Wir haben seit Januar das im Gesetz vorgeschriebene Anhörungs- und Beteiligungsverfahren. Kommunen, Verbände, Kammern und sonstige Organisationen sind aufgefordert, bis zum 31. Oktober dieses Jahres Stellungnahmen abzugeben. Ich bin dankbar dafür, dass Herr Kubicki das aufgegriffen hat, was ich ihm zwischendurch gesagt habe. Ich würde mich noch mehr über eine Stellungnahme der Landtagsfraktionen freuen. Denn obwohl es am Ende eine Verordnung und kein Gesetz geben wird, ist das ein ganz wichtiges Thema, mit dem sich die Landtagsfraktionen - wie übrigens auch beim letzten Mal - intensiv beschäftigen werden; jedenfalls gehe ich davon aus.
Die Stellungnahmen werden ausgewertet und mit Voten versehen werden. Ich gehe davon aus, dass wir hier im Landtag eine Debatte zum Landesentwicklungsplan führen werden, bevor es zu einer Entscheidung der Landesregierung kommt. Auf
Deshalb ist es aus meiner Sicht nicht wünschenswert, bereits heute Beschlüsse zu fassen. Im Hinblick auf die Wohnbauentwicklung ist die Methodik, die dieses Mal angewandt wird, keine andere als beim letzten Mal. Es wurde ein allgemeiner Siedlungsrahmen fixiert, der über einen Zeitraum von zehn Jahren im gesamten Land sehr flexibel angewandt worden ist. Ich vermag dabei beim besten Willen keinen Eingriff in die kommunale Planungshoheit zu erkennen. Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass die Reduzierung von 20 % auf 8 % mit der demografischen Entwicklung zusammenhängt, die im Land unterschiedlich verlaufen wird. Im Landesteil Schleswig gibt es einen höheren Bevölkerungsrückgang. Im Kreis Herzogtum Lauenburg soll es laut Prognose einen Bevölkerungsrückgang von 0,1 % geben. Daraus kann auch schnell ein Zuwachs oder ein Rückgang in Höhe von 1 % werden. Es gibt da eine gewisse Bandbreite. Das gilt auch für den Kreis Stormarn, Herr Kollege Puls.
Herr Kollege Hölck hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es einen verringerten Wohnungsbauneubedarf geben wird, obwohl es mehr Haushalte geben wird. Wir werden aber wesentlich mehr in die energetische Sanierung von bestehendem Wohnungsbau investieren müssen. Dafür brauchen wir die heute schon vorhandenen Siedlungsstrukturen. Bei der Abstimmung der wohnungsbaulichen Entwicklung der zentralen Orte und der Umlandgemeinden handelt es sich um einen landesplanerischen Grundsatz, nicht um eine zwingende Maßgabe der Raumordnung.
Der Grundsatz, die Entwicklungen in den Gemeinden der Stadt-Umland-Bereiche in Verbindung mit der Entwicklung des zentralen Ortes zu sehen, galt übrigens bereits im bisherigen Raumordnungsplan. Darüber hinaus möchte ich darauf hinweisen, dass bei der Stadt-Umland-Kooperation weiterhin das Freiwilligkeitsprinzip gilt, auch wenn einige kommunale Akteure vor allem in Städten Stadt-Umland-Konzepte gern als ein Pflichtkonzept ansehen. Aber es gibt auch positive Beispiele wie meine Heimatstadt Flensburg.
In dem dritten Punkt des Antrags der FDP-Fraktion geht es um die Standorte von allgemeinbildenden Schulen. Dass sich die Verteilung der Schulstand
orte am zentralörtlichen System orientieren soll, kann man doch nicht ernsthaft kritisieren. Das ist eine seit Jahrzehnten bewährte Praxis. Wir müssen mit dramatisch zurückgehenden Schülerzahlen rechnen. Es wird bis zum Jahr 2025 25 % weniger Grundschüler geben. In einigen Kreisen wird es sogar 30 % weniger Schulanfänger geben. Deshalb fordert der Landesentwicklungsplan aus Vorsorgegründen, dass Grundschulen in den ländlichen Räumen selbst bei geringer Auslastung mindestens in allen zentralen Orten zur Verfügung stehen. Dass ist eine Schulstandortplanung, die auch in Zukunft Mindeststandards in der Fläche gewährleistet.
