Außerdem sollten wir berücksichtigen, wie eng bereits die Zusammenarbeit zwischen dem Landtag, insbesondere zwischen dem Landtagspräsidenten, Herrn Kayenburg, und dem Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung ist. So werden seit Jahren Schwerpunktthemen gemeinsam aufgegriffen. Dies zeigt sich insbesondere bei der Durchführung gemeinsamer Fachtagungen hier im Landeshaus.
Wir wollen außerdem die Beteiligung des Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung an allen Gesetzesvorlagen und an den auf behinderte
Die Beteiligung an Gesetzesvorhaben ist notwendig. Die Entscheidung, ob bei einem bestimmten Gesetz die Belange von Menschen mit Behinderung betroffen sind oder nicht, trifft der Landesbeauftragte in seiner Unabhängigkeit selbst. Viele Belange behinderter Menschen umfassen ebenso Lebensbereiche nicht behinderter Menschen. Sie sind also nur in einem ressortübergreifenden Informationsfluss zu vertreten. Auch dieser Tatsache tragen wir mit einer Ansiedlung beim Landtag Rechnung.
Meine Damen und Herren, ich sage das an dieser Stelle sehr deutlich: Wir wollen die Weisungsfreiheit für den Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung sicherstellen.
Dies gilt sowohl für seine originären Aufgaben als auch für die Öffentlichkeitsarbeit und die Erstellung seiner Tätigkeitsberichte. Wir bestehen als Parlament auf ungefilterte Informationen.
Wir wissen uns mit diesem Anliegen, den Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung beim Landtag anzusiedeln, mit den Interessenverbänden von Menschen mit Behinderung einig, und wir wollen das Amt und die Arbeit des Beauftragten für Menschen mit Behinderung stärken. Der jetzige Beauftragte, Herr Dr. Ulrich Hase, leistet in seinem Amt eine herausragende und glaubwürdige Arbeit. Ich glaube, an der Stelle können wir alle einmal herzlichen Dank sagen.
Dies ist sicherlich nicht nur seiner ganz persönlichen Erfahrung geschuldet. Da die Unterschiede in den beiden Gesetzentwürfen gar nicht so groß sind, Herr Dr. Garg, sollten wir sie gemeinsam im Sozialausschuss beraten und einmal schauen, ob wir nicht doch eine gemeinsame Lösung finden können. Ich würde das jedenfalls sehr begrüßen.
Ich danke der Frau Abgeordneten Heike Franzen. Für die SPD-Fraktion erhält nun der Herr Abgeordnete Wolfgang Baasch das Wort. - Lieber Herr Hentschel, es geht der Reihe nach. Danach kommen Sie.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine moderne Politik für Menschen mit Behinderung verbindet professionelles Handeln mit dem ehrenamtlichen Engagement von Bürgerinnen und Bürgern. Sie ist aber immer an dem Leitgedanken orientiert, dass Menschen mit Behinderung selbstbestimmt, selbstständig über ihre Geschicke entscheiden können. Wenn diese Selbstständigkeit und die Teilhabe von Menschen mit Behinderung im Mittelpunkt stehen, dann glaube ich, dass die Integration der Menschen mit Behinderung in die Gesellschaft einen großen Schritt vorankommt. Heute stärken wir diesen Weg, indem wir den Beauftragten für Menschen mit Behinderung stärken. Das Amt des Beauftragten für Menschen mit Behinderung soll künftig direkt bei der Präsidentin oder bei dem Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtages eingerichtet sein.
Ich sage auch: Unsere unterschiedlichen Entwürfe enthalten ja nicht nur unser eigenes Gedankengut, sondern wir haben uns dort erheblich vom Wissenschaftlichen Dienst des Landtages helfen lassen, weil wir natürlich alle Schwierigkeiten haben, so etwas einfach in einem Guss zu formulieren. Von daher ist es nicht ganz richtig, hier große Differenzen aufzubauen, sondern das Fundament ist für beide Anträge gleich.
