Der SSW ist auch wirklich der Auffassung, dass es nicht angehen kann, dass wir hier die offene und dort die gebundene Ganztagsschule haben. Wir müssen die Ressourcen bündeln. Das kann nur über ein Ganztagsangebot mit qualifizierter Unterstützung laufen.
Die vorliegenden Anträge machen deutlich, wie notwendig es ist, eine Schulstruktur aus einem Guss zu haben. So eine Schulstruktur haben wir nicht. Wir haben die Gemeinschaftsschule, die Regionalschule, die Profiloberstufe und das TurboAbitur. Wir haben von allem etwas, aber nicht unbedingt deshalb, weil dabei an die Kinder gedacht wurde. Wir haben - das klang vorhin schon an Diskussionen geführt, die durchaus von anderer Motivation gesteuert wurden. Dass der SSW der Meinung ist, dass wir in Schleswig-Holstein eine Gemeinschaftsschule mit einem Oberstufenzentrum brauchen, kann ich nicht verhehlen. Der Meinung waren wir immer.
Tatsächlich - damit komme ich zur Oberstufe - sollten in der Oberstufe neben reinem Faktenwissen Techniken der Wissensaneignung vermittelt werden, die dem Abiturienten auf jeden Fall zugute kommen, völlig unabhängig davon, ob er studiert oder nicht. Die notwendigen Kenntnisse, Fähigkeiten und Arbeitstechniken sollten aber grundsätzlich in allen Fächern vertreten sein. Meine Befürchtung ist, dass das Turbo-Abitur das nicht möglich macht. Denn man braucht neben dem möglichen Gespür auch ein solides Handwerkszeug. Dieses sollte unter anderem die Oberstufe vermitteln.
Das Abitur nach zwölf Jahren kann dazu führen, dass noch mehr Schüler abgeschreckt oder behindert werden, überhaupt das Abitur zu erreichen. Dabei sind die Hürden, um das Abitur in Deutschland zu erwerben, bereits viel zu hoch. Nach einer Empfehlung des Wissenschaftsrates soll der Anteil der Abiturientinnen und Abiturienten eines Altersjahrgangs auf 50 % gesteigert werden, um einem dro
Tatsächlich erlangen in Schleswig-Holstein weniger als 40 % eines Jahrgangs die Hochschulreife. Diese Abiturientenquote ist im internationalen Vergleich zu niedrig. Man kann natürlich sagen, dass in anderen Ländern anders gerechnet wird, aber es bleibt auch die Tatsache, dass wir eine Weiterentwicklung - damit sind wir wieder bei einem anderen Thema - der beruflichen Bildung brauchen. Wir brauchen mehr Fachhochschulabschlüsse und Hochschulabschlüsse, die mit der beruflichen Bildung zusammenhängen.
Die niedrige Abiturientenrate hängt sicherlich auch damit zusammen, dass viele Ausbildungsgänge im Gegensatz zu anderen Ländern in Deutschland keine akademische Ausbildung erfordern. Das Abitur lohnt sich schlichtweg nicht für junge Menschen, die beispielsweise in einem paramedizinischen Heilberuf arbeiten wollen. Von dieser überholten Vorstellung sollten wir uns verabschieden. Nicht nur an dieser Stelle zeigt sich, dass wir niemals isoliert über die Oberstufe reden und entscheiden sollten.
Die Forderung, Stoffpläne zu entrümpeln, hilft nicht, die Defizite der gymnasialen Oberstufe zu beseitigen. Zentralabitur und Profilbildung blenden individuelle Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler und auch die regionalen Besonderheiten der Schulen aus.
Das halte ich für das Hauptproblem. Es darf nicht eine isolierte Betrachtungsweise geben, die sich nur mit den Stoffplänen auseinandersetzt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bat eingangs zu diesem Tagesordnungspunkt um Ihre Aufmerksamkeit. 18 Uhr scheint eine Deadline für die Be
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will mich auch beeilen; aber was sein muss muss sein. Ich bin wirklich dankbar, dass hier überhaupt noch so viele sitzen.
