Wichtig ist, auch noch einmal darauf hinzuweisen, dass wir uns in dieser Sache nicht immer wieder nur von Kriminellen helfen lassen dürfen. Es kann doch nicht angehen, dass wir darauf angewiesen sind, dass uns irgendein Mensch eine DVD oder was weiß ich zuspielt und wir sie kaufen. Wir müssen als Gesellschaft doch aus eigener Kraft dazu imstande sein, Steuersünder ausfindig zu machen.
Noch etwas: Lieber Kollege Wadephul, die Steuerfahnder in Schleswig-Holstein leisten gute Arbeit. Ich finde aber mittlerweile, dass das Rhetorik für Anfänger ist, wenn man sagt, das ist etwas Gutes. Dann meint man nämlich im gleichen Atemzug nicht , dass das andere etwas Negatives ist. Man braucht nicht zu unterstreichen, wenn man sagt, wir müssen mehr Steuerfahnder einsetzen, dass diejenigen, die schon da sind, gute Arbeit machen. Das braucht man nicht, das ist ein Selbstgänger, das ist eine Selbstverständlichkeit.
Zu dem Kollegen Hentschel, wo Sie ihn jetzt schon genannt haben: Man kann sagen, die Diskussion um eine Steuerreform in der Bundesrepublik ist mittlerweile uralt. Nichts geschieht. Es geschieht natürlich auch deshalb nichts, weil unsere Steuergesetzgebung darauf angelegt ist, millimetergerecht zu sein. Wir wollen eine millimetergerechte Steuergesetzgebung. Deshalb wird sie immer komplizierter. Wenn man eine vereinfachte Steuergesetzgebung haben will, dann muss man wissen, dass man dadurch niedrigere Steuern in Kauf nimmt. Das ist die Konsequenz einer Steuerreform. Aber ist das denn jetzt wirklich das, was in der aktuellen Situation
von Nöten ist? Steuervereinfachung ja, auf jeden Fall. Aber diese kriminelle Energie, die von den Steuerhinterziehern jetzt offenbart wird, wird es auch bei einer Steuerreform geben; denn die können den Rachen nicht voll kriegen.
Deshalb ist es jetzt angesagt, auch die gesellschaftspolitische Dimension hervorzuheben, nicht weil wir jetzt dabei sind zu verzweifeln, sondern weil wir als Politik wirklich ein Signal setzen müssen. Die Entsolidarisierung ist soweit vorangeschritten, dass Manager - dazu zählen auch Betriebsräte; es ist natürlich völlig inakzeptabel, was da in Wolfsburg gelaufen ist -, dass Leute, die zu den Führungskräften gehören, die zur Elite gehören, einfach so tun, als könnten sie alles machen. Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied heißt für diese Leute: Es gibt zwar gesellschaftliche Regeln, aber ich mache sowieso das, wozu ich Lust habe. Das geht nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen! Davor müssen wir jetzt einen Riegel schieben. Ich meine, das sollte auch Sinn und Zweck dieser Debatte sein.
Dass diese Debatte jetzt auch eine europäische Dimension hat, ist ja ausgesprochen interessant. Ich erwarte jetzt von der Europäischen Union, dass man endlich sagt, was gesellschaftliche Solidarität ist. Auch diese Diskussion muss in Europa mit großer Vehemenz geführt werden. Wenn diese aktuelle deutsche Angelegenheit dazu führen wird, dann sind wir einen Schritt weiter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es kann sein, dass ich der Einzige in diesem Saal bin, der eigene Erfahrungen hat. Nein, der Kollege Sauter hat ja auch entsprechende einschlägige Erfahrungen im Außendienst.
Meine Damen und Herren, vielleicht kann ich wieder zur Versachlichung der Debatte beitragen. Herr Kollege Arp, Sie sollten das Thema nicht ganz so lustig nehmen. Das ist ein ernsthaftes Thema.
Ich will jetzt die ethische Debatte, die der Kollege Sauter angestoßen hat, nicht fortsetzen. Es ist ja alles richtig, was er zu diesem Punkt gesagt hat. Alles andere war nicht ganz so überzeugend.
Lassen Sie mich zunächst auf den Kollegen Wadephul zu sprechen kommen, der ja zur Erbschaftsteuer Ja gesagt hat. Im Gegensatz dazu will der Kollegen Sauter, wenn ich ihn richtig verstanden habe, sie abschaffen, ohne zu sagen, wie er denn die entsprechenden finanziellen Defizite im Haushalt kompensieren will. So geht es nicht. Nur, Herr Kollege Wadephul, was Sie zur Erbschaftssteuer gesagt haben, verwundert mich doch. Der von Ihnen geschätzte noch amtierende hessische Ministerpräsident Koch ist es ja selbst gewesen, der diesen Kompromiss mit den Sozialdemokraten, mit dem Kollegen Steinbrück, ausgehandelt hat, den Sie hier nun so kritisieren.
Zur Kollegin Heinold: Sie haben gemeint, die Kollegin Schlosser-Keichel kritisieren zu müssen. Vielleicht haben Sie nicht richtig zugehört.
Die Kollegin Schlosser-Keichel hat angemahnt, den Strafrahmen, den es ja gibt, anzuwenden, statt immer nach neuen Gesetzen zu rufen. Das kennen wir auch aus anderen politischen Bereichen. Der Ruf nach immer neuen Gesetzen lenkt nur von den Umsetzungsdefiziten ab.
