Verlagert man das prozentual auf die Gesamtzahl der Fälle, die bis gestern bundesweit bekannt geworden sind, stellt man fest, das es sich um ein relativ großen Anteil handelt. Das hängt aber damit zusammen, das die Staatsanwaltschaft Bochum Norddeutschland zu einem Schwerpunkt erklärt hat.
Es ist die Frage gestellt worden, wie man mit Selbstanzeigen umgeht. Herr Hentschel, ich muss meiner Verwunderung dazu Ausdruck geben. Ich erinnere mich aus meiner Berliner Zeit noch daran der Ministerpräsident wird sich ebenfalls daran erinnern -, das es zu Zeiten der rot-grünen Koalition eine Steueramnestie gab. Die Steueramnestie ist von den Grünen unterstützt worden. Jetzt wenden Sie sich heute dagegen, dass die Selbstanzeige nicht wie ein Strafverfahren behandelt wird.
Der Vorschlag, den Sie machen, wäre eher kontraproduktiv. Wir hätten weder mehr Steuereinnahmen noch mehr Bestrafungen. Aber wir hätten möglicherweise eine geringere Bereitschaft desjenigen, der sich sozialschädlich verhält, sich in die richtige Richtung zu bewegen. Das Ziel, das wir gemeinsam haben sollen, ist, darauf zu achten, dass wir schnell zu einer größeren Steuerehrlichkeit kommen, schnell zu einem einfacheren Steuersystem. Je komplizierter das Steuersystem ist, umso mehr veranlasst es, Steuervermeidungsstrategien zu beschreiten. Sie haben das beklagt. Sie haben aber auch keinen Vorschlag gemacht. Der Vorschlag, den Sie gemacht haben, ging dahin, Steueramnestien wie Steuerstrafverfahren zu behandeln. Diesen Vorschlag kann die Regierung nicht unterstützen. Wir sagen gerade, jeder soll sich schnell bei den Finanzbehörden melden. Wir wollen die Steuerehr
Die Dimension der Liechtenstein-Affäre ist am Anfang wahrscheinlich größer dargestellt worden, als sich jetzt herausstellt. Das ändert nichts daran, dass wir alle miteinander dafür eintreten müssen, dass sozialschädliches Verhalten geahndet wird. Der Strafrahmen dafür reicht aus. Es muss dazu führen, dass mehr Steuergerechtigkeit hergestellt wird. Wenn das über ein einfacheres Steuersystem geschähe, umso besser. Wir müssen jeden ermuntern, die Behörden dabei zu unterstützen. Ich kann bestätigen, dass die Mitarbeiter des Finanzministeriums, in welchem Bereich sie auch tätig sind, ihre Arbeit tun und dass Verlässlichkeit vorherrscht. Wir sollten den Mitarbeitern für ihre Arbeit danken.
Die Aktuelle Stunde ist durch den Zeitablauf erledigt. Ich unterstelle, dass der Finanzausschuss das Thema - wie vorgeschlagen - im Rahmen seiner Selbstbefassung in einer der nächsten Ausschusssitzungen aufnimmt.
Auf der Tribüne begrüßen wir ganz herzlich wiederum Schülerinnen und Schüler des ImmanuelKant-Gymnasiums, Neumünster, mit ihren Lehrkräften, Schülerinnen und Schüler der AlbertSchweitzer-Realschule, Raisdorf, mit ihren Lehrkräften sowie unseren früheren Kollegen Hager mit seiner Gattin. - Seien Sie uns alle sehr herzlich willkommen!
Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten der SSW Drucksache 16/1879
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Grundsatzberatung und erteile für die Fraktion der CDU dem Fraktionsvorsitzenden, Herrn Abgeordneten Dr. Johann Wadephul, das Wort.
