Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung ist eröffnet. Ich begrüße Sie alle heute Morgen etwas früher sehr herzlich. Ganz besonders begrüße ich auf der Tribüne Schülerinnen und Schüler der Erich-Kästner-Realschule aus Silberstedt mit ihren Lehrkräften. - Seien Sie uns sehr herzlich willkommen!
Erkrankt sind die Kolleginnen und Kollegen Frauke Tengler, Monika Schwalm, Susanne Herold und Wilfried Wengler. Wir wünschen allen gute Besserung.
Beurlaubt sind die Abgeordneten Ulrike Rodust und Günther Hildebrand und von der Landesregierung der Ministerpräsident, Peter Harry Carstensen, der Minister für Justiz, Arbeit und Europa, Uwe Döring, der Innenminister, Lothar Hay, und der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, Dr. Christian von Boetticher.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Offenbar nicht, da keine Anmerkung kommt. Dann darf ich nunmehr den Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Herrn Dietrich Austermann, bitten, uns den Bericht zu geben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Schreib mal wieder!“ - so hat die Post vielen Jahren noch geworben. Seitdem hat sich die Welt ganz erheblich verändert. Der klassische Brief hat an Bedeutung verloren. Manche können sich sogar noch an Fax erinnern. Auch das hat nicht mehr diese Bedeutung. Moderne Kommunikationsmittel sind das Internet und Mobiltelefone. Man schreibt sich EMails und SMS. Zwischendurch haben wir schriftli
Mit dieser Entwicklung hat sich auch der Stil verändert. Es gibt Lehrstühle, die sich mit der neuen Sprachwissenschaft befassen. So steht das Kürzel „4Y“ für „for you“, für den englischen Begriff. Gleichwohl sind Postdienstleistungen - flächendeckende, zügige, zuverlässige Zustellung von Briefen, Postkarten, Päckchen, Paketen - für die Bevölkerung nach wie vor unverzichtbar. Das gilt insbesondere für den Bereich von Päckchen und Paketen. Gerade in diesen Tagen der Streiks merken wir, welche Bedeutung die tägliche Versorgung und die prompte Lieferung von Post hat. Es gibt sicher manch einen, der jetzt vergeblich auf sein Päckchen wartet.
Nach Artikel 87 f des Grundgesetzes ist es Aufgabe des Bundes, diese Dienstleistung zu gewährleisten. Diese Aufgabe nimmt bislang die Deutsche Post AG als marktbeherrschendes Unternehmen wahr. Auf der Grundlage von EU-Richtlinien ist der europäische Binnenmarkt für Postdienste aber schrittweise und kontrolliert dem Wettbewerb zu öffnen. Dabei sind wir in Deutschland in Europa am weitesten vorn. Die Grundversorgung wird durch qualitativ hochwertigen Universaldienst sichergestellt.
In der Bundesrepublik werden Postdienste inzwischen fast vollständig am Markt erbracht. Am 31. Dezember letzten Jahres hat in Deutschland die sogenannte Exklusivlizenz für die Deutsche Post AG - ein letzter Monopolbereich für die Versendung von Einzelbriefen bis 50 g - geendet. Alle anderen Postdienstleistungen wurden bereits vorher am Markt erbracht. Ich glaube, dass deutlich geworden ist, dass dies eine Belebung gebracht hat und dass diese auch dazu geführt hat, viele private zusätzliche Unternehmen mit vielen zusätzlichen Arbeitsplätzen zu schaffen.
In einigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union wird die Marktöffnung noch etwas auf sich warten lassen, teilweise bis Ende 2012. In der sogenannten Post-Universaldienstleistungsverordnung auch kurz PUDL-Verordnung genannt - ist festgelegt, dass in der gesamten Bundesrepublik auch nach
Marktliberalisierung noch ein ausreichendes Dienstangebot im bisherigen Umfang sichergestellt wird, der sogenannte Universaldienst. Das gilt für die Anzahl der Filialen, die Öffnungszeiten der Filialen, die Anzahl der Briefkästen, die Zustellung von Haus zu Haus.
Die Deutsche Post hat jetzt erklärt, dass sie den Universaldienst entsprechend der gesetzlichen Vorgaben auch nach Wegfall der Exklusivlizenz bis auf Weiteres erbringen und an den Zusagen der weitergehenden Verpflichtung festhalten wird. Zukünftig sind die Universaldienstleistungen aber nicht nur von der Deutschen Post AG zu erbringen. Wie gesagt, Universaldienstleistungen meint auch Briefe bis 50 g. Sollten im Wettbewerb die Universaldienste nicht in befriedigendem Maße erbracht werden, sieht das Postgesetz Maßnahmen wie die Bundesnetzagentur vor, die örtlich marktbeherrschende Unternehmen zwingen kann, die Leistungen zu erbringen.
