Protokoll der Sitzung vom 12.10.2007

Tagesordnung haben. Das Thema lautet: Initiativen zur planungsrechtlichen und gesetzlichen Grundlage sowie Fördermaßnahmen und so weiter. Ich habe mich zu den planungsrechtlichen und zu den gesetzlichen Maßnahmen geäußert.

Die planungsrechtlichen Maßnahmen sind die Änderung des Raumordnungsverfahrens. Ich darf Ihnen die Gemengelage erklären: Es gibt in Schleswig-Holstein einen Abstandserlass, der unter RotGrün gemacht worden ist. Dieser Abstandserlass bedingt eine wesentlich engere Regelung als die gesetzlichen Regelungen auf Bundesebene. Wir reden jetzt mit dem Innenministerium über die Frage, ob wir hier zu einer Anpassung an die Bundesregelung kommen. Sie sagen jetzt, wir sollen sie abschaffen. Das wurde aber in Ihrer Zeit gemacht. Jetzt tun Sie doch nicht so, als ob wir uns nicht schnell genug einigen würden. Sie müssen der Regierung auch gelegentlich Zeit lassen, vernünftige Entscheidungen zu treffen, weil es sonst im ländlichen Bereich zu viele Klagen dahin gehend gibt, dass man auf nachbarschaftliche Belange keine Rücksicht nimmt und dass man naturschutzrechtliche Belange nicht berücksichtigt.

Das ist ein feines Gebilde, das behutsam angepasst werden muss. Deswegen sagen wir: Wir wollen hier mehr Flexibilität erreichen. Mehr können wir im Moment nicht sagen, weil das zwischen den Ministerien miteinander ausgehandelt werden muss.

(Beifall)

Als zweiter Bereich wurde das Thema gesetzliche Änderungen angesprochen. Es wurde behauptet, wir täten nichts im Bereich der Sonnenenergie und so weiter. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz sollte man sich einmal ins Gedächtnis rufen. Wind, Sonne, Biomasse, Erdgas und weiß ich was alles, es umfasst die gesamte Palette erneuerbarer Energien. Wenn wir uns dafür einsetzen, dass es geändert wird, heißt das, dass wir grundsätzlich das gesamte Gesetz auf den Prüfstand stellen wollen.

Was die Förderung betrifft, habe ich zum Offshore-Bereich etwas gesagt. Jetzt wird uns vorgeworfen, wir täten nicht genug. Wir waren im Bereich der Windenergie in der Vergangenheit bundesweit führend. Jetzt stoßen wir an die Grenze der 1-%Fläche. 75 % sind inzwischen ausgeschöpft. Die restlichen 25 % können deshalb nicht ausgeschöpft werden, weil es Probleme im Abstandsbereich gibt.

Niedersachsen hat uns überholt, weil es wesentlich mehr Fläche hat. Wenn man die Größe des Landes berücksichtigt, sind wir nach wie vor Spitzenreiter im Bereich der Windenergie. Wir werden das auch bleiben. Wenn unsere Prognose lautet, dass wir aus

2.500 MW Windenergie zurzeit 7.500 MW machen, also eine Verdreifachung, zeigt das, dass wir in Schleswig-Holstein sehr ehrgeizige Pläne haben. Das ist Repowering, Offshore und der Bestand, den wir in diesem Bereich zurzeit haben.

Eine dritte Anmerkung möchte ich zum Thema Erdkabel machen. Sie haben anderen vorgeworfen, dass Sie sich nicht an der Wahrheit orientierten. Ich möchte Ihnen ganz klar sagen, wie die Lage ist. Es liegt die Genehmigung für ein Erdkabel vor. Jetzt hat derjenige, der das Erdkabel bauen möchte, einen zweiten Antrag im Hinterkopf, in dem er sagt: Ich mache 50 cm daneben ein neues. Dafür führen wir dann ein Planfeststellungsverfahren durch. Wenn wir das Planfeststellungsverfahren durchgeführt haben, kriegt er dieses zweite Kabel bezahlt.

Sie alle wissen, dass wir Planfeststellungsverfahren nur dann durchführen dürfen, wenn es einen rechtlichen Grund dafür gibt. Wenn aber 50 cm oder 1 m weiter - ich will mich da jetzt nicht so genau festlegen - eine Erdkabelgenehmigung da ist, können wir für ein weiteres Erdkabel kein Planfeststellungsverfahren rechtlich begründen. Das geht nicht, tut mir leid. Insofern gehen ihre Vorwürfe völlig ins Leere. Es liegt die Genehmigung für ein Erdkabel vor.