Starre Festsetzungen, die in die Planungshoheit der Kommunen in nicht zu rechtfertigender Weise eingreifen, kann ich nicht erkennen. Damit Sie einmal sehen können, wie flexibel die Landesplanung in der Vergangenheit mit den Siedlungswünschen und dem Wohnungsbedarf der ländlich strukturierten Gemeinden umgegangen ist - es gab von 1995 bis 2005 die 20-%-Grenze -, habe ich Ihnen einmal eine kleine Karte mitgebracht.
Die orange und rot dargestellten Flächen sind keine Hochburgen der SPD - auch wenn das schön wäre -, sondern Gemeinden, in denen in dem genannten Zeitraum flexibel über den 20-%-Rahmen hinausgegangen wurde. Die roten Flächen zeigen Gemeinden, in denen sogar über 30 % hinausgegangen wurde. Das zeigt, dass die Landesplanung dieses Instrument auch zukünftig sehr flexibel handhaben wird.
Im Übrigen gilt ein Grundsatz, den einige von Ihnen auch kennen: Es kommt nichts so aus der Beratung heraus, wie es hineingegeben worden ist. Ich freue mich auch auf Anregungen von Ihrer Seite, Herr Kollege Weber. Ich denke, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Ich danke dem Herrn Innenminister für seine Ausführungen. - Hat das Präsidium richtig verstanden, dass der Antrag der FDP an den Ausschuss überwiesen werden soll, oder erklärt die FDP den Antrag für erledigt?
Nein, Frau Präsidentin, ich bitte darum, dass der Antrag an drei Ausschüsse überwiesen wird, und zwar an den Innen- und Rechtsausschuss, den Um
welt- und Agrarausschuss sowie an den Wirtschaftsausschuss. Wir werden uns mit den Vorsitzenden darauf verständigen, ihn im Herbst wieder aufzurufen, um dann der Bitte des Innenministers nachzukommen, uns mit dieser Frage noch einmal zu beschäftigen, bevor das Kabinett darüber entscheidet.
Es ist beantragt worden, die Drucksache 16/2057 dem Innen- und Rechtsausschuss, dem Umweltund Agrarausschuss sowie dem Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Dann ist das einstimmig so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Karl-Martin Hentschel für die antragstellende Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! China liefert nach Angaben des Statistischen Bundesamtes mit 343.000 t die Hälfte der nach Deutschland eingeführten Endprodukte aus Natursteinen und bestimmt damit maßgeblich die Preise. Die wenigen Angaben über die Zustände in chinesischen Steinbrüchen, kombiniert mit den Aussagen über besser erforschte Branchen, lassen den Schluss zu, dass Kinderarbeit und Sklavenarbeit von Strafgefangenen vorkommt. Eine Überprüfung der Standards in der Produktionskette ist deshalb dringend erforderlich.
Es geht nicht nur um chinesische Steinbrüche. Denn China importiert einen großen Teil der unbehandelten Steine - in erster Linie Marmor und Granit - aus anderen Ländern. Die Hauptlieferanten Chinas sind die Türkei, Ägypten, der Iran, Brasilien
und vor allem Indien. Insbesondere in Indien sollen 15 % der Beschäftigten in den Steinbrüchen Kinder sein. Die Wahrscheinlichkeit ist also hoch, beim Kauf von Granit aus China Steine zu bekommen, die von indischen Kindern behauen worden sind.
Wir wurden im Zusammenhang mit dem Bau von Anlagen auf Föhr auf die Herkunft der verwendeten Baustoffe aufmerksam gemacht. Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass auch beim Umbau des Landtags für die Stufen zur Wasserseite hin chinesischer Granit verwendet wurde.
Ich finde es entsetzlich, wie man bei einem solchen Thema auch noch blöde Witze machen kann, Herr Kubicki.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Wolfgang Kubicki [FDP]: Ich mache keine blöden Witze! Ihre Bemerkungen sind nur neben der Sache!)
Die Arbeit der Kinder in den indischen Steinbrüchen verstößt sowohl gegen nationale Gesetze als auch gegen internationale Konventionen. Nachdem im Sommer 2006 eine Studie über Kinderarbeit in der indischen Steinindustrie veröffentlicht wurde, griffen viele Importeure bereits auf Produkte aus Ländern zurück, über die noch keine negativen Berichte vorlagen, zum Beispiel China. Viele Firmen haben sich in dieser Frage also ethisch korrekt verhalten und nach anderen Angeboten gesucht. Das ist begrüßenswert.
