Protokoll der Sitzung vom 10.10.2007

Daher begrüßen wir Initiativen wie die der deutschen Spielwarenindustrie. Sie hat im letzten Jahr eine Liste von weit über 100 Spielwarenherstellern erstellt, die sich verpflichtet haben, sich darüber zu informieren, ob alle Spielwaren unter menschenrechtskonformen Bedingungen hergestellt worden sind. Auf dieser Liste stehen etliche Spielwarenhersteller, die auch in China produzieren.

Ich schließe mich dem Appell des Kollegen Fischer ausdrücklich an. Menschenrechtsverletzungen müssen immer und überall Thema sein. Das gilt insbesondere, wenn einem die entsprechenden Gesprächspartner gegenüberstehen. Das gilt für die Laogai-Lager, das gilt für die Vorgänge in Tibet. Insofern bin ich dankbar, dass die Frau Bundeskanzlerin den Dalai Lama trotz der chinesischen Proteste empfangen hat.

(Beifall)

Das gilt ebenfalls für die Lager in Guantanamo. Das gilt für Russland und das gilt auch für Gedankenspiele über den Abschuss voll besetzter Passagierflugzeuge. Das sage ich ausdrücklich.

(Beifall bei FDP, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich danke Herrn Abgeordneten Kubicki. - Für den SSW im Landtag hat dessen Vorsitzende, Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk, das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bereits bei der Debatte über den Bericht zur Fortentwicklung der Zusammenarbeit zwischen Schleswig-Holstein und der chinesischen Partnerregion Zhejiang im November vergangenen Jahres sprachen mehrere Rednerinnen und Redner - und auch der SSW - das Thema der Menschenrechte in China an. Trotz aller Fortschritte, die China in wirtschaftlicher Hinsicht in den letzten Jahren erreicht hat, bleibt die Situation in der Frage der Menschenrechte weiterhin sehr schwierig, um es rein diplomatisch auszudrücken. Daher begrüßt der SSW, dass wir uns heute mit einer interfraktionellen Resolution zur Verurteilung des Systems der Zwangsarbeiter in der Volksrepublik China befassen. Es geht darum, das Bewusstsein für diese Problematik zu schärfen, wobei Schleswig-Holstein durch seine Partnerschaft mit Zhejiang eine besondere Verant

(Wolfgang Kubicki)

wortung zukommt, die wir mit dieser Resolution und mit der öffentlichen Debatte dazu deutlich machen und auch deutlich machen müssen.

Auch der Deutsche Bundestag und beispielsweise die Hamburgische Bürgerschaft haben das sensible Thema der sogenannten Laogai-Lager öffentlich aufgegriffen, weil Zwangsarbeiterlager immer noch zu den großen Menschenrechtsproblemen in der Volksrepublik China gehören. Dies geht auch aus dem Antrag hervor. Zurzeit befinden sich mehrere Millionen Menschen in diesen Lagern. Genauere Angaben gibt es natürlich nicht. Man rechnet aber damit, dass etwa 10 % der Insassen politische Gefangene sind. Es ist die Rede von über 1.000 Gefängnissen und anderen Einrichtungen, in denen die Insassen unterschiedliche industrielle Tätigkeiten verrichten müssen. Die Laogai-Lager dienen ausdrücklich der Umerziehung der Gefangenen zu neuen sozialistischen Menschen oder zu reformierten Kriminellen, wie es ideologisch heißt. Dabei sind diese Lager ein Teil des Systems der politischen Unterdrückung. Auf der anderen Seite sind diese Straflager zumeist auch profitable Wirtschaftsunternehmen. Das heißt, sowohl ihre Existenz als auch die Arbeitsbedingungen dienen rein wirtschaftlichen Interessen.

Die Arbeitsbedingungen sind in der Regel menschenunwürdig. Die Essensrationen sind an die Arbeitsleistungen gebunden. Die Menschen müssen 16 Stunden und mehr am Tag arbeiten. Arbeiten im Umgang mit giftigen Chemikalien oder auch im Uranbergbau geschehen ohne notwendige Schutzkleidung. Dies und vieles andere hätte man noch hinzufügen können. Körperliche Gewalt und auch Folter sind an der Tagesordnung. Aufgrund dieser Umstände ist die Todesrate in den Lagern extrem hoch. Zum einen handelt es sich hier also um Menschenrechtsverletzungen, die man überall auf der Welt ansprechen sollte. Zum anderen kommt hinzu, dass viele Unternehmen aus China nicht zuletzt wegen dieser Lager im internationalen Handel einen besonderen Wettbewerbsvorteil haben. Die Kehrseite der Globalisierung hat also leider auch viel mit Menschenrechtsverletzungen zu tun. Gerade wir in den westlichen Demokratien haben eine besondere Verpflichtung, darauf zu drängen, dass Menschenrechte, ethische Normen und soziale Mindeststandards eingehalten werden. Das gilt umgekehrt natürlich auch, wenn wir selbst betroffen sind. Das gilt nicht nur für Schwellen- und Entwicklungsländer.