(Beifall bei der CDU)

Letzte Anmerkung! Herr Harms, Sie haben nach der Förderung der Messehalle Husum gefragt bis heute liegt da kein Antrag vor. Ich kann erst dann einen Zuschuss gewähren, wenn jemand einen Antrag gestellt hat.

Wir haben eine Machbarkeitsstudie finanziert. Die Machbarkeitsstudie hat erwiesen, dass das Ganze vernünftig ist. Jetzt muss die Ratsversammlung der Stadt Husum einen entsprechenden Beschluss fassen, einen Antrag stellen, dann - davon können Sie ausgehen - werden wir das Vorhaben, wie ich es auch den Vertretern der Stadt gesagt habe, fördern, mit dem Satz, den Sie eben genannt haben. Auch dieses Vorhaben ist auf einem guten Weg.

(Beifall bei CDU, SSW und vereinzelt bei der SPD)

Zusammenfassend darf ich feststellen: Es gibt eine große Zahl von Initiativen zur Änderung planungsrechtlicher und gesetzlicher Grundlagen sowie der Fördermaßnahmen zum Zwecke der langfristigen Umstellung auf erneuerbare Energien. Genau das war das Thema.

(Beifall bei der CDU sowie vereinzelt bei SPD und SSW)

(Minister Dietrich Austermann)

Ich danke dem Herrn Minister. - Ich weise das Parlament pflichtgemäß darauf hin, dass die Rede des Ministers Ihnen eine erneute Redezeit von viereinhalb Minuten bietet. Will davon jemand Gebrauch machen? - Das ist nicht der Fall.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist Ausschussüberweisung beantragt worden. Ich gehe davon aus, dass wir Antrag und Bericht überweisen. Gibt es Bedenken dagegen, dass ich über die gemeinsame Überweisung abstimme? - Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 16/1658 und den Bericht der Landesregierung, Drucksache 16/1624, federführend dem Wirtschaftsausschuss und mitberatend dem Umweltausschuss - im Falle des Berichts zur abschließenden Beratung - zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Das ist so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 17 auf:

Herausforderungen des demografischen Wandels für den Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein annehmen

Antrag der Fraktionen von CDU und SPD Drucksache 16/1627

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache und erteile für die CDU-Fraktion Herrn Abgeordneten Johannes Callsen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Schleswig-Holstein wird sich in den kommenden Jahren und Jahrzehnten deutlich verändern. Die Studie „Schleswig-Holstein im demografischen Wandel“ kommt zu dem Ergebnis, dass ab dem Jahr 2011 nicht nur immer weniger Menschen in Schleswig-Holstein leben, sondern die Menschen auch immer älter werden. Im Jahr 2020 werden bereits rund 30 % aller Einwohnerinnen und Einwohner 60 Jahre und älter sein. Die erwarteten Einwohnerrückgänge werden sich in den Regionen des Landes sehr unterschiedlich niederschlagen: Während es Regionen und Kreise geben wird, die weiterhin Einwohnerzuwächse zu verzeichnen haben werden, ist in manchen Regionen mit sinkenden Einwohnerzahlen zu rechnen.

Diese Entwicklung wird insgesamt große Herausforderungen an das Land, aber auch an die Kommunen stellen. Sie hat aber auch Folgen für die Wirt

schaftsentwicklung. Die Bindung qualifizierter Fachkräfte an eine Region wird in Zukunft immer stärker zu einem Erfolgsfaktor für die wirtschaftliche Entwicklung werden. Denn es hängt auch das Potenzial für Betriebsnachfolgen und Existenzgründungen stark von der Bindungskraft für junge Menschen ab.

Weniger Einwohner, das heißt in manchen Regionen auch weniger Kaufkraft, wovon besonders Wirtschaftsbranchen wie Einzelhandel, Gastronomie oder Handwerk betroffen sein dürften. Die Betriebe können darüber hinaus nicht nur durch Fachkräftemangel betroffen sein, sondern müssen sich auch mit einem veränderten Konsumentenverhalten und neuen Kundenpotenzialen auseinandersetzen.