Zweitens möchte ich einwerfen: Wenn man über das Vorschlagsrecht streiten will, kann man das tun. Ich glaube aber, dass es richtig ist, zumindest mit den unterschiedlichen Verbänden auch zu diskutieren, in welcher Form man Beratung, Anhörung, Unterstützung für eine solche Wahl organisieren kann, denn ich glaube, es hilft auch nicht viel, einfach zu behaupten: Die Verbände haben ein Vorschlagsrecht. Es gibt sehr differenzierte Verbände auch in der Behindertenarbeit. Auch wenn es darum geht, nicht nur Verbände zu hören, sondern - wie eben ausgeführt - die Menschen mit Behinderung selbst ein Stück weit mitentscheiden zu lassen, um diese Prozesse zu organisieren, sollten wir uns zusammensetzen, sollten überlegen, was da geht, aber vielleicht auch festhalten, wenn es nicht geht, es vielleicht anders zu organisieren. Von daher glaube ich nicht, dass es nur einen Weg gibt, den man heute schon vor der Anhörung der Verbände und der Menschen mit Behinderung einfach so festschrei
Ebenfalls differenziert zu betrachten ist der Tätigkeitsbericht; darüber hat Kollegin Franzen schon gesprochen. Ein letzter Gedanke zu dieser Diskussion: Gerade wir sollten uns davor hüten - egal, in welcher Diskussion auch immer -, den Beauftragten für Menschen mit Behinderung zu instrumentalisieren, um damit zu beweisen, dass unsere eigene Meinung die richtige ist.
Wir wollen den Beauftragten zum Landtag übertragen. Wir stärken damit die Unabhängigkeit des Beauftragten für Menschen mit Behinderung. Wir stärken damit seine Möglichkeiten, die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung zu unterstützen. Die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung sowie die Beseitigung von Barrieren für Menschen mit Behinderung brauchen politisches Handeln, brauchen politische Unterstützung.
Politik für Menschen mit Behinderung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und kann nur in gemeinsamer Verantwortung von Land, Kommunen, Verbänden, Einrichtungen und Betroffenen erfolgreich weiterentwickelt werden.
Mit der Gesetzesänderung wollen wir auch die unabhängige Stellung des Landesbeauftragten stärken. Wir wollen auch in Zukunft dabei nicht auf die bewährte Arbeit des Landesbeauftragten Ulrich Hase verzichten. Darum soll Ulrich Hase mit seinem Team auch weiterhin die Aufgaben des Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung - unter anderem Dach - wahrnehmen. Auch dafür haben wir ähnlich lautende Formulierungen in unseren unterschiedlichen Gesetzentwürfen gefunden. Ich füge hinzu: Vielleicht führt diese Entscheidung, die unabhängige Stellung des Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung zu stärken, auch dazu, dass wir auf kommunaler Ebene mehr Beauftragte für Menschen mit Behinderung bekommen und mehr Beiräte, die sich dieser Aufgaben annehmen. Das wäre zumindest auch ein Erfolg unserer Beratungen.
Ich würde diese Entwicklung sehr begrüßen, gilt es doch, auf allen Ebenen des Zusammenlebens das Barrierenabbauen zu forcieren. Darum bleibt auch die Feststellung richtig: Barrierefreiheit fördert
Teilhabe. Teilhabe fördert Barrierefreiheit. Darum sollten wir intensiv im Sozialausschuss beide Gesetzentwürfe weiter beraten und schauen, wie weit wir gemeinsam sind. Je mehr Gemeinsamkeit wir erreichen, desto stärker die Stellung des Beauftragen.
Bevor wir in der Grundsatzberatung fortfahren, begrüße ich auf der Besuchertribüne sehr herzlich Besucher aus der Gemeinde Schuby und Besucher von Coop Kiel und last but not least Sie, Herr Hase, als Landesbeauftragter für Menschen mit Behinderung, als den „Hauptbetroffenen“ unserer Debatte. - Seien Sie uns alle sehr herzlich willkommen!
Nun erhält Herr Abgeordneter Karl-Martin Hentschel für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der Fraktionsvorsitzende, das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das vorliegende Gesetz hatte ja einen langen Vorlauf. Wir hatten schon in rot-grüner Zeit den Wunsch, den Behindertenbeauftragten beim Landtag anzusiedeln, um ihn in seiner Unabhängigkeit zu stärken. Das war damals noch nicht gewünscht, weil die SPD das als eine Schwächung ihrer Ministerin angesehen hatte. CDU und FDP wollten damals grundsätzlich den Beauftragten abschaffen. Ich erinnere mich noch gut an die Debatten und die entsprechenden Haushaltsanträge.