Der Gesamtmarkt für Postdienstleistungen in Deutschland umfasste im Jahre 2006 rund 23 Milliarden €. Für das Jahr 2007 wird von 24 Milliarden € ausgegangen. Knapp zwei Drittel der Umsatzerlöse entfallen auf die Deutsche Post AG, also etwa 16 Milliarden €. Die Deutsche Post ist aus der Bundespost hervorgegangen, inzwischen ein weltweit agierendes Logistikunternehmen, das nicht nur Postdienste erledigt, sondern auch viele Arbeiten für viele Unternehmen. Der Bund hat noch eine Minderheitenbeteiligung von 30,5 %, die Aktien werden von der KfW gehalten. Die endgültige Privatisierung dürfte nur noch eine Frage der Zeit sein.
Meine Damen und Herren, ein Drittel des Gesamtumsatzes - immerhin also 8 Milliarden € - entfallen auf die Wettbewerber, insbesondere auf den Deutschen Paketdienst, FedEx, Hermes, TNT und United Parcel Service. Die nach § 6 des Postgesetzes weiterhin erforderliche Lizenz für gewerbsmäßige Beförderung darf nicht erteilt werden und sie kann widerrufen werden, wenn die Arbeit, die auf dem Markt geleistet wird, nicht ordnungsgemäß erledigt wird, wenn die im lizenzierten Bereich üblichen wesentlichen Arbeitsbedingungen erheblich unterschritten werden. Mit den wesentlichen Arbeitsbedingungen sind insbesondere auch die Löhne für die Mitarbeiter gemeint.
Damit hat der Gesetzgeber seinen Willen zum Ausdruck gebracht, dass der Wettbewerb im Postbereich nicht über möglichst niedrige Löhne, sondern über Qualität der erbrachten Dienstleistungen erfolgen soll. Mit der Einführung des Mindestlohns zum 1. Januar 2008 für Briefdienstleister sind die
Lohnuntergrenzen definiert worden. SchleswigHolstein hat im Bundesrat keine Einwendung gegen die Aufnahme von Briefdienstleistungen in das Arbeitnehmerentsendegesetz und damit gegen die Einführung des Mindestlohns für Briefdienstleister erhoben. Die Regelung hat allerdings - wie jedermann sehen kann - inzwischen ihre Nebenwirkungen entfaltet, was man bei vielen Entlassungen zum Beispiel bei der Firma PIN feststellen kann.
Es bleibt ein Problem bei der Gleichbehandlung der Wettbewerber, das ist das Thema Mehrwertsteuer. Ich denke, dass man im Wettbewerb gleiche Bedingungen herstellen muss, damit nicht ein Unternehmen mit Mehrwertsteuer belastet wird und andere nicht.
Die Deutsche Post AG braucht für ihre Postdienstleistungen im Gegensatz zu ihren Mitbewerbern keine Mehrwertsteuer zu zahlen. Hier halte ich im Interesse der Wettbewerbsgleichheit Änderungen für dringend erforderlich. Eine Mehrwertsteuerbefreiung sollten alle Unternehmen, nicht nur die gelbe Post - ausschließlich der von ihnen erbrachten Universaldienstleistungen - erhalten. Der Bundesfinanzminister bereitet hierzu ein Gesetzentwurf vor, der allerdings noch näher geprüft werden muss, bevor ihm gegebenenfalls zugestimmt werden kann.
Das Qualitätsniveau der Postdienstleistungen in Schleswig-Holstein ist auch nach der erfolgten Marktöffnung grundsätzlich positiv zu beurteilen. Die Post betreibt allein 420 Filialen und Agenturen. Sie haben einen ausführlichen Bericht zu diesem Sachverhalt von unseren Mitarbeitern bekommen. Ich denke, dass weitgehend alle der gestellten Fragen solide beantwortet wurden.
Im März war zu lesen, dass bei den Postfilialen ein Kahlschlag droht - auch in Schleswig-Holstein. Diese Meldung war nicht richtig. Von den bundesweit durch die Deutsche Post AG gemäß der PUDL-Verordnung vorzuhaltenden mindestens 12.000 stationären Einrichtungen - umgangssprachlich immer noch als Postämter bezeichnet mussten bis 31. Dezember 2007 mindestens 5.000 mit unternehmenseigenem Personal betrieben werden. Diese Regelung gilt jetzt wegen Zeitablauf nicht mehr. Das bedeutet, dass die Post in diesen Einrichtungen, in diesen Filialen auch andere Personen als unmittelbare Angehörige beschäftigen
kann. Es wäre rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Deutsche Post in den 12.000 stationären Einrichtungen, die sie allerdings weiter in ganz Deutschland vorhalten muss, kein eigenes Personal mehr beschäftigen würde.