Ich freue mich, dass die Landesregierung mit ihrer Studie nicht nur die Situation analysiert hat, sondern auf den verschiedenen Handlungsfeldern bereits Maßnahmen ergriffen hat, um die Rahmenbedingungen zur Bewältigung des demografischen Wandels zu gestalten und Chancen zu nutzen. Auch die IHK Nord hat Positionen für den demografischen Wandel vorgelegt, für den norddeutschen Raum, die eine gute Grundlage für weitere Maßnahmen sind.

Ziel muss es sein, das Arbeitskräftepotenzial mittel- und langfristig zu erhöhen, zum einen durch eine Beschäftigungspolitik, die einen besonderen Fokus auf ältere und erfahrene Beschäftigte legt und denen sich das Arbeitsministerium mit Modellprojekten wie etwa „50plus“ widmet. Zu loben ist in diesem Zusammenhang - Sie werden es in der Zeitung gesehen haben - auch die Initiative „Arbeit mit Erfahrung“ der Landesregierung mit Partnern aus der Wirtschaft.

Für die Jüngeren sind es die im Rahmen des Bündnisses für Ausbildung vom Wirtschaftsministerium auf den Weg gebrachten Regelungen, um die Qualifizierung Jugendlicher zu verbessern. Ich denke hier an die neue Möglichkeit der „Ausbildung in Teilzeit“ und die Initiative „Familienfreundlicher Betrieb“, die dazu beiträgt, die Vereinbarkeit von familiären Aufgaben und Berufstätigkeit zu verbessern und damit eine Erhöhung der Erwerbstätigenquote zu fördern. Auch flexiblere Regelungen auf dem Arbeitsmarkt können dazu beitragen, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern und neue Beschäftigungsmöglichkeiten zu erschließen.

Wir haben schon heute Morgen darüber gesprochen: Die Förderung von Existenzgründungen findet in Schleswig-Holstein bereits auf hohem Niveau statt. Gerade für junge und kleine Betriebe

wurde in den letzten Monaten das Finanzierungsinstrumentarium deutlich verbessert. Dies kann - verbunden mit einer noch besseren Ausrichtung des Technologietransfers - dazu beitragen, mehr junge Menschen als innovative Existenzgründer und qualifizierte Fachkräfte in Schleswig-Holstein zu halten.

Ich will daran anschließen: Wir haben gestern bei uns in der Fraktion ein Gespräch zu dem Thema Ingenieurmangel geführt. Da ist uns deutlich gemacht worden, welches Fachkräftepotenzial im Bereich der Ingenieure in den nächsten Jahren in SchleswigHolstein fehlen wird und dass es großer Anstrengungen, auch vermehrter Beratungs- und Koordinierungsangebote bedarf, um hier für SchleswigHolstein Akzente für die Zukunft zu setzen, um junge Menschen in Schleswig-Holstein zu halten und Fachkräfte in den nächsten Jahren nach Schleswig-Holstein zu holen.

(Beifall bei der CDU)

Bei zunehmender Alterung der Gesellschaft - und zum Glück dürfen wir erwarten, dass wir alle älter werden - werden sich auch die Verbraucherneigungen verändern. Hiervon profitieren dürfte insbesondere die Gesundheitswirtschaft, weil Fragen der Gesundheitsprävention - für einige auch Fragen von Wellness und Schönheit - immer stärker im Vordergrund stehen. Wir intensivieren das Engagement des Landes im Bereich Life Science, etwa durch ein neues Fraunhofer-Institut in Lübeck. Mit einem größeren Anteil älterer Menschen, die über mehr Freizeit verfügen und diese anspruchsvoll gestalten wollen und können, dürfte auch unserem Kulturangebot in Schleswig-Holstein eine höhere Bedeutung zukommen, die es zu nutzen gilt, auch als wichtiger Faktor für den Tourismus. Diesem Ansatz wird auch das neue Tourismuskonzept des Landes gerecht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sehen, es gibt in diesem Bereich viel Handlungsbedarf. Wir werden die Landesregierung darin unterstützen, auf den verschiedenen Handlungsfeldern die Chancen zu nutzen und die richtigen Antworten auf die Bevölkerungsentwicklung in Schleswig-Holstein zu finden.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Callsen. - Das Wort für die SPD-Fraktion hat nun der Herr Abgeordnete Bernd Schröder.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren. Das Statistische Amt hat eine Bevölkerungsvorausberechnung bis 2020 für die Kreise und kreisfreien Städte in Schleswig-Holstein erstellt. Danach werden bis 2020 in Schleswig-Holstein 2,8 Millionen Menschen leben - in etwa so viele wie heute. Erst nach 2020 wird die Einwohnerzahl deutlich unter das Niveau von heute sinken.

