- Lieber Kollege Hay, wie ich ja gehört habe, gehören Sie den Flensburger Buddhisten an. Was einst mit der Flensburger SPD passiert ist, kann möglicherweise auch mit den Flensburger Buddhisten passieren. Aber das ist ein anderes Thema.
,,Wenn Gott auf dem Stundenplan stand, mussten sie das Klassenzimmer verlassen" - so „SPIEGELOnline“ zur Situation der muslimischen Schüler in Niedersachsen, bevor es dort eine Regelung gab. Schleswig-Holstein ist da einen großen Schritt vorwärtsgekommen: Wir können heute an einer Reihe von Grundschulen Islamunterricht anbieten. Welchen Bedarf es landesweit gibt und welche Perspektiven es zu einer Ausweitung gibt, lässt sich heute noch nicht absehen; das stellt der Bericht ja auch deutlich fest.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe mir in den vergangenen Wochen selbst ein Bild über die Praxis des Islamunterrichts an Kieler Schulen gemacht. Kiel ist ja mit mehreren Schulen in dem Projekt vertreten. Ich kann Ihnen sagen, dass dort ein gelungener Schritt zur Integration erfolgt ist. Hier gibt es sowohl für das Ministerium als auch für die Beteiligten in den Schulen gute Noten für ein wirklich gutes Projekt.
Positives hat die Landesregierung zu melden, was die aktuelle und perspektivische Unterrichtsversorgung angeht, weil auch die Studierendenzahlen hoffen lassen, dass der Bedarf an Religionslehrern gedeckt werden kann. Die Ministerin hat darauf hingewiesen.
Die bisherigen Professuren in Kiel und Flensburg sollen mit einer Ausnahme - der Professur für Alte und Mittlere Kirchengeschichte - in Kiel beibehalten werden; diese Professur soll ebenfalls nicht gestrichen, sondern inhaltlich neu konzipiert werden.
Besonders für den katholischen Religionsunterricht ist dies aufwendig, weil in unserem Land keine Lehrer für dieses Fach ausgebildet werden. Hier wird mit dem Einsatz von insgesamt 130 kirchlichen Lehrkräften im Unterricht gearbeitet.
Ökumenische Kooperationen sind hier gefragt. In Zukunft sollten auch Formen der Zusammenarbeit mit den nicht christlichen Religionsvertretern und dem nicht christlichen Religionsunterricht erprobt werden.
Zusammenfassend gilt: Dennoch wird gerade der Religionsunterricht in der Perspektive Probleme haben. Der Übergang auf den Erwerb des Abiturs nach nur noch acht Jahren am Gymnasium führt natürlich zu einer Unterrichtsverdichtung. Für viele Schülerinnen und Schüler liegt es daher nahe, ein scheinbar nicht benötigtes Fach abzuwählen.
Umso wichtiger ist es, die Möglichkeiten der Lehrpläne zu einer Kooperation zwischen den Lehrkräften der einzelnen Schulfächer auszunutzen und in diese Kooperation auch die Religionslehrerinnen und Religionslehrer einzubeziehen. Denn der eingangs zitierte Bildungsauftrag der Schule und damit die besondere Bedeutung des Religionsunterrichts darf nicht dem verständlichen Wunsch nach Entlastung zum Opfer fallen. Ich verweise auf die bereits angesprochene Kritik an der Kontingentstundentafel. Es hat hier ein Gespräch gegeben. Die Ministerin hat daraufhin gewiesen. Ich glaube, es ist eine
große Leistung, dass es möglich ist, im Gespräch mit den Kirchen, mit der Politik hier eine Lösung zu finden. Dank noch einmal an das Ministerium.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum Schluss meiner Rede. Keine Schülerin und kein Schüler darf von der Schule abgehen - übrigens egal welcher Schulart -, ohne grundlegende Kenntnisse über die christliche Religion und die anderen Weltreligionen erworben zu haben. Dies muss unser Ziel bleiben und dafür müssen wir weiter Perspektiven entwickeln.
Über die Umsetzung dieses Auftrages sollten wir im Bildungsausschuss weiter diskutieren. Wir glauben, dass eine Anhörung, wie Sie sie angesprochen haben, ein guter Weg ist, auf die besondere Situation, auf die besondere Stellung und auf die besondere, herausragende Bedeutung dieses Faches in unseren Schulen und damit auch in unserer Gesellschaft hinzuweisen. Wir würden uns freuen, wenn wir in diese Diskussion einsteigen könnten.
Ich danke Herrn Abgeordneten Rolf Fischer. - Das Wort für die FDP Fraktion hat nun Herr Abgeordneter Dr. Ekkehard Klug.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Etwa zwei Drittel der Schülerinnen und Schüler in Schleswig-Holstein gehören einer der beiden großen christlichen Kirchen an, darunter deutlich mehr als 60 % der evangelischen Konfession. Die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der CDU Fraktion verdeutlicht allerdings einen zurückhaltend formuliert - relativ eingeschränkten Informationsstand über die Situation des Religionsunterrichts. Ähnliches gilt freilich auch für andere Unterrichtsfächer. Es ist schon darauf hingewiesen worden, dass es keine fachspezifischen Erhebungen gibt. Erst Untersuchungen des Landesrechnungshofes wie zum Beispiel in den diesjährigen Bemerkungen für eine Reihe von Mangelfächern und deren Unterrichtssituation bringen regelmäßig etwas mehr Licht in das Dunkel.
Das Ergebnis sieht allerdings durchweg so aus, dass man nachvollziehen kann, weshalb das Bildungsministerium in diesem Punkt lieber nicht so genau hinschauen möchte, um die Lage an den Schulen zu
beschrieben. Bei anderen Themen - wir werden ja heute Nachmittag über einen Bericht zum Thema „Dänischlernen im Landesteil Schleswig“ debattieren - kann man feststellen, dass es detaillierte Zahlenangaben geben kann, sogar für einzelne Schulen im Landesteil Schleswig, wo man beispielsweise erfährt, wie sich die Zahl der dort Dänischunterricht erhaltenden Schüler zur Gesamtzahl der Schüler der jeweiligen Schule verhält. Das sind relativ aufschlussreiche Detailangaben, die für das Fach Dänisch offenkundig möglich sind.
Aber auch die in der Antwort auf die Große Anfrage enthaltenen Angaben lassen doch einige interessante Rückschlüsse auf die Situation des Religionsunterrichts zu. Es ist darauf hingewiesen worden, dass es neuerdings Kontingentstundentafeln gibt. Sie sehen beispielsweise vor, dass bis zum Realschulabschluss ein Minimum von sieben Stunden Religion unterrichtet wird. Frau Erdsiek-Rave, ob das wirklich eine Verbesserung ist, da habe ich meine Zweifel, denn die Stundentafeln der Realschule sahen bisher bis zum Realschulabschluss zehn Stunden Religionsunterricht vor. Sie müssten schon einräumen, dass wir regelmäßig mehr als 30 % Abweichung von den bisherigen Vorgaben in den einzelnen Schulen haben, wenn tatsächlich das Minimum von sieben Stunden in Zukunft als Fortschritt gelten soll.
In den Abiturprüfungen des Jahres 2007 haben landesweit 76 Schüler das Fach Religion als schriftliches Grundkursprüfungsfach, P 3, gewählt - 76 Schüler, verteilt auf etwa 100 Gymnasien und 25 Gesamtschulen mit gymnasialer Oberstufe. Auch da sieht man, dass das eher ein Fach ist, das keine anständige Position in diesem Bereich der Oberstufe hat.
Natürlich kann Religion nur unterrichtet werden, wenn die Schulen über genügend Religionslehrer verfügen. Die in Schleswig-Holstein anstehenden Veränderungen im Bereich der Lehrerbildung dürften aber das Problem der Lehrerversorgung in diesem Fach künftig eher verstärken. Ich will auf ein paar Zahlen aus der Antwort auf die Große Anfrage hinweisen. Danach haben sich im Studienjahr 2006 an der Universität Flensburg 47 Erstsemester-Studierende für die Fächer evangelische beziehungsweise katholische Religion im Bachelor-Studiengang Vermittlungswissenschaften eingeschrieben. Das waren 34 im Fach Evangelische Religion und 13 im Fach Katholische Religion. Das ist eine vergleichsweise niedrige Zahl. Ich glaube, daran wird ein Problem deutlich, das auch andere sogenannte kleine Fächer in den neuen Bachelor-Studiengän
gen im Bereich der Lehrerbildung betrifft - jedenfalls hört man aus einer Reihe von Fächern, dass dort die Anzahl der immatrikulierten Studenten vergleichsweise niedrig ist. Ich nehme einmal eine Vergleichszahl: Im gleichen Jahr 2006 haben sich an der Universität Kiel für das sozusagen herkömmliche Staatsexamenslehramtsfach Evangelische Religion an Realschulen immerhin 71 Studierende eingeschrieben. Das sind also mehr als doppelt so viel wie in der Evangelischen Religion im Flensburger Bachelor-Studiengang.
Es ist bekannt, dass die Landesregierung in der Verantwortung des Wissenschaftsministeriums beabsichtigt, den Kieler Realschullehrerstudiengang auslaufen zu lassen und die Realschullehrerausbildung in Flensburg zu konzentrieren. Ich wage vorauszusagen, dass das, was in Kiel an Ausbildungsleistung wegfallen wird, in Zukunft nicht eins zu eins durch das, was in Flensburg dazukommt, kompensiert werden wird. Nach meiner Einschätzung wird auch das mittelfristig die Lehrerrekrutierung, die Lehrerversorgung oder die Nachwuchseinstellung in diesem Unterrichtsfach Religion noch problematischer machen. Im Hinblick auf die Aktivitäten, die der jetzige Wissenschaftsstaatssekretär Jost de Jager in der vergangenen Wahlperiode als CDUBildungspolitiker hier im Plenum - gerade auch im Zusammenhang mit einer früheren Großen Anfrage der CDU-Fraktion zum Thema Religionsunterricht - vorgetragen hat, muss eigentlich diese Aussicht auf die Folgen der gerade auch der von Union im Bereich Lehrerbildung betriebenen Politik zu einer bitteren Einsicht auf Ihrer Seite führen. Vielleicht überdenken Sie noch einmal, was Sie dort angestoßen haben.
Religionsunterricht wird, wie es im Artikel 7 des Grundgesetzes heißt, unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechts in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Das sonst für die öffentlichen Schulen maßgebende Gebot der weltanschaulichen Neutralität ist in diesem Fall also teilweise außer Kraft gesetzt. Eltern, aber auch religionsmündige Schüler, haben ausdrücklich einen Anspruch auf einen konfessionell gebundenen Religionsunterricht nach den Vorgaben des Grundgesetzes. Andererseits kann - wie unsere Verfassung ebenfalls garantiert - natürlich kein Lehrer gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen. In Wahrnehmung der in Artikel 4 Grundgesetz verankerten Glaubens-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit können Eltern außerdem ihre Kinder vom Religionsunterricht abmelden und mit Erreichen der Religionsmündigkeit, also mit Vollendung des 14. Lebens
jahres, können Jugendliche diese Entscheidung dann auch selbst treffen. Schüler, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen, sollen in SchleswigHolstein ersatzweise Unterricht im Fach Philosophie erhalten. Der Anteil dieser Schüler an der Gesamtzahl der Schülerschaft liegt derzeit landesweit, wie die Antwort auf die Große Anfrage verdeutlicht, bei etwa 5 %. Ich möchte hinzufügen: Wir Liberale halten beide Fächer, Religion und Philosophie, für unverzichtbare Bestandteile der schulischen Allgemeinbildung.
In der Auseinandersetzung mit den Inhalten dieser Fächer erhalten Schüler wesentliche Anregungen zu einer werteorientierten Bildung und Persönlichkeitsentwicklung. Allein dies unterstreicht die Bedeutung dieser Fächer. Es ist bedauerlich, dass die Bildungspolitik diesem Sachverhalt nicht immer hinreichend Rechnung trägt. Die von mir aufgezeigten Kritikpunkte verdeutlichen, wo hier unter anderem die Probleme liegen.
Zum Abschluss möchte ich gern noch anmerken, dass ein besonderes Thema der in diesem Schuljahr in manchen Schulen in Schleswig-Holstein eingeführte Islamunterricht ist. Der Bildungsausschuss hat sich in seiner letzten Sitzung auf meinen Vorschlag hin darauf verständigt, dass das Ministerium im kommenden Jahr, wenn die ersten Ergebnisse ausgewertet sind, einen Bericht über die Erfahrungen mit diesem neuen Bildungsangebot vorlegen soll. Mit diesem speziellen Thema wird sich der Bildungsausschuss des Landtages also in einigen Monaten im Rahmen seines Selbstbefassungsrechts beschäftigen.
Ich danke Herrn Abgeordneten Dr. Klug. - Das Wort für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat nun Frau Abgeordnete Angelika Birk. Ich weise nicht nur Sie, sondern alle darauf hin, dass die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nur fünf Minuten Redezeit angemeldet hat.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich danke der Landesregierung für die Beantwortung der Großen Anfrage. Allerdings werden wir uns an anderer Stelle noch einmal
grundsätzlich über das Thema Schulstatistik unterhalten müssen. Nur so viel: Auch wir sind gegen überflüssige Bürokratie. Sie kennen unser Eintreten für selbstständige Schulen. Trotzdem kann es natürlich nicht so sein, dass die Ministerin überhaupt nichts mehr über Bedarfe und ob sie erfüllt sind weiß. Man wird da einen realistischen Weg finden müssen, ohne allzu viel Bürokratie ein Rückmeldesystem zu schaffen, auch dann, wenn die Schulen selber für Personal und Kapazitäten der einzelnen Schulfächer verantwortlich sind. Das nur so als Antwort auf nicht ganz zu Unrecht erhobenen Kritikpunkte seitens der CDU-Fraktion, dass viele Fragen überhaupt nicht beantwortet werden konnten
Es fällt auch auf, dass sich die Antwort auf die Große Anfrage zum Großteil mit den Ausbildungskapazitäten der Lehrerinnen und Lehrer befasst, nicht aber mit den Schülerinnen und Schülern. Eine ganz wichtige Antwort wird nicht gegeben: Wie groß ist der Anteil derjenigen Schülerinnen und Schüler, die überhaupt keinen Religionsunterricht erhalten, und zwar unabhängig davon, ob sie aus ihrem Elternhaus evangelisch, katholisch, muslimisch oder atheistisch geprägt sind? Es wird zwar angegeben, wie viele Kinder und Jugendliche am Ersatzunterricht teilnehmen, aber ob da irgendwo welche verschwinden und gar nicht erfasst sind, das wird nicht deutlich. Ich weiß aus Gesprächen mit Vertretern des Religionslehrerverbandes, dass dies ein ernsthaftes Problem ist und es in manchen Hauptschulen nur sehr schwer gelingt, überhaupt irgendjemand aus einem Jahrgang für den Religionsunterricht zu gewinnen oder darauf zu sehen, dass der Ersatzunterricht wahrgenommen wird. Das Thema Schulabsenz hat bei diesen Fächern eine besondere Konjunktur.
Eine Debatte um den Religionsunterricht in Schleswig-Holstein muss aber unter der Fragestellung geführt werden: Wie gewährleisten wir eine angemessene religiöse Grundbildung an den Schulen? Ein sinnvolles Gesamtkonzept für den Religionsunterricht können wir nur dann entwerfen, wenn wir uns über Ziel und Zweck einig sind. Das sind wir hier im Haus nicht. Es geht nämlich nicht um die gehorsame landesrechtliche Erfüllung eines grundgesetzlichen Auftrags. Religionsunterricht darf nicht dazu benutzt werden, Kinder an das religiöse Erbe ihrer Eltern selbstverständlich zu binden oder sie überhaupt für ihr Leben endgültig religiös zu prägen. Unsere Verfassung sieht aus gutem Grund die Glaubensfreiheit vor, unabhängig vom Bekenntnis der Eltern. Diese Freiheit kann aber nur von Menschen wahrgenommen werden, die rechtlich religionsmündig sind, also von Jugendlichen ab
14 Jahren. Aber dazu müssen sie schon bis zu ihrem 14. Lebensjahr sehr viel über Religion erfahren haben,
und zwar nicht nur über diejenige ihrer Eltern oder ihrer Umgebung, sondern auch über die Weltreligionen insgesamt.
Deswegen müssen ihnen verschiedene Weltbilder vertraut geworden sein, sofern das im jugendlichen Alter möglich ist. Wissen über die Religionen ist die Voraussetzung dafür, die Glaubensfreiheit wahrnehmen zu können. In diesem Sinn sollten Kindern und Eltern durch den Religionsunterricht die Möglichkeit gegeben werden, verantwortungsvoll mit dieser Freiheit umzugehen.
Darüber hinaus gehört - gerade in einer Welt, die durch Auseinandersetzungen über Religionen und Religionskriege geprägt ist - ein solides Wissen über die Religionen, die nicht in der eigenen Heimat Mehrheitsreligionen sind, dazu. Die Auseinandersetzung mit Glauben, Spiritualität und Verschiedenheiten der Religionen ist also auch ein Beitrag zum Weltfrieden.
(Herlich Marie Todsen-Reese [CDU]: Das ist alles gesagt worden! - Zuruf des Abgeordne- ten Rolf Fischer [SPD])
Vor diesem Hintergrund kann ich es nicht verstehen, dass wir nach wie vor an der Fiktion des Bekenntnisunterrichts in der Religion festhalten. Viele Religionslehrer machen genau das, was ich einfordere, aber sie machen es praktisch mit einem schlechten Gewissen, denn eigentlich sollen sie einen evangelischen oder katholischen Bekenntnisunterricht geben. Das andere ist ein bisschen Wissen am Rande.