Wochen verfolgt, die unter anderem durch das von den Grünen angestrengte Urteil des Bundesverfassungsgerichts ausgelöst worden ist. Ich darf für meine Fraktion sagen: Wir akzeptieren das Urteil ohne Wenn und Aber. Angesichts der hohen Bedeutung dieses Urteils für unsere Demokratie wollen wir die Fünfprozentklausel im Gemeindeund Kreiswahlgesetz Schleswig-Holstein noch rechtzeitig vor der Kommunalwahl abschaffen, damit die Bürgerinnen und Bürger des Landes wissen, was ihre Stimme wert ist.
Im Parlament ist die Debatte über die Vereinbarkeit der Sperrklausel mit der Verfassung bereits ausgiebig und mit aus meiner Sicht nachvollziehbaren Argumenten von beiden Seiten geführt worden.
Sie wissen, dass die Große Koalition die Fünfprozentklausel verteidigt hat. Die kleinen Parteien haben ein natürliches Interesse daran, dass diese Fünfprozentklausel fällt, weil dadurch die Möglichkeiten erweitert werden, in möglichst alle Kreis- und Stadtparlamente einzuziehen. Konsequenterweise haben Parteitage von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und von der FDP in den letzten Tagen beschlossen, dass dies das Kommunalwahlziel sei. Dafür haben wir jedes Verständnis und mit Respekt vor dem politischen Mitbewerber wünschen wir den entsprechenden Erfolg.
Das Bundesverfassungsgericht hat nun eindeutig entschieden, dass die Sperrklausel im schleswigholsteinischen Kommunalwahlrecht gegen die verfassungsrechtlichen Grundsätze der Wahlrechtsgleichheit und der Chancengleichheit der Parteien verstößt. Diese Eingriffe - so führt das Gericht in seinen Urteilsgründen aus - seien nicht gerechtfertigt, da hinreichende Gründe für die Beibehaltung der Fünfprozentklausel, insbesondere zur Sicherung der Funktionsfähigkeit der Kommunalvertretungen, nicht ersichtlich seien. Die Sperrklausel im schleswig-holsteinischen Kommunalwahlrecht besteht seit dem Inkrafttreten des Gemeinde- und Kreiswahlgesetzes am 1. April 1959. Dies hatte einen guten Grund Diese Klausel diente der Vermeidung von Splittergruppen in den kommunalen Vertretungen. Anders als heute wurden die Bürgermeister und Landräte damals noch indirekt durch die Vertretungen gewählt.
Unsere Verfassung verpflichtet den Gesetzgeber, Sperrklauseln unter Kontrolle zu halten. Dies ist auch ein entsprechender Hinweis des Bundesverfassungsgerichts dahin gehend, die Voraussetzungen für ihren Erlass bei neuen Entwicklungen stets zu überprüfen und gegebenenfalls zu ändern. Der Zweite Senat hat in seinem Urteil auch betont, dass
eine Wahlrechtsbestimmung in einem Staat zu einem bestimmten Zeitpunkt gerechtfertigt sein kann und zu einem anderen Zeitpunkt nicht. Deswegen teile ich nicht die Auffassungen der Kollegen von der FDP-Fraktion und von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dass die Unvereinbarkeit der Fünfprozentklausel mit rechtsstaatlichen Grundsätzen seit jeher klar gewesen wäre.
Festgestellt werden muss: Erst mit der Einführung der Direktwahl von Bürgermeistern und Landräten im Jahr 1995 haben sich die für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit der Sperrklausel maßgeblichen Umstände geändert. Erst einige Jahre später hat es auch erste Gerichtsurteile dazu gegeben. Mit der Einführung der Direktwahl ist den Wählern von den Gemeindevertretungen und von den Kreistagen die wichtige Personalentscheidung übertragen worden. Zugleich steht den Vertretungen eine Verwaltungsspitze mit erheblich gestärkter unmittelbarer Legitimation gegenüber. Damit ist aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts das zentrale Element zur Rechtfertigung der Sperrklausel im Kommunalwahlrecht weggefallen, da stabile Mehrheitsverhältnisse aufgrund der Direktwahlen - so das Verfassungsgericht - zumindest sinngemäß nicht mehr notwendig seien.