Vielleicht liegt das daran, dass das ein Thema ist, mit dem auch Sie sich alle auseinandersetzen und zu dem Sie Antworten brauchen.
Liebe Anke Spoorendonk, in Flensburg gibt es die höchste Abiturientenquote. Das muss Sie doch freuen. Das habe ich gerade dem Bericht des Statistischen Landesamtes entnommen.
Was das Zentralabitur mit G8 zu tun hat und mit einer einheitlichen Schulstruktur, verstehe ich nun wirklich nicht. Übrigens gibt es auch in Finnland ein Zentralabitur. Dieser Zusammenhang ist mir schleierhaft.
Ich wehre mich auch dagegen, das Gymnasium so abzubilden, als sei das eine Schulform, in der überhaupt nicht innovativ gearbeitet würde, in der es keine neuen Arbeitstechniken gebe. Das stimmt wirklich nicht. Da muss ich die Gymnasien in aller Klarheit in Schutz nehmen. Das ist einfach nicht wahr.
Nun zu Ihnen, Herr Dr. Klug! Sie haben hier Kurt Beck aus Rheinland-Pfalz zitiert. Rheinland-Pfalz wird das einzige Bundesland sein, dass die G8 nicht flächendeckend einführt. Das wollen sie nicht, dann bleiben sie eben dabei. Um dem Trend ein bisschen nachzugeben, hat meine Kollegin Frau Ahnen, vorgeschlagen, dass sie es im Grunde so machen wie wir 2001, dass nämlich freiwillig G8 eingeführt werden kann. Wir wollen einmal sehen, wie viele Gymnasien vor dem Hintergrund dieser bundesweiten Debatte das dann machen. Das dann mit Ganztagsstellen zu finanzieren, ist allerdings ein Leichtes. Das könnten wir auch. Aber flächendeckend geht das eben nicht. Ich glaube, auch Sie können sich nicht vorstellen, wie das finanziert werden
Ihr Argument mit den Stellen: Ich kann Ihnen sagen, ein bisschen vorausschauend arbeiten wir auch. Der Aufbau von G8 mit der Gegenrechnung einer gewissen Einsparung durch die Profiloberstufe, der Ausgleich für den Wegfall und die Rückgewähr der Vorgriffsstunde, ist in der mittelfristigen Finanzplanung vorgesehen. Sie werden das bei den Hunderten von Stellen sehen, die wir in den nächsten Doppelhaushalt einstellen werden. Das ist verabredet, das ist in der mittelfristigen Finanzplanung enthalten. Natürlich brauchen wir diese Stellen. Das ist völlig unbestritten.
Der nächste Unsinn, mit dem ich aufräumen will, ist ein richtiger Denkfehler. Es wird immer gesagt, es würde der Stoff von neun auf acht Jahre zusammengestaucht. Sie berücksichtigen dabei überhaupt gar nicht, dass es die gleiche Anzahl von Unterrichtsstunden gibt, die weiter zur Verfügung stehen.
(Beifall der Abgeordneten Sylvia Eisenberg [CDU] - Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch das Problem!)
- Ja, aber dann dürfen Sie doch nicht davon sprechen, dass der Stoff zusammengestaucht wird, sondern allenfalls von Stunden, die zusammengestaucht werden und dann eine höhere Belastung bedeuten. Aber der Stoff und die Anzahl der Stunden sind in acht Jahren die Gleichen wie in neun Jahren. Da gibt es einen zentralen Denkfehler in der öffentlichen Debatte.
Trotzdem möchte ich mich kurz mit den Lehrplänen auseinandersetzen. Bei denjenigen, die jetzt von einer Entrümpelung der Lehrpläne reden, habe ich den Eindruck, sie haben noch nie in irgendwelche Lehrpläne hineingeschaut. Sie stehen in Schleswig-Holstein übrigens alle im Internet. Da kann man alles nachlesen. Da gibt es keinen Ballast, den man so einfach über Bord werfen kann, sondern die Lehrpläne sind so geschrieben und so konzipiert und zwar schon seit Jahren in Schleswig-Holstein -, dass dort von Kompetenzen, von Themenfeldern, von Kernfeldern die Rede ist, die erworben werden sollen, sodass ein großes Maß an Freiheit für die Gestaltung durch die Schulen da ist.
