Protokoll der Sitzung vom 27.02.2008

Sie können sich darauf einstellen, dass wir weiter an diesem Thema dranbleiben. Wir werden die Umsetzung der neuen gesetzlichen Regelungen beobachten und wir werden uns dem Abstimmungsverhalten der FDP anschließen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Ich danke der Frau Abgeordneten Birk und erteile für den SSW im Landtag der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die von der Landesregierung vorgelegte Änderung des Maßregelvollzugsgesetzes ist in weiten Teilen eine Anpassung an die gewonnenen Erkenntnisse im praktischen Aufgabenvollzug und an die rechtliche Entwicklung auf Bundesebene. Auch der SSW vertritt die Auffassung, dass mit der Novellierung die verfassungsrechtlich garantierten Rechte der untergebrachten Menschen in den Mittelpunkt gerückt und verbessert werden sollen.

Hier wird vonseiten der Landesregierung eine Regelungslücke geschlossen und die Rechtssituation der Betroffenen verbessert. Dies möchte ich an drei Beispielen deutlich machen, die auch in der Anhörung hervorgehoben wurden.

Zur Einführung des § 12 a, Informationsfreiheit und persönlicher Besitz! Damit wird künftig rechtliche Klarheit im Umgang mit persönlichem Besitz sowie über den Zugang zu Medien wie Zeitungen, Hörfunk und Fernsehen erreicht. Dies bedeutet Trans

(Angelika Birk)

parenz nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für die Einrichtungen im Hinblick auf beschränkende Maßnahmen. Mit der Einführung dieses Paragrafen wird die bisherige Unklarheit in der praktischen Ausführung behoben.

Die Änderung des § 16 Abs. 6 stärkt durch Einsicht in alle entsprechenden Unterlagen die Rechtsposition der Besuchskommission, die zu prüfen hat, ob die Rechte der untergebrachten Menschen gewahrt und die Ziele des Maßregelvollzugs beachtet werden.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie hat des Weiteren zu prüfen, ob die unter § 17 eingeführten Vollzugslockerungen künftig unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sein sollen. Zum einen betrifft dies die flexible Urlaubsgewährung, zum anderen die Einführung des Probewohnens. Gerade Letzteres ist eine besondere therapeutische Erprobungs- und Wiedereingliederungsmaßnahme, kontrolliert durch die Einrichtung des Maßregelvollzugs.

Wir begrüßen also, dass das Maßregelvollzugsgesetz in Schleswig-Holstein eine derartige Novellierung erfährt. Denn neben der Stärkung der Rechtssituation der betroffenen Menschen ist es aus Sicht des SSW notwendig, neue Konzepte für die Gestaltung des Übergangs vom Maßregelvollzug in die Freiheit aufzustellen.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lobend hervorheben möchte ich, dass die Aspekte des Datenschutzes bereits im Vorfeld bei der Erstellung des Referentenentwurfs in Zusammenarbeit mit dem Landesdatenschützer geklärt werden konnten und dass seine Empfehlungen auch größtenteils aufgenommen wurden. Daher freut es mich, dass sich die Punkte, die vom Datenschützer bisher nicht aufgenommen wurden, nunmehr in der Beschlussempfehlung des Sozialausschusses wiederfinden. Dies trägt zu einer klareren Definition der Eingriffsgrundlagen bei und wahrt die Rechte der untergebrachten Personen.

Obwohl die vorliegende Beschlussempfehlung aus unserer Sicht eine wirkliche Verbesserung des Entwurfs darstellt, sind wir genauso wie BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Auffassung, dass der von der FDP eingebrachte Änderungsantrag weiter reicht und präziser ist. Der Änderungsantrag greift Aspekte der Anhörung auf, die auch vom Verband für Soziale Strafrechtspflege explizit genannt wurden;

beispielsweise die Weitergabe der Ergebnisse externer Gutachten. Die Ergebnisse sind nämlich nur dann aufschlussreich, wenn die entsprechenden Unterlagen dem Ergebnis beigefügt sind. Und nur dann kann darüber befunden werden, ob die Voraussetzungen zur Unterbringung weiterhin vorliegen.