Die Folge war aber, dass die Exporte von indischem Marmor über China geradezu explodiert sind. Man hat also die Transporte aus Indien, zum Beispiel nach Deutschland, über den Umweg China organisiert.
Bauarbeiten und damit auch Baustoffe machen einen wesentlichen Anteil der Beschaffung der öffentlichen Hand aus. Wenn das öffentliche Ausschreibungsrecht Umwelt- und Sozialstandards einfordert, wird der Druck auf Lieferanten und Importeure wachsen, die Transportwege transparenter zu machen.
Wir wollen eine Zertifizierung. Aber das ist natürlich keine Garantie; das wissen wir auch. Zertifizierungsverfahren sind jedoch die Grundlage dafür, dass China und die Vorlieferantenländer die Arbeitsbedingungen transparent machen müssen, um weiter exportieren zu können. Auf diese Weise
können Zertifizierungsverfahren erhebliche Wirkungen verursachen und zumindest schrittweise zur Verbesserung der Situation beitragen. Das ist auch wichtig, damit Länder und Exporteure, die sich an internationale Arbeitsbedingungen halten, nicht benachteiligt werden.
Mehr als 70 deutsche Kommunen haben bereits Sozialkriterien in ihrem Beschaffungswesen eingeführt. Auch Hamburg hat - übrigens schon vor Schwarz-Grün - bereits einen entsprechenden Beschluss in der Staatskanzlei gefasst und ein entsprechendes Verfahren in Angriff genommen. Das ist noch nicht umgesetzt, aber bereits vor dem Regierungswechsel in Planung gegangen.
Noch fehlt die gesetzliche Grundlage für solche Maßnahmen, sodass sie nur über Umwege durchgesetzt werden können. Aber es gibt durchaus auch wirksame Umwege. Während die EU bereits in einer Richtlinie aus dem Jahr 2004 solche Forderungen bei Ausschreibungen ausdrücklich erlaubt, wurden in den deutschen Bestimmungen die notwendigen Anpassungen bisher noch nicht durchgeführt.
Ich denke, der Antrag beinhaltet Diskussionsbedarf, deshalb beantrage ich von mir aus Überweisung des Antrags an den Innen- und Rechtsausschuss, damit wir das Thema konstruktiv beraten können. Ich hoffe, dass wir dann zu einer fraktionsübergreifenden Zustimmung kommen, wie das bereits in einigen Städten und Bundesländern möglich war. Ich finde, dieses Thema eignet sich nicht für eine kontroverse Debatte.
Ich danke Herrn Abgeordneten Karl-Martin Hentschel. - Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Jens-Christian Magnussen das Wort.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der Kollegen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat im tiefsten Inneren einen inhaltlich und menschlich nachvollziehbaren Ansatz. Ich bin sicher, dass sich niemand im Plenum auch nur im Geringsten von diesem Ansatz entfernt. Nur einen Fehler dürfen wir nicht machen: Wir dürfen dieses Thema nicht auf eine emotionale Schiene setzen.
Eine sachliche Auseinandersetzung und Aufarbeitung ist das oberste Gebot. Wo liegt nun unser vordringlicher Ansatz zum beziehungsweise im Handeln, damit wir den obigen Ansätzen gerecht werden?
Ich bin davon überzeugt, dass alle öffentlichen Beschaffungsstellen bei der Vergabe von Aufträgen gewillt sind, auf ökologische und soziale Kriterien bei der Materialbeschaffung zu achten. Zum Aufstellen von Forderungen gegenüber Lieferanten kann man sich natürlich jetzt mit dem Argument hinstellen, dass die öffentliche Hand als Großkunde eine Menge bewegen könnte und dadurch jedes einzelne Stück unter Berücksichtigung der IAO-Kriterien nur unwesentlich teurer werden würde. Hierbei ist jedoch im Umkehrschluss zu bedenken, dass ein zentralisierter Einkauf - so wichtig dieser für die öffentliche Haushalte sein mag - die Gefahr in sich birgt, durch Masseneinkäufe derartig hergestellter Produkte - wie im Antrag angedeutet und wie wir sie nicht haben wollen - in Umlauf und Gebrauch zu bringen. Viele kleine und Kleinstbetriebe haben dadurch nicht mehr die Möglichkeit, ihre sauberen Produkte an den Mann, die Frau oder die Verwaltung zu bringen.