- Entschuldigung, die Schulen sind doch diejenigen - gerade die RBZs -, die diese vielfältigen Anforderungen übrigens aus eigener Initiative und eigener Kraft aufbringen.
- Immer wenn es passt, ist mal die Regierung und mal die Schule selbst verantwortlich oder gut oder richtig.
Manches von dem, was Sie in Ihrem Antrag sagen, liegt durchaus auf der Linie, die wir gemeinsam verfolgen. Manches halte ich aber auch für falsch oder nicht durchführbar, weil gesetzliche Regelungen entgegenstehen. Ich will mich jetzt nicht im Einzelnen damit befassen, das können wir auch noch einmal im Ausschuss tun.
heraus, die letztlich hin zu einer stärkeren Verstaatlichung des beruflichen Bildungssystems führt. Das können Sie, glaube ich, gar nicht bestreiten. Aber: Meine Linie ist das nicht. Das will ich hier ganz klar sagen. Natürlich haben wir im dualen Bildungssystem Probleme - darauf komme ich noch -, aber das sagt nichts über die grundsätzliche Ausrichtung dieser Ausbildung. Sie haben mit wirtschaftlichen Problemen, mit Ausbildungsplätzen zu tun. Deshalb ist doch aber das Prinzip der Dualität,
der Zusammenarbeit zwischen Schule und Betrieb und Schule und Wirtschaft nicht falsch geworden, sondern muss weiterentwickelt werden.
Es ist doch immer noch so, liebe Anke Anke Spoorendonk, dass sich gerade die skandinavischen Länder bei uns in Deutschland laufend über das duale System informieren. Schauen Sie sich einmal das schreckliche staatliche berufliche Bildungssystem in England an. Dann werden Sie die Vorteile des deutschen dualen System schätzen lernen.
Ich möchte trotzdem noch einmal sagen, vor welchen Herausforderungen wir stehen. Es ist unbestritten, dass wir in der beruflichen Bildung vor riesigen Herausforderungen stehen.
Erste Herausforderung: Sie kennen die paradoxe Situation, dass Deutschland auf einen Fachkräftemangel zusteuert, wir aber gleichzeitig Probleme haben, alle Jugendlichen in Ausbildung zu bringen. Das passt nicht zusammen.
Es gibt Licht am Horizont. Das muss man auch sagen. Wir haben einerseits sinkende Schülerzahlen und andererseits steigende Nachfrage. Es dürfte möglicherweise in diesem Jahr zum ersten Mal dazu kommen, dass wir nicht alle Lehrstellen besetzen können. Das hat mit vielen komplexen Fragestellungen zu tun. Darüber sollten wir im Ausschuss rechtzeitig einmal reden.
Ich will aber auch sagen: Damit zeigt sich für die jungen Menschen heute - im letzen Jahr wurden übrigens mehr Altbewerber als jemals zuvor vermittelt - Licht am Horizont. Diesen Optimismus sollten wir den jungen Menschen doch bitte auch vermitteln.
Die Maßnahmen der Arbeitsagenturen, zum Beispiel die Berufseingangsklassen, sind Hilfestellung, sind Unterstützung für junge Menschen, die sie auch brauchen, um überhaupt auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Gehen Sie einmal in eine Berufseingangsklasse und gucken Sie sich an, welche Herkulesarbeit von den Lehrern an den Beruflichen Schulen geleistet wird,
um diesen Menschen ganz individuell eine Perspektive zu vermitteln. Deshalb halte ich viel davon, liebe Anke Spoorendonk, solche Begriffe wie „Warteschleife“, die die Arbeit im Grunde ein Stück weit diskriminieren, möglichst zu vermeiden.
Zweite Vorrausforderung: die Veränderung der Arbeitswelt mit zunehmend spezialisierten Berufen und einem größeren Anteil an theorieorientiertem, systematischem Wissen. Die duale Ausbildung das ist unbestritten - ist nur bedingt in der Lage, das aufzugreifen und aufzufangen. Gerade hier haben die Beruflichen Schulen eine nicht zu unterschätzende Aufgabe.
Dritte und größte Herausforderung: Die Europäisierung der Ausbildungs- und Arbeitsmärkte müssen wir aktiv begleiten und mitgestalten. Diese Herausforderung spielt in der öffentlichen Diskussion noch keine große Rolle, auch nicht in Ihrem Beitrag. Die Auswirkungen sind überhaupt nicht zu unterschätzen. Es geht um Transparenz. Es geht um Durchlässigkeit. Es geht um Mobilität, Vergleichbarkeit, Anerkennung, Übertragbarkeit von Fähigkeiten und Qualifikationen. Das sind die Themen, das ist das, was sich hinter dem Stichwort „europäischer Qualifikationsrahmen/einheitliches Punkteleistungssystem“, das immer mehr in die öffentliche Debatte kommt, aber von keinem noch so richtig vertieft angegangen wird, verbirgt.
Es geht um den leichteren Zugang zur Bildung. Es geht aber auch, und zwar im Besonderen, um die Einstufung bestehender nationaler Bildungsabschlüsse in ein europäisches Konzept von Niveaustufen. Es geht nicht um irgendeinen Umbau der nationalen Bildungssysteme. Wenn das der Fall gewesen wäre, hätten die Mitgliedsstaaten dem überhaupt nicht zugestimmt.
