksache 16/1338 abzulehnen.

Ich danke der Frau Berichterstatterin. Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne damit die Aussprache und erteile für die FDP als antragstellender Fraktion dem Herrn Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die FDP-Fraktion hat sich von Anfang an gegen die Zwangsbeteiligung der Eltern an 30 % der Schülerbeförderungskosten ausgesprochen. Denn mit der von der Mehrheit des Hauses, also von SPD und CDU, im Januar beschlossenen Neuregelung wird praktisch ein verkapptes Schulgeld eingeführt. Das widerspricht nach unserer Überzeugung der an anderer Stelle des Schulgesetzes verankerten Schulgeldfreiheit.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Meine Damen und Herren, die umstrittene Neuregelung ist unsozial. Sie trifft in besonderer Weise die Familien im ländlichen Raum, sie belastet Familien mit schulpflichtigen Kindern und dies ist genau das Gegenteil dessen, was die für diese Ungerechtigkeiten hier im Lande verantwortlichen Regierungsparteien in ihren Sonntagsreden über Familienpolitik regelmäßig verkünden. Anspruch und Wirklichkeit klaffen hierbei auseinander.

(Beifall bei der FDP)