Diese von der Post betriebene Umwandlung ist aus unserer Sicht grundsätzlich nicht zu beanstanden. Bedingung ist, dass der Service für die Kunden mindestens gleichbleibt, möglichst aber zum Beispiel durch verlängerte Öffnungszeiten besser wird. Man kann nicht einerseits die Einführung von Wettbewerb beschließen und andererseits die Anpassung des ehemaligen Monopolunternehmens an die Marktverhältnisse beklagen.
Auch in anderer Hinsicht sind die Postdienstleistungen nicht zu beanstanden. Zum nächsten Briefkasten muss man in bebauten Gebieten in der Regel nicht mehr als 1.000 m laufen. Ortschaften ohne feste Posteinrichtung werden von einem mobilen Postservice versorgt. Zu den Einrichtungen der Deutschen Post AG kommen noch die Wettbewerber hinzu.
Sie können sicher sein, dass sich die Landesregierung dafür einsetzt, dass es in Schleswig-Holstein auch in Zukunft gute Postdienstleistungen geben wird. Wir müssen allerdings sehen, dass die Möglichkeiten eines Bundeslandes wie Schleswig-Holstein begrenzt sind. Wir können nur, soweit gesetzliche Regelungen getroffen worden sind oder getroffen werden sollen, über den Bundesrat agieren, dann allerdings nur mit unserer Zahl von Stimmen. Im Bereich der politischen Einflussnahme verbleibt die Diskussion in erster Linie im Regulierungsbeirat der Bundesnetzagentur, dem ich angehöre. Daneben gibt es die Möglichkeit direkter Gespräche mit der Deutschen Post AG oder mit der Bundesregierung.
Letzten Endes bekenne ich mich auch zu der Tatsache, dass sich Deutschland - auch auf Druck aus Brüssel - für die Liberalisierung des Postmarktes entschieden hat. Das bedingt marktwirtschaftliches Agieren aller Akteure, auch der Deutschen Post AG. Da wir nun einmal festgestellt haben, dass das Unternehmen als Aktiengesellschaft auf dem Markt agiert, kann nicht jede Entscheidung deutlich hinterfragt und über jeden Postbriefkasten politisch neu diskutiert werden, sondern es ist zu akzeptieren, dass das Unternehmen wirtschaftlich arbeitet.
Wir können auch nicht dafür sorgen, dass das eine Unternehmen, das am Markt agiert, bestimmte Bedingungen einhalten muss, während dies für andere
Ich erwarte unter dem Strich vom marktwirtschaftlichen Agieren aller Akteure, also auch der Deutschen Post AG, weiterhin günstige Preise und eine bessere Dienstleistungsqualität. Das Beispiel des Telekommunikationsmarktes hat uns gezeigt, dass dies funktionieren kann. Nur dort, wo unzumutbare Verwerfungen auftreten, müssen staatliche Regulierungen greifen, sonst nicht.
Das Haus dankt für den Bericht. Für die antragstellende Fraktion, die SPD, hat der Fraktionsvorsitzende, der Herr Abgeordnete Dr. Ralf Stegner, das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ministerien danken. Ich weiß, wie viel Arbeit die Beantwortung solcher Großen Anfragen macht. Aber ich denke, in diesem Fall war das gut investierte Zeit.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, an der Post kann man beispielhaft sehen, was freier Wettbewerb bewirken kann und welche positiven Auswirkungen strikte Rahmenbedingungen haben können. Wir wollten wissen: Wie hat sich der verstärkte Wettbewerb auf die Beschäftigten ausgewirkt, und welche Auswirkungen gab es für die Bevölkerung?
Gute Übergangsregelungen und eine starke gewerkschaftliche Interessenvertretung bei der Post haben in der Regel mit dazu beigetragen, dass eine hohe Arbeitsplatzsicherheit und eine angemessene Bezahlung erhalten werden konnte. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auch hier generell zu einer starken Arbeitsverdichtung und zu einem großen Arbeitsplatzabbau gekommen ist, der allerdings sozialverträglich abgewickelt wurde. Dies sollten wir zumindest weiter beobachten.
Ich halte es für einen gesellschaftlichen Irrsinn, immer weniger mit immer mehr Arbeit zu belasten und auf der anderen Seite viele von der Arbeit auszuschließen.