Ich möchte aber bekräftigen, dass die CDU-Landtagsfraktion weiterhin an der Erforderlichkeit der Fünfprozentklausel für Bundestags- und Landtagswahlen festhält. Sie ist weder durch das Verfassungsgericht noch durch maßgebende Stimmen aus der Fachwelt infrage gestellt. Bei den gesetzgebenden Körperschaften sind klare Mehrheiten zur Sicherung einer politisch aktionsfähigen Regierung unentbehrlich.
Gerade jetzt, da wir uns bundesweit auf ein Fünfparteiensystem einrichten und da wir uns in Schleswig-Holstein aufgrund der Besonderheit des SSW auf möglicherweise sechs im Parlament vertretene Parteien einrichten, gilt es, die Lehren aus Weimar nicht völlig zu vergessen. Die Einführung der Fünfprozentklausel in die deutschen Wahlgesetze beruht auf den negativen Erfahrungen aus der Weimarer Republik, als ein zersplittertes Parteienspektrum das Parlament immer wieder blockierte. Diese Lehre dürfen wir nicht vergessen.
Gemeindevertretungen und Kreistage üben dagegen keine reine Gesetzgebungstätigkeit, sondern primär eine verwaltende Tätigkeiten aus. Zwar gibt es eine faktische Sperrklausel, dennoch habe ich ein wenig Bauchschmerzen bei der Frage, ob
wir es schaffen werden, sowohl Mandatsträger von ganz links als auch von ganz rechts aus den kommunalen Vertretungen herauszuhalten. Diese Befürchtung wird von vielen hier geteilt. Für meine Fraktion darf ich ausdrücklich sagen, dass diese Befürchtung deshalb da ist, weil auf den offenen Listen der Linken ausdrücklich auch Kommunisten kandidieren. Daher erstreckt sich diese Befürchtung auch auf die Linkspartei. Ich habe die Befürchtung, dass Kommunalpolitik an dieser Stelle politisch erheblich schwieriger wird. Sie wird im Übrigen für die Bürgerinnen und Bürger auch nicht in jedem Fall attraktiver. Diese Gefahr sehe ich sehr wohl.
Wir müssen diesen Richterspruch aber akzeptieren. Wir werden ihn akzeptieren. Wir müssen ihn als Auftrag dahin gehend sehen, noch intensiver um Wählerinnen und Wähler zu werben. Ich traue den großen Volksparteien zu, auf kommunaler Ebene stabile Mehrheiten zu bilden. Es bleibt das natürliche Wahlziel meiner Fraktion und meiner Partei, bei den Kommunalwahlen am 25. Mai dieses Jahres wieder dafür zu sorgen, dass es klare Verhältnisse gibt; entweder eine absolute Mehrheit der Union in den einzelnen Vertretungen oder eine stabile Kooperation unter ihrer Führung.
Auf der Tribüne können wir zu diesem Tagesordnungspunkt auch die Landesvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Frau Marlies Fritzen, begrüßen. - Seien Sie uns herzlich willkommen!
Für die Fraktion der SPD hat der Fraktionsvorsitzende, Herr Abgeordneter Dr. Ralf Stegner, das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In einem Sprichwort heißt es, Gott möge mir den Mut geben, Dinge umzusetzen, die ich ändern kann, die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden. Zur Unterstützung dieser Weisheit haben wir nach 1945 das Bundesverfassungsgericht eingerichtet. Dieses hat vor zwei Wochen die im Moment noch geltende Fünfprozentklausel für die Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein verworfen. Meine Gelassenheit
ist nicht immer so ausgeprägt, wie sie sein sollte. Ich glaube aber, dass die Tatsache, dass wir uns sehr schnell darauf verständigt haben, die Voraussetzungen für die Kommunalwahl unmittelbar zu ändern, zeigt, dass wir diese nicht nur akzeptieren, was im Rechtsstaat selbstverständlich ist, sondern dass wir auch wollen, dass sich die Kandidatinnen und Kandidaten auf die Veränderungen einstellen können.