Auch die in § 2 Abs. 1 genannten Maßnahmen, die über die ärztlichen und therapeutischen Maßnahmen hinausgehen, sehen wir als sinnvoll an. Nur wenn die untergebrachten Menschen während ihres Aufenthalts entsprechend begleitet werden und sie sich eine Perspektive erarbeiten können, können wir sie auf ein selbstständiges Leben außerhalb des Maßregelvollzugs vorbereiten und die Wiedereingliederung in die Gesellschaft erreichen.

Dieser Ansatz des FDP-Antrages scheint mir äußerst wichtig zu sein. Ich fand allerdings auch wichtig, was der Kollege Garg zu den räumlichen Problemen in Neustadt ausgeführt hat. Jedoch möchten wir gerade für diesen Ansatz der FDP danken. Denn gerade vor dem Hintergrund der Erkenntnisse, die wir im Zusammenhang mit der Änderung des Jugendstrafvollzugsgesetzes bekommen haben, ist es uns wichtig, darauf hinzuweisen, dass gerade die Übergangsproblematik in den Mittelpunkt gerückt werden muss. Aus diesem Grunde stimmen wir dem Änderungsantrag der FDP zu und wir werden uns bei der Abstimmung über den Gesetzentwurf der Landesregierung der Stimme enthalten.

(Beifall bei SSW, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für die Landesregierung hat nun die Ministerin Dr. Gitta Trauernicht das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich empfehle Ihnen heute ein Gesetz zur Zustimmung, das durch wenige Änderungen, die sich bei den Beratungen ergeben haben, noch verbessert wurde. In diesem Zusammenhang möchte ich aus den vielen Äußerungen zitieren, die wir zum vorgelegten Regierungsentwurf im Rahmen der parlamentarischen Anhörung erhalten haben.

Nehmen wir beispielsweise die Besuchskommission, die wegen der regelmäßigen Gespräche mit den Patientinnen und Patienten vor Ort eine besonders

(Anke Spoorendonk)

profunde Kenntnis der tatsächlichen Verhältnisse in unseren beiden Maßregelvollzugseinrichtungen hat. Am Gesetzentwurf der Landesregierung wollte die Besuchskommission nichts ändern. Nicht nur das: Sie lobt ganz ausdrücklich bestimmte Neuregelungen; nachzulesen ist dies in der Landtagsdrucksache 16/2435.

Ich darf ferner den Richterverband zitieren, der den Entwurf im Wesentlichen begrüßt und mit seinen Änderungsvorschlägen die Mehrheitsfraktionen überzeugen konnte. Diese Änderungsvorschläge sind deshalb auch im Änderungsantrag aufgenommen worden.

(Beifall bei der SPD)

Oder ich zitiere die Präsidentin des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichtes: Der Gesetzentwurf wird begrüßt. - Ende des Zitats. Das ist eine klare Sprache und Sie wissen auch, Frau Birk, Herr Garg, dass diese positiven Rückmeldungen auf den Gesetzentwurf gekommen sind.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Das haben wir doch gar nicht bestritten!)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte ausdrücklich auf das von mir im Jahre 2004 initiierte Investitionsprogramm aufmerksam machen und mich nochmals dafür bedanken, dass es eine Zustimmung zu diesem Investitionsprogramm gegeben hat. Denn über den Gesetzentwurf hinaus war uns klar, dass wir die Rahmenbedingungen im Maßregelvollzug verbessern müssen. Deswegen möchte ich auf dieses Programm, das dazu beitragen wird, dass sich der schleswig-holsteinische Maßregelvollzug seither verbessert hat und vor allen Dingen weiter verbessern wird, aufmerksam machen.