Ich will hier aber auch darauf hinweisen - Herr Dr. Klug, da stimme ich Ihnen absolut zu -: Modularisierung, wie Sie sie beschreiben, bei allen Vorteilen, die das haben könnte, widerspricht im Grund dem Ziel einer breiten beruflichen Grundbildung
Die Anwendung eines europäischen und nationalen Qualifikationsrahmens soll und muss dafür sorgen, dass Teilqualifikationen, die im Rahmen der Ausbildung erworben werden, überall anerkannt werden. Das ist wichtig. Diesen Prozess sollten wir nutzen, um die Leistungsfähigkeit unseres Systems zu verbessern.
Gerade die europäische Perspektive müsste der eigentliche Rahmen für die zukünftige Debatte sein, nicht etwa das, was Sie vorschlagen, eine isolierte Lösung für Schleswig-Holstein. Das ist das, was ich nun überhaupt nicht verstanden habe. Sie haben die Matrix hochgehalten und von der Komplexität des Systems gesprochen. Sie können doch aber nicht im Ernst meinen, dass es ein - ich zitiere - „in sich geschlossenes, transparentes, einfaches Ausbildungssystem“ für Schleswig-Holstein und in SchleswigHolstein isoliert geben kann. Das ist doch schon deshalb nicht möglich, weil die duale Berufsaufbildung bundeseinheitlich geregelt ist und eine Bäckerlehrling in Flensburg die gleichen Inhalte vermittelt bekommt wie einer in Berlin, auch wenn die Zutaten vielleicht andere sind. Die Bundesländer stimmen die Angebote in den Beruflichen Schulen miteinander ab. Das ist wegen der Mobilität innerhalb Deutschlands auch dringend notwendig.
(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben im Bildungssystem auch Änderungen, genau aus diesem Grund, und gehen voran!)
Herr Hentschel, hier gibt es eine Bundeszuständigkeit. Die gibt es allerdings. - Wenn Sie das nicht wissen, reden wir total aneinander vorbei. Es kann kein Land für sich allein entscheiden, wie es seine duale Ausbildung gestaltet, welche Berufsbilder und so weiter es anbietet.
In der beruflichen Bildung gibt es viele verschiedene Wege, um das Ausbildungsziel zu erreichen, Qualifikationen zu erwerben oder einen weiteren Abschluss zu machen. Übrigens sind das keine ir
gendwie gearteten Umwege - das ich einmal ganz deutlich sagen -, sondern es sind Anschlüsse, die junge Menschen heute in unserem Schulsystem haben.
In der Tat, bessere Informationen gerade in Richtung auf die allgemeinbildenden Schulen, die einfach besser wissen müssen, was das berufliche Bildungssystem leistet, welche Wege und Möglichkeiten es gibt, sind unbedingt notwendig. Das ist eines der Ziele, das wir in diesem Jahr der beruflichen Bildung verfolgen. Und natürlich bessere und generell unterstützende Maßnahmen für den Übergang von der Schule zur Ausbildung. Ich will nicht noch einmal das Handlungskonzept Schule und Arbeitswelt nennen. Genau das, was sich hinter vielen Vorstellungen verbirgt, nämlich individuelle Förderung, Coaching gerade der Jugendlichen, die einen schwierigen Hintergrund haben, sei es familiär oder in ihrer Lernbiographie, ist ungeheuer wichtig. Also hier auch Prävention statt nachlaufender Reparaturmaßnahmen.
Dazu gehört natürlich auch die im Schulgesetz eröffnete Möglichkeit, den Hauptschulabschluss im Rahmen der flexiblen Übergangsphase individuell je nach Lerntempo nach neun oder nach zehn Jahren zu erwerben. Ich weiß nicht, ob Sie es ernst gemeint haben, ob Sie sozusagen durch die Hintertür eine zehnjährige allgemeine Schulpflicht einführen wollen. Darüber haben wir hier bisher überhaupt noch nicht diskutiert. Sie steht auch nicht im Schulgesetz. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass Sie sie in das Schulgesetz einführen wollten.
- Okay. - Wir haben jetzt die Möglichkeit geschaffen, ohne dass das als Sitzenbleiben gilt, in der Ausgangsphase der Hauptschule einen dreijährigen Weg zu gehen.
In diesem Zusammenhang muss ich unbedingt eine Behauptung in dem Antrag richtigstellen. Sie haben davon gesprochen, dass 10 % der Hauptschüler die Schule ohne Abschuss verlassen. Es ist nicht haltbar, das so zu formulieren, denn in den 10 % sind alle Schülerinnen und Schüler mit jedwedem sonderpädagogischen Förderbedarf enthalten.
Wir haben mit dem Meldeverfahren beim Übergang aus den Hauptschulen in die Beruflichen Schulen sichergestellt, dass uns niemand auf diesem Weg verlorengeht. Wir versuchen mit den Berufseingangsklassen, Misserfolge für die diejenigen, die Probleme mit der Berufsausbildungsaufnahme haben, zu vermeiden.
Ich gebe allen Recht, die gesagt haben, vieles muss weiterentwickelt werden. Das ist in der beruflich Bildung generell so. Sie ist sehr viel weniger statisch als andere Bildungssysteme. Manchmal muss man auch dicke Bretter bohren, etwa wenn es darum geht, die Teile aus der vollzeitschulischen Ausbildung in die Ausbildungszeit und die Kammerprüfung einzubringen, wie das etwa schon bei den kaufmännischen Assistenten gelungen ist.