Das muss man immer mal wieder festhalten. Als die FDP im vorigen Jahr einen Gesetzentwurf einbrachte, enthielt auch der die Forderung, den Behindertenbeauftragten und den Flüchtlingsbeauftragten abzuschaffen und alles in der Bürgerbeauftragten zusammenzufassen. De facto war das eine Abschaffung des Behindertenbeauftragten, den die FDP vorgeschlagen hat. Das haben wir vehement abgelehnt und haben den Gegenvorschlag unterbreitet, ihn beim Landtag anzusiedeln und gleichzeitig ein Bürgerbüro im Landtag einzurichten, damit für alle Beauftragten gemeinsam eine Anlaufstelle da ist, damit die Eingaben oder Anträge, die in den Landtag kommen, jeweils in einer Anlauf
stelle entgegengenommen und dem jeweiligen Beauftragten zugeleitet werden können. Das halten wir immer noch für sinnvoll. Es gab dann eine Anhörung im Ausschuss, wie berichtet worden ist. In dieser Anhörung haben sich alle Anzuhörenden gegen den FDP-Vorschlag und für unseren Vorschlag - im Ergebnis einhellig - ausgesprochen.
Darauf hat der Ausschuss dem Wissenschaftlichen Dienst den Auftrag erteilt, einen entsprechenden Gesetzentwurf zu erarbeiten. Richtig ist, dass die FDP in einer schnellen Kehrtwende praktisch gesagt hat: Jetzt sind wir auch dafür. - Das ist völlig richtig. Der Ausschuss hat daraufhin gesagt, wir beauftragen den Wissenschaftlichen Dienst. Der Antrag lag vor. Wir haben dann im Ausschuss am 12. März dieses Jahres - ich zitiere aus dem Kurzprotokoll - Folgendes beschlossen:
„Die Fraktionen nehmen in Aussicht, zur nächsten Landtagstagung einen gemeinsamen Gesetzentwurf aller Fraktionen zur Änderung des Landesbehindertengleichstellungsgesetzes auf der Grundlage des Vorschlages des Wissenschaftlichen Dienstes vorzulegen.“
So ist das im Ausschuss beredet worden. Leider kam es nicht dazu. Ich habe dann von unserer Seite aus allen Fraktionen einen entsprechenden Antrag geschickt. Es gab keine Antworten. Die FDP hat dann von sich aus einen Antrag eingebracht.
Das ist mir letztlich egal. SSW und Grüne haben gesagt, das ist Banane, wir schließen uns der FDP an, wir machen was Gemeinsames und streiten uns jetzt nicht darüber. Dass die Große Koalition es mal wieder nicht schaffte, sich dem anzuschließen, bedauere ich.
Was die Große Koalition vorgelegt hat, unterscheidet sich in drei Punkten vom Vorschlag der Oppositionsfraktionen. Erstens. Die Behindertenverbände sollen nach Meinung der Großen Koalition keine eigenen Personalvorschläge machen. Ich verstehe nicht, was das soll, dass Sie das hier eingebracht haben. Man kann darüber ja im Ausschuss beraten. Dass Sie das jetzt aber als Grund dafür nehmen, einen eigenen Gesetzentwurf vorzulegen, ist mir unbegreiflich.
Zweitens. Bei einem Rücktritt oder einer Abwahl soll der Beauftragte weiter im Amt bleiben. Diese Regelung verstehe ich absolut nicht. Wir schlagen
vor, dass der Stellvertreter dann die Sache übernimmt. Wenn der Beauftragte abgewählt ist, macht es keinen Sinn, dass er weitermacht.
Drittens. Die Große Koalition will nicht, dass die oder der Beauftragte in Zukunft Vorschläge zur Verbesserung der Situation macht und von sich aus Sonderberichte vorlegt. Auch das ist mir unbegreiflich. Wenn man meint, dass die Formulierung anders sein sollte, kann man das in der Ausschussberatung machen, aber wenn man explizit einen Gesetzentwurf vorlegt alternativ zu dem, den wir vorgelegt haben, in dem vorgesehen ist, dass der Behindertenbeauftragte keine Vorschläge mehr machen darf, verstehe ich nicht, was das soll. Das ist mir wirklich unbegreiflich.
Der gesamte Änderungsantrag, der von den beiden großen Fraktionen als Alternative zum Gesetzentwurf der Oppositionsfraktionen vorgelegt worden ist, ergibt schlicht keinen Sinn.
Ich freue mich, dass der Vorschlag, den Behindertenbeauftragten endlich beim Landtag anzusiedeln, jetzt umgesetzt wird. Ich bin sicher, der Beauftragte gewinnt dadurch ein höheres Maß an Unabhängigkeit gegenüber der Regierung. Ich würde mir wünschen, dass das auch für den Umweltbeauftragten umgesetzt wird. Wir hatten ja den Konflikt beim letzten Umweltbeauftragten, der die Reißleine zog und zurücktrat, weil der Minister ihn nicht wirken ließ. Es wäre konsequent, wenn die CDU jetzt auch an dem Punkt unseren Antrag unterstützen würde, den wir letztes Jahr gestellt haben.