(Beifall bei SSW und SPD)

Wenn es um Menschenrechtsverletzungen geht, dann haben wir es mit einer langen Liste zu tun, die

jährlich von Amnesty International vorgetragen wird. Das wissen wir. Auf dieser Liste stehen die Verhältnisse im Guantanamo-Lager der Amerikaner ebenso wie die Verhältnisse in Birma, die uns ganz aktuell wieder in Erinnerung gerufen werden. Hierzu vor jüngst in der dänischen Presse nachzulesen, dass zum Beispiel die staatliche dänische Pensionskasse ATP trotz UNO-Sanktionen mit Birma Geschäfte gemacht und so das Regime unterstützt hat. Das ist natürlich akzeptabel. Es ist gut, dass dieser Vorgang nun in der Presse deutlich gemacht wird. Das muss verurteilt werden, wenn wir unsere eigenen Werte und Prinzipien noch ernst nehmen wollen.

Für China gilt also, dass die chinesischen Firmen durch niedrige Umweltstandards, zu niedrige Löhne und oftmals katastrophale Arbeitsbedingungen einen enormen Wettbewerbsvorteil haben. Die Zwangsarbeitslager sind dabei die Perversion dieses Wettbewerbsvorteils. Ich glaube, das ist ganz klar. Auch wenn wir in Deutschland gern mit China Handel betreiben, so müssen wir von unserem Selbstverständnis her unbedingt darauf drängen, dass China die internationalen Standards - beispielsweise die der WTO oder auch die in der UNO-Menschenrechtskonvention enthaltenen Menschenrechte - anerkennt. Das schulden wir den Menschen in China ganz einfach.

(Beifall bei SSW, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Ich danke Frau Abgeordneter Spoorendonk. - Für die Landesregierung hat nun die stellvertretende Ministerpräsidentin, Frau Ute Erdsiek-Rave, das Wort.

Ute Erdsiek-Rave, Stellvertreterin des Ministerpräsidenten:

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Globalisierung ist nicht nur ein wirtschaftlicher Prozess. Es geht auch immer um mehr Kommunikation und um, die Chancen der neuen Kommunikationsmedien für die Verbreitung demokratischer Ideen. Es geht um Frieden und Freiheit, es geht um Wohlstand in der Welt. Dabei kann der Respekt vor der jeweiligen Tradition und Kultur eine Bereicherung für den jeweils anderen sein. Das muss auch so sein. Wir wissen, wie wertvoll ein vertrauensvoller Meinungsaustausch für beide Seiten ist. Dieser ist vielleicht umso erfolgreicher, je stärker er auch auf gegenseitigem Respekt beruht. Ich sage dies in

(Anke Spoorendonk)

aller Vorsicht, weil ich davon überzeugt bin, dass gerade der Westen - und gerade Europa - angesichts der eigenen Kolonialgeschichte nicht mit überheblicher Besserwisserei kommen sollte.

Der Abgeordnete Kubicki hat zu Recht darauf hingewiesen, dass in allen westlichen Ländern immer wieder auch vor der eigenen Tür gekehrt werden muss, wenn man andere anklagt, übrigens bis hin zum eigenen Verbraucherverhalten; auch das gehört dazu.

(Beifall)

Meine Damen und Herren, wir sind der Opposition dankbar dafür, dass sie die Aufmerksamkeit dieses Hauses und damit die Aufmerksamkeit der politischen Öffentlichkeit auch hier im Land auf die chinesischen Zwangsarbeiterlager und damit auch auf die Frage der Menschenrechte in China allgemein gerichtet hat. Wo auch immer auf dem Globus die Menschenrechte verletzt werden - die Parlamente der Welt, die Demokratien der Welt müssen hier ihre Stimme erheben. Es geht nicht um die Einmischung in innere Angelegenheiten eines Landes, nein, es gebietet die Beachtung und Erfüllung international geltender Normen und es ist unsere zutiefst humane Pflicht.

(Beifall)

Im Menschenrechtsdialog der Europäischen Union setzt sich gerade die Bundesregierung vehement dafür ein, dass die sogenannte „Administrativhaft“ abgeschafft wird. Eigentlich dürfte man diesen Begriff gar nicht mehr verwenden, weil er euphemistisch und verschleiernd ist. Man soll die Dinge beim Namen nennen und von „Zwangsarbeiterlagern“ sprechen. Das ist auch ein Thema im bilateralen deutsch-chinesischen Rechtsstaatsdialog.