Bedeutender als die Entwicklung der Einwohnerzahlen werden aber die Altersstrukturveränderungen sein. 2020 werden in Schleswig-Holstein rund 850.000 Menschen leben, die älter als 60 Jahre sind. Das sind rund 130.000 Menschen mehr als heute. Gleichzeitig wird bis 2020 die Zahl jüngerer Menschen unter 20 Jahre um rund 100.000 zurückgehen. Aus der Alterung der Bevölkerung resultiert ein deutlicher Anstieg der Zahl der Haushalte im Land.

Ich möchte bei dieser Gelegenheit mit einem Vorurteil aufräumen. Es wird immer wieder behauptet, von allen Staaten Europas sei die Geburtenrate in Deutschland am niedrigsten. Das ist nachweisbar falsch. Im Vatikanstaat ist sie noch niedriger.

(Heiterkeit)

Im Ernst: Der demografische Wandel ist eine der größten Herausforderungen, vor der unsere Gesellschaft und unsere Wirtschaft stehen. Er verstärkt den Fachkräftemangel, der sich heute schon bemerkbar macht. Nach einer Untersuchung des Institutes für Betriebswirtschaftslehre an der Uni Kiel weist Schleswig-Holstein im Bereich der Verfügbarkeit von Fachkräften schon jetzt Defizite auf, was sich bereits negativ auf Standortentscheidungen von Unternehmen auswirkt. Die demografische Entwicklung droht langfristig den derzeitigen Fachkräftemangel noch zu verschärfen.

Wir müssen ältere Beschäftigte im Erwerbsleben halten und jüngere Erwerbstätige in das Erwerbsleben integrieren. Unternehmen erkennen, dass ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein echter Gewinn sind, wenn es um Fachwissen - Herr Arp, auch in Parteien -, ihre Erfahrung und ihre Kompetenzen bei Problemlösungen geht. Betriebe sind dabei auf ältere und erfahrene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angewiesen. Und junge Menschen leben schon jetzt mit dem Wissen, dass sie voraussichtlich häufiger in ihrem Berufsleben Wandel vollziehen müssen, angefangen bei der lebenslangen Weiterbildung bis hin zu Berufswechseln.

Der demografische Wandel bietet für SchleswigHolstein nicht nur Risiken, sondern auch ganz be

(Johannes Callsen)

sondere Chancen. Nach den vorliegenden Prognosen wird die ältere Bevölkerungsstruktur zu einer höheren Nachfrage nach Dienstleistungen in den Sektoren Gesundheit, Pflege, Wellness, Tourismus und Freizeit führen. Hier hat unser Land eindeutig Wettbewerbsvorteile, die es zu nutzen gilt. Diese Bereiche müssen weiter gezielt gefördert und noch stärker auf die Bedürfnisse älterer Menschen ausgerichtet werden.

Neue Angebote im Gesundheits- und WellnessBereich oder im Kulturtourismus sind hier eindeutig der richtige Weg. Wir müssen gemeinsam mit der Wirtschaft im Land, insbesondere mit den Tourismusanbietern, Ideen entwickeln, die unsere kleinen und mittleren Betriebe bei der Gestaltung von Angeboten für diese wachsende Zielgruppe unterstützen.

Auf dem Arbeitsmarkt setzen wir weiterhin auf Qualifizierung, ob in der beruflichen Erstausbildung oder in der Weiterbildung. Qualifizierung der Beschäftigten und der Jugendlichen müssen ausgeweitet werden. Das Bündnis für Ausbildung sowie das Weiterbildungskonzept tragen dem bei und im Land bereits weitgehend Rechnung. Dazu gehören auch intensivere Fort- und Weiterbildungsangebote für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Unterstützungsangebote für erwerbstätige Mütter und Väter sowie neue Arbeitszeitmodelle.

Gezielte Investitionen in die Entwicklung und den Erhalt der individuellen Leistungsfähigkeit älterer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden künftig für Betriebe ebenso wie für Beschäftigte attraktiver und wichtig sein.

Wir nehmen gemeinsam die Herausforderungen des demografischen Wandels für den Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein an. Daher bitte ich Sie um Zustimmung zu dem Antrag von CDU und SPD.