- Frau Kollegin, lassen Sie mich doch einmal ausreden! - Wir brauchen nicht nur die Beseitigung der Umsetzungsdefizite, wir brauchen auch mehr öffentliche Verhandlungen bei Steuerhinterziehung und Steuervergehen. Es muss Schluss sein mit diesem Deal, so will ich das einmal bezeichnen, dass in vertraulichen Verhandlungen eine Geldbuße verabredet wird und es nicht zu einer öffentlichen Verhandlung kommt.
Ich bin ziemlich sicher: Wenn es mehr öffentliche Anklagen in diesem Bereich gäbe, gäbe es auch weniger Steuerhinterzieher.
Was die Kompliziertheit des Steuerrechts angeht: Die Kompliziertheit des Steuerrechts hat genauso wenig wie der Ausbau der Steuerfahndung in Schleswig-Holstein nach dem heutigen Stand etwas mit der Vermeidung dessen zu tun, was wir unter Liechtenstein-Affäre leider zur Kenntnis nehmen müssen. Das hat beides nichts damit zu tun. Die Liechtenstein-Affäre ist das Ergebnis raffgieriger Millionäre in Deutschland, die die Annehmlichkeiten der staatlichen Infrastruktur in Anspruch nehmen wollen und es den Millionen Arbeitnehmern im Land überlassen, das zu finanzieren.
Diese Affäre wäre auch mit mehr Steuerfahndern nicht vermeidbar gewesen, weil sie das Ergebnis krimineller Energie ist, Kollegin Spoorendonk.
Die Erkenntnisse über die kriminellen Energien in Liechtenstein sind übrigens nicht neu. Bereits 1999 hat der BND in einem Dossier behauptet - ich zitiere -, dass es in Liechtenstein eine GeldwäscheCommunity gebe und dass sich das Fürstentum Kriminellen in aller Welt als Handlanger bei schmutzigen Geldgeschäften andiene. Das ließ die Regierung von Liechtenstein natürlich nicht auf sich sitzen. Sie bediente sich eines Kieler Politikers und Anwalts namens Kubicki. Sie haben also einschlägige Erfahrungen, Herr Kollege Kubicki, und nur so verstehe ich Ihren Redebeitrag von vorhin.
Die Steuerfahndung ist die staatliche Antwort auf die Forderung nach Steuergerechtigkeit und nach Erzielung von gesetzlich festgelegten Steuern. Allein die Existenz der Steuerfahndung trägt dazu bei, dass wir mehr Ehrlichkeit bei der Abgabe von Steuererklärungen haben. Wenn es sie nicht gäbe, wären noch mehr Menschen veranlasst, eher den Weg der Steuerverschleierung zu beschreiten.
Ein Steuerfahnder kostet einschließlich der Pensionsverpflichtungen circa 80.000 €. Er bringt ein Vielfaches von dem, was er kostet, für die staatlichen Kassen ein. Von der Prophylaxe habe ich eben schon gesprochen.
Ich komme zum Schluss. - Wir brauchen in der Tat mehr Steuerfahnder. Der Abbau ist hier dargestellt worden. Für mich aber noch problematischer ist die Zahl der unerledigten Fahndungsfälle, wie sie aus der Beantwortung der Kleinen Anfrage von Ihnen hervorgeht. Wir hatten Ende 2006 in SchleswigHolstein 1.600 unerledigte Fahndungsfälle. Das ist mit dem Grundsatz der Steuergerechtigkeit nicht vereinbar.
Also, meine Damen und Herren, machen wir unsere Schulaufgaben. Statten wir die Steuerfahndung und die Betriebsprüfung personell besser aus. Dann haben wir auch noch mehr Rechtfertigung zu sagen, dass alles gemacht werden muss, um die Steueroasen und Steuerschlüpflöcher zu schließen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mit einem Satz auf die Bemerkung des Kollegen Neugebauer eingehen, die aus meiner Sicht selbst unter seinem sonst üblichen Niveau war. Ich bitte darum, Herr Kollege Neugebauer, dass Sie das klarstellen oder sich entschuldigen, oder wir bekommen es anders miteinander zu tun. Wenn Sie hier andeuten, mein Redebeitrag habe etwas mit einem Mandatsverhältnis zu Liechtenstein zu tun, dann ist das eine schlichte Unverschämtheit.
Die Tatsache, dass ich als Anwalt tätig bin und übrigens auch Sozialdemokraten verteidige - ich könnte demnächst einmal einige Leute aus Ihren Reihen nennen, wenn Ihnen das gefällt -, hat damit zu tun, dass ich dem Rechtsstaat verpflichtet bin, und nicht dazu da bin, Vorurteile vor mir herzutragen, wie Sie das offensichtlich gern tun.
Herr Kollege Neugebauer, wenn wir mit diesem Stil anfangen wollen, dann Gnade uns aber Gott miteinander, das sage ich Ihnen.
- Das hat mit Rambo-Abrechnung überhaupt nichts zu tun. Wir diskutieren momentan über Steuerhinterziehungsfälle. Diskutieren wir doch einmal über die Frage, warum die Steuerzahler in Deutschland 14 Milliarden € aufbringen sollen, weil Manager von Landesbanken geglaubt haben, sie könnten auf dem großen weltweiten Markt als Global Player auftreten.
Habe ich gehört, dass von diesen herausragenden Mitarbeitern des täglichen Lebens jemand der Strafverfolgung ausgesetzt wurde? Das ist Geld, das Steuerzahler in Schleswig-Holstein und bundesweit aufbringen müssen.