Ich mache es auch ganz kurz, Herr Minister. Sind Sie mit mir einer Meinung, dass auch ohne die Diskussion, die wir hier im Landtag führen, etwas kommen wird - die EU will etwas beschließen, der Bundesminister wird etwas beschließen -, und dass die Anregung meines Kollegen Harms, etwas daran zu verbessern, die eigentliche Intention des Antrags sein sollte?
Ich begrüße ausdrücklich eine Debatte über diese Fragen. Dem habe ich gar nicht widersprochen. Debatte ist richtig und notwendig.
Im Übrigen: England, das Sie als Beispiel gewählt haben, lieber Herr Kollege, verabschiedet sich derzeit wieder von einer solchen Kennzeichnung. Viele Großketten nehmen den Schritt wieder zurück, weil sie merken, dass wirkungsvolle Steuerung darüber nicht möglich ist. Ich bin mir sicher, dass das auch in die Debatte in Brüssel einfließen wird. Das heißt, was in Brüssel letztendlich entschieden wird, gestalten wir mit.
Ich habe heute deutlich gesagt, dass ich eine Ampelkennzeichnung an der Stelle eher für eine falsche Richtung halte. Wir müssen durchaus über mehr Angaben auf den Verpackungen diskutieren, aber zielführend und nicht so, dass Menschen einfache Wahrheiten über komplexe Sachverhalte vermittelt werden. Die gibt es in der Regel nicht.
Ich danke dem Herrn Minister. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.
Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 16/1698 federführend dem Sozialausschuss und mitberatend dem Umwelt- und Agrarausschuss und dem Wirtschaftsausschuss zu überweisen.
Wer dem so zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen worden.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne damit die Aussprache und erteile das Wort für die antragstellende Gruppe im Landtag Herrn Abgeordneten Lars Harms.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Basierend auf der Veränderung der Zahlen der Haushalte beziehungsweise der Bedarfsgemeinschaften hat die Bundesregierung beschlossen, durch die Einbringung eines dritten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Sozialgesetzbuches den Anteil des Bundes an den Unterkunftskosten von Hartz-IV-Beziehern zu senken. Im Rahmen von Hartz IV übernimmt der Bund die Kosten für das Arbeitslosengeld I und II, während die Kommunen für die Unterhalts- und Wohnkosten der ALG-IIEmpfänger zuständig sind. Bisher stand die Bundesregierung im Wort, dass sie 31,8 % dieser Kosten übernimmt und den Kommunen zurückerstattet. Dies soll nun anders werden, weil Bundesfinanzminister Steinbrück unbedingt bald einen ausgeglichenen Bundeshaushalt vorlegen will. So sind im Bundeshaushalt 2008 nur noch 3,9 Milliarden € statt der notwendigen 4,3 Milliarden € vorgesehen.
Der Bund begründet die geplante Kürzung seiner Zahlung für die Unterhalts- und Wohnkosten damit, dass die Zahl der Bedarfsgemeinschaften bundesweit um 3,7 % gesunken ist. Die Ursache hierfür ist unter anderem, dass unter 25-Jährige nicht länger als eigenständige Bedarfsgemeinschaft anerkannt werden. Sie sind aber immer noch da und immer noch bedürftig. Dabei ignoriert die Bundesregierung, dass die kommunalen Kosten für Wohnungen, Strom und Heizung im gleichen Zeitraum nach Angaben des Landkreistages um über 8 % angestiegen sind. Angesichts der steigenden Energiepreise steigen auch die Kosten der Kommunen für die Unterkunft der Arbeitslosen. Die Bundesregierung darf diese Mehrkosten nicht auf die Kreise und kreisfreien Städte abwälzen.
Der Schleswig-Holsteinische Landkreistag beziffert in einem Brief vom 25. Oktober diesen Jahres die zusätzlichen Mehrkosten, die sich durch die geplan
te Kürzung der Beteiligung des Bundes von bisher 31,8 % auf 29,2 % der Kosten ergeben würde, allein für die Kreise in Schleswig-Holstein in 2008 auf mehrere Millionen Euro im Verhältnis zu 2007. Zum Beispiel müsste der Kreis Nordfriesland, aus dem ich stamme, nach eigenen Angaben mit zusätzlichen Ausgaben von 1,69 Millionen € pro Jahr rechnen. Dazu kommen noch die kreisfreien Städte und die anderen Kreise, sodass man von einer zweistelligen Millionensumme für die Kommunen in Schleswig-Holstein ausgehen kann.
Deshalb wäre eine Kürzung der Gesamtmittel durch den Bund ungerechtfertigt. Vielmehr müssen mehr Mittel für die Kommunen zur Verfügung gestellt werden, damit sie ihrer Aufgabe in diesem Bereich gerecht werden können. Die kommunalen Spitzenverbände des Bundes und der Länder hatten bereits im Jahr 2006 darauf hingewiesen, dass der gesetzlich fixierte Berechnungsmodus des Bundes nicht die tatsächliche Ausgabeentwicklung berücksichtigt und daher ungeeignet ist, eine an den tatsächlichen kommunalen Lasten orientierte Bundesbeteiligung abzubilden. Aber leider wurde dies in Berlin nicht erhört.
Als Hartz IV verabschiedet wurde, gab es ursprünglich eine Absprache zwischen dem Bund und den Kommunen, dass der Bund einen angemessenen Anteil an den Wohnkosten übernimmt. Der Bundesrat hat kürzlich in einer Stellungnahme zum entsprechenden Gesetzentwurf gefordert, dass sich die Anpassungsformel an der Entwicklung der tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung orientieren müsse.
Die Haltung des Bundesrates ist somit klar und deckt sich mit den Forderungen, die wir in unserem Ursprungsantrag formuliert haben.
Bei einer einfachen Stellungnahme des Bundesrates zum Gesetzentwurf darf es aber nicht bleiben. Hier geht es um viel Geld für unsere Kommunen und um eine gerechte Verteilung der Aufwendungen für die soziale Sicherung von Harz-IV-Empfängern. Da die Bundesregierung jetzt aber ganz offensichtlich nicht zu ihrem Wort steht, muss sich die Landesregierung dafür einsetzen, dass SchleswigHolsteins Kommunen das bekommen, was ihnen zusteht.
Der SSW fordert daher die Landesregierung auf, im Bundesrat eine Initiative einzubringen, die sich gegen Kürzungen des Bundes bei den Wohnkosten für ALG-II-Empfänger wendet und die einen ge
rechten Berechnungsmodus zum Ziel hat. Bei einer einfachen Stellungnahme des Bundesrates darf es auf jeden Fall nicht bleiben. Es muss mehr geschehen.
Damit die Landesregierung, damit der zuständige Minister, Herr Minister Döring, entsprechende Unterstützung hat, haben wir uns darauf geeinigt, dass sowohl wir als auch die Große Koalition ihre Anträge zurückziehen und wir einen gemeinsamen Antrag einbringen, der genau das ausdrückt. Es darf kein Zurück geben. Es darf nicht weniger geben. Sollten Mehrkosten entstehen, sollten diese auch erstattet werden. Ich bitte Sie um Zustimmung zu diesem Antrag, damit unser Minister entsprechende Unterstützung hat.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Lars Harms und erteile für die CDU-Fraktion dem Herrn Abgeordneten Torsten Geerdts das Wort.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir müssen heute eine Debatte wiederholen, die wir bereits im Jahr 2006 hier im Schleswig-Holsteinischen Landtag geführt haben.
- Das ist ein parteiinternes Problem der Sozialdemokraten. - Es ist dringend geboten, dass wir diese Debatten führen, denn unsere Kommunen haben in der Tat riesige Probleme, wenn eine Kürzung der Unterkunftskosten für Hartz-IV-Empfänger erfolgen sollte, wie sie zurzeit in Berlin in der Diskussion ist. Überall vor Ort - das möchte ich festhalten versucht man, allerdings unterschiedlich erfolgreich, das Prinzip des Förderns und des Forderns zu praktizieren. Die Optionskommunen und die Arbeitsgemeinschaften erwarten vom Bund zu Recht Verlässlichkeit. Sie erwarten von uns hier im Schleswig-Holsteinischen Landtag eine Initiative. Ich finde es gut, dass wir es, wie auch 2006, gemeinsam mit dem Antragsteller, dem SSW, hinbekommen. Das geht auch aus dem neuen Antrag hervor. Uns treibt die Sorge um, dass wir SchleswigHolsteiner schlechter gestellt sind.
Im Jahr 2006 haben der Ministerpräsident und Arbeitsminister gemeinsam eine erfolgreiche Lobbyarbeit für unser Land und für die Kommunen in Berlin geleistet. Nun gilt es in der Tat, diesen Erfolg zu wiederholen. Dem dient diese Debatte und dieser gemeinsame Antrag.
Wir erwarten, dass sich der Ministerpräsident und der Arbeitsminister erneut in den anstehenden Verhandlungen auf Bundesebene mit ihrem ganzen Gewicht für die Interessen unserer Kommunen einsetzen. - Da kommt ganz schön was zusammen.
Wir wissen, dass es sich bei der Festlegung der Bundesbeteiligung der Kosten der Unterkunft um ein zustimmungspflichtiges Bundesgesetz handelt.
Der Bund ist verpflichtet, Wort zu halten. Die Landesregierung soll sich mit der breiten Unterstützung des gesamten Landtages entsprechend in Berlin einbringen. Wie wissen allerdings auch, dass wir uns gegen andere Länder durchsetzen müssen. Es gibt beispielsweise einen Vorschlag aus NordrheinWestfalen, der für uns hoch problematisch wäre, wenn er zur Umsetzung käme. Das heißt, in dieser Frage kämpfen wir nicht nur gegen Berliner Vorschläge, sondern auch gegen Interessen, die andere Bundesländer - aus ihrer Sicht wahrscheinlich zu Recht - formulieren. Wir müssen aber auch an unser Land und an die Kommunen vor Ort denken egal, wie Sie Hartz IV vor Ort umsetzen.
Der Anteil der schleswig-holsteinischen Kreise und kreisfreien Städte lag im Jahr 2005 bei rund 130 Millionen €. Wer sich diese Zahl vor Augen führt, spürt, was es bedeuten würde, wenn wir bei diesem Haushaltstitel zu drastischen Einbrüchen kommen würden.
Die Kommunen leisten bei der Betreuung der Hartz-IV-Empfänger eine engagierte und sachgerechte Arbeit. Ich will das wiederholen. Sie haben es nicht verdient, vom Bund im Regen stehen gelassen zu werden. Das machen wir heute gemeinsam deutlich. Ich bin davon überzeugt, dass wir das gemeinsam auf den Weg bringen und auch in den nächsten Jahren wieder gemeinsam Initiativen ergreifen müssen, denn diese Angriffe werden sich in regelmäßigen Abständen wiederholen.
Ich danke dem Herrn Angeordneten Torsten Geerdts und erteile für die SPD-Fraktion dem Herrn Abgeordneten Wolfgang Baasch das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Menschen ohne Arbeit wohnen - meistens. Menschen ohne Arbeit haben angemessenen Wohnraum - meistens. Das ist wichtig, es ist richtig und gutes Wohnen ist einer der zentralen Schlüssel für Teilhabe. Menschen ohne Arbeit brauchen Wohnraum, der üblichen Standards entspricht, der beheizt ist und der ihnen eine Basis für ihr soziales Leben und für einen Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt bietet. Das ist in Deutschland eine Selbstverständlichkeit und darauf sollten wir stolz sein.
Dabei, darauf möchte ich ausdrücklich hinweisen, geht es keineswegs um Luxuswohnungen. Die Kommunen machen klare Vorgaben zur maximalen Wohnraumgröße und zur Höhe der Heizkosten. Sie bezahlen einen Großteil davon. Bei der heutigen Debatte geht es nicht darum, ob Menschen, die keine Arbeit haben, menschenwürdiger Wohnraum zusteht. Das ist glücklicherweise unstrittig. Es geht darum, wer welchen Anteil an den Kosten für diesen Wohnraum übernimmt.
Mit den Reformen für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt hat sich der Bund verpflichtet, einen Anteil an den Unterkunftskosten zu tragen. Das Land Schleswig-Holstein hat sich verpflichtet, diesen Anteil den Kommunen komplett zur Verfügung zu stellen. Gerade erst letztes Jahr wurde ein neuer Anpassungsmechanismus für den Bundesanteil ausgehandelt. Wir sind davon ausgegangen, dass damit Planungssicherheit für die Kommunen hergestellt werden kann.
Nun stellt sich heraus, dass der Mechanismus die reale Kostenentwicklung nicht widerspiegelt. Grundlage für die Berechnung ist nämlich die Bedarfsgemeinschaft. Und die Zahl der Bedarfsgemeinschaften hat sich glücklicherweise reduziert. Die Kosten sind nicht in gleichem Maße gesunken. Das liegt erstens daran, dass nun mehr Menschen pro Bedarfsgemeinschaft gemeldet sind, was größere Wohnungen erfordert, und das liegt zweitens daran, dass die Energiekosten enorm gestiegen sind. Für beides können weder die Kommunen noch die arbeitslosen Menschen etwas.