Es ist gut und richtig, dass die Bundeskanzlerin bei ihrem Besuch in China im August das Thema Rechtssicherheit und Rechtsstaat angesprochen hat. Sie hat deutlich gemacht, dass das Thema der Menschenrechte für uns von entscheidender Bedeutung ist und dass auch die Frage der Religionsausübung dazu gehört, die Freiheit, seine Meinung zu sagen, und dass ein Mensch nicht ohne gerichtliches Verfahren seiner Freiheit beraubt werden darf.

Meine Damen und Herren, China bereitet sich auf die Austragung der Olympischen Spiele vor. Es werden wohl erstmalig so viele Menschen wie nie zuvor auf dieses Land schauen. Wir wissen, als was für eine riesige Chance das von vielen Menschen in China gesehen wird für die Entwicklung der Demo

kratie dort. Sie machen sich große Hoffnungen und die dürfen nicht enttäuscht werden.

Natürlich wird und muss auch geschaut werden, wie sich China präsentieren wird, gerade auch im Hinblick auf Meinungsfreiheit, auf Pressefreiheit und auf die Respektierung der Menschenrechte. Deswegen ist es gut, dass das Thema der Unterdrückungslager auf die politische Tagesordnung kommt. Es ist deshalb auch gut, wenn wir unsere Kontakte nach China dazu nutzen, der chinesischen Seite klarzumachen: Menschenrechtsverletzungen bleiben heute nicht mehr unentdeckt und im Verborgenen.

Deshalb hat auch der Ministerpräsident bei der Würdigung der 20-jährigen Partnerschaft zu Zhejiang auf die Bedeutung und die Kraft der persönlichen Begegnungen hingewiesen. Es ist ein kleiner Beitrag, den ich noch nennen will: Es ist ganz besonders erfreulich, dass auch Schulen aus Schleswig-Holstein und Zhejiang miteinander kooperieren, Schülerinnen und Schüler austauschen, was nach chinesischem Verständnis bisher alles anderes als selbstverständlich ist und was ermöglicht, dass junge Leute einen Einblick bekommen in die Art, wie wir in einer demokratischen Gesellschaft miteinander leben.

Das deutsch-chinesische Verhältnis war eigentlich selten besser, als es heute ist. Das kann man wohl mit Fug und Recht sagen. Deswegen ist das Verhältnis auch robust genug - meine ich -, kritische Themen anzusprechen. Dabei geht es nicht um Besserwisserei und erhobene Zeigefinger, sondern es geht um die konkrete Lage von Menschen, die Hilfe brauchen.

Dass die Bundesregierung, dass das Europäische Parlament und auch dieser Landtag dieses Thema ansprechen, unterstützen wir ausdrücklich und hoffen, dass die Menschen in unserem Land dies auch wahrnehmen werden.

(Beifall bei im ganzen Haus)

Ich danke der stellvertretenden Ministerpräsidentin. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist Abstimmung in der Sache beantragt worden. Wer dem Antrag Drucksache 16/1644 (neu) zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? Das ist einstimmig so beschlossen.

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 33 auf:

(Stellvertreterin des Ministerpräsidenten Ute Erdsiek-Rave)

Bericht für 2006 nach § 6 Abs. 3 des Gesetzes über die Errichtung der „Stiftung SchleswigHolsteinische Landesmuseen Schloss Gottorf“

Bericht der Landesregierung Drucksache 16/1554

Auch hier erteile ich in Vertretung für den Ministerpräsidenten Ihnen, Frau Erdsiek-Rave, das Wort. Bitte schön.

Ute Erdsiek-Rave, Stellvertreterin des Ministerpräsidenten:

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit dem Bericht über das Geschäftsjahr 2006 legen wir Ihnen eine Erfolgsgeschichte vor. Unsere Landesmuseen in Schloss Gottorf mit den weiteren Standorten der Volkskunde auf dem Hesterberg, Haithabu, dem Eisenkunstgussmuseum in Büdelsdorf, dem Kloster Cismar und dem Jüdischen Museum in Rendsburg bewahren wir zentrale Sammlungen zur kulturellen Überlieferung unseres Landes. Sie sind so etwas wie die Schatzhäuser der schleswigholsteinischen Kultur und Geschichte. Sie bewahren und erschließen, sie erhalten und erforschen die klassischen Aufgaben jedes Museums - ihre großartigen Sammlungen und präsentieren sie immer neu mit modernen Methoden, mit einer modernen Museumspädagogik und immer neuen Ausstellungskonzepten. Sie erfüllen damit einen zentralen kultur- und bildungspolitischen Auftrag und die schleswig-holsteinische Landesregierung unterstützt sie dabei nach Kräften.