Die Debatte um die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Fünfprozentsperrklausel im Kommunalwahlrecht ist ausgiebig geführt worden. Sie diente damals der Stabilität der kommunalen Demokratie in unstetigen Mehrheitsverhältnissen. Sie wollte damals eine Zersplitterung der kommunalen Selbstverwaltung vermeiden und den Einzug rechtsextremer Parteien in die kommunalen Parlamente verhindern. Ich glaube: Auch wenn schwierige Mehrheitsbildungen immer noch möglich sind, so ist es an der Zeit, mit anderen Mitteln die Probleme unserer Demokratie zu lösen. Ich denke hier an die geringe Wahlbeteiligung und an die Schwierigkeit, Menschen zu finden, die sich kommunalpolitisch engagieren wollen. Nicht zuletzt denke ich auch an das geringe Ansehen von Politikern und von der Politik. Ich glaube, das neue Wahlrecht wird die Bereitschaft aller Parteien erhöhen, Kompromisse zu machen und sich mit politischen Konkurrenten auseinanderzusetzen sowie sich nötigenfalls auch zusammenzuraufen. Dabei meine ich nicht nur die großen Parteien. Das ist für politische Parteien, die gestalten wollen, eine Selbstverständlichkeit.
Insofern begreift meine Fraktion es als Herausforderung, mit klaren Programmen zu sozialer Gerechtigkeit, zum Mindestlohn und zum Klimaschutz sowie zur Kinder- und Familienpolitik das eigene Profil zu stärken, verschiedene Positionen zuzulassen und dies als Stärke zu begreifen. Ich glaube, wir sollten uns davor nicht fürchten.
Im Übrigen finde ich, dass die umgekehrte Position zur Direktwahl der Landräte - was die CDU angeht - nicht gilt. Hier haben wir etwas miteinander vereinbart, auch wenn letztlich beschlossen wurde, das so zu ändern. Es gibt einen Unterschied zwischen Kommunalwahlen und zwischen Landtags- und Bundestagswahlen.
Bei den Kommunalwahlen geht es um kommunale Selbstbestimmung und um kommunale Selbstverwaltung, nicht aber um Regierungsbildung und Regierung und Opposition. Deshalb sollten wir gelas
sen damit umgehen. Ich will nicht verhehlen, dass ich es als einen Wermutstropfen empfinde, dass es auch für Nazis leichter wird, in solche Vertretungen einzuziehen. Das finde ich nicht schön, aber das hält die Demokratie aus.
- Das hält die Demokratie aus! Herr Dr. Garg, das ist ein kluger Zwischenruf von Ihnen. Sie haben gut zugehört, das finde ich prima.
- So sehr müssen Sie sich nun auch nicht selbst bezichtigen, oder meinen Sie jemand anderen? - Ich möchte noch etwas zu den anderen Parteien sagen. Ich sage, man muss in Parlamenten mit allen reden können, außer mit Nazis. Das ist meine Position.
Es gilt das, was Bertolt Brecht einmal gesagt hat: Wir können uns nicht ein anderes Volk wählen. Ich will auch noch etwas zu der Debatte sagen, die sich in den letzten Tagen an die SPD gerichtet hat. Auch Herr Wadephul hat dies eben angesprochen. Die SPD ist die letzte Partei - und auch die letzte Fraktion -, die in dieser Frage Belehrungen braucht. Weder haben wir mit der Schill-Partei koalitiert - um dies deutlich zu sagen, denn dies ist ein Extremistenhaufen -, noch haben wir in der DDR irgendwelche Blockparteien geschluckt. Vielmehr haben wir eine neue Partei gegründet, Herr Ministerpräsident. Das will ich ganz deutlich sagen. Wir als SPD brauchen in dieser Frage keinerlei Belehrungen.