Fall eine Reduzierung der Stunden, auf keinen Fall eine Reduzierung des Stoffs. Ich hoffe, dass das jetzt auch dabei bleibt.
Die aktuelle Diskussion ist im Grunde in den Ländern entstanden, die G8 schon ein paar Jahre lang und zum Teil wirklich überhastet eingeführt haben. Das muss man sich noch einmal in Erinnerung rufen. Bayern vor der letzten Landtagswahl: Nein, kein G8. Die Landtagswahl kam und dann hieß es: In einem halben Jahr fangen wir in Bayern mit G8 an. Das hat natürlich riesige Probleme gemacht. Die Lehrerstellen waren nicht da, die Lehrkräfte waren nicht da, die Eltern wurden überrumpelt. Außerdem macht es einen riesigen Unterschied - das werden wir in Schleswig-Holstein natürlich auch nicht machen -, ob man etwas von Jahrgang 5 aufwachsen lässt, oder ob man es so wie andere Bundesländer macht, die gleich mehrere Jahrgänge gleichzeitig in die Verkürzung einbeziehen.
Also, unsere Ausgangslage ist eine andere als in etlichen anderen Bundesländern. Wir orientieren uns an der Wochenstundenzahl für G8, an der untersten Grenze dessen, was für das Gymnasium vorgesehen ist, nämlich 265 Stunden. Dagegen haben sich die Ostländer damals massiv gewehrt. Die hatten nämlich weniger Stunden, mussten aufstocken und kriegten längere Unterrichtstage. Bayern hat glaube ich - über 270 Stunden. Dass da der Druck größer ist, ist klar. Wir haben eine Kontingentstundentafel, wo dies flexibel verteilt werden kann. Die Untergrenze ist von der KMK festgesetzt worden.
In der nächsten Woche ist KMK-Sitzung. Ich bin gespannt, wie sich die Länder da einlassen werden. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass Bayern meint, die Untergrenze solle wegfallen. Was ich höre, ist so geartet, dass es vielleicht in Richtung von mehr Flexibilität geht, dass vielleicht ein gewisser Rahmen von fünf Stunden für Wahlpflicht- oder Förderunterricht genutzt werden kann und man bei 260 Stunden als Mindestzahl für den Fachunterricht landet. Den Hintergrund wird ein Erfahrungsbericht bilden, der der KMK vorliegen wird, Einführung von G8 in anderen Bundesländern. Da wird sich zeigen, dass G8 wahrlich nicht überall Probleme bereitet, sondern dass das gerade in den Ostländern seit vielen Jahren problemlos läuft.
Manches ist in der Debatte wirklich schräg. Wir machen uns überhaupt nie Gedanken über 15-, 16-, 17-Jährige, die in einer beruflichen Ausbildung sind, die ganztägige Arbeitstage haben, die ganztä
Ich will jetzt einiges weglassen; das können wir gern im Ausschuss machen. - Der Kernbereich der Lehrpläne muss verbindlich abgedeckt werden und dabei muss es bleiben. Wir kriegen sonst eine Heidenqualitätsdebatte. Dieselben Leute, die jetzt sagen, das müsse alles kürzer und weniger werden, werden dann fragen: Wo denn bitte?
Wenn gefordert wird, von 265 Stunden bis zu 15 Stunden wegzunehmen - in Niedersachsen -, hat sich keiner Gedanken darüber gemacht, in welchen Fächern das abgehen soll: Sollen wir weniger Musik, Kunst, Sport, Naturwissenschaften, Deutsch, Fremdsprachen haben? Herr Oettinger hat ja den Vorschlag gemacht, bei den Naturwissenschaften zu kürzen. Da brach vielleicht etwas los, angesichts des Fachkräftemangels.
So etwas geht natürlich alles nicht. Wir kriegen sofort eine Qualitätsdebatte: Was ist das deutsche Abitur noch wert? - Das möchte ich in SchleswigHolstein so nicht haben.