Die Arbeit, die dort geleistet wird, erweckt Vertrauen. Das zeigt sich darin, dass die Bereitschaft von Unternehmen, aber auch von Bürgern und Stiftungen, hier unterstützend, auch finanziell unterstützend zu wirken, deutlich gestiegen ist. Es gibt viele gute Beispiele für ein hervorragendes Miteinander von Sponsoring und Kulturförderung. Das letzte große Beispiel - wir werden es alle kennen - ist die Wiedererrichtung des Globushauses oder die Rekonstruktion des Barockgartens, leuchtende Beispiele für die Zusammenarbeit. Es gibt viele weitere Beispiele für ein hervorragendes Miteinander von Sponsoring und Kulturförderung. Es gibt zum Beispiel wichtige Sammler, die ihre wertvollen Bestände für eine begrenzte Zeit oder dauerhaft dem Landesmuseum überlassen. Auch das ist ein schöner Beweis für die gute Qualität der Arbeit, die in der Stiftung und ihren Instituten geleistet wird. Dass die Museumsleitung gerade in der Frage der Sammlungsüberlassung sehr sensibel vorgeht, ist besonders zu begrüßen.

Dabei hat sich die Rechtsform der Stiftung als das richtige Instrument erwiesen, um einen modernen Museumsbetrieb unter der Verantwortung des Landes und doch mit maximaler Selbstständigkeit zu gewährleisten - das richtige Instrument für eine verstärkte Kooperation gerade mit nichtstaatlichen Stellen.

Die Entwicklung der Stiftung ist auch in ökonomischem Sinn überaus positiv: Ohne Verluste der kulturellen Substanz und der entsprechenden Zielsetzung stieg die Eigenwirtschaftlichkeitsquote, also das, was das Museum an eigenen Einnahmen erzielt, erheblich. Insgesamt hat der Komplex der Landesmuseen als größter kultureller Akteur des Landes, als „kulturelles Flaggschiff“, erheblich an landesweiter, deutschlandweiter und europäischer kultureller Bedeutung gewonnen. Das ist nicht nur so dahingesagt; denken Sie an die ganzen Kooperationen, den Austausch von Exponaten! Ich nenne nur das Wikingerschiff, Dänemark-Deutschland. Das sind hervorragende Beispiele der Wirkung über das eigene Land hinaus.

Das Land unterstützt diesen Kurs mit beträchtlichen Investitionen. Über die jährliche institutionelle Förderung von etwa 5,8 Millionen hinaus wurden an die Stiftung für kulturtouristische Projekte aus dem Regionalprogramm beträchtliche Mittel bereitgestellt, für die Häuser in Haithabu von 2004 bis 2008 insgesamt 1,8 Millionen €, für den Barockgarten und das Globushaus eine knappe Million, insgesamt 1,8 Millionen €, um das Schloss „aufzupolieren“, im Rahmen des Projektes „Schlosserlebnis“ mit einer knappe Million Euro und aus ZIP-Mitteln wurden der Stiftung im Zeitraum 2004 bis 2006 für Restaurierungs- und Sanierungsmaßnahmen insgesamt rund 2 Millionen € zur Verfügung gestellt, für die Sanierung der Kaskaden an der Schlossallee, für den großartigen Hirschsaal, der zunehmend als Veranstaltungssaal genutzt wird, und für das Gebäude, in dem jetzt die Bibliothek untergebracht ist.

Der Stiftungsrat hat ein beispielhaftes Entwicklungskonzept für die Stiftung vorgelegt, auf dessen Grundlage auch den Anregungen des Rechnungshofs folgend eine zeitgemäße Ziel- und Leistungsvereinbarung zwischen dem Land und der Stiftung abgeschlossen wurde. Außerdem lässt der Ministerpräsident eine Novellierung des Stiftungsgesetzes prüfen auf der Grundlage der Anmerkungen des Rechnungshofes und der Erfahrungen der nunmehr immerhin acht ersten Stiftungsjahre.

Meine Damen und Herren, diese Anstrengungen zahlen sich aus. Die gezielten Investitionen, das intensive Ausstellungsprogramm und die neuen An

(Vizepräsidentin Ingrid Franzen)

gebote der Landesmuseen ziehen erheblich mehr Besucherinnen und Besucher an: 2006 wurde erstmals die magische Grenze von 300.000 Gästen um 10 % überschritten. Das ist vielleicht der beste Indikator für den Erfolg eines Museums.