In diesen Tagen wird in Neustadt ein erster Neubau fertiggestellt, der 48 Patienten die Enge vergessen lässt. Ich glaube, das ist uns allen wichtig. Bei dieser Gelegenheit der Hinweis, Frau Abgeordnete Birk: Zurzeit befinden sich 240 und nicht 255 Patientinnen und Patienten in Neustadt.

Weitere Investitionen in einem Umfang von rund 20 Millionen € sind für die Jahre 2008 bis 2011 eingeplant. Unser Ziel ist es, dass am Ende für jeden Maßregelvollzugspatienten beziehungsweise für jede -patientin ein Ein- oder Zweibettzimmer zur Verfügung steht.

Wir wissen natürlich, dass die Beantwortung der Frage, ob wir dieses Ziel erreichen, von der Entwicklung im Maßregelvollzug insgesamt abhängig sein wird. Dies ist aber nicht nur ein schleswig-hol

steinisches Thema, sondern ein Thema aller Bundesländer und hängt auch von den Entscheidungen der Gerichte ab. Insofern wird es uns an anderer Stelle noch beschäftigen.

Ich möchte noch einmal auf das Investitionsprogramm zu sprechen kommen. Wir erreichen damit einen baulichen Standard, der es den Patientinnen und Patienten ermöglicht, ein in die Gemeinschaft eingegliedertes Leben zu führen. So werden wir das Ziel, das in § 2 beschrieben wird, erreichen.

Neben den Investitionen in Baumaßnahmen, die übrigens aus konzeptioneller Sicht sehr wichtig sind, ist es nötig, mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzustellen. Wir konnten seit 2004 - insofern war es nicht nur ein Investitionsprogramm, sondern generell ein Programm zur Verbesserung des Maßregelvollzuges - insgesamt 30 neue Stellen in Neustadt schaffen. Wenn 30 neue Stellen keine Verbesserung sind, dann weiß ich es nicht.

(Beifall bei der SPD)

Zusätzliches Personal und gute bauliche Rahmenbedingungen sind wichtig. Stimmen müssen allerdings auch die fachlichen Konzepte und darauf haben wir hingewirkt, als wir unsere Zustimmung dazu gegeben haben, dass zusätzliches Personal eingestellt wird. Wir brauchen neue moderne Konzepte. Das Klima in den Einrichtungen muss stimmen. Die Haltung muss in Ordnung sein, damit die schwierige Aufgabe der Resozialisierung von Patientinnen und Patienten des Maßregelvollzugs gelingen kann.

Unsere Einschätzung: Dieser Herausforderung stellen sich die Betreiber der Kliniken. Wir haben mit unserem neu eingerichteten Referat, das übrigens die Fachaufsicht über diese Maßregelvollzugseinrichtungen ausübt, die Möglichkeit, dies weiterhin konsequent einzufordern und dranzubleiben.

Der vorliegende Gesetzentwurf ist nach meiner Überzeugung ein weiterer Baustein für einen verbesserten gesetzlichen Rahmen. Für das vorliegende Gesetz in der Fassung des Änderungsantrages von CDU und SPD bitte auch ich um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke der Frau Ministerin. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, sodass ich die Beratung schließe.

(Ministerin Dr. Gitta Trauernicht)

Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der FDP, Drucksache 16/1912, abstimmen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Änderungsantrag mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und FDP abgelehnt worden.

Ich lasse jetzt über den Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 16/1440, in der vom Ausschuss geänderten und zur Annahme empfohlenen Fassung abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Damit ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen der Fraktionen von SPD und

CDU bei Enthaltung der Fraktionen von FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des SSW in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung - Drucksache 16/1880 - angenommen.

Ich danke Ihnen, unterbreche die Tagung, schließe die heutige Sitzung und wünsche Ihnen einen angenehmen Abend.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss: 18:01 Uhr

(Vizepräsidentin Frauke Tengler)

Herausgegeben vom Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtags - Stenographischer Dienst und